Die klinische Diagnose „septisch-toxischer Schock“ mit Multiorganversagen findet sich gehäuft bei Todesfällen, die im Rahmen der Maximalversorgung auf Intensivstationen auftreten. Dabei gelingt es häufig nicht den oder die Erreger trotz ausgedehnter mikrobiologisch-virologischer Untersuchungen eindeutig zu sichern. Damit kommt der Autopsie und insbesondere deren histologischer Analyse bei der Entschlüsselung der Pathogenese eine entscheidende Rolle zu. Da bei der Ausstellung des Totenscheins zumeist derartige Erkenntnisse nicht vorliegen, ist dessen Aussagekraft unzuverlässig.

Die Autopsie stellt eine potenzielle Infektionsgefahr für Pathologen und Bestatter dar, insbesondere wenn es sich um Erreger handelt, die auch primär gesunde Personen infizieren können (HIV, Tuberkulose, Hepatitis B, Hepatitis C). Aus der jahrzehntelangen Autopsieroutine einer Universitätsklinik sollen hierzu Fallbeispiele beschrieben werden: 1) die mit der Diagnose „septisch-toxischer Schock“ zu falsch ausgefüllten Totenscheinen geführt haben, 2) die zu potenziellen Gefahrenquellen für die Lebenden geworden sind und 3) die zu rechtlichen Konsequenzen geführt haben.

Was kann sich der klinisch tätige Arzt von der Autopsie erhoffen? Zunächst ist es die Frage nach der unmittelbaren Todesursache, die primär im Vordergrund steht. Zusätzlich besteht häufig der Wunsch, etwas über den Tod zum jetzigen Zeitpunkt zu erfahren, wobei letzteres bei metabolisch bedingten oder rhythmogenen Ereignissen rein pathologisch alleine nicht gelingt. Wesentlich erscheint das mit der Klinik gemeinsam erarbeitete Verständnis der funktionellen Bedeutung pathologischer Befunde und deren sich entwickelnde und zum Tode führende Therapieresistenz. Bei Vermutung eines septisch-toxischen Schocks gilt es hier bei der Sektionsabnahme gemeinsam eine „kritische Analyse wirtsbezogener prädisponierender Erkrankungen“ durchzuführen, mögliche therapeutisch bedingte unvermeidbare iatrogene Einflüsse zu diskutieren und Folgen eingeschränkter palliativer Therapie richtig zu deuten [4].

Diagnosestellung „septisch-toxischer Schock“

Bei der Autopsie mit der klinischen Diagnose eines septisch-toxischen Schocks fällt häufig auf, dass der morphologische Nachweis einer Bakteriämie, die bisher als „conditio sine qua non“ für diese Diagnose angesehen wurde, nicht gelingt. Stattdessen werden Entzündungsreaktionen verschiedener Organe histologisch nachweisbar, die indirekt auf eine ebensolche stattgehabte Infektion hinweisen. Die klinische Problematik des Bakteriennachweises hat die 3. Internationale Konsensus Konferenz zur korrigierenden Definitionsbestimmung 2016 dahingehend veranlasst, den Begriff „Sepsis“ durch die beschreibende Bezeichnung einer „lebensbedrohlichen Organdysfunktion infolge einer dysregulierten Wirtsantwort auf eine Infektion“ umzudefinieren [5]. Dabei wurde versucht, gemeinsame Kriterien zu finden, die eine Sepsis bei Patienten mit vermuteter oder bestätiger Infektion klinisch sicher identifizieren helfen. Unter Verwendung bereits existierender Messgrößen wurden insbesondere die Kriterien der beiden Analysesysteme, des „systemic inflammatory response syndrome“ (SIRS; [1]) und des „sepsis-related organ failure assessment“ (SOFA, [6]) hinzugezogen (Tab. 1, mod. nach [5]). Da sich bei der Anwendung dieser Kriterien gezeigt hast, dass erst das Auftreten einer zusätzlichen Organdysfunktion die Mortalität des Patienten mit einer schweren Infektion erhöht, wurde diese als neues zentrales Diagnosekriterium der Sepsis postuliert, was sich mittels des SOFA-Scores gut ermitteln lässt (detaillierte Diskussion s. [4]). Daraus ergibt sich als klinische Definition des septischen Schocks der Bedarf von Vasopressoren zur Stabilisierung des arteriellen Mitteldruckes > 65 mm Hg trotz erfolgter adäquater Volumensubstitution und eine Erhöhung des Blutlaktatspiegels auf > 2 mmol/l (> 18 mg/dl). Diese aktuellen Empfehlungen führen zu einem revidierten Vorgehen zur Diagnostik einer Sepsis (s. [4], Fig. 1).

