Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags …

  • kennen Sie die konzeptionelle Besonderheit der Lungensonographie,

  • können Sie den Stellenwert der Lungensonographie als Point-of-care-Diagnostikum in der Akut- und Notfallmedizin beschreiben,

  • sind Ihnen die für die Diagnostik relevanten Artefakte bekannt,

  • sind Sie in der Lage, den Nutzen der Lungensonographie bei Herzinsuffizienz zu benennen,

  • wissen Sie um die Grenzen der Methode.

Einleitung

Die Lungensonographie (LUS) stellt eine wertvolle Untersuchungsmethode mit Schwerpunkt in der Intensiv- und Notfallmedizin dar. Dabei wurde die Sonographie der Lunge wegen des Luftgehaltes des Zielorganes lange als nicht hilfreich zur Beurteilung des Lungenparenchyms bewertet. Im Jahr 2012 hat jedoch eine internationale Expertenkommission die Evidenz für den klinischen Nutzen der Methode zusammengetragen [1]. Die hier vorliegende zweiteilige Übersichtsarbeit soll die Möglichkeiten der Methode schwerpunktmäßig für die kardiologische Intensiv- und Notfallmedizin darstellen und eine Einführung in die praktische Anwendung geben.

Trotz der heute unstrittigen Evidenz ist LUS in vielen Kliniken immer noch unterrepräsentiert. In einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin (DGIIN) 2019 wurde nur bei 7,1 % der Intensivpatienten sowie bei 8,1 % der Patienten einer zentralen Notaufnahme eine kombinierte Herz‑/Lungensonographie durchgeführt [2]. Dazu steht im Kontrast, dass LUS als „fokussierte Thoraxsonographie“ in einem Positionspapier zur Ultraschallausbildung der DGIIN, DEGUM (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) und DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.) explizit genannt und vorausgesetzt wird [3].

Die COVID-19-Pandemie führte zu einer zunehmenden Verbreitung und Akzeptanz der LUS und wurde unter Hygieneaspekten von Fachgesellschaften empfohlen [4].

Diese Übersicht soll neben den klassischen intensiv- und notfallmedizinisch relevanten Aspekten (z. B. unklare Dyspnoe) insbesondere kardiologische Gesichtspunkte berücksichtigen.

Teil 1 beinhaltet neben einer Einführung die Darstellung der grundlegenden LUS-Artefakte, die Indikationen und die Diskussion der Anwendung bei Herzinsuffizienz.

In Teil 2 werden der Stellenwert der LUS in der Diagnostik des Pneumothorax, von Belüftungsstörungen unterschiedlicher Genese und die Implementierung in einen Diagnosealgorithmus bei unklarer Dyspnoe (BLUE-Protokoll) diskutiert.

Warum Lungensonographie?

Als direkt am Patienten verfügbare und vergleichsweise einfach zu erlernende Technik mit steiler Lernkurve ist LUS bei vielen klinischen Fragestellungen schneller verfügbar als jede radiologische Methode. Im BLUE-Protokoll nach Lichtenstein konnte bei Patienten mit unklarer Dyspnoe in mehr als 90 % innerhalb von 3 min mittels LUS die korrekte Diagnose gestellt werden [5]. Der Nachweis eines Lungenödems oder der Ausschluss eines Pneumothorax ist auch nach eigenen Erfahrungen in weniger als 3 min möglich. Als klinisch häufig anzutreffendes Szenario ist die Differenzierung einer obstruktiven Ventilationsstörung von einem kardial bedingten Lungenödem zu nennen (s. Fallbeispiel), da bei beiden Krankheitsbildern oft der Auskultationsbefund einer bronchialen Obstruktion besteht. Bei Patienten mit unklarer Dyspnoe konnte für LUS ein signifikanter Zeitvorteil bis zur Diagnosestellung (24 vs. 186 min) gegenüber der „konventionellen“ Abklärung ohne LUS gezeigt werden [6]. Dies bestätigt die persönlichen Erfahrungen der Autoren umfassend und begründet in den betreffenden Kliniken die fixe Integration der LUS in die Diagnostik bei Patienten mit unklarer Dyspnoe oder im Rahmen der Beurteilung von Intensivpatienten.

