Dissoziative Anfälle (syn. funktionelle bzw. psychogene nichtepileptische Anfälle) sind in der Epileptologie ein häufiges, oft nicht ausreichend verstandenes klinisches Phänomen. Dissoziative Anfälle treten ab dem Kindesalter über die gesamte Lebensspanne auf. Dieser narrative Review gibt eine Übersicht über die aktuelle neuropsychologische Forschung zu dissoziativen Anfällen mit Fokus auf Emotionen, Körperwahrnehmung und Arousal. Es werden allgemeine Mechanismen und altersspezifische Aspekte herausgearbeitet. Neuropsychologische Modelle können gerade an der Schnittstelle zwischen neurologischen und psychiatrischen Krankheitsprozessen (Infobox 1) erkenntnisbringend sein.

FormalPara Infobox 1 Die physische Realität psychischer Störungen

In einer naturwissenschaftlich aufgestellten Medizin ist die Frage nach der physischen Realität des Psychischen virulent; dissoziative Anfälle werden z. B. immer wieder als „unechte“ Anfälle bezeichnet.

Die Hirnforschung legt ein physikalistisches Modell nahe: Psychische Phänomene werden hirnphysiologisch realisiert und sind daher einseitig von Hirnprozessen abhängig. Die spezifische Hirnfunktion kann als integrative Informationsverarbeitung zur Adaptation des Organismus an die natürliche und soziale Umwelt charakterisiert werden (Infobox 2). Diese Ebene wird – unzweifelhaft physisch real – über ca. 100 Billionen Synapsen realisiert. Psychische Phänomene wie Empfindungen, Gefühle und Gedanken können in ihrer subjektiven Qualität nicht objektiv gemessen werden, weil sie als solche mit keinem materiellen System wechselwirken können (vgl. die 4 bekannten Wechselwirkungen in der heutigen Physik); physisch wirksam sind jedoch die ihnen zugrunde liegenden hirnphysiologischen Prozesse. Diese Prozesse können wir messtechnisch in ihrer Komplexität bisher noch nicht erreichen. Einen wenngleich begrenzten Zugang zur so verstandenen Psyche einer Person bieten uns die psychologische Ebene (Psychotherapie/Neuropsychologie), die Psychopharmakologie sowie Neurostimulation und das Neurofeedback.

Neurologische Erkrankungen nennen wir im Nervensystem auftretende Pathologien, die auch an anderen Organen auftreten: Entzündungen, Tumoren, Gefäßerkrankungen usw. Organische Erkrankungen rufen psychische Symptome hervor, wenn sie die Informationsverarbeitung im Gehirn stören. Bei den eigentlichen psychischen bzw. psychiatrischen Störungen ist die spezifische Hirnfunktion gestört, d. h. die Informationsverarbeitung selbst. Psychische Störungen sind demnach hirnspezifische Funktionsstörungen.

Wahrscheinlich erleben wir zu keinem Zeitpunkt etwas anderes als unseren eigenen jeweiligen Hirnzustand – aber in Gestalt der phänomenalen Wirklichkeit, mit uns selbst als Subjekt und Akteur mittendrin. Psychische Gesundheit hängt am seidenen Faden einer intakten Hirnphysiologie.

Pathophysiologische Mechanismen

Trotz der enormen Heterogenität der von den Patienten berichteten und klinisch beobachteten Symptome lassen sich wiederkehrende Muster in der Phänomenologie dissoziativer Anfälle erkennen. Dazu gehören häufig – aber nicht immer – Hochstresssituationen bzw. kumulativer Stress in der Vorgeschichte (z. B. belastende Lebensereignisse, u. a. Verletzungen der körperlichen Integrität beispielsweise durch Unfälle, Miterleben epileptischer Anfälle), Zustände erhöhten affektiven Arousals (z. B. erhöhter Puls, vermehrtes Schwitzen) unmittelbar vor dem Anfallsbeginn und auch strukturelle Schädigungen des Gehirns, die spezifisch die Affekt- und Stressregulation beeinflussen (z. B. Infarkte mit Beteiligung limbischer Strukturen). Belastende Lebensereignisse sind der wichtigste bekannte Risikofaktor; neben den „klassischen“ psychotraumatischen Ereignissen wie (sexueller) Missbrauch, Unfälle oder Katastrophen spielen dabei auch subtilere, kumulativ auftretende Belastungserfahrungen eine Rolle. Bei einer tiefer gehenden Exploration werden zudem häufig Probleme mit dem Erleben von und dem Umgang mit Emotionen, Veränderungen der Körperwahrnehmung (Interozeption) sowie Schwierigkeiten, den Beginn und Ablauf des Anfalls zu beeinflussen (Inhibition und Verhaltenssteuerung) berichtet.