Tab. 1 Kriterien des SIRS und des SOFA

Ganz überwiegend ist jedoch zum Zeitpunkt der Autopsie nicht bekannt, inwieweit diese Kriterien klinisch nachgewiesen bzw. erfüllt sind, so dass rein arbeitstechnisch bei der Autopsie selbst unverändert lediglich morphologische Hinweise zur Diagnose „Sepsis“ herangezogen werden können (Tab. 2). Deren Aussagekraft ist limitiert, da ihre Ausprägung variabel und damit schwer objektivierbar ist.

Tab. 2 Autoptische Hinweise für das Vorliegen einer „Sepsis“

Aussagewert einer inneren Leichenschau

Autopsien werden meist klinisch veranlasst mit der Vorstellung, die Todesursache bzw. die Ätiopathogenese bei der sog. inneren Leichenschau erkennen zu können. Dies ist jedoch nur in Ausnahmefällen ohne vorliegende histologische Untersuchung möglich. Hierzu 2 seltene, „typische“ Fälle:

Fall 1.

Dieser Fall zeigt einen 70-jährigen diabetischen Patienten mit rezidivierenden septischen Fieberschüben bis 40 °C und Tod im septisch-toxischen Kreislaufversagen ohne klinisch bekannten Fokus. Autoptisch fand sich neben einer diabetischen Nephropathie auch eine diabetische Polyneuropathie. Es hatte sich ein nicht diagnostizierter Prostataabszess von ca. 3 cm Durchmesser als Infektursache entwickelt, der klinisch nicht bekannt war und von dem Patienten nicht wahrgenommen wurde. Dieser war jedoch nach dem Obduktionsbefund als einziger Infektherd offenbar der Ausgangspunkt für die klinisch beobachtete Sepsis. Als Erklärung für die fehlende Symptomatik wurde in Übereinstimmung mit der Klinik eine diabetische Nervenvorschädigung angenommen.

Fall 2.

Dieser Fall ist der einer 75-jährigen Frau mit einem retrokolischen Abszess auf dem Boden einer Divertikulose/Divertikulitis unter dem klinischen Bild eines septisch-toxischen Schocks. Trotz der bekannten Divertikulose konnte eine Rektoskopie den Abszess nicht lokalisieren, der von einer intakten Darmschleimhaut überkleidet blieb. Die Patientin entwickelte eine akute Linksherzinsuffizienz mit Lungenödem und verstarb plötzlich in einem therapieresistenten, klinisch ungeklärten Herzversagen. Die Autopsie zeigte eine hochfloride, thrombulkeröse Endokarditis der Mitralklappe als offenbare Folge einer septischen Streuung aus dem Abszess mit Papillarmuskelabriss und sog. „floppy mitral valve“ als Ursache der akuten Linksherzinsuffizienz.

Unerkannte Infektionsursachen als Domäne der Histologie

Gelegentlich lassen sich jedoch selbst vorhandene Infektfoki auch mit klinisch-radiologischen Screeningverfahren nicht nachweisen. Zusätzlich wird in solchen Fällen gehäuft eine Diskrepanz zwischen dem Ausmaß solcher Infektherde bei der Autopsie und dem klinisch berichteten Multiorganversagen gefunden. Dies ist insbesondere bei Pilzinfektionen der Fall.

Fall 3.

Als Beispiel sei hier ein 16-jähriger Patient mit Pro-B-ALL (akute lymphoblastische Leukämie) bei Zustand nach Chemotherapie genannt. Im Zäkum fanden sich mehrere Herde einer Candida-Besiedlung. Kleinherdig wurde ferner ein borkig belegtes Ulkus im rechten Aryknorpel mit weiteren Pilzherden gefunden (Abb. 1). Der Patient verstirbt im Bild des septisch-toxischen Schocks, obwohl er einerseits antibiotisch/antimykotisch breitflächig abgedeckt ist und andererseits außer diesen Herden keine weiteren Pilzabsiedlungen aufwies. Die Diskrepanz zwischen dem Ausmaß des funktionellen Zusammenbruchs und den eigentlich als ursächlich angesehenen, morphologisch nachweisbaren Veränderungen erscheint zunächst überraschend. Allerdings geht eine invasive Candidiasis mit bis zu einer 50%ig erhöhten Mortalität einher [2].

