Mit dem vorliegenden Artikel wird ein gesundheitsökonomischer Überblick zum aktuellen Stand ausgewählter Aspekte der Digitalisierung in einzelnen Anwendungsgebieten im deutschen Gesundheitswesen vermittelt, wobei besonders auf die Urologie eingegangen wird. Unter Qualitäts- und Kostenaspekten wird eine gesundheitsökonomische Einschätzung im Hinblick auf Effektivität und Effizienz vorgenommen. Auf Aspekte zu strukturierter Befundung und telemedizinischen Anwendungen in der Urologie wird detaillierter eingegangen.

Digitalisierung, Ökonomie und Qualität im Gesundheitswesen

Durch das Auftreten der COVID-19-Pandemie („coronavirus disease 2019“) hat sich das ambulante und stationäre Leistungsgeschehen in der Gesundheitsversorgung maßgeblich verändert. Der Einsatz von telemedizinischen Anwendungen hat an Bedeutung gewonnen, um eine Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, welche Patienten und Ärzte vor dem Risiko schützen, sich einer COVID-19-Infektion auszusetzen [28]. So wurden in Deutschland bspw. die rechtlichen Regelungen zur Durchführung und zur Vergütung von Videosprechstunden angepasst und ausgeweitet. Langfristige Zielsetzung sollte es demnach sein, die durch die COVID-19-Pandemie angestoßene Entwicklung zu mehr Digitalisierung dauerhaft in das Gesundheitssystem zu integrieren und neue Lösungsansätze für die medizinische Versorgung zu implementieren [20].

Innerhalb des Gesundheitswesens wird die Ökonomie häufig als ein restriktives Element angesehen

Innerhalb des Gesundheitswesens wird die Ökonomie häufig als ein restriktives Element angesehen. Eine mögliche Ursache für diese Sichtweise kann in den unterschiedlichen Perspektiven von Gesundheitsberufen einerseits und Ökonomen andererseits begründet liegen. Der Fokus des medizinischen Fachpersonals liegt auf der möglichst optimalen Behandlung von einzelnen Patienten. In der Ökonomie liegt der Fokus neben einer effektiven Versorgung auch auf einer effizienten Ressourcenverwendung, da diese nur begrenzt zur Verfügung stehen [4]. Die Tragweite hieraus entstehender Abwägungsentscheidungen (sog. „trade-off“) hat sich im Rahmen der COVID-19-Pandemie bspw. in der intensivmedizinischen Versorgung oder Verteilung des zunächst knappen Impfstoffs eindrucksvoll verdeutlicht. Es verwundert daher nicht, dass aus diesen unterschiedlichen Perspektiven ein gewisses Konfliktpotential zwischen Medizin und Pflege einerseits sowie Ökonomie andererseits entstehen kann. Vor dem Hintergrund des fortschreitenden demographischen Wandels, der damit verbundenen Alterung der Gesellschaft, den neuen technischen Möglichkeiten in der Medizin sowie der zunehmenden Prävalenz von in ihrer Behandlung ressourcenaufwändigen chronischer Erkrankungen erscheint ein Abklingen dieses Konflikts eher unwahrscheinlich. In der Verwendung digitaler Gesundheitsprodukte und -dienstleistungen kann dabei eine Möglichkeit bestehen, Aspekte der Ressourceneffizienz und Behandlungs- bzw. Versorgungsqualität simultan im Blick zu behalten.

Der Einsatz von digitalen Anwendungen verfügt über das Potenzial als effizientes, zugängliches und kosteneffektives Modell für die Bereitstellung von Gesundheitsleistungen akzeptiert zu werden [15]. Insbesondere im Fachgebiet der Urologie verfügen telemedizinische Anwendungen über ein wesentliches Potenzial, die Qualität und die Effizienz in der urologischen Patientenversorgung zu erhöhen sowie örtliche und zeitliche Grenzen zu überwinden [25].