Psychologische Charakteristika

Diese Aspekte werden häufig mittels Selbstreportfragebögen und Verhaltensexperimenten untersucht. Oftmals wurde dabei „Alexithymie“ – Schwierigkeiten im Erleben und Interpretieren emotionaler Zustände – untersucht; Patienten mit dissoziativen Anfällen zeigen in entsprechenden Fragebögen erhöhte Werte [1]. In Verhaltensuntersuchungen zeigen sich Schwierigkeiten bei der Emotionserkennung, insbesondere auch eine erhöhte Vigilanz gegenüber negativen Emotionen [2,3,4]. Es gibt zudem Hinweise auf Emotionsregulationsschwierigkeiten: Patienten nutzen andere Emotionsregulationsstrategien [1], beispielsweise die Nutzung von als weniger adaptiv verstandenen vermeidenden oder emotionsfokussierten (Versuch der Regulation der Emotion an sich) statt problemfokussierter Bewältigungsstrategien (Veränderung der stressauslösenden situativen Gründe). Zudem zeigen sie oftmals eine reduzierte Verhaltenssteuerung und Emotionsregulation während affektiver Reizung [2, 5, 6]. Eng mit der Emotionsverarbeitung verbunden ist der Aspekt der Interozeption – der Prozess der Wahrnehmung und Integration von Signalen aus körpereigenen Systemen, z. B. Herzschlag oder Muskelspannung. Interozeption ist bei der Wahrnehmung und Einordnung körperlicher Arousal-Zustände wichtig, wie sie häufig vor und zu Beginn dissoziativer Anfälle auftreten. Einige Studien beschreiben eine verringerte Genauigkeit der interozeptiven Wahrnehmung bei Patienten mit dissoziativen Anfällen [2, 7, 8], insbesondere nach experimenteller Induktion von Dissoziation [9]. Erhöhte Dissoziationsneigung wird häufig festgestellt und bildet wahrscheinlich die Grundlage für die fulminante Dissoziation während der Anfälle [10]. Diese Desintegration des normalerweise integrierten Zusammenspiels von Körper‑, Selbst- und Sinneswahrnehmung und Bewegungskontrolle spiegelt wahrscheinlich eine Überlastungsreaktion bei hohem körperlichem Arousal wider; bleibt aber aus neuropsychologischer Sicht weiterhin unvollständig verstanden [11].

Psychophysiologische Korrelate: Bildgebung und Elektroenzephalogramm

Die interozeptive Verarbeitung bei erhöhter sympathischer Aktivierung direkt vor oder während dissoziativer Anfälle kann mittels Herzschlag-evozierter Potenziale (HEPs) untersucht werden. HEPs sind ein zeitlich an den Herzschlag gekoppeltes EEG(Elektroenzephalogramm)-Signal, das als objektives Maß für die kortikale Verarbeitung interozeptiver Signale genutzt werden kann. Die Amplitude der HEPs spiegelt die Stärke des Signals wider, die vom Gehirn bezüglich der interozeptiven Wahrnehmung des Herzschlags verarbeitet wird. Patienten mit dissoziativen Anfällen zeigten eine Verringerung der HEP-Amplitude in präiktalen und iktalen Zuständen im Vergleich zum Ruhezustand, was auf eine verringerte Interozeption vor und im Anfall hindeutet [12, 13].