Ohne eigene Abwehr und trotz maximaler antiinfektiöser Therapie erscheint kein dauerhaftes Überleben möglich, obwohl in der Kultur die gleichen Medikamente zum Abtöten der Keime/Pilze ausreichen. Eine allergisch-toxische Reaktion ließ sich histologisch nicht sichern, so dass als die einzig greifbare Ursache des auf dem Totenschein angegebenen septischen Schocks die Infektion angenommen werden musste. Für den die Autopsie durchführenden Pathologen sei besonders auf die Notwendigkeit der sorgsamen Präparation und Säuberung des Darms verwiesen, ohne die die Pilzherde niemals aufgefallen wären. Dabei kommt der Histologie auch in der Differenzialdiagnose möglicher Pilzformen eine wichtige Rolle zu.

Abb. 1
figure 1

Fall 3: a Candida-Absiedlungen auf der Darmschleimhaut. b Pilzhyphen, PAS-Färbung („periodic acid-Schiff reaction“). c Laryngeale Schleimhaut mit Pilzbefall. d PAS-Färbung

Fall 4.

Wir fanden bei einem 40-jährigen Patienten, bei dem klinisch todesursächlich ein septisch-toxisches Schockgeschehen angegeben war, im Anschluss an eine autologe Stammzelltransplantation mit verzögertem Grafting wegen diffus großzelligem B‑Zell-Lymphoms eine Zygomykose mit disseminierter Pilzinfiltration des Magenantrums, des Nasenrachenraums und des perirenalen Fettgewebes. Die Pilzhyphen zeigten dabei morphologische Charakteristika einer Mukormykose, die klinisch nicht vorgesichert war (Abb. 2). Ungewöhnliche Komplikationen können sekundär zu Pilzsuperinfektionen führen, die klinisch nicht mehr abgrenzbar sind.

Abb. 2
figure 2

Fall 4: Mykormykose mit Befall der Magenschleimhaut. a HE-Färbung (Hämatoxilin-Eosin). Details der bis 20 nm unregelmäßig breiten Hyphen. b HE-Färbung. Versilberung (Krokot). c Hämangiose, Versilberung (Krokot). d Nachweis in perirenalem Fettgewebe. e PAS-Färbung

Fall 5.

Im Fall 5 kam es im Rahmen einer Skrotalhernienoperation eines 75-jährigen Patienten zu einem toxischen Megakolon, bei dem klinisch eine Noro-Virusinfektion als Ursache angenommen wurde. Die durchgeführte antibiotische Therapie war wahrscheinlicher Wegbereiter der nachgewiesenen Infektion mit Clostridium difficile, die eine pseudomembranöse Kolitis induzierte. Die dadurch bedingte zusätzliche Schwächung des Immunsystems erschien die wahrscheinlichste Ursache einer in der terminalen Phase der Erkrankung aufgetretenen und klinisch nicht (mehr) identifizierten Candida-Ösophagitis. Diese hat klinisch keine eindeutig erkennbaren und über den bereits bestehenden schlechten Krankheitszustand hinausgehenden Auswirkungen gehabt. Zudem sind die multimorbiden Patienten in der Universitätsklinik meist kombiniert antibiotisch-antifungal abgedeckt, so dass klinisch eine zusätzliche Pilzinfektion nicht erwartet wird. Interessant ist, dass wir solche trotzdem und ohne eindeutig identifizierbare Gründe autoptisch gelegentlich nachweisen können. Diese Infektion ist – auch bei autoptisch fehlendem Hinweis auf eine eindeutige Streuung (wie bei Fall 3 ausgeführt) – mit hoher Wahrscheinlichkeit als invasiv anzusehen und es erscheint damit unwahrscheinlich, dass daraus keine zusätzliche Kreislaufbelastung entstanden wäre. Da dieser Befund der zeitlich letzte in der Kette der nachweisbaren Erkrankungen war und offenbar wenige Tage vor dem Tod aufgetreten ist, liegt seine Beteiligung am Tod zum erfolgten Zeitpunkt zumindest nahe.

Fall 6.

