In Deutschland sind etwa sechs Millionen Menschen von einer chronischen Insomnie betroffen. Die Diagnose wird klinisch gestellt und umfasst die sorgfältige Erfassung der medizinischen und schlafmedizinischen Vorgeschichte. Der Einsatz von Schlaftagebüchern und strukturierten Interviews mit schlafspezifischen Fragebögen kann die Diagnose erleichtern. Die kognitive Verhaltenstherapie wird als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der chronischen Insomnie empfohlen. Wenn sie nicht effektiv oder nicht verfügbar ist, sind medikamentöse Therapien angezeigt, die aber meist nur zum kurzfristigen Einsatz zugelassen sind.

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© Pormezz / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Etwa 10 % der Erwachsenen in Europa leiden unter einer chronischen Insomnie, die durch anhaltende Schwierigkeiten bei der Initiierung und/oder Aufrechterhaltung des Schlafs und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit am Tag gekennzeichnet ist. Die Versorgungsituation für Menschen mit einer Insomnie unterscheidet sich regional sehr stark. Meist stellen sich Betroffene zunächst bei einem Hausarzt vor. Dort ist aber die eigentlich empfohlene Behandlung der ersten Wahl, die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I), oft nicht verfügbar oder nur schwer umsetzbar. Häufig beschränkt sich die Behandlung deswegen auf die wichtigen Empfehlungen zur Schlafhygiene und eine Pharmakotherapie. Dabei werden unter anderem Gamma-Aminobuttersäure (GABA)-Rezeptoragonisten eingesetzt, die oft über den erlaubten Zulassungszeitraum hinaus verordnet werden. Für die medikamentöse Behandlung der chronischen Insomnie stehen derzeit nur wenige evidenzbasierte Möglichkeiten zur Verfügung. In die Behandlungsentscheidung sollten deshalb neben der Beachtung möglicher Komorbiditäten auch die Präferenzen der Betroffenen einbezogen werden, um einen möglichst hohen Behandlungserfolg zu erzielen. Neben den in der Praxis verfügbaren digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) zur Umsetzung der KVT-I stehen mittlerweile auch neue medikamentöse Therapieoptionen zur Verfügung, die Einzug in den klinischen Alltag in der Behandlung der Insomnie nehmen sollten.

Chronische Insomnie

Die chronische Insomnie gehört zu einer der häufigsten Erkrankungen der Schlafmedizin. In der internationalen Klassifikation für Schlafstörung (ICSD-3) wird die chronische Insomnie, ähnlich wie im diagnostischen und statistischen Manual der amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft (DSM-V), definiert als eine auf den Angaben des Betroffenen basierende Erkrankung [1] (Definition der chronischen Insomnie nach ICSD-3). Zusammengefasst liegen bei Menschen mit einer chronischen Insomnie Beschwerden den Schlaf betreffend vor, die eine unmittelbare Konsequenz auf die Tagesperformance, die sowohl das Wohlbefinden als auch die Fähigkeit Anforderungen am Tag bewältigen zu können einschließen. Per Definition müssen diese Beschwerden für mindestens drei Monate anhalten [1].

Diagnose

Wenn Patienten ihren Arzt nicht primär wegen einer Ein- und Durchschlafstörung aufsuchen, wird eine Insomnie häufig übersehen, da eine Schlafanamnese nur selten standardmäßig durchgeführt wird. Dies spiegelt sich in einer hohen Prävalenz von Schlafstörungen von über 30 % in der Allgemeinbevölkerung wider, die im Alltag häufig so nicht wahrgenommen wird [2, 3, 4]. Das Risiko, dass sich aus einer akuten eine chronische Insomnie entwickelt, liegt bei 21-47 % und macht deutlich, wie wichtig die Früherkennung einer Insomnie ist [1, 5, 6, 7, 8]. Die Diagnose wird klinisch gestellt und erfordert die sorgfältige Erfassung der medizinischen und schlafmedizinischen Vorgeschichte. Bei Vorliegen einer Insomnie sollten Einzelheiten zu möglichen Auslösern, zirkadianen Faktoren und mögliche Störungen des Schlaf-Wach-Musters erfragt werden [9, 10]. Der Einsatz von Schlaf-Wach-Tagebüchern und strukturierten Interviews mit schlafspezifischen Fragebögen kann die Diagnose unterstützen [9, 10]. Außerdem kann der Schweregrad der Insomnie mit psychometrischen Methoden wie dem Insomnie-Schweregrad-Index (ISI) bewertet werden [1, 10, 11]. Der ISI ist ein Fragebogen mit sieben Items, der in einer Dauer von drei bis vier Minuten in einem Wertebereich von 0-28 beantwortet werden kann. Er ist validiert für den Einsatz als Screeninginstrument sowie für die Erfassung von Therapieeffekten [11].