Für LUS spricht zudem die gegenüber der Röntgenaufnahme des Thorax nachgewiesene Überlegenheit bei Verdacht auf Pneumothorax oder pulmonale Überwässerung [7, 8].

Durch LUS kann die Anzahl von konventionellen Röntgenaufnahmen wie auch von CT(Computertomographie)-Aufnahmen bei Intensivpatienten signifikant reduziert werden [9, 10]. Hierbei ist LUS als ergänzende Methode zu den radiologischen Verfahren anzusehen.

Merke

LUS ist evidenzbasiert und erlaubt beim Notfallpatienten mit unklarer Dyspnoe eine signifikant schnellere Diagnosestellung.

Für verschiedene Krankheitsbilder besteht eine Überlegenheit der LUS gegenüber der Röntgenaufnahme des Thorax im Liegen.

Konzept der Lungensonographie

LUS unterscheidet sich konzeptionell von anderen sonographischen Methoden: Im Gegensatz zur „konventionellen“ Sonographie parenchymatöser Organe oder der Echokardiographie, in der eine weitgehend exakte morphologische Organdarstellung erfolgt, basiert LUS vorwiegend auf einer Artefaktanalyse. Trotz der meist fehlenden Darstellung des Lungengewebes lassen sich aus dem Nachweis oder auch der Abwesenheit spezieller Artefakte diagnostische und damit oft therapieentscheidende Erkenntnisse gewinnen.

Merke

Die Sonographie der gesunden und damit lufthaltigen Lunge ist Artefaktsonographie.

Ausgangsbefund: Fledermauszeichen („bat sign“)

Die Untersuchung beginnt mit der Darstellung des sog. Fledermauszeichens („bat sign“) [11]. Hierbei wird durch Aufsetzen des Schallkopfes in Längsausrichtung mindestens ein Interkostalraum (ICR) mit den begrenzenden Rippen und deren Schallschatten dargestellt (bei Verwendung des Konvexschallkopfes in der Regel mehrere ICR). Der echogene horizontale Reflex im ICR unmittelbar unterhalb der Rippen wird durch die Pleurablätter in Verbindung mit der unmittelbar unterhalb der Pleura befindlichen alveolären Luft gebildet. Die atemabhängige Bewegung der Pleurablätter wird als Lungengleiten, dessen Darstellung im M‑Mode als sog. „seashore sign“ bezeichnet (Abb. 1). Diese Befunde schließen am Untersuchungspunkt einen Pneumothorax aus [12]. Aufgrund des hohen Impedanzunterschiedes zwischen Gewebe und Luft kommt es an der pleuranahen Lunge zur kompletten Reflexion der Ultraschallwellen. Alle tiefer dargestellten Echos entsprechen daher lediglich physikalischen Artefakten. Typischerweise spiegelt sich die Pleuralinie in doppeltem und ggf. mehrfachem Abstand der Distanz Schallkopf-Pleuralinie. Diese horizontal verlaufenden echogenen Reverberationsartefakte werden als A‑Linien bezeichnet. Sie sind physiologisch, können aber bei erhöhtem thorakalem Luftgehalt (z. B. Pneumothorax, Emphysem) auch vermehrt auftreten [5].

Abb. 1
figure 1

Normalbefund: a im B‑Bild Fledermauszeichen („bat sign“), b im M‑Mode „seashore sign“. (Aus [13]; mit freundl. Genehmigung © Börm Bruckmeier Verlag GmbH 2020. All Rights Reserved)

Merke

Ausgangsbefund jeder LUS sollte die Darstellung des Fledermauszeichens („bat sign“) sein.