Andererseits – wie Fall 6 verdeutlicht – liegt dem auf dem Totenschein vermerkten sog. septisch-toxischen Schock und einer klinisch vermuteten atypischen Pneumonie nicht immer eine Infektion zugrunde. Eine 57-jährige Patientin mit vorbekanntem Adenokarzinom des Kolons und drei Lymphknotenmetastasen entwickelt scheinbar eine atypische Pneumonie mit rasch progredientem Verlauf. Trotz maximaler Intensivtherapie stirbt sie in nicht beeinflussbarem respiratorischem Versagen trotz maximaler Ventilationsversuche ohne eigentlichen Erregernachweis 2 Jahre nach der Tumordiagnose. Die vermutete atypische Pneumonie stellte sich als schwerste, allerdings lediglich die Lunge betreffende Lymphangiosis carcinomatosa mit sekundärem Alveolarschaden heraus; ein eigentlicher Erreger war nicht nur nicht mikrobiologisch/virologisch sondern auch morphologisch im Rahmen der Autopsie nicht nachweisbar (Abb. 3). Ferner bestand eine rezidivierende, offenbar paraneoplastisch verursachte, rezidivierende Lungenembolie peripherer Gefäßäste.

Abb. 3
figure 3

Fall 6: a Lymphangiosis carcinomatosa der Lunge mit massiv dilatierten Lymphgefäßen. b PAS-Färbung, CK20-Immunhistologie. c, d Rezidivierende Embolien kleiner Pulmonalgefäße; EvG-Färbung (Elastika-van-Gieson-Färbung)

Diese Umstände weisen der inneren Leichenschau (Autopsie) eine besondere Rolle zu, ohne die aus unserer Sicht ein korrektes Ausfüllen des Totenscheins und damit richtungsweisende protektive Maßnahmen für das weitere Vorgehen (Desinfektionsbehandlung auf Station, Schutzmaßnahmen bei der Bestattung) nicht möglich sind.

„Exotische“ Erreger als infektiöse Gefahrenquelle

Bei den bisherigen Fällen handelt es sich um Infektionen, die für immunkompetente gesunde Personen nur bei Blutübertragung bzw. Verletzung potenziell ansteckend sind, dann erkannt und erfolgreich behandelt werden können. Im Gegensatz dazu stehen die Infektionen, die mit erhöhter Gefährdung auch bei gesunden Personen einhergehen. Zu diesen gehört neben dem HIV-Erreger (mit eigentlich geringer Infektionspotenz am gekühlten Leichnam) das Hepatitis-B- und -C-Virus und die Tuberkulose. Hepatitis und Tuberkulose sind allerdings eine wohl bekannte Gefahr bei jeder Autopsie. Wesentlich problematischer sind unerkannte und in unseren Breiten nicht heimische Infektionserreger, die differenzialdiagnostisch mit bekannten Krankheiten verwechselt werden können. Diese Problematik soll in einem letzten Fall (Fall 7) einer nicht erkannten Lassa-Virusinfektion beleuchtet werden, da sich hier insbesondere die negative Konsequenzen eines verspäteten Erregernachweises für die gesunde Personen ergeben haben, die als Mitarbeiter der Pathologie, der Rechtsmedizin und des Bestattungswesens betroffen waren. Weiterhin zeigt dieser Fall aber gerade auch den Wert einer autoptisch/histologischen Analyse zur Verhinderung von Todesfällen bzw. einer Epidemie auf.

Fall 7.

Ein 47-jähriger Missionar und Leiter eines Missionshospitals in Mango, Togo, wird mit der Diagnose einer Malaria tropica, eines Typhus und septischen Schocks (nach CDC, Atlanta, typischen Differenzialdiagnosen eines Lassa-Fiebers) in fortgeschrittenem Stadium per Flugzeug nach Deutschland überführt und dort von der hiesigen Infektiologie der Universitätsklinik in Köln aufgenommen. Trotz maximaler intensivmedizinischer Maßnahmen verstirbt der Patient 12 h nach Aufnahme. Die bis dahin durchgeführten mikrobiologisch/virologischen Untersuchungen auf Hepatitis B, C und HIV sowie nachfolgende bakterielle Untersuchungen verlaufen negativ. Der den Totenschein ausstellende Infektiologe bescheinigt keine Infektionsgefahr seitens des Verstorbenen, da eben zum Zeitpunkt des Todes der Nachweis einer klinisch vermuteten Infektionserkrankung noch nicht erbracht war (Details des klinischen Verlaufs und des Managements siehe [3]). Die den Missionar begleitende Ehefrau besteht auf einer dringlichen Autopsie zur Klärung der Todesursache aus versicherungsrechtlichen Gründen und will ihren Mann nach unverzüglicher Einbalsamierung nach Togo überführen lassen. Eine vollständige Autopsie inklusive Gehirnentnahme wird daraufhin im Institut für Pathologie derselben Universitätsklinik ca. 72 h nach dem Versterben unter den eingangs genannten klinischen Angaben durchgeführt.