Im Gesundheitswesen wird Qualität häufig anhand der von Avedis Donabedian definierten Qualitätsdimensionen der Struktur‑, Prozess- und Ergebnisqualität erhoben. Die Strukturqualität beschreibt Elemente der Infrastruktur, also Ausstattung und Voraussetzungen für die Gesundheitsversorgung. Innerhalb der Prozessqualität werden die Vorgänge und Prozessabläufe selbst analysiert. In der Ergebnisqualität werden schließlich die Outcomes der Prozesse evaluiert. Somit ist ein Zusammenspiel der drei Ebenen zu erkennen, da eine hohe Prozessqualität eine gute Strukturqualität erfordert und eine gute Ergebnisqualität nur erreicht werden kann, wenn die vorgelagerte Struktur- und Prozessqualität gesichert ist. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 1 dargestellt [23]. Sehr oft besteht dabei in der Medizin zwischen Qualität und Ökonomie leider eine konfliktäre Beziehung. Verbesserungen in der Patientenversorgung verursachen häufig höhere Kosten als der Status quo [13]. Allerdings sind auch komplementäre Beziehungen zwischen Qualität und Ökonomie denkbar, d. h. eine zumindest gleichbleibende oder gar verbesserte Qualität geht mit geringeren Kosten einher [2].

Abb. 1
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Qualitätsdimensionen nach Donabedian

Gutachten des Sachverständigenrates zu Digitalisierung im Gesundheitswesen

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) hat sich in seinem Gutachten von 2021 „Digitalisierung für Gesundheit“ mit den Chancen und Risiken des Einsatzes digitaler Innovationen in Deutschland auseinandergesetzt [8]. Dabei hat der SVR neben den ökonomischen Rahmenbedingungen und aktuellen wie potenziellen Anwendungsbereichen auch den Zusammenhang mit dem gerade im Gesundheitswesen untrennbaren Aspekt des Datenschutzes beleuchtet. Der SVR sieht in der gegenwärtigen rechtlichen Handhabung ein Hindernis in der Einführung digitaler Innovationen und empfiehlt neben rechtlichen Rahmenbedingungen v. a. das Setzen technischer Standards, die es ermöglichen, anbieter- und sektorübergreifend qualitätsgesicherte Patientendaten im Sinne des Patientenwohls zu verwenden. Auf Ebene des einzelnen Patienten bestünden so Chancen für „eine verbesserte individuelle Behandlung“ und auf Ebene der Allgemeinheit eine Chance zu „einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ [8, 14].

Ökonomische und institutionelle Rahmenbedingungen

Nach der Begutachtung ökonomischer und institutioneller Rahmenbedingungen des deutschen Gesundheitswesens identifiziert der SVR dessen hohe Komplexität und starke Regulierung als mögliche Hindernisse bei der Adaption digitaler Technologien. Die starke Regulierung leitet sich aus den Eigenschaften von Gesundheitsmärkten ab:

Der SVR empfiehlt neben rechtlichen Rahmenbedingungen v. a. das Setzen technischer Standards

Gesundheitsmärkte sind durch ein hohes Maß an Expertenwissen und ein erhebliches Informationsgefälle zwischen Leistungsanbietern und -nachfragern (Patienten) gekennzeichnet (sog. asymmetrische Informationsverteilung). Einige Ökonomen bezeichnen deshalb medizinische Diagnostik und Therapie als sog. „Vertrauensgüter“ („credence good“), denn der Patient kann deren Qualität oft selbst nach der Behandlung nicht abschließend beurteilen. Der Gesundheitsmarkt zählt zu den größten Vertrauensgütermärkten der meisten Volkswirtschaften mit Eigenschaften wie das Vorhandensein von ausgewiesenen Experten und bestehenden Preisregulierungen [19]. Des Weiteren wird das „Gut“ Gesundheit durch das Vorliegen „externer Effekte“ charakterisiert: Von der Nachfrage einiger Gesundheitsgüter (bspw. durch die aktuellen Coronaimpfungen) profitiert nicht nur der Nachfragende selbst, sondern insbesondere auch die Gesellschaft. Folge dieser Eigenschaften wäre eine unzureichende Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen im Verhältnis zum gesellschaftlichen Optimum. Man spricht dabei von „Marktversagenstatbeständen“, welche ein Eingreifen des Staates rechtfertigen [4].

Die hohe Komplexität ergibt sich hingegen v. a. aus der historisch gewachsenen Trennung von Verantwortlichkeiten bei der Gesundheitsversorgung im Rahmen der Selbstverwaltung des föderalen Systems sowie sektorspezifischen Regelungen. Insbesondere mit den Besonderheiten des deutschen Gesundheitssystems weniger vertrauten Anbietern digitaler Gesundheitsleistungen stellt die Kombination aus deutschem Datenschutzrecht, fragmentierter Organisation und starker Regulierung eine große Herausforderung beim Marktzutritt dar [8].