Lungensonographie – eine Frage der Luft-Flüssigkeits-Relation

Das Auftreten lungensonographischer Befunde ist vom intrapulmonalen Luft-Flüssigkeits-Verhältnis abhängig, was mit der an Lichtenstein [14, S. 47–48] angelehnten modellhaften Darstellung veranschaulicht werden kann (Abb. 2, Video 1).

Abb. 2
figure 2

Modellhafte Systematik der LUS(Lungensonographie)-Befunde in Anlehnung an D. Lichtenstein

Dieses ist bei unterschiedlichen pathologischen Prozessen zumeist zugunsten eines vermehrten interstitiellen und ggf. auch alveolären Flüssigkeitsgehaltes verändert (interstitielles Syndrom [IS]). Sonographisches Korrelat sind vermehrte vertikale von der Pleura ausgehende Kometenschweifartefakte, die im Kontext des IS als B‑Linien bezeichnet werden (Abb. 2, Mitte). Während physiologischerseits bei Darstellung des Fledermauszeichens maximal 2 B-Linien/ICR darstellbar sind, ist eine pathologische Flüssigkeitsansammlung mit mehr 2 B-Linien/ICR assoziiert. Der Grad der Flüssigkeitseinlagerung korreliert mit der B‑Linie-Anzahl, beim fortgeschrittenen Lungenödem können diese konfluieren mit dem Aspekt einer „weißen“ Lunge. Vermehrt auftretende B‑Linien können A‑Linien auslöschen.

Eine Häufung von Kometenschweifartefakten bzw. B-Linien ist primär unspezifisch und kann bei unterschiedlichen pathologischen Prozessen auftreten, global und diffus bei z. B. kardial oder renal bedingter Überwässerung, fokal z. B. bei Pneumonie oder Lungenkontusion. Zur Diagnosestellung sind daher neben dem Verteilungsmuster der B‑Linien-Häufung weitere sonographische Befunde (z. B. Pleurairregularitäten, Konsolidierungen), der klinische Kontext und die Anamnese erforderlich.

Unlängst wurde durch ein Expertengremium eine terminologische Differenzierung von B‑Linien bei Lungenödem mit zumeist unauffälliger glatter Pleuralinie im Gegensatz zu „comet tail artifacts“ (CTA) mit den Begleitbefunden einer irregulären Pleuralinie und ggf. Konsolidierungen z. B. bei Pneumonie oder parenchymatösen Lungenerkrankungen (z. B. Lungenfibrose) empfohlen [15]. Auch wenn sich diese neue terminologische Differenzierung bisher noch nicht durchgesetzt hat, sollte die Berücksichtigung von Anamnese, klinischem Bild und den genannten Begleitbefunden eine Fehlinterpretation vermeiden. Bei zunehmender Multimorbidität ist ein kardial bedingtes interstitielles Syndrom bei begleitender Lungenparenchymerkrankung verschiedenster Ursache möglich. In diesem Fall kann ein in der sonographischen Verlaufskontrolle nachweisbarer B‑Linien-Rückgang unter z. B. Nitro- und/oder Diuretikagabe retrospektiv die Diagnose einer kardial bedingten Lungenstauung bestätigen.

Cave

Die korrekte Interpretation lungensonographischer Befunde ist nur unter Berücksichtigung des klinischen Bildes und der Anamnese möglich!

Als Konsolidierungen werden Lungenareale mit nur noch geringem bis fehlendem Luftgehalt bezeichnet (Abb. 2, halb-rechts). Sonographisch imponiert der Aspekt eines parenchymatösen Organes („leberähnlich“). Die Artefaktanalyse tritt in den Hintergrund, die sonographische Darstellung ist „anatomisch korrekt“. Häufigste Ursachen sind Atelektasen und Pneumonien, die in Teil 2 abgehandelt werden.