Fremdanamnestisch sollten Informationen über mögliche, den Schlaf störende Gliedmaßenbewegungen (periodische Beinbewegungen im Schlaf, PLMS) oder Schnarchen und Atempausen während des Schlafes erfragt werden. Andere Schlafstörungen und Erkrankungen des Schlafs, die die Symptome einer Insomnie vortäuschen können, sollten ebenfalls ausgeschlossen werden. Die Anamnese von Komorbiditäten und eine psychiatrische Anamnese einschließlich Substanz- und Medikamentenkonsum sollten ebenfalls erhoben werden [10]. Eine Aktigraphie (die Aufzeichnung des Ruhe- und Aktivitätsmusters mittels Akzelerometers über mindestens 14 Tage) oder eine Polysomnografie können in Betracht gezogen werden [10], gehören aber nicht zu den Routineuntersuchungen bei Verdacht auf eine Insomnie (Checkliste Diagnostik). Die Aufzeichnung von Schlafprofilen mit Hilfe von in Smartwatches integrierten Applikationen ist bisher nicht validiert und spiegeln häufig ein nicht realistisches Bild des Schlafes wider, sie können in Zukunft aber sicher einen wichtigen Beitrag in der Diagnostik und zum Therapiemonitoring darstellen.

Das Risiko, dass sich aus einer akuten eine chronische Insomnie entwickelt liegt zwischen bei 21-47 % und macht deutlich, wie wichtig die Früherkennung einer Insomnie ist

Epidemiologie

Die Prävalenz der Insomnie bei Erwachsenen liegt in Europa derzeit zwischen 5,8 % und 34,8 %, wobei in Deutschland gegenwärtig etwas weniger als 10 % der Bevölkerung (ca. 6 Millionen Menschen) betroffen sind [12]. Während der COVID-19-Pandemie nahmen die Insomnie-Diagnosen im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie zu [13]. Große prospektive Studien [14, 15] und Metaanalysen [7, 16] haben gezeigt, dass eine Insomnie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) erhöht. In einer spanischen Studie mit mehr als 500.000 Teilnehmern wiesen diejenigen, die Einschlafstörungen hatten, eine kurze Schlafdauer aufwiesen oder unruhig schliefen, ein höheres CVD-Risiko auf als diejenigen ohne Schlafprobleme (p < 0,001) [17]. In einer bevölkerungsbasierten Studie unter 1.959 Patienten mit Bluthochdruck in Süddeutschland erhöhte ein gestörter Schlaf das CVD-Risiko deutlich (Hazard Ratio [HR]: 1,76; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,96-3,22) [18]. Darüber hinaus zeigte eine große bevölkerungsbezogene prospektive Studie in Norwegen, dass chronische Schlaflosigkeit das Risiko für Depressionen (Odds Ratio [OR]: 2,38; 95%-KI: 1,91-2,98) und Angstzustände (OR: 2,08; 95%-KI: 1,63-2,64) signifikant erhöht [15]. Chronische Schlaflosigkeit war auch mit einem erhöhten Risiko für Fibromyalgie (OR: 2,05; 95%-KI: 1,51-2,79), rheumatoide Arthritis (OR: 1,87; 95%-KI: 1,29-2,52), Osteoporose (OR: 1,52; 95%-CI: 1,14-2,01), Asthma (OR: 1,47; 95%-KI: 1,16-1,86) und Myokardinfarkt (OR: 1,46; 95%-KI: 1,06-2,00) verbunden [15]. Eine große bevölkerungsbezogene Kohortenstudie, die mit einer Nachbeobachtungszeit von zehn bis 15 Jahren in den Niederlanden durchgeführt wurde, ergab, dass Personen mit einer Schlafdauer von weniger als sechs Stunden und schlechter Schlafqualität ein erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheiten (KHK, HR: 1,79; 95%-KI: 1,24-2,58) und für CVD (HR: 1,63; 95%-KI: 1,21-2,19) aufwiesen als Personen mit einer Schlafdauer von sieben bis acht Stunden. Außerdem ließen sich chronische Insomnie-assoziierte relevante Beeinträchtigungen der Lebensqualität nachweisen [19]. Von den insgesamt 62.319 Umfrageteilnehmern hatten diejenigen mit schwerer Insomnie gemessen anhand des ISI (ISI 22-28) einen schlechteren selbstberichteten Gesundheitszustand (das heißt niedrigere EQ-5D-5L-Werte, einem Instrument zur Messung von Patient-Reported Outcomes [PRO], mit dem die Lebensqualität von Patienten unabhängig von ihrer Erkrankung bewertet werden kann, Mittelwert: 0,56; Standardfehler [SE]: 0,01) im Vergleich zu denjenigen ohne klinisch signifikante Insomnie (ISI 0-7) (Mittelwert: 0,79; SE: 0,01; p < 0,001) [19]. Insbesondere für die chronische Insomnie mit objektiv kurzer Schlafdauer besteht eine erhöhte Prävalenz für kognitive Beeinträchtigungen (OR: 2,18; 95%-KI: 1,07-4,47) [20]. Die sozioökonomischen Konsequenzen der Insomnie sind erheblich und entstehen sowohl aus direkten Gesundheitskosten, Krankenhausaufenthalte sowie indirekten Kosten einschließlich Produktivitätsverlust durch verpasste Arbeitstage oder Vorruhestand [21, 22].