Auch aus der ökonomischen Charakteristik digitaler Produkte und Dienstleistungen lassen sich Handlungsempfehlungen ableiten. Diese sind in der Regel durch eine typische Kostenstruktur gekennzeichnet: Anfänglich fallen bei der Entwicklung von Hard- und Softwarelösungen sowie beim Aufbau einer digitalen Infrastruktur hohe Kosten an. Die (laufenden) Betriebskosten sind im Verhältnis dazu allerdings gering. Im Hinblick auf die Stückkosten (z. B. pro Therapie) sinken die hohen Investitionskosten mit der Anwendungszahl (sog. „economies of scale“).

Bei digitalen Plattformen lässt sich ein ähnlicher Effekt im Hinblick auf die Nutzerzahl beobachten: Mit steigender Nutzerzahl wird die Plattform für Akteure außerhalb der Plattform attraktiver. Gleichzeitig steigt der Nutzen für die im Netzwerk vorhandenen Nutzer an (sog. „network economics“). Zuletzt werden digitale (Gesundheits)produkte häufig bewusst als Produkt- bzw. Leistungsverbund innerhalb der jeweiligen technischen Infrastruktur angeboten. Folgen dieser Charakteristik sind häufig eine erhebliche Marktkonzentration bis zu Entstehung von natürlichen Monopolen und ein hoher Aufwand beim Anbieterwechsel (sog. Lock-in-Effekt). Beide Umstände erschweren den Wettbewerb auf dem entsprechenden Markt und sind in der Regel mit geringer Innovationstätigkeit und abnehmender Produkt- und Dienstleistungsqualität gekennzeichnet [30]. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Interoperabilität, d. h. die Kompatibilität unterschiedlicher informations- und kommunikationstechnischer Systeme: Um geeignete wettbewerbliche Voraussetzungen im deutschen Gesundheitsmarkt zu schaffen, ist es laut SVR notwendig, auf technischer Ebene Standards zu etablieren, welche insbesondere eine anbieter- und sektorübergreifende Vernetzung und Kommunikation ermöglichen.

Ausgewählte Anwendungsbereiche digitaler Innovationen

Bei der Analyse der Anwendungsbereiche digitaler Innovationen konzentriert sich der SVR auf digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) und die geplante Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Die bisher angedachte Form der Einführung der ePA als mehrfach zustimmungspflichtig birgt laut SVR das Risiko, dass der damit verbundene Aufwand Patienten wie Leistungserbringer von deren Verwendung abhalten könnte. Der SVR empfiehlt eine Widerspruchslösung, wenngleich er auf die Notwendigkeit zur Aufklärung des individuellen und kollektiven Nutzens sowie der die Datensicherheit betreffenden Risiken durch Institutionen der Gesundheitsversorgung wie bspw. der Krankenkassen hinweist [14].

Bei Analyse der Anwendungsbereiche digitaler Innovationen konzentriert sich der SVR auf DiGA und ePA

Für die Aufnahme von DiGA in das Leistungsspektrum der Krankenkassen empfiehlt der SVR ein Nutzenbewertungsverfahren nach dem Vorbild der Bewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Dabei weist der SVR auf die entscheidungsunterstützende Methodik gesundheitsökonomischer Evaluationen hin. So können im Rahmen von Kosten-Nutzwert-Analysen Effekte auf Mortalität und Morbidität häufig ausgedrückt in Form von QALY („quality adjusted life years“) in Relation zu den erwarteten Kosten gesetzt werden. Um die oben beschriebenen Lock-in-Effekte zu vermeiden bzw. den Wettbewerb im Bereich DiGA zu sichern, wird erneut auf das Setzen technischer Standards und die Sicherstellung von Interoperabilität der verwendeten IT-Systeme verwiesen [8].

Strukturierte Befundung

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen findet auch Anwendung bei der Erstellung von Befunden. Unter dem Begriff „structured reporting“ („strukturierte Befundung“) werden Befunde verstanden, welche einer standardisierten Gliederung folgen und Formulierungen zur Beschreibung von Beobachtungen enthalten. So können befundende Ärzte durch die Auswahl aus einem Drop-down-Menü Beobachtungen dokumentieren und aus Formulierungen, welche im System hinterlegt sind, ergibt sich letztlich ein Befund als Fließtext [17].