Während beim Pleuraerguss ein 100 %iger Flüssigkeitsgehalt besteht (Abb. 2, rechts) findet sich am anderen Ende des Spektrums dieser modellhaften Darstellung der Zustand eines maximalen intrathorakalen Luftgehaltes: der Pneumothorax (Abb. 2, links). Hierbei kommt es zur 100 % Reflexion der Ultraschallwellen an der Grenze Thoraxwand/intrapleurale Luft. Im Gegensatz zum Normalbefund oder auch zum IS fehlt beim Pneumothorax die abgrenzbare Bewegung der Pleurablätter (Lungengleiten), da die Ultraschallwellen die Pleura visceralis nicht mehr erreichen können. Fehlendes Lungengleiten ist immer verdächtig auf einen Pneumothorax, beweist diesen aber nicht (s. Teil 2).

Merke

Das Auftreten bzw. die Abwesenheit der typischen Artefakte der LUS ist abhängig von den physikalischen Eigenschaften des Lungengewebes, die sich u. a. aus dem intrapulmonalen Luft-Flüssigkeits-Verhältnis ergeben.

Indikationen zur Lungensonographie

Indikationen sind:

  • Abklärung der akuten Dyspnoe im Sinne einer Point-of-care-Diagnostik (s. BLUE-Protokoll, Teil 2),

  • Verlaufskontrolle bei Lungenödem, Pneumonie, Atelektase, Pneumothorax oder Pleuraerguss,

  • Pneumothoraxausschluss nach ZVK(Zentralvenenkatheter)-Anlage oder Pleurapunktion,

  • Abklärung des Weaning-Potenzials (Ausschluss einer pulmonalen Überwässerung, von Ergüssen, Konsolidierungen),

  • Diagnostik bei Verdacht auf COVID-19-Pneumonie,

  • Hinweis auf endobronchiale Tubusfehllage bei asymmetrischem Lungengleiten,

  • primäre sonographische Diagnostik bei pulmonaler Symptomatik zur Vermeidung einer Strahlenexposition bei Kindern oder Schwangeren.

Bewährt hat sich die Integration der LUS (ggf. in Kombination mit einer Sonographie der V. cava inferior) in die tägliche intensivmedizinische Visite zur Festlegung u. a. des täglichen Bilanzzieles bei Patienten mit Herzinsuffizienz und/oder Nierenersatztherapie.

Untersuchungsablauf

Im Kontext der Akut- und Notfallmedizin ist die Untersuchung nach dem BLUE-Protokoll nach Lichtenstein mit lediglich 6 definierten Untersuchungspunkten bei Untersuchung in Rückenlage beschrieben [5]. Die 4 anterioren Untersuchungspunkte werden als BLUE-Points, die posterolateralen Untersuchungspunkte als PLAPS-Points („posterolateral and/or pleural syndrome“) definiert (Abb. 3). Die Beurteilung dieser definierten Untersuchungspunkte – idealerweise im direkten Seitenvergleich – gelingt in der Regel in wenigen Minuten. Je nach klinischem Bild oder erhobenen Befunden (z. B. fokale B‑Linien-Zunahme) sind weitere Untersuchungspunkte möglich bzw. erforderlich. Den BLUE-Points vergleichbare anteriore Untersuchungspunkte für die Diagnostik bei herzinsuffizienten Patienten sind beschrieben [16].