Studien und Metaanalysen haben gezeigt, dass eine Insomnie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch für Depressionen und Angstzustände erhöht. Außerdem ließen sich chronische Insomnie-assoziierte relevante Beeinträchtigungen der Lebensqualität nachweisen.

Pathophysiologie

Die meisten pathophysiologischen Modelle der Insomnie gehen von dem 3-P-Modell aus [10]. Dabei wird zwischen prädisponierenden (predisposing), auslösenden (precipitating) und aufrechterhaltenden (perpetuating) Faktoren für die Schlafstörung unterschieden (Abb. 1) [23]. Genetische Faktoren [24] und Persönlichkeitscharakteristika (z. B. Neurotizismus oder maladaptiver Perfektionismus) zählen zu den prädisponierenden Faktoren. Zu den auslösenden Faktoren zählen zum Beispiel arbeitsbezogener oder interpersoneller Stress, der auch bei der chronischen Insomnie zu den aufrechterhaltenden Faktoren gezählt wird. Das Modell des Hyperarousals stellt bei der chronischen Insomnie die pathogenetische Endstrecke dar, die auf dem Verständnis einer persistierenden Übererregung auf kognitiver, emotionaler und physiologischer Ebene basiert [25, 26]. Diese Übererregung spiegelt sich in einem erhöhten Anteil schneller EEG-Frequenzen im Non-REM-Schlaf, einer erhöhten Frequenz von Mikroarousals spezifisch im REM-Schlaf und einer vermehrten Wahrnehmung des REM-Schlaf als Wachzustand wider [27]. Das Modell des Hyperarousals lässt sich zum Beispiel gut durch das Konzept einer Übererregung Arousal-vermittelnder Hirnareale gegenüber schlafinduzierenden Hirnarealen erklären [28]. Kognitive Modelle der Entstehung und Aufrechterhaltung der Insomnie schließen die Bedeutsamkeit von Sorgen und Grübeln über die Schlafstörung ein. Betroffene beschäftigen sie dabei vor allem im Bett liegend mit belastenden Gedanken und haben das Gefühl nicht abschalten zu können. Typisch ist die Auseinandersetzung mit der Schlafstörung und den sich daraus entwickelnden möglichen Konsequenzen [10].

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© mod. nach [23]

Pathophysiologie der Insomnie - 3-P-Modell CREB: Das zyklische Adenosinmonophosphat (AMP)-Response-Element-bindende Protein (CREB), ein aktivitätsabhängiger Transkriptionsfaktor, wird im Schlaf und im Wachzustand unterschiedlich aktiviert (mod. nach [23]).

Therapie

Ziel der Behandlung der chronischen Insomnie ist die Schlafqualität und -dauer sowie die Tagesform zu verbessern [28]. Zu den in klinischen Studien üblicherweise bewerteten Schlafparametern zur Beurteilung der Behandlungswirksamkeit gehören die Schlafeffizienz, die Schlaflatenz (SL), der Anteil von Wachzeiten nach dem Einschlafen (WASO) und die Gesamtschlafzeit (TST) [29, 30].

Da Patienten mit chronischer Insomnie eine sehr heterogene Gruppe darstellen, sollten die Behandlungsentscheidungen an die individuellen Krankheitssymptome, die zugrundeliegende Krankengeschichte und die persönlichen Erwartungen und Präferenzen der Patienten angepasst werden. Zu den derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten gehört die KVT-I, die nach nationalen und internationalen Leitlinien als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden sollte. Nur wenn sich durch die KVT-I kein ausreichender oder gar kein Effekt zeigen sollte oder diese nicht umsetzbar oder verfügbar ist, kann eine pharmakologische Behandlungen als alternative Therapie entweder begleitend oder alleinstehend eingesetzt werden [10] (Abb. 2, [23]).

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© mod. nach [23]

Behandlungsalgorithmus der chronischen Insomnie (mod. nach [23])

KVT-I

Kurz zusammengefasst setzt sich die KVT-I aus verschiedenen Therapiekomponenten zusammen, die kognitive und verhaltensorientierte Strategien umfassen [12]. Sie verbessert den Schlaf, indem sie auf dysfunktionale oder schlafinkompatible Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen abzielt. Zu den Hauptkomponenten der KVT-I gehören das Erlernen von Entspannungsmethoden, Psychoedukation, Methoden der Schlaf-Wach-Strukturierung wie Stimulus-Kontrolle und Schlafrestriktion, sowie kognitive Techniken zur Reduktion nächtlichen Grübelns und die Veränderung dysfunktionaler Überzeugungen [23].

Die meisten pathophysiologischen Modelle der Insomnie gehen von dem 3-P-Modell aus. Dabei wird zwischen prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren für die Schlafstörung unterschieden

Nach nationalen und internationalen Leitlinien sollte die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I) als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden.