Zudem bieten funktionelle und strukturelle Bildgebungsstudien Einblicke in zugrunde liegende assoziierte neurobiologische Faktoren. So haben funktionelle MRT(Magnetresonanztomographie)-Studien eine veränderte Aktivität der Amygdala und eine verstärkte funktionelle Kopplung zwischen limbischen und motorischen Arealen bei emotionaler Aktivierung gefunden [14, 15]. Zudem wurden Korrelationen zwischen der Emotionsregulationsfähigkeit und der strukturellen Konnektivität in affektiven Netzwerken gefunden [5]. Veränderungen in der funktionellen Konnektivität und des kortikalen Volumens innerhalb des Default-Mode-Netzwerkes korrelierten mit Scores für Dissoziations- und Symptomschwere sowie Erkrankungsdauer [16,17,18]. Funktionelle und strukturelle Veränderungen in Regionen des Salience-Netzwerks korrelieren bei Patienten mit funktionellen neurologischen Störungen und dissoziativen Anfällen mit dem Faktor Misshandlung in der Kindheit sowie mit der Symptomschwere [19,20,21,22]. Veränderungen in und Korrelationen mit Default-Mode und Salience-Netzwerk sind v. a. deshalb interessant, weil diese Netzwerke in den aktuell viel diskutierten Predictive-processing-Frameworks (Infobox 2) eine wichtige Rolle einnehmen.

Abb. 1
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Prinzipien des „predictive processing“. Die Vorhersagen beruhen auf Lebenserfahrungen, die im Falle eines Vorhersagefehlers aktualisiert werden können. Vorhersagen und Vorhersagefehler werden durch Präzisionssignale gewichtet

Infobox 2 „Predictive processing“ – eine kurze Einführung

In der neurowissenschaftlichen Forschung hat sich das „predictive processing“ als ein wichtiger Ansatz etabliert, um die Funktionsweise des Gehirns zu erklären, d. h. zu beschreiben, wie antizipatorische Berechnungen innerhalb und zwischen neuronalen Netzen erstellt und verfeinert werden. Diese prädiktiven Verarbeitungsansätze beruhen auf drei Schlüsselprinzipien (Abb. 1):

  1. 1.

    Auf der Grundlage früherer Lebenserfahrungen sagt das Gehirn kontinuierlich die unmittelbare Zukunft durch eine Reihe von parallelen Simulationen voraus, die alle mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (Gewichtung) versehen sind. Die Vorhersagen mit der höchsten Wahrscheinlichkeit werden mit den eingehenden Sinneseindrücken verglichen. Wenn Vorhersage und Sinneseindrücke übereinstimmen, werden sie zu einer Wahrnehmung.

  2. 2.

    Stimmen Vorhersage und Sinneseindrücke nicht überein, entsteht ein Vorhersagefehler. Der Vorhersagefehler zeigt den Unterschied zwischen dem erwarteten und dem tatsächlichen sensorischen Input an und kann zur Aktualisierung und Verbesserung nachfolgender Vorhersagen (d. h. zum Lernen) verwendet werden.

  3. 3.

    Die Stärke oder Wichtigkeit von Vorhersagen und Vorhersagefehlern wird durch Präzisionssignale gewichtet.

Diese allgemeine Idee hat sich bei der Erklärung von Hirnfunktionen und neuropsychologischen Phänomenen als wichtig erwiesen und lässt sich auch gut mit den grundlegenden neurobiologischen Prinzipien der Hirnorganisation vereinbaren.

Altersspezifische Besonderheiten

Obwohl es eine deutlich größere Zahl an Publikationen zu dissoziativen Anfällen im Erwachsenenalter gibt, treten diese Symptome auch im Kindes- und Jugendalter auf. Aus skandinavischen populationsbasierten Studien lassen sich Inzidenzen von 3 pro 100.000/Jahr bei Kindern zwischen 5 und 14 Jahren und ca. 10 von 100.000/Jahr für Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren ableiten [23]; das mittlere Alter von pädiatrischen Gruppen mit dissoziativen Anfällen beträgt 10,5 Jahre (s. [24] für eine Übersicht). Die bei Erwachsenen typische Dominanz bei weiblichen Personen ist erst ab der Adoleszenz eindeutig zu vermerken. Auch erscheint die Semiologie des dissoziativen Anfalls in pädiatrischen Gruppen noch heterogener als bei Erwachsenen: Es werden in erheblicher Zahl gemischte Semiologien, Tremor sowie Aura-ähnliche Symptome beschrieben. Außerdem treten bei Kindern und Jugendlichen häufiger negative Affektäußerungen im Rahmen der dissoziativen Anfälle auf (d. h. Weinen, Schreien) [25].