Abb. 3
figure 3

Untersuchungspunkte nach dem BLUE-Protokoll: „upper“ und „lower“ BLUE-Points, PLAPS-Points nach Lichtenstein. a Lokalisation der BLUE-Points: Parallele Auflage der Hände unter Aussparung der Daumen an die Clavicula. Der „upper BLUE-Point“ liegt an der Wurzel zwischen Mittel- und Ringfinger der oberen Hand, der „lower BLUE-Point“ in der Mitte der Handfläche der unteren Hand. b Der „PLAPS-Point“ findet sich in der hinteren Axillarlinie auf Höhe des „lower BLUE-Point“. (Aus [13]; mit freundl. Genehmigung © Börm Bruckmeier Verlag GmbH 2020. All Rights Reserved)

Im Gegensatz dazu schlug die Konsensuskonferenz keine fixen Untersuchungspunkte, sondern eine Quadranteneinteilung (Abb. 4) zur Beschreibung pathologischer Prozesse vor [1]. Weitere z. T. krankheitsspezifische Untersuchungsprotokolle wie das DEGUM-Protokoll für COVID-19 oder das komplexe Untersuchungsprotokoll nach Jambrik sind publiziert, sollen aber hier unberücksichtigt bleiben [17, 18].

Abb. 4
figure 4

Quadranteneinteilung nach der ICC 2012 (ICC-LUS: International Consensus Conference on Lung Ultrasound)

Technische Aspekte

LUS lässt sich auch mit älteren Ultraschalleinheiten zumeist problemlos durchführen. Moderne Ultraschallgeräte mit Algorithmen zur Optimierung des B‑Bildes (z. B. „harmonic imaging“) sind unnötig und aufgrund der Artefaktunterdrückung bei der B‑Linien-Diagnostik sogar kontraproduktiv. Dagegen können Konsolidierungen und Ergüsse mit diesen Algorithmen besser dargestellt werden. Sinnvoll ist daher ein unkompliziertes An- und Abschalten dieser Algorithmen während der Untersuchung. Vereinzelt wurde dies schon in für LUS optimierten Voreinstellungen (sog. Presets) durch die Industrie integriert.

LUS kann mit allen gängigen Schallköpfen durchgeführt werden, für den Einsatz im Notfallszenario haben sich der niederfrequente Sektorschallkopf und die Konvexsonde am besten bewährt. Ein höherfrequenter Linearschallkopf kann bei speziellen Fragstellungen wie unsicherem Nachweis von Lungengleiten oder zur Beurteilung der COVID-19-Pneumonie erforderlich sein [19]. Für die B‑Linien-Diagnostik ist der letztgenannte Schallkopf weniger geeignet [20]. Eine Übersicht über die indikationsabhängige Schallkopfwahl und die Gerätegrundeinstellung gibt die Tab. 1.

Tab. 1 Schallkopfwahl und Gerätegrundeinstellungen für die Lungensonographie (LUS)

Nicht nur aus forensischen Gründen, sondern auch zur Dokumentation einer klinisch relevanten Verlaufskontrolle pathologischer Befunde ist eine adäquate Dokumentation erforderlich. Diese sollte digital und je nach Befund als Standbild (z. B. Konsolidierung, interstitielles Syndrom) oder bei dynamischen Befunden (z. B. Lungengleiten, dynamisches Airbronchogramm) als Filmschleife erfolgen. Die Dokumentation des dynamischen Lungengleitens zum Ausschluss eines Pneumothorax im M‑Mode (= „seashore sign“) erfolgt klassischerweise als Standbild. Die Lokalisationsangabe pathologischer Befunde ist an definierten Untersuchungspunkten wie im BLUE-Protokoll oder auch im kostophrenischen Winkel eindeutig möglich und zwingend erforderlich. Da aber im Gegensatz zur Echokardiographie oder Abdomensonographie bei der LUS bis auf wenige Ausnahmen (z. B. kostophrenischer Winkel) eindeutige anatomische Strukturen, die eine Lokalisationszuordnung zulassen, fehlen, sollten pathologische Befunde entweder mit dem Body-Marker auf der Bild/-Film-Dokumentation oder deskriptiv (Angabe des ICR und/oder einer anatomisch definierten Orientierungslinie wie der Medioclavicularlinie) im schriftlichen Befund erfolgen. Herstellerspezifische LUS-Programme lassen die Speicherung von Standbildern oder Filmsequenzen mit einer eindeutigen Quadrantenzuordnung zu.