Die Versorgungsrealität in Deutschland ist, dass ein Großteil der von einer chronischen Insomnie betroffenen Menschen derzeit unterversorgt ist. Der Bedarf zur Entwicklung weiterer Therapieoptionen sowie einer besseren Verfügbarkeit bereits vorhandener Therapien ist somit groß. Hierbei kann der wachsende Anteil von den zunehmend verschriebenen DiGA zur Therapie der Insomnie die Versorgungslücke schließen helfen. Diese DiGA zur Behandlung der Insomnie stehen Ärzten sowie Psychotherapeuten als zu verordnende Anwendungen zur Verfügung. Die Kosten für die DiGA werden durch die Krankenkassen übernommen. Versicherte, die ihrer Krankenkasse einen Nachweis über die entsprechende Indikation vorlegen, erhalten die DiGA auch ohne ärztliche Verordnung. Die Anwendungen basieren auf den bereits oben beschriebenen evidenzbasierten und leitlinienkonformen Inhalten der KVT-I. Patienten werden über die DiGA angeleitet ihre Schlafzeiten zu optimieren, einem individuell abgestimmten Schlaf-Wach-Rhythmus zu folgen, mit schlafhindernden Gedanken umzugehen und sich mittels Entspannungstechniken in einen schlafförderlichen Zustand zu bringen. Zur Zeit stehen in Deutschland zwei verschiedene digitale Anwendungen zur Verfügung (somnio, www.mementor.de; HelloBetter Schlafen https://hellobetter.de/online-kurse/schlafen/). Die Wirksamkeit von DiGA zur Behandlung der chronischen Insomnie wurde in verschiedenen randomisierten kontrollierten Studien (RCT) nachgewiesen. In einer Netzwerk-Metaanalyse in die 24 RCT mit insgesamt 11.815 Teilnehmenden einbezogen wurden, zeigte sich im Vergleich zur üblichen Behandlung, dass die webbasierte KVT-I mit Therapeuten eine signifikant längere totale Schlafzeit (TST, mittlere Differenz [MD]: 23,19 Minuten; 95%-KI: 18,98-27,39 Minuten), eine kürzere Einschlaflatenz (SOL, MD: -18,76 Minuten, 95%-KI: -24,20 bis -13,31 Minuten), eine geringere Wacheit nach dem Einschlafen (WASO, MD: -31,40 Minuten, 95%-KI: -36,26 bis -26,55 Minuten) und eine größere Schlafeffizienz (SE, MD: 10,37 %, 95%-KI: 8,08-12,65 %) aufwiesen. Die Fläche unter der kumulativen Rangkurve deutet außerdem darauf hin, dass webbasierte KVT-I wahrscheinlich den höchsten Rang unter allen Behandlungen einnahm [31, 32, 33]. Obschon das Nichtansprechen bei der KVT-I gering ist, wird wahrscheinlich bei circa 30 % der von einer chronischen Insomnie Betroffenen eine medikamentöse Therapie notwendig.

Ein Großteil der von einer chronischen Insomnie betroffenen Menschen in Deutschland ist derzeit unterversorgt. Der wachsende Anteil von den zunehmend verschriebenen digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) zur Therapie der Insomnie kann helfen, die Versorgungslücke schließen.

Pharmakologische Behandlungsstrategien

Das ideale Hypnotikum oder schlafanstoßende Medikament existiert bisher nicht. Ein solches würde in optimaler Weise eine spezifische Wirkung aufweisen, die ein physiologisches Schlafprofil induziert. Es sollte keine unerwünschten kognitiven, emotionalen oder psychomotorischen Nebenwirkungen haben und keinen Reboundeffekt erzeugen. Auch ist es wichtig, dass keine Toleranz- oder Abhängigkeitsentwicklung verursacht wird und eine große therapeutische Breite besteht. Das Medikament sollte gut verträglich und ohne Toxizität sein, zudem keine Interaktion mit anderen Pharmaka haben und keine wichtigen Funktionen des Schlafes unterdrücken (z. B. neuronale Plastizität). Ziel des Einsatzes eines solchen Medikamentes ist eine subjektive Verbesserung des Schlafes und eine verbesserte Erholsamkeit des Schlafes sein, die zu einer Verbesserung der Lebensqualität führt. Durch die Verbesserung des Schlafes sollte auch das Risiko anderer schlafstörungsassoziierter Erkrankungen (z. B. Depression) reduziert werden.

In der derzeitigen Versorgungssituation sind es aktuell meist Hausärzte, die den Erstkontakt zu den Patienten mit chronischer Insomnie haben. Diese sind jedoch meist nicht diejenigen, die Zugriff auf spezifische schlafmedizinische Versorgungsstrukturen haben [23]. Eine 2012-2014 durchgeführten Querschnittsstudie unter Erwachsenen im Alter von mehr als 50 Jahren, die bei der AOK Nord-West versichert waren, ergab, dass deshalb wahrscheinlich immer noch Benzodiazepine (BZD) oder Benzodiazepin-Rezeptoragonisten (BZRA) die meist verordneten Medikamente zur Behandlung insomnischer Beschwerden waren [23]. Die meisten Patienten beurteilten dabei die Einnahme von "Schlafmitteln" als "lebensnotwendig" für sich, um einem Arbeitsplatzverlust vorzubeugen. Dies führte häufig zu einer nicht zugelassenen Langzeiteinnahme dieser Präparate (OR: 2,9; 95%-KI: 1,2-7,1).

