Zusammenfassung
Die AutorInnen erläutern die Konzepte Begegnungsbühne, Begegnung und Begegnungsabsage. Letzteres wird als zentrales Merkmal psychischer Störungen begriffen. Es ist die Aufgabe von TherapeutInnen, eine Brücke zu ihren KlientInnen zu schlagen, die sich in die Begegnungsabsage zurückgezogen haben. In der Beziehung müssen TherapeutInnen ihre soziale Rolle als TherapeutIn mit persönlichem Engagement balancieren. Die AutorInnen skizzieren verschiedene Aspekte der Beziehungsgestaltung in der sozialen Rolle bzw. durch persönliches Engagement.
Abstract
The authors clarify the concepts stage of encounter, encounter and rejection of encounter. The latter is understood as a basic characteristic of psychic disorders. It is the task of therapists to build a bridge to their clients who are stuck in their rejection of encounter. In the relation therapists have to balance their social role as a therapist with more personal engagement. The authors outline several aspects of relating to clients in the social role and with personal engagement.
Notes
Buber spricht analog zur Interaktion im Rahmen von vertrauten Rollen-Konserven von Ich-Es-Begegnung.
Schacht (2009) stellt eine Reihe von Störungsniveaus vor und arbeitet diese Überlegungen aus. Mit Hilfe des sogenannten Strukturprinzips entwickelt er für verschiedene Störungsniveaus Leitlinien der Beziehungsgestaltung, die es auch beim Fehlen eines innerlich regulierten Zwischen ermöglichen, dialogisch zu arbeiten.
Auch KlientInnen entwickeln Vorstellungen davon, was für Erwartungen ihre TherapeutInnen an sie richten. Diese umfassen genau wie im umgekehrten Fall Erwartungen, die den TherapeutInnen möglicherweise selbst nicht bewusst sind.
Hilfs-Ich-Kompetenzen, von denen hier die Rede ist, sind nicht zu verwechseln, mit dem Hilfs-Ich im Rahmen eines psychodramatischen Bühnenspiels. Letzteres wird hier nicht thematisiert.
Auch KlientInnen übernehmen Hilfs-Ich-Kompetenzen für ihre TherapeutInnen. Da wechselseitige Unterstützung ein Grundmerkmal zwischenmenschlicher Beziehungen darstellt, ist dies unvermeidbar. Eine Klientin spürt vielleicht (un-)bewusst, dass ihr Therapeut (unbewusst) Angst hat, sich mit ihren traumatischen, sehr belastenden Erfahrungen auseinanderzusetzen. Möglicherweise spricht sie diese Themen nicht an: um ihn nicht zu belasten, aber auch, weil sie spürt, dass es für sie nicht sicher wäre. Sie reguliert damit die Spannung für beide auf ein erträgliches Maß. Es wäre natürlich ebenso denkbar, dass sie als rigide Konserve fürchtet andere zu belasten.
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Schacht, M., Pruckner, H. Beziehungsgestaltung in der Psychodramatherapie. Z Psychodrama Soziometr 9, 239–254 (2010). https://doi.org/10.1007/s11620-010-0084-3
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