Lungensonographie bei Herzinsuffizienz

Verschiedene Autoren beschreiben eine Korrelation von radiologisch und invasiv erhobenen Befunden bei Herzinsuffizienz mit einer sonographischen Häufung von B‑Linien. Hierzu zählen u. a. das durch transpulmonale Thermodilution gemessene extravaskuläre Lungenwasser oder der mittels Pulmonaliskatheter ermittelte pulmonalkapilläre Verschlussdruck („pulmonary capillary wedge pressure“ [PCWP]) [16, 18, 21, 22]. Ferner korrelieren der NT-proBNP-Spiegel, die funktionelle NYHA(New York Heart Association)-Klasse, das Stadium der diastolischen Dysfunktion sowie die Einschränkung der Ejektionsfraktion mit dem Nachweis einer B‑Linien-Zunahme [23].

Als morphologisches Korrelat für die Entstehung der B‑Linien wird eine Flüssigkeitseinlagerung angenommen, die zunächst in subpleurale interlobuläre Septen, später auch alveolär erfolgt. Hierbei kann eine pathologische Anzahl von B‑Linien schon vor Auftreten klinischer Symptome nachgewiesen werden [7, 21, 22].

Das Fehlen von multiplen B‑Linien an den BLUE-Points (< 3 B-Linien/ICR) zeigt nach Lichtenstein für einen PCWP < 14 mm Hg u. a. eine Spezifität von 90 % und einen positiven prädiktiven Vorhersagewert von 91 % an [22]. Damit kann bei fehlendem Nachweis vermehrter B‑Linien am ventralen Thorax eine relevante kardial bedingte pulmonale Überwässerung weitgehend ausgeschlossen werden.

Im praktischen Alltag erlaubt dieser zeitnah zu erhebende Befund bei hämodynamisch instabilen Patienten eine sichere Volumengabe entsprechend dem FALLS-Protokoll. Hierbei erfolgt bei unklarem Kreislaufschock eine intravenöse Volumengabe, solange ein unauffälliger LUS-Befund eine pulmonale Überwässerung ausschließt [24].

Bei wegen akuter Herzinsuffizienz hospitalisierten Patienten kann mittels LUS vor der Entlassung (5 bis 28 Untersuchungspunkte) die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Herzinsuffizienz-bedingter Krankenhausaufnahmen und Todesfälle abgeschätzt werden [25].

Merke

Eine pulmonale Überwässerung lässt sich sonographisch sensitiver nachweisen als mittels Röntgenaufnahme des Thorax.

Lungenödem – ein diffuses interstitielles Syndrom

Der typische Befund eines kardial bedingten Lungenödems als häufigste Ursache eines (diffusen) IS ist ein bilateral gehäuftes (> 2/ICR) Auftreten von B‑Linien (Abb. 5 und Video 2).

Abb. 5
figure 5

Beidseits B‑Linien-Häufung bei Lungenödem (B-Profil) an den BLUE-Points (Video 2). (Aus [13]; mit freundl. Genehmigung © Börm Bruckmeier Verlag GmbH 2020. All Rights Reserved)

Da der pulmonale Flüssigkeitsgehalt mit der Zahl an B‑Linien korreliert, ist eine für den klinischen Alltag praktikable Semiquantifizierung z. B. zur Therapiekontrolle naheliegend. Hierzu sind verschiedene Methoden publiziert [14, S. 88–89, 16, 18, 26]. Zu berücksichtigen ist, dass entsprechend dem nach basal (beim liegenden Patienten dorsal) zunehmenden hydrostatischen Druck B‑Linien dort häufiger bzw. früher auftreten als in ventrokranialen Bereichen. Zudem generieren basale Mikroatelektasen z. B. bei beatmeten Patienten regelhaft B‑Linien, wodurch die Spezifität einer basalen B‑Linien-Häufung gering ist.