Der Einsatz von strukturierter Befundung soll dabei helfen, die Effizienz bei der Erstellung und der Kommunikation zu erhöhen, um letztlich eine erhöhte Berichtsqualität sicherzustellen [5]. Durch einheitliche Klassifikationssysteme, wie diese beispielsweise für Brustuntersuchungen (BI-RADS [„breast imaging-reporting and data systems“]), für Leberuntersuchungen (LI-RADS) und für Untersuchungen der Prostata (PI-RADS) bestehen, wird die Eindeutigkeit von Befunden bereits in mehreren Fachrichtungen der Medizin sichergestellt [1]. Darüber hinaus bietet eine strukturierte Befundung optimale Voraussetzungen für die weitere Integration von maschinellen Lernprozessen bzw. der künstlichen Intelligenz (KI) in die Gesundheitsversorgung [22].

Anwendung strukturierter Befundung im Kontext der Urologie

Um die Befundung von MRT der Prostata anhand der S3-Leitlinie für Prostatakarzinome einheitlich zu erstellen, wurde das strukturierte Befundungsschema PI-RADS von der Expertengruppe der European Society of Urogenital Radiology (ESUR) entwickelt [24].

Bei Nutzung strukturierter Berichtsvorlagen werden einheitliche Klassifizierungen – wie mithilfe von PI-RADS definiert – häufiger eingehalten [27]. Dadurch wird die interdisziplinäre Kommunikation zwischen Ärzten verbessert, die Qualität der Untersuchungsbefunde gesichert und die Durchführung medizinischer Studien erleichtert [9]. Der Effekt des Einsatzes strukturierter Befundung unter Verwendung der PI-RADS-Klassifikation gegenüber konventioneller Freitextbefundung ist allerdings bislang nur wenig erforscht. Die in Abb. 2 dargestellte systematische Literaturanalyse in der Datenbank PubMed mit dem Suchbegriff „structured reporting“ in Abstract oder Titel ergibt für den Suchzeitraum von 2010 bis Juni 2021 insgesamt 434 Ergebnisse. Nach Sichtung aller Arbeiten wurden 38 Arbeiten mit thematischem Bezug zur Urologie identifiziert. Hiervon ist in 29 Arbeiten der Themenbezug zur Prostata erkennbar. Das Klassifikationssystem PI-RADS wird von 16 Arbeiten thematisiert. Lediglich in 4 Artikeln [16, 27, 33, 34] werden strukturierte mit unstrukturierten Befunden vergleichend analysiert (s. Appendix 1).

Abb. 2
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Systematische Literaturanalyse zur strukturierten Befundung in der Urologie (PI-RADS „prostate imaging reporting and data systems“)

Magnetta et al. [16] dokumentieren in einer objektiven Untersuchung eine höhere Vollständigkeit relevanter Inhalte bei Verwendung einer strukturierten Berichtsvorlage. Auch unter subjektiven Kriterien konnte verbesserte Konsistenz, Vollständigkeit, Klarheit und erhöhte wahrgenommene klinische Wertigkeit bei Verwendung strukturierter Berichtsvorlage beobachtet werden. Zudem berichten Radiologen von einer empfundenen schnelleren Befundung bei der Verwendung von strukturierten Berichtsvorlagen. In anderen Fachbereichen konnte diese Zeitersparnis beim Vergleich von strukturierter Befundung gegenüber der Freitextbefundung bereits empirisch belegt werden [7].

Strukturierte Befunde verbessern die Kommunikation von Radiologen mit weiterbehandelnden Urologen

Durch den Einsatz strukturierter Befunde von Radiologen wurde die Kommunikation mit weiterbehandelnden Urologen verbessert. Radiologen berichten von keinen Barrieren in der Verwendung von strukturierter Befundung [16]. Weitere Vorteile ergeben sich in der genaueren Identifikation von beschriebenen Befunden, einer höheren wahrgenommenen Qualität der Berichte und der Möglichkeit, fundierte Rückschlüsse für die Weiterbehandlung zu ziehen ([33]; Tab. 1).

Tab. 1 Übersicht ausgewählter Arbeiten zu strukturierter Befundung

Die Analyse von Silveria et al. (2015) zeigt eine steigende Zufriedenheit mit Befunden, welche IT-gestützt erstellt wurden. Radiologen präferieren dabei freiere Befundvorlagen, um mehr Flexibilität zu haben, während Urologen mehr Standardisierung für wichtig halten. Hier sollte bei strukturierten Berichtsvorlagen ein Mittelweg gewählt werden [26].

Die technische Umsetzung strukturierter Befundung in ein Programm, welches auch die PI-RADS-Systematik beinhaltet, wurde im Jahr 2016 von Mata et al. [18] beschrieben. Wenn strukturierte Befundvorlagen korrekt implementiert sind, kann die Befundqualität gesteigert werden. In Folge der stärkeren Beachtung von standardisierten Expertenrichtlinien wie PI-RADS kann im besten Fall eine verbesserte Therapieentscheidung für die Patienten resultieren [26].