Die äußere Leichenschau zeigt einen deutlich übergewichtigen Patienten („Body Mass Index“ 46,5) in athletisch wirkendem Zustand ohne äußere Hautveränderungen mit Hepatosplenomegalie: Leber (Gewicht 1684 g) mit einzelnen, subkapsulären Einblutungen bei gelbbrauner Farbe ohne erkennbare weitere Herdbefunde. Keine eindeutigen Zeichen einer Sepsis (Milz ist verfestig und vergrößert [Gewicht 330 g], Lymphknoten unauffällig). Geringer hämorrhagischer Aszites von 0,5 l ohne Peritonitiszeichen sowie Schocknieren beidseits (Gewicht 178 g rechts bzw. 174 g links). Ansonsten bestehen keine Ergüsse, keine Magen-Darm-Blutung, keine Gastritis und keine petechialen Blutungen an den serösen Häuten. Es liegt kein Lungenödem oder alveoläre Lungeneinblutungen vor. Eine Cholestase oder ein Ikterus bestehen nicht. Unauffällige Gallenwege; regelrechtes Pankreas; das Gehirn ohne Druckzeichen oder Seitenungleichheit.

Diese Autopsie fand bedingt durch die besonderen Lebensumstände unter den im Institut maximal möglichen Sicherheitsbedingungen statt: lediglich das eigentliche Autopsieteam (Oberarzt [OA], Assistenzarzt und Präparator) war anwesend. Die Entnahme der Organe und die Präparation wurden von dem OA und dem Präparator durchgeführt; die schriftliche Dokumentation erfolgte währenddessen vom Assistenzarzt. Alle waren komplett umgezogen (Kasak, Hose, Schuhe) und mit Überkittel sowie Schürze und Schnittschutz- sowie regulären Handschuhen einschließlich Kopfhaube, Mundschutz und Schutzbrille bekleidet. Die Gehirnentnahme erfolgte unter Abdeckung durch feuchte Tücher. Alle Kleidungsstücke und Schuhe wurden in separatem Tüten zur Desinfektion gebracht. Eine Raumdesinfektion mit kompletter Trocknung des Desinfektionsmittels (1 h) und nachfolgender gründlicher Reinigung wurde durchgeführt, ehe weitere Aktivitäten in dem Autopsiebereich zugelassen wurden.

Nach Abschluss der inneren Leichenschau ergaben sich für uns keine morphologischen Befunde, die zu einer schlüssigen Todesursache gepasst hätten; typische septisch-toxische Schockzeichen bzw. Zeichen eines Leberversagens waren nicht sicher erkennbar. Nach Entnahme von Gewebeproben aller inneren Organe und Asservierung des Gehirns (Übergabe an Neuropathologie) wurden die übrigen Organe wieder in den Leichnam zurückgegeben und derselbe routinemäßig verschlossen und gesäubert. Da keine Veränderungen für eine erkennbare Entzündung makroskopisch vorhanden waren, wurde der Leichnam an den Bestatter zur weiteren Behandlung übergeben, wobei seitens der Pathologie eine Bescheinigung mit dem Vermerk „nicht-infektiös“ ausgestellt worden war. Diese war eine weitere Voraussetzung für die geplante Einbalsamierung des Leichnams. Zuvor jedoch wurde noch eine 2. äußere Leichenschau durch eine Kollegin des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsklinik in der Funktion als Amtsärztin durchgeführt, wie es gesetzlich für einen geplanten Export des Leichnams außerhalb Deutschlands vorgesehen ist. Eine entsprechende Dokumentation mit dem Vermerk der Unbedenklichkeit gegen eine Einbalsamierung und Transport außer Landes wurde dem Bestatter unterschrieben ausgehändigt.