Die Konsensuskonferenz definierte u. a. relativ niederschwellig ein IS bei mindestens 2 positiven Quadranten pro Hemithorax mit jeweils mehr als 2 B-Linien/ICR, was jedoch eine Dokumentation des Therapieverlaufs erschwert, u. a. auch weil keine eindeutigen Untersuchungspunkte definiert wurden [1]. Andere Autoren empfahlen summarische bzw. rechnerische Scores oder eine prozentuale Abschätzung zur B‑Linien-Quantifizierung [16, 18, 26]. Hierbei unterscheiden sich sowohl die Anzahl der zu untersuchenden Untersuchungspunkte mit 4 bis 28 ebenso wie die Art der Quantifizierung jedoch erheblich. Lichtenstein schlug eine Semiquantifizierung in 3 Schweregrade anhand der B‑Linien-Zahl an den definierten BLUE-Points vor (3 bis 5 B-Linien/ICR; 6 bis 8 B-Linien/ICR; > 8 B-Linien/ICR; [14, S. 88–89]). Die hierbei ausschließliche Berücksichtigung der anterioren Thoraxwand an den BLUE-Points wurde zwar hinsichtlich einer eingeschränkten Sensitivität kritisiert, für die Anwendung bei kritisch kranken Patienten aber als ausreichend akzeptiert [26].

Ein einheitlicher Konsens und eine offizielle Empfehlung zur Quantifizierung bestehen aktuell nicht, dies wäre jedoch auch unter wissenschaftlichen Aspekten sinnvoll und wünschenswert [27].

Für die sonographische Verlaufskontrolle chronisch herzinsuffizienter Patienten sind komplexe und damit zeitaufwendigere Protokolle publiziert und evaluiert [25, 28].

Merke

Die Semiquantifizierung einer pulmonalen Überwässerung ist für den klinischen Alltag zur Verlaufskontrolle unter Therapie wünschenswert. Es besteht jedoch kein Konsens über die am besten geeignete unter den sehr unterschiedlich beschriebenen Methoden.

Lungensonographie in der ambulanten Versorgung

Auch wenn LUS unter notfallmedizinischen Aspekten vorwiegend in der Notaufnahme oder bei bereits hospitalisierten Patienten durchgeführt wird, ist sie ebenso bei der Patientenversorgung in der Niederlassung sinnvoll und praktisch anwendbar, beispielhaft bei der Abklärung der Dyspnoe [29].

In der ambulanten Versorgung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz zeigt LUS eine prognostische Bedeutung für den Tod und eine herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierung sowohl nach 30 Tagen wie auch nach 32 Monaten. Hierbei korreliert die Anzahl der B‑Linien in einem 8‑Zonen-Protokoll mit einer erhöhten Mortalität [30, 31].

Die Inzidenz eines pathologischen B‑Linien-Befundes ist abhängig von der Herzinsuffizienzgenese und bei HFrEF (Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Funktion) mit 45,2 % höher als bei HFpEF (Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Funktion) mit 34,8 % und am seltensten (13,5 %) bei Patienten mit ausschließlicher hypertensiver Herzerkrankung [32].

LUS bietet die Möglichkeit nichtinvasiv noch vor Auftreten klinischer Symptome eine Anpassung der Medikation (z. B. Diuretikadosis) vorzunehmen. Zudem kann eine an LUS-Befunden adaptierte ambulante Herzinsuffizienztherapie die insuffizienzbedingte Hospitalisierungsrate, notfallmäßige ärztliche Vorstellungen und das NT-proBNP reduzieren sowie die Lebensqualität verbessern [28, 33].