Zu den aktuell eingesetzten pharmakologischen Therapieoptionen gehören eine Vielzahl von Substanzen mit unterschiedlichen Effekten auf den Schlaf und sehr unterschiedlichen Sicherheitsprofilen. Sie reichen von den älteren Pharmaka wie BZD und BZRA, zu denen im Jahr 2021 mit Eszoplicon eine weitere neue "Z-Substanz" hinzugekommen ist [34], bis hin zu Melatonin und dem erst kürzlich zugelassenen Orexin-Rezeptorantagonisten (ORA) Darodirexant [35]. Zudem werden weiterhin eine Vielzahl von Medikamenten oder phytotherapeutische Substanzen im Off-Label-Bereich eingesetzt. Die meisten medikamentösen Behandlungsoptionen sind von den Zulassungsbehörden nur als Kurzzeitbehandlung zugelassen (Tab. 1, [23]).

T1 Eingesetzte Medikamente zur Behandlung der Insomnie (mod nach [23])

Derzeit eingesetzte und verfügbare Präparate

BZD und BZRA

In Deutschland stehen derzeit sechs BZD und drei Z-Substanzen, die auch am Benzodiazepin-Rezeptor wirken, zur Behandlung der Insomnie zur Verfügung. Diese sind für die Kurzzeitbehandlung der Insomnie (3-4 Wochen) zugelassen. Sie unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihrer Halbwertszeiten. Dadurch erklären sich auch die häufig auftretenden "Hang-over"-Effekte mit Beeinträchtigungen der morgendlichen Leistungsfähigkeit, einschließlich beeinträchtigter Fahrtüchtigkeit, Arbeitsfähigkeit und psychosozialem Leistungsvermögen. Diese Probleme bestehen aufgrund geringerer Halbwertszeiten weniger ausgeprägt bei den Z-Substanzen. BZRA sind im kurzzeitigen Gebrauch (3-4 Wochen) effektiv. Die neuen BZRA sind gleich wirksam wie die klassischen Benzodiazepinhypnotika. Eine generelle Empfehlung zur Langzeitbehandlung von Insomnien mit BZRA kann aufgrund der derzeitigen Datenlage und möglicher Nebenwirkungen/Risiken nicht ausgesprochen werden [10].

Seit April 2021 ist Eszopiclon als neue Behandlungsoption in der Kurzzeitbehandlung der Insomnie zugelassen. Sein Wirkmechanismus entspricht dem von Zopiclon und anderen Z-Substanzen. Eszopiclon erhöht durch die Bindung an den GABA-A(GABAA-) Rezeptor die durch GABA hervorgerufene Chlorid-Leitfähigkeit, durch die die neuronale Transmission gehemmt und Schlaf induziert wird. Eszopiclon hat in vitro eine etwa 50-fach höhere Affinität zur Benzodiazepin-Bindungsstelle des GABAA-Rezeptors als (R)-Zopiclon. Der GABAA-Rezeptor besitzt verschiedene Untereinheiten. Eszopiclon hat dabei eine große Affinität zur α2- und α3-Untereinheit und nur eine geringe Affinität zur α1-Untereinheit. Letzteres könnte das Abhängigkeitspotenzial reduzieren, der Agonismus an der α2-Untereinheit könnte zusätzlich eine anxiolytische und antidepressive Wirkung entfalten. Vorteile bietet Eszopiclon auch hinsichtlich der Pharmakokinetik. Eine schnellere Aufnahme ins Blut kann die Schlaflatenz verkürzen. In einer Phase-III-Studie zeigte 3 mg Eszopiclon im Vergleich zu 7,5 mg Zopiclon eine vergleichbare Wirksamkeit mit einer Erhöhung der Gesamtschlafzeit und Verbesserung der Schlafqualität bei ähnlich guter Verträglichkeit. Eine bereits im Jahr 2005 publizierte Langzeitstudie zu einer Open-Label-Behandlung mit Eszopiclon zeigte nach einer Behandlungsdauer von sechs Monaten eine anhaltende Verbesserung des Schlafs und der Tagesfunktion.

Die meisten Patienten beurteilten die Einnahme von "Schlafmitteln" als "lebensnotwendig" für sich, um einem Arbeitsplatzverlust vorzubeugen. Dies führte häufig zu einer nicht zugelassenen Langzeiteinnahme dieser Präparate.

Sedierende Antidepressiva

Sedierende Antidepressiva werden primär bei Patienten mit Depression eingesetzt, wenn diese komorbid über Schlafstörungen klagen. Nur Doxepin ist in den USA und in Deutschland in niedriger Dosierung auch zur Behandlung von Insomnie zugelassen, wenn diese nicht komorbid zu einer Depression auftritt. Andere in der gleichen Indikation eingesetzte Substanzen sind Agomelatin, Amitriptylin, Trazodon, Trimipramin und Mirtazapin. Die klinische Praxis zeigt, dass diese Substanzen in großem Umfang auch für Insomnien ohne komorbide Depression "Off-Label" eingesetzt werden. Meist ist bei der Behandlung von Schlafstörungen eine niedrigere Dosierung als zur Depressionsbehandlung notwendig. Die Kurzzeitbehandlung von Insomnien mit sedierenden Antidepressiva ist effektiv, wobei Kontraindikationen zu Beginn und im Verlauf geprüft werden sollten. Eine generelle Empfehlung zur Langzeitbehandlung von chronischen Insomnien mit sedierenden Antidepressiva kann aufgrund der Datenlage und möglicher Nebenwirkungen/Risiken derzeit nicht ausgesprochen werden [23].