Insgesamt ist festzuhalten, dass strukturierte Befundung in der Urologie mit dokumentierten Qualitätsverbesserungen einherzugehen scheint. Die Verwendung strukturierter Befundung kann die Strukturqualität erhöhen. Durch Zeiteinsparungen und Qualitätsverbesserungen bei der Befundung wird die Prozessqualität erhöht und es besteht die Möglichkeit, die Kosteneffizienz des gesamten Behandlungsprozesses zu steigern. Als Resultat dieser beiden Qualitätsverbesserungen kann in der Ergebnisqualität neben vollständigen, korrekten und einheitlich verständlichen Befunden auch eine verbesserte Patientenversorgung resultieren. Innerhalb der Urologie besteht noch großer Forschungsbedarf hinsichtlich der Kosteneffizienz dieses Instruments. Gegenwärtig konnten keine Kosteneffektivitätsstudien zu dieser Thematik im Gebiet der Urologie identifiziert werden, daher gilt es, dies in künftigen Studien vermehrt zu adressieren. Entsprechend der Analyse des Einsatzes strukturierter Befundung in angrenzenden Fachgebieten ist davon auszugehen, dass aufgrund des geschilderten Economies-of-scale-Effekts, Potenzial zur Steigerung der Kosteneffizienz besteht [3].

Telemedizin in der Urologie

Zu den vielfältigen Nutzenpotentialen, die mit dem Einsatz von telemedizinischen Anwendungen verbunden sind, zählen der gesicherte Datenaustausch und die Kommunikation zwischen Patienten, Leistungserbringern und Leistungsträgern über räumliche Distanzen hinweg. Weitere positive Aspekte ergeben sich in der Sicherung der Diagnosegüte, der Erhöhung der Patientenzufriedenheit und bei der Unterstützung einer adäquaten Versorgung von Patienten in unterversorgten Regionen [11, 32]. Weiterhin können telemedizinische Anwendungen zu einer gesteigerten Therapieadhärenz der Patienten beitragen und damit eine Optimierung der gesundheitlichen Versorgung zu ermöglichen sowie die Bindung der Patienten an Klinik und Praxis erhöhen [29]. Hervorzuheben ist dabei, dass die Patienten über alle Altersgruppen hinweg eine steigende Affinität zu DiGA aufweisen und auch die Chancen und Potenziale von eHealth-Anwendungen fachbereichsübergreifend zunehmend positiv bewerten [10, 11].

Aktueller Stand der Forschung zu Effektivität und Effizienz von telemedizinischen Anwendungen in der Urologie

Trotz dieser vielfältigen Nutzenpotentiale der telemedizinischen Anwendungen ist der aktuelle Stand der Literatur zu gesundheitsökonomischen Evaluationsstudien derzeit als deutlich ausbaufähig anzusehen [21].

Im Hinblick auf Qualität, Effektivität und Effizienz in der Patientenversorgung konnten im Rahmen einer Literaturanalyse ausgewählte Studienergebnisse identifiziert werden.

Viers et al. [31] konnten in einer randomisiert kontrollierten Studie mit 55 Prostatektomiepatienten zeigen, dass die Durchführung von Videovisiten zu einer vergleichbaren Effizienz und Patientenzufriedenheit führen, wie dies bei herkömmlichen Praxisbesuchen der Fall ist. Aus der Patientenperspektive konnten Kosten eingespart werden, indem sich Reisezeit (0 vs. 95 min) und -kosten (0 US$ vs. 48 US$) sowie die Anzahl an verpassten Arbeitstagen (0 vs. 1 Tag) pro Patient signifikant reduzierten.

Chu et al. [6] präsentieren Ergebnisse zur Einführung einer urologischen Telemedizinklinik in ländlichen Regionen der USA. Die Patientenzufriedenheit der telemedizinisch behandelten Patienten war in 95 % der Fälle „sehr gut“ bis ausgezeichnet und 97 % der behandelten Patienten würden die urologische Telemedizinklinik weiterempfehlen. Neben der hohen Patientenzufriedenheit konnten die behandelten Patienten durchschnittlich Reisekosten in Höhe von 67 US$ und Reisezeit in Höhe von 290 min einsparen. Die durchschnittlich vermiedenen Opportunitätskosten, repräsentiert durch ausgefallene Arbeitszeit des Patienten betrugen 126 US$ pro Person.