Limitationen der Lungensonographie

Die B‑Linien als wichtigste Artefakte der LUS und Marker des interstitiellen Syndroms sind unspezifisch und bei sehr unterschiedlichen Lungenveränderungen wie einer Infektion, Linksherzinsuffizienz, Lungenkontusion, aber auch chronisch interstitieller Lungenerkrankung pathologisch vermehrt. Insbesondere bei letztgenannter Krankheitsentität ist die Diagnose einer kardial bedingten Überwässerung nur mit Vorsicht und oft erst durch sequenzielle Verlaufsuntersuchungen zu stellen. Die Interpretation darf immer nur unter Würdigung des klinischen Bildes, Berücksichtigung der Anamnese und Vorerkrankungen sowie weiterer u. U. sonographischer Befunde erfolgen.

Hinsichtlich des Nachweises einer pulmonalen Kongestion ist die Vielzahl an beschriebenen Methoden bezüglich einer Quantifizierung und die damit fehlende Standardisierung als aktuell noch bestehende Limitation anzusehen.

Als wesentliche Einschränkung der LUS ist die fehlende Darstellbarkeit pathologischer Prozesse zu nennen, die nicht die Lungenoberfläche bzw. die Pleura erreichen. Diesbezüglich sind weiterhin radiologische Verfahren wie die Computertomographie unverzichtbar.

Fallbeispiel

Ein 75-jähriger Patient ohne relevante Vorerkrankungen stellt sich mit seit 5 h bestehender Dyspnoe in der Notaufnahme vor. Auskultatorisch besteht eine bronchiale Obstruktion, der nichtinvasiv gemessene Blutdruck (RR) beträgt 185/93 mm Hg, die Herzfrequenz 112/min und eine periphere O2-Sättigung 88 %. Bei Verdacht auf eine obstruktive Ventilationsstörung erfolgen eine Inhalationstherapie mit einem Beta-Sympathomimetikum und die i.v.-Gabe von 50 mg Prednisolon. Bei nach 45 min ausbleibender klinischer Besserung wird auf der Intensivstation eine Lungensonographie in halbsitzender Position durchgeführt, die den Befund einer beidseits diffusen B‑Linien-Häufung als Zeichen eines kardialen Lungenödems zeigt, das radiologisch bestätigt wird. Nach 2‑maliger Gabe von 40 mg Furosemid und Glyceroltrinitrat i.v als Perfusor (33 μg/min) kann innerhalb von 2,5 h eine Negativbilanz von 1,5 l und eine deutliche klinische Besserung mit Anstieg der peripheren O2-Sättigung auf 97 % und Abfall des RR auf 136/79 mm Hg erzielt werden. Die erneute Lungensonographie zeigt lediglich basal vermehrte B‑Linien- (> 2 B-Linien/ICR), an der ventralen Thoraxwand findet sich jetzt ein unauffälliger Befund.

Fazit für die Praxis

  • Die Sonographie der lufthaltigen Lunge ist Artefaktsonographie.

  • Das Auftreten LUS(Lungensonographie)-typischer Artefakte ist abhängig vom pulmonalen Luft-Flüssigkeits-Verhältnis.

  • LUS ist evidenzbasiert und sollte nach der DGIIN (Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin), DEGUM (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) und DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.) Bestandteil der Ultraschallausbildung für die Intensiv- und Notfallmedizin sein.

  • Als Point-of-care-Untersuchung kann LUS die Zeit bis zur Diagnosestellung und damit zur Therapieeinleitung signifikant reduzieren.

  • LUS ist sowohl der Auskultation wie auch der Röntgenaufnahme des Thorax u. a. in der Diagnostik der pulmonalen Stauung überlegen und erlaubt damit u. a. bei akuter Linksherzinsuffizienz eine nichtinvasive Therapiesteuerung.

  • Es besteht aktuell kein Konsens darüber, welche der publizierten Methoden zur Quantifizierung einer pulmonalen Überwässerung am besten geeignet ist.

  • Auch in der ambulanten Diagnostik der akuten und chronischen Herzinsuffizienz ist LUS sinnvoll anwendbar und zeigt eine prognostische Bedeutung.