Auch bei pädiatrischen Patienten finden sich häufig psychiatrische Komorbiditäten, insbesondere Depressionen, Aufmerksamkeitsdefizit‑/Hyperaktivitätsstörung, Angststörungen und aversive Gefühle hinsichtlich der eigenen Erkrankung. Eine erhebliche Zahl von Kindern und Jugendlichen mit dissoziativen Anfällen weist zudem Lernstörungen bis hin zu einer mentalen Retardierung auf. Damit ist auch bei jüngeren Patienten davon auszugehen, dass Besonderheiten in der Emotionsverarbeitung und Affektregulation wesentliche Risikofaktoren für dissoziative Anfälle darstellen und mit alterstypischen Entwicklungsschritten kovariieren [26]. Eine genauere Untersuchung der zugrunde liegenden Prozesse bei Kindern und Jugendlichen wird durch altersbedingte methodische und ethische Hürden erschwert. Vor allem Selbstexplorationsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft und Konzentrationsspanne sind begrenzt. Ferner existieren keine spezifischen Tools zur Identifizierung von dissoziativen Anfällen bei Kindern und Jugendlichen; ein jüngst erschienenes Sco**-Review gibt aber Empfehlungen für den diagnostischen Prozess und das Behandlungsmanagement [27].

Integration der Befunde – dissoziative Anfälle, Emotionen und Predictive Processing

Auf Basis eines neuen Ansatzes zum Verständnis von Emotionen wurde kürzlich ein theoretisches Modell vorgestellt, das die Rolle von Emotionen in der Pathophysiologie funktionell-neurologischer und dissoziativer Störungen zu erklären versucht [28]. Grundlegend für diesen Ansatz sind zwei Ideen:

  1. 1.

    Eine der Kernaufgaben des Gehirns ist die Regulation des Körpers, um dessen Überlebensfähigkeit zu sichern – diese Tatsache spiegelt sich in vielen Aspekten von Hirnfunktionen wider.

  2. 2.

    Die Wahrnehmung von Sinneseindrücken verläuft keinesfalls passiv-verarbeitend, sondern aktiv-vorhersagend: Auf Basis früherer Erfahrungen und kontextueller Ähnlichkeiten wird die unmittelbare „sensorische Zukunft“ vorhergesagt; diese Vorhersage wird permanent mit dem tatsächlich eintretenden sensorischen Input abgeglichen („predictive processing“; Infobox 2).

Die Regulation des Körpers basiert, so die Annahme des Modells, auf einem interozeptiven Modell des Zustands des Körpers. Das Gehirn muss „wissen“, was im Körper vor sich geht, um entsprechend regulierend eingreifen zu können. Affekt wird als Zusammenfassung des körperlichen Zustands verstanden. In diesem Sinne beeinflusst der jeweilige Affekt die prädiktiven Vorhersagen und die Interpretation sowohl interozeptiver wie auch exterozeptiver Signale: Der empfundene Zustand unseres Körpers beeinflusst, wie wir die Umwelt und uns selbst wahrnehmen und diese Sinneseindrücke einordnen – ganz im Sinne der Idee, dass diese Wahrnehmungen für unser Überleben relevant sein können und daher mit Bezug auf den Zustands des Körpers eingeordnet werden.