Jones et al. [15] führten eine randomisiert kontrollierte Studie mit 195 Patientinnen durch, in welcher eine telefonische Sprechstunde mit einer regulären Vor-Ort-Sprechstunde hinsichtlich Patientenerlebnis und Kosten verglichen wurde. Die Ergebnisse der Studie zeigen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des kurzfristigen Patientenerlebnisses. Zu konstatieren ist, dass signifikante Unterschiede hinsichtlich einer verbesserten Kommunikation, reduzierter Konsultationszeit (10,9 vs. 25,9 min) und geringerer Konsultationskosten (31,75 vs. 72,17 £) bestehen. Die telefonische Beratung im Vergleich zur Standardversorgung war mit höheren Wiedervorstellungen in der Praxis verbunden, wobei die damit einhergehende durchschnittliche Kostendifferenz von 38,04 £ zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe nicht signifikant ist.

Zholudev et al. [35] führten einen Kostenvergleich zwischen 300 Patienten einer teleurologischen Klinik und 100 Patienten einer regulären Klinik durch. Im Ergebnis zeigt die Studie, dass die reguläre Behandlung mit einer durchschnittlich höheren Behandlungszeit (266 vs. 70 min, p < 0,001) und mit durchschnittlich höheren Kosten pro Sitzung (135,02 vs. 10,95 US$, p < 0,001) einhergeht. Als maßgeblicher Faktor für die Kosteneinsparungen in Höhe von 124,07 US$ bei der telemedizinischen Behandlung sind die Reisekosten und die Opportunitätskosten des Patienten sowie die Kosten für das Klinikpersonal zu nennen.

Eine weitere Studie von Holten-Rossing et al. [12] untersuchte den Nutzen von Telekonsultationen im Rahmen der Echtzeitbefundung von urologischen Tumoroperationen, bei denen eine Referenzpathologie benötigt wurde. Die Autoren stellen mit der Studie fest, dass die Anwendung von Telekonsultationen im untersuchten Kontext mit reduzierten Kosten für Fracht und Transport einhergeht und zeitnahe Patientenüberweisungen erfolgen können. Ferner ist bei einer sorgfältigen Selektion der Gewebeproben die diagnostische Sicherheit nicht beeinträchtigt.

Durch telemedizinische Anwendungen können in der Urologie Kosten eingespart werden

In einer zusammenfassenden Betrachtung der Studienergebnisse ist zu konstatieren, dass alle gesichteten Studien aus medizinischer wie ökonomischer Sicht ein einheitliches und optimistisches Bild hinsichtlich Qualität, Effektivität und Effizienz von telemedizinischen Anwendungen ergeben. Bei gleichbleibender oder gar verbesserter Qualität konnten durch telemedizinische Anwendungen in der Urologie Kosten eingespart werden. Die Studienergebnisse lassen zumindest für dieses Anwendungsfeld schlussfolgern, dass Qualität und Ökonomie in keinem konfliktären, sondern auch in einem komplementären Verhältnis zueinanderstehen können. Damit profundere Aussagen hinsichtlich Qualität, Effektivität und Effizienz von telemedizinischen Anwendungen getroffen werden können, sind in Zukunft weitere gesundheitsökonomische Evaluationsstudien mit einem langfristigen Betrachtungszeitraum zu entwickeln und hinsichtlich der Übertragbarkeit auf das deutsche Gesundheitssystem zu prüfen [21].

Fazit für die Praxis

  • Digitale Anwendungen ermöglichen es, Aspekte der Ressourceneffizienz und Behandlungs- bzw. Versorgungsqualität simultan im Blick zu behalten.

  • Von besonderer Bedeutung sind die Interoperabilität von IT-Systemen sowie ein neues Verständnis von Datensicherheit zur anbieter- und sektorübergreifenden Vernetzung.

  • Die Einführung der elektronischen Patientenakte kann als Schlüsselelement zu mehr Digitalisierung im Gesundheitswesen verstanden werden.

  • Die Verwendung strukturierter Befundung kann die Strukturqualität erhöhen. Durch Zeiteinsparungen bei der Befundung wird die Prozessqualität erhöht. In der Ergebnisqualität kann eine verbesserte Patientenversorgung resultieren.

  • Der Einsatz von telemedizinischen Anwendungen verfügt über das Potenzial, Qualität, Effektivität und Effizienz in der Patientenversorgung zu erhöhen.