Eine Vielzahl von Medikamenten und phytotherapeutischen Substanzen wird im Off-Label-Bereich eingesetzt. Die meisten medikamentösen Behandlungsoptionen sind aber nur als Kurzzeitbehandlung zugelassen.

Antipsychotika

Obwohl die Studienlage unzureichend ist, haben Melperon und Pipamperon eine Zulassung für die Behandlung bei der Insomnie und werden insbesondere in der Geriatrie eingesetzt. Quetiapin, Clozapin, Olanzapin und ähnliche Substanzen kommen bei der Behandlung von Schlafstörungen im Zusammenhang von psychotischen Erkrankungen zum Einsatz, sind jedoch nicht bei isolierten Schlafstörungen indiziert. Aufgrund der unzureichenden Datenlage für Antipsychotika in der Indikation Insomnie und angesichts ihrer Nebenwirkungen wird die Verwendung zur Behandlung einer Insomnie nicht empfohlen [23]. Bereits im Jahr 2005 wurde durch die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (Food and Drug Administration, FDA) eine Warnung für alle Antipsychotika der zweiten Generation ausgesprochen, die auf das erhöhte Sterberisiko bei älteren Demenzpatienten hinwies, und die dann im Jahr 2008 auf Antipsychotika der ersten Generation wie Haloperidol und Perphenazin ausgeweitet wurde.

Für Baldrian und andere Phytopharmaka besteht eine unzureichende Datenlage, was erklärt, dass keine Empfehlung zum Einsatz in der Insomniebehandlung gegeben werden kann.

Antihistaminika

Antihistaminika sind nur zum Teil frei verkäufliche Substanzen (z. B. Diphenhydramin, Doxylamin, Hydroxizin, Promethazin). Groß angelegte RCT zum Wirkungsnachweis bei der Behandlung der Insomnie, die eine Empfehlung von Antihistaminika zuließen, fehlen. Besondere Aufmerksamkeit ist vor allem aufgrund des Nebenwirkungsprofils mit einer oft unterschätzten Überhangsymptomatik geboten. Antihistaminika sollten deshalb nur mit entsprechender Vorsicht eingesetzt werden [10].

Phytotherapeutika

Phytotherapeutika haben in der Behandlung von Schlafstörungen eine lange Tradition und werden von Patienten oft eigeninitiativ als Mittel der ersten Wahl eingesetzt. Dies wird durch umfangreiche Werbemaßnahmen in den Medien gefördert, was auch die hohen Verkaufszahlen erklärt. Für Baldrian und andere Phytopharmaka besteht eine unzureichende Datenlage, was erklärt, dass keine Empfehlung zum Einsatz in der Insomniebehandlung gegeben werden kann [10].

Melatonin

Anders als zum Beispiel in den Niederlanden oder den USA ist Melatonin in Deutschland als Arzneimittel klassifiziert. Nur das retardierte Melatonin ist in Deutschland zur Behandlung der Insomnie bei Menschen im Alter über 55 Jahren zugelassen, beschränkt auf einen Behandlungszeitraum von drei Monaten. Auch das Antidepressivum Agomelatin, das agonistisch auf die melatonergen MT1- und MT2-Rezeptoren wirkt, ist aufgrund eines erweiterten Rezeptorprofils und möglicher unerwünschter Arzneimittelwirkungen nur für die Behandlung der Depression zugelassen. Für erblindete Patienten mit Schlafstörungen ist seit Juli 2015 der MT1- und MT2-Rezeptoragonist Tasimelteon zur Behandlung der Schlaf-Wach-Rhythmusstörung (Non-24h-Schlaf-Wach-Rhythmusstörung) zugelassen. Melatonin ist dabei kein klassisches "Schlafmittel", sondern ein Chronotherapeutikum, was möglicherweise die oft geringere Wirksamkeit in der Insomniebehandlung erklärt. Melatonin wird daher bei dieser Indikation nicht generell zur Behandlung empfohlen [10, 36].