Die Grundlage für die Vorhersagen von Sinneseindrücken sind frühere Erfahrungen in Form abstrahierter Konzepte. Diese Konzepte, zu denen auch Emotionskonzepte gehören, werden im Laufe des Lebens erlernt und verfeinert und können je nach biopsychosozialen Faktoren von Mensch zu Mensch in ihrer Feinheit und Abgrenzung zu anderen Konzepten intraindividuell variieren. Einschneidende Lebenserfahrungen können Konzepte mit lang anhaltenden Folgen etablieren, die auch dann noch die Wahrnehmung und Einordnung von Sinneseindrücken entscheidend beeinflussen können, wenn sich der Kontext bereits grundlegend geändert hat. Hat beispielsweise ein Mensch in seiner Kindheit aufgrund physischer und emotionaler Gewalt gelernt, Zustände hoher körperlicher Anspannung eher mit motorischen Konzepten (z. B. abwehrend um sich schlagen) statt mit komplexen psychologischen Emotionskonzepten wie Angst zu verbinden, so können später ähnliche Zustände körperlicher Anspannung weiterhin mit elementaren „Fight or Flight“-Reaktionen und ihren Konsequenzen (körperbezogene Empfindungen) anstelle adäquater Emotionen verbunden sein. Dies ist gerade bei funktionellen neurologischen Störungen und spezifisch auch bei dissoziativen Anfällen relevant, da hier (beispielsweise aufgrund traumatischer Vorerfahrungen oder vorhergehender körperlicher Verletzungen) besonders starke implizite Erwartungen repräsentiert sein können, welche die körperlichen Wahrnehmungen von nicht angemessen reguliertem Arousal dann im Sinne eines Krankheitssymptoms vorhersagend verarbeiten. Die Aktivierung dieser prädiktiven Symptomkonzepte kann dann auch im Sinne einer „selbsterfüllenden Prophezeiung“ zu einem Anfallsereignis führen.

Das theoretische Modell beschreibt, wie Hirnnetzwerke das „predictive processing“ unterstützen: Vorhersagen haben ihren Ursprung in den Teilen des Default-Mode-Netzwerks, die dann in den sensorischen Arealen zu spezifischeren Vorhersagen geformt und mit eintreffenden sensorischen Signalen abgeglichen werden. Erkannte Vorhersagefehler werden durch Präzisionssignale aus dem Salience-Netzwerk nach ihrer Wichtigkeit gewichtet. Der jeweilige Körperzustand (repräsentiert durch den Affekt) beeinflusst diesen Prozess. Auf diese Weise tragen Veränderungen im Salience- und Default-Mode-Netzwerk zur Pathophysiologie dissoziativer Anfälle bei [28].

Implikationen für die neuropsychologische Praxis

Aus der Neurobiologie dissoziativer Störungen lassen sich Überlegungen für die Behandlung ableiten. Das Erarbeiten eines plausiblen Störungsmodells ist ein wesentlicher Bestandteil der Therapie [29, 30]; dabei können die diskutierten Aspekte in verschiedene Therapieansätze integriert werden. Vor allem eine allgemeinverständliche Schilderung des „predictive processing“ als „implizite“ oder „automatische“ Erwartungen, die sich unter bestimmten Voraussetzungen verselbstständigen und dann zu einem Anfall führen, kann für die Vermittlung des Störungsmodells hilfreich sein. Insgesamt erscheint es in Anbetracht der Heterogenität der klinischen Phänomene naheliegend, die Therapie methodisch breit aufzustellen – je nach Ausgangssituation können Therapieformen sinnvoll sein, in denen Emotionsregulation (z. B. dialektisch-behaviorale Therapie), Aufmerksamkeitssteuerung (z. B. achtsamkeitsbasierte Therapie, metakognitives Training [31]), Trauma-fokussiertes Arbeiten (z. B. prolongierte Expositionstherapie, Trauma-fokussierte kognitive Verhaltenstherapie) oder körperfokussiertes Arbeiten (z. B. Traumatherapie nach Peter Levine) Anwendung finden. Auch Kombinationen dieser Therapieansätze können die Symptomatik verbessern [32].

Fazit für die Praxis

  • Dissoziative Anfälle sind komplexe und oftmals nicht ausreichend verstandene Symptome an der Grenze von körperlichen zu psychischen Phänomenen.

  • Aus der Neuropsychologie dissoziativer Störungen lassen sich Überlegungen für die Behandlung ableiten.

  • In Anbetracht der Heterogenität der klinischen Phänomene ist es naheliegend, die Therapie methodisch breit aufzustellen.