Die ungewöhnliche Leberhistologie wurde im Rahmen eines internen Konsils von Frau Prof. Dr. Uta Drebber begutachtet (Abb. 4). In der schnellstmöglich innerhalb von 48 h vorliegenden Histologie zeigten die asservierten Gewebeproben der Leber bei erhaltener Läppchenarchitektur eine akute Hepatitis mit Apoptosefiguren und Übergang in hämorrhagische Nekrose bei geringer Verfettung entsprechend am ehesten einer Infektion bei hämorrhagischem Fieber (Abb. 4). Am folgenden Tag wurden die Leberpräparate von Herrn Univ. Prof. Dr. H.-P. Dienes konsiliarisch gesehen und die Diagnose bestätigt. Da anhand der Histologie eine genaue Erregerbestimmung nicht möglich ist, sondern dafür eine PCR-Analyse (Polymerasekettenreaktion) mit spezifischen Primern für die einzelnen, in Frage kommenden Erreger (z. B. Lassa, Ebola, Dengue, Gelbfieber etc.) durchgeführt werden muss, erfolgte die umgehende Kontaktaufnahme mit der Infektiologie zur Übersendung von Serumproben an das dafür spezialisierte Bernhard Nocht-Institut. Obwohl die Proben am nächsten Tag dort waren, traf das Ergebnis der PCR-Analyse erst 8 Tage nach Beendigung der Autopsie ein, zwei weitere Tage später auch das Ergebnis einer Wiederholungsanalyse zur Absicherung der Diagnose.

Der Leichnam wurde jedoch am Tage nach der Autopsie bereits an ein auf Einbalsamierungen spezialisiertes Institut weitergegeben. Dort hatte sich auf bis heute nicht geklärte Weise der dortige Bestatter mit dem Virus infiziert und wurde anschließend für 35 Tage in der Frankfurter Universitätsklinik (erfolgreich) behandelt.

Abb. 4
figure 4

Fall 7: a Lebergewebe mit erhaltener Läppchenarchitektur, Protalfelder gering entzündlich infiltriert. Über das Läppchen verteilt zahlreiche Apoptosefiguren (Councilman-Körper) und Übergang in hämorrhagische Nekrosen als Ausdruck einer akuten Hepatitis; geringe Leberzellverfettung; HE-Färbung. b Detail mit zentralvenös zahlreichen Councilman-Körpern mit Übergang in Gruppennekrosen, geringe Leberzellverfettung; HE-Färbung

Warum haben wir eigentlich obduziert? Für die Familie des Missionars, d. h. eine Mutter mit vier heranwachsenden Kindern, hing an dem Obduktionsergebnis mit Gutachten insbesondere bei dem Nachweis einer mit dem Einsatz in Togo erklärbaren Erkrankung (z. B. Infektion) eine Versorgung seitens der Versicherung in den USA. Dies wäre ohne weitere autoptische/virologisch-molekulare Sicherung nicht möglich gewesen. Dabei stand der Wunsch der Witwe nach schnellstmöglicher Überführung des einbalsamierten Leichnams nach Togo von Anbeginn einer ausreichenden zusätzlich benötigten Zeit für eine auswärtig notwendige Infektionsdiagnostik entgegen.

Was lernen wir daraus?

