Geht es um die COPD, rücken meist die Empfehlungen von GOLD (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease) in den Fokus. "Es geht aber auch ohne GOLD", so Prof. Claus Vogelmeier vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg, mit Verweis auf zahlreiche, spannende, praxisrelevante Studien rund um die chronische Atemwegserkrankung.

Auch wenn Umweltverschmutzung ein relevantes, viel diskutiertes Thema ist: Schlecht untersucht ist nach wie vor ihr Einfluss auf die Exazerbationsrate der COPD. So ist bislang unklar, ob eine Reduktion der Schadstoffkonzentration in der Innenraumluft die respiratorische Morbidität verbessert und, damit eng verknüpft, ob Geräte für die Luftreinigung einen günstigen Effekt haben. Das scheint tatsächlich der Fall zu sein. Frühere Raucher mit moderater bis schwerer COPD profitierten von der Ausstattung mit hocheffizienten Geräten zur Luftreinigung gegenüber sogenannten "Sham"-Geräten [1]. Zwar konnte, nach einer Nachverfolgungszeit von sechs Monaten, kein statistisch relevanter Vorteil bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität erreicht werden. Die Akutmedikation konnte etwa halbiert, moderate Exazerbationen um 70 % reduziert werden. Die klinisch erreichten Effekte seien erstaunlich, so Vogelmeier. Bei entsprechend vulnerablen Patienten können effiziente Luftreiniger ein zusätzliches Verfahren sein, um eine COPD zu stabilisieren, so Vogelmeier.

Ebenfalls nicht gut untersucht ist die Bedeutung von Atemwegsallergenen bei einer COPD. Es scheint aber so zu sein, dass eine Allergen-Exposition bei COPD-Patienten mit schlechterem Outcome verbunden sein könne, sofern diese auch gegenüber den entsprechenden Allergenen sensibilisiert sind [2]. Bei Viel-Exazerbierern sei an eine Beteiligung von Typ-I-Allergien zu denken und der Allergiestatus zu erheben.

Extreme Frühgeburtlichkeit als Risikofaktor

Eine eingeschränkte Entwicklung der Lungenfunktion gilt als Risikofaktor für eine COPD. Da liegt es nahe, einen genauen Blick auf das COPD-Risiko von extremen Frühgeborenen zu schauen. So geschehen in einer Studie mit 148 Patienten mit einem Geburtsalter von höchstens 28 Wochen oder einem Geburtsgewicht von höchstens 1.000 Gramm [3]. Nachverfolgt wurde mittels Spirometrie. Die Lungenfunktionsdaten zwischen dem zehnten und 35. Lebensjahr zeigen: Mehr Frühgeborene als Nichtfrühgeborene erfüllten die spirometrischen Kriterien für eine COPD. Sie ist ein wichtiger Risikofaktor für eingeschränktes Lungenwachstum und für eine Konstellation, die zumindest nach spirometrischen Kriterien wie eine COPD aussieht. Frühgeburtlichkeit sollte bei Verdacht auf eine COPD anamnestisch erfasst werden, so Vogelmeier.

CT-Thorax erkennt auch Komorbiditäten

"Wir müssen die Radiologie besser nutzen", betonte Vogelmeier. Wird nämlich im Rahmen der COPD-Diagnostik eine Thorax-CT durchgeführt, lassen sich gleichzeitig auch prognostisch relevante Komorbiditäten erkennen. Bei knapp 400 Patienten mit milder bis schwerer COPD wurde im CT gezielt nach Folgenden zehn Komorbiditäten gesucht:

  • Emphysem,

  • Bronchiektasen,

  • interstitielle Lungenveränderungen,

  • Verkalkungen der Koronararterien,

  • Erweiterungen der Pulmonalarterie auf mindestens 30 mm,

  • Erweiterung der ascendierenden Aorta,

  • Hiatushernie,

  • Leberverfettung,

  • Osteoporose,

  • niedrige Dichte des Musculus psoas.

Am höchsten war die Prävalenz für Verkalkungen der Koronararterien (79,8 %), Emphysem (62,7 %) und Bronchiektasen (33,9 %) [4]. Alle drei Entitäten waren vor dem CT unterdiagnostiziert. Vogelmeier betonte, dass im CT deutlich mehr prognostisch relevante Veränderungen auffielen als klinisch bekannt waren. Ein umfassend ausgewertetes Thorax-CT sollte deshalb in der Diagnostik der COPD eine hervorragende Rolle haben, so Vogelmeier.

Gute Frage - keine Antwort!

Was tun bei ehemaligen Rauchern mit respiratorischen Symptomen, aber normaler Lungenfunktion? Diese Frage wird zunächst unbeantwortet bleiben. Auch eine aktuelle Studie, die 535 Ex-Rauchern mit Symptomen und unauffälliger Spirometrie entweder mit Indacaterol (27,5 µg) plus Glycopyrrolat (15,6 µg) oder Placebo zweimal täglich über zwölf Wochen behandelte bracht kein Licht ins Dunkel. Die LABA/LAMA-Kombination zeigte keinen messbaren Effekt und senkte die Beschwerden nicht besser als Placebo. "Es kam nichts dabei raus, gar nichts", so Vogelmeier. Das Thema dürfe aber nicht beendet werden. Vielleicht seien die Patienten nicht ausreichend charakterisiert oder LAMA + LABA die falsche Therapieoption gewesen [5].

Pneumo Update Mainz, 11./12. November 2022