Duale Orexin-Rezeptorantagonisten

Seit dem Jahr 2021 ist mit Daridorexant der erste duale Orexin-Rezptorantagonist zur Behandlung der chronischen Insomnie in Deutschland zugelassen. Die Effekte beruhen auf dem dualen Antagonismus an den Orexin-Rezeptoren OX1R und OX2R. Die Orexine sind an der Aufrechterhaltung der Wachheit beteiligt. Anders als die meist global GABAerg wirksamen Medikamente wirkt Daridorexant spezifisch auf die Orexin-Rezeptoren. Als duale Orexin-Rezeptorantagonist verkürzt Daridorexant die Latenz des Schlafbeginns und ist für die Aufrechterhaltung des Schlafes wirksam, ohne dass Restwirkungen am Morgen auftreten, die die Tagesperformance beeinflussen. In den Phase-II-Dosisfindungsstudien verbesserte Daridorexant die Schlafvariablen besonders bei älteren Erwachsenen im Alter von 65-85 Jahren mit Insomnie, ohne eine Überhangsymptomatik am nächsten Morgen zu verursachen. In zwei Phase-III-Studien verbesserte Daridorexant in den Dosierungen 25 mg und 50 mg den Schlaf, Daridorexant 50 mg zeigte auch einen Verbesserung der Tagesperformance bei einem gleichzeitig günstigen Nebenwirkungsprofil [37]. In der Dosisfindungsstudie, in mit 1.005 Patienten unter 65 Jahren zeigte sich eine signifikante Dosis-Wirkungs-Beziehung in Bezug auf die Verbesserung der Schlafparameter (subjektiv und objektiv). Diese Effekte hielten bis zu den Tagen 28 und 29 an (p = 0,050/ p = 0,042). Die Häufigkeit von behandlungsbedingten unerwünschten Ereignissen betrug 35 %, 38 %, 38 % und 34 % bei den mit 5, 10, 25 und 50 mg Daridorexant Behandelten, verglichen mit 30 % bei Placebo und 40 % bei 10 mg Zolpidem. Es traten keine klinisch relevanten behandlungsbedingten schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse auf. Der ISI-Score zur Beurteilung des subjektiven Schweregrades der Insomnie, zeigte jedoch keine dosisabhängige Veränderung. Auch die absolute Veränderung vom Ausgangswert bis zum 30. Tag war bei Placebo und Daridorexant ähnlich und geringer als bei der Zolpidem-Vergleichsgruppe [38]. In der Langzeitbeobachtungsstudie in der Daridorexant 50 mg über einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten eingesetzt wurde, zeigte sich eine anhaltend gute Wirksamkeit und Verträglichkeit, sodass die Anwendung auch in der Langzeitbehandlung der chronischen Insomnie möglich sein könnte [39].

Ergänzende nicht medikamentöse Therapiestrategien

Neben der First-Line-Therapie der KVT-I als nicht medikamentöse Behandlungsoption können Interventionen wie zum Beispiel Achtsamkeit, Akupunktur, Aromatherapie, regelmäßige moderate Bewegung, Homöopathie, Hypnotherapie, Lichttherapie, Massage, Meditation, Musiktherapie, Öl, Reflexzonenmassage, Yoga/Tai Chi/Chi Gong aufgrund der schlechten Datenlage momentan nicht zur Insomniebehandlung empfohlen werden [23].

Vergleich verschiedener medikamentöser Therapieoptionen

In einem im Jahr 2022 veröffentlichten groß angelegten systematischen Review mit Netzwerk-Metaanalyse wurden die Effekte verschiedener pharmakologischer Behandlungsoptionen untersucht (> 30 Einzelpräparate, BZD [kurze Halbwertszeit: Alprazolam, Bretizolam, Midazolam und Triazolam; mittlere Halbwertszeit: Estazolam, Loprazolam, Lorazepam, Lormetazepam und Temazepam; lange Halbwertszeit: Flunitrazepam, Flurazepam, Nitrazepam und Quazepam], Daridorexant, Diphenhydramin, Doxepin, Doxylamin, Eszopiclon, Lemborexant, Melatonin, Mirtazapin, Ramelteon, Propiomazin, Quetiapin, Seltorexant, Suvorexant, Trazodon, Trimipramin, Zaleplon, Zolpidem oder Zopiclon), die in der kurzfristigen und langfristigen Behandlung der Insomnie eingesetzt wurden. Die Analyse umfasst 175 Studien mit insgesamt 47.950 Patienten (davon 154 RCT mit 44.089 Patienten). Primäre Endpunkte der Analyse waren der Vergleich von Wirksamkeit, Akzeptanz, Verträglichkeit und Sicherheit der Behandlungen. Als sekundäre Endpunkte wurden objektive und subjektive Schlafparameter, das Auftreten von Überhangsymptomen, Rebound- oder Entzugserscheinungen, spezifischen Nebenwirkung und die Gesamtzahl schwerwiegender unerwünschter Ereignissen verglichen. Bei Betrachtung aller Ergebnisse wiesen Lemborexant, ein derzeit nur in den USA verfügbarer Orexin-Rezeptorantagonist, und Eszopiclon das beste Profil in Bezug auf Wirksamkeit, Akzeptanz und Verträglichkeit auf. Bei Eszopiclon zeigte sich jedoch ein erheblicher Anteil unerwünschte Ereignisse, für Leborexant wiesen die Sicherheitsdaten Unklarheiten auf. In der Netzwerkanalyse waren BZD (kurz-, mittel- und langwirksame) in der Akutbehandlung sehr wirksam, aber in ihren Verträglichkeits- und Sicherheitsprofil ungünstig. Vor allem lagen aber keine Daten aus Langzeitstudien vor, sodass diesbezüglich keine Bewertung möglich war. Das Risiko für Toleranz, Abhängigkeit sowie Entzugseffekte aus anderen Kontexten ist jedoch gut bekannt. Für die Kurzzeitbehandlung der Insomnie zeigten BZD mit mittlerer Halbwertszeit, wie Temazepam und Lormetazepam, eine bessere Akzeptanz als kurz- oder langwirksame Substanzen. Mit Ausnahme von Quetiapin zeigten alle anderen genannten H1-Rezeptorantagonisten kurzfristig eine gewisse Wirksamkeit in Bezug auf die Schlafqualität. Von ihnen konnten aber nur für Doxepin Vorteile in Bezug auf die Anzahl der Therapieabbrüche und unerwünschten Ereignisse nachgeweisen werden. Melatoninerge Medikamente zeigten generell eine nur geringe Wirksamkeit, Daten über die Langzeitwirkung fehlen aber. Lemborexant war in der Analyse der wirksamste Orexin-Rezeptorantagonist, sowohl in der kurz- als auch langfristigen Anwendung, während Seltorexant und Suvorexant ein besseres Verträglichkeitsprofil aufwiesen. Das erst im Jahr 2022 zugelassene Daridorexant, zeigte in dieser Untersuchung insgesamt keinen wesentlichen Nutzen [40].

Duale Orexin-Rezeptorantagonisten zeigen auch einen positiven Effekt auf die Tagesperformance.

Perspektiven

Unerwünschte Arzneiwirkungen sind ein Hauptfaktor dafür, dass sich Patienten nicht an die Behandlungsempfehlungen ihrer Ärzte halten [41]. Deshalb sollten die therapeutischen Ziele mit den Patienten besprochen werden und diese auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden [28]. Die Festlegung von Erwartungen an die Behandlung ist für den Behandlungserfolg essenziell. Bei der KVT-I muss beispielsweise sichergestellt werden, dass Patienten die Mechanismen der verschiedenen angewandten Techniken verstehen, insbesondere für die Schlafrestriktion, bei der die Betroffenen ihre Bettliegezeiten einschränken müssen, um einen physiologischen Schlafdruck wiederzuerlangen [42]. Bei BZD und BZRA muss die Sedierung als Nebenwirkung und nicht als Wirksamkeitsmaßnahme verstanden werden. Zudem besteht insbesondere im Zusammenhang mit dem Gebrauch von BZD und BZRA bei langem Gebrauch ein hohes Abhängigkeitspotenzial, weshalb eine niedrige Dosis und kurze Verordnungszeiträume einghalten werden sollten, was sich in der Praxis jedoch oft als unrealistisch erweist. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) schätzt, dass etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland von BZD abhängig sind, wovon insbesondere ältere Frauen betroffen zu sein scheinen. Besteht die Einnahme von BZD oder BZRA über einen langen Zeitraum, sollte diese über mehrere Wochen schrittweise ausgeschlichen werden. Es gibt keine qualitativ hochwertigen Untersuchungen darüber, wie lange der ambulante Entzug am besten dauert. Experten empfehlen einen Zeitrahmen von zwei bis vier Monaten [43, 44].

Unerwünschte Arzneiwirkungen sind ein Hauptfaktor dafür, dass sich Patienten nicht an die Behandlungsempfehlungen ihrer Ärzte halten. Deshalb sollten die therapeutischen Ziele mit den Patienten besprochen werden und diese auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden.

Die individuelle Therapieentscheidung ist dabei maßgeblich durch die bisherigen Erfahrungen und Präferenzen sowie das Vorhandensein von Komorbiditäten, Kontraindikationen, die Verfügbarkeit von anderen Therapien und Kosten der Behandlung beeinflusst [29]. Im Idealfall setzt sich ein optimales Therapiekonzept für die Behandlung der Insomnie aus einer individuellen Kombinationen von KVT-I mit oder ohne adjuvante Pharmakotherapie zusammen [2]. Das Ansprechen auf die Behandlung sollte im Verlauf regelmäßig reevaluiert und diese angepasst werden [29]. Die nationalen Leitlinien für die Behandlung der Insomnie werden derzeit überarbeitet, die Neuauflage dieser wird zum Ende dieses Jahres erwartet.

Fazit für die Praxis

In Deutschland sind zirka sechs Millionen Menschen von einer chronischen Insomnie betroffen. Die Diagnose wird klinisch gestellt und umfasst die sorgfältige Erfassung der medizinischen und schlafmedizinischen Vorgeschichte. Der Einsatz von Schlaf-Tagebüchern und strukturierten Interviews mit schlafspezifischen Fragebögen kann die Diagnose erleichtern. Pathophysiologisch wird zwischen prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren unterschieden. National und international wird die kognitive Verhaltenstherapie als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der chronischen Insomnie empfohlen. Sie steht mittlerweile auch als DIGA zur Verfügung und kann als Kassenleistung verordnet werden. Die medikamentöse Therapie wird dann empfohlen, wenn die KVT-I nicht effektiv oder verfügbar ist. Die meisten Medikamente sind nur zum kurzfristigen Einsatz zugelassen. Dazu gehören neben den BZD, BZRA und schlafanstoßenden Antidepressiva für bestimmte Patientengruppen auch Antipsychotika, sowie die neu auf dem Markt verfügbaren Orexin-Rezeptorantagonisten.