Einerseits fehlt dem Totenschein eine wichtige Rubrik: nämlich die, in der man ankreuzen kann, dass eine übertragbare Erkrankung nach § 6 und § 7 Infektionsschutzgesetz ohne Obduktion nicht ausreichend sicher auszuschließen ist und deshalb besondere Verhaltensmaßregeln eingehalten werden sollten. So kommt es, dass die klinisch nicht zu fassende, potenziell infektiöse Ursache des Todes als septisch-toxischer Schock auf dem Autopsieantrag steht, während als Grundleiden eine Malaria und eine nicht betätigte Typhusinfektion vermutet werden. Folglich wurde in dem nicht vertraulichen Teil der Todesbescheinigung unter der Rubrik Warnhinweise unter dem Punkt 15. Die Frage nach dem Vorliegen einer übertragbaren Erkrankung gemäß § 6 und § 7 Infektionsschutzgesetz bejaht, zugleich aber die nachfolgende Frage nach der Beachtung besonderer Verhaltensmaßnahmen bei Aufbewahrung, Einsargung, Beförderung und Bestattung verneint. Der sichere Ausschluss von Infektionen wie Typhus oder Malaria als meldepflichtige Erkrankung ist ohne sicheren negativen Testausfall in der Klinik zu Lebzeiten allein anlässlich einer äußeren Leichenschau und auch einer inneren Leichenschau ohne histologische Untersuchung nicht möglich. Ferner – da klinisch das Bild eines septisch-toxischen Schocks ja vorlag – wäre als Klartext seitens der Klinik der Hinweis möglich gewesen, dass ein übertragbare Erkrankung nach § 6 und § 7 des Infektionsschutzgesetzes letztendlich nicht komplett auszuschließen war und deswegen ein Sektionsergebnis (und dazu gehört eben auch die Histologie) zwecks Entscheidung über das weitere Vorgehen abgewartet werden sollte. Ist eine Zustimmung zur Obduktion seitens der Angehörigen nicht erfolgt, dann könnte der nachfolgende Hinweis von der Klinik auf dem Totenschein hilfreich sein: „Da keine Obduktion von den Angehörigen erwünscht ist, sollte der Amtsarzt um die Anordnung einer Seuchensektion nach § 26(3) IfSG gebeten werden“. Damit würde das Risiko, dass sich ein wie hier geschilderter Fall wiederholt, sicherlich deutlich vermindert.

Nach den Ausführungen ist verständlich, dass die Angaben (nicht-infektiös) ausgefüllt nach bestem ärztlichen Wissen auf dem Totenschein zu dem Todeszeitpunkt selbst falsch sein mussten. Es hätte also hier klinisch geprüft werden müssen, ob eine verlängerte Aufbewahrung des Leichnams bis zur endgültigen Abklärung des Krankheitsgeschehens bei dem zuständigen Gesundheitsamt zu beantragen war. Dies umso mehr, als die routinemäßig durchgeführten Untersuchungen der Mikrobiologie/Virologie auf in Deutschland typischen Erregern keinen Infektionsnachweis (z. B. HIV, Hepatitis B und C, resistente Mikroorganismen: MRSA [Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus], ESBL- [Breitspektrum-β-Laktamasen-] oder Carbapenemase-resistente Enterokokken, multiresistente Acinetobacter, Pseudomonas aeruginosa) ergaben. Allerdings lagen solche Untersuchungen erst 3 Tage nach Ausstellen des Todesscheines und nach Durchführung der Autopsie vor. Ferner braucht die Erstellung und Auswertung der Histologie ebenso wie die – insbesondere auswärtige (Nocht-Institut) – molekulare Analyse zusätzlich Zeit, die bei unklarer Infektion als begründetem Verdacht zu einer verlängerten Aufbewahrung hätte führen sollen. Im vorliegenden Falle lagen die beweisenden molekularen Untersuchungen erst 11 Tage nach dem Tod vor und damit jenseits der in 10 Tagen gesetzlich geforderten Beerdigung.

Eine äußere Leichenschau ist damit völlig unzureichend und liefert keine verlässlichen Angaben für den Totenschein (außer für den fehlenden Nachweis eines Todes durch Gewaltanwendung außer Vergiftung). Der Fall zeigt weiterhin, dass selbst die innere Leichenschau an sich insbesondere bei Infektionsfällen wie diesem erst eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zulässt, wenn eine definitive Abklärung mittels histologischer (Verdacht auf hämorrhagische Hepatitis) gepaart mit molekular-mikrobiologischer/virologischer Untersuchung (Nachweis des Erregers mit unterschiedlichem Infektionspotenzial) durchgeführt wurde.

Problematik eines potenziell infektiösen Leichnams

Freigabe zur Bestattung oder Aufbewahrung bis zur endgültigen Abklärung einer möglichen Infektion

Gemäß dem Bestattungsgesetz (§ 13 Abs. 3 BestG NRW) müssen Erdbestattung und Einäscherung innerhalb von 10 Tagen durchgeführt werden. Dazu muss eine Todesbescheinigung vorliegen (§ 13 Abs. 1 BestG NRW), die gemäß § 9 Abs. 3 desselben Gesetzestextes von Ärzten nach Erhalt der Todesanzeige unverzüglich nach erfolgter äußerer Leichenschau auszustellen ist. Diese Forderung ist aber problematisch: Retrospektiv hätte im vorliegenden Lassa-Fieberfall der Leichnam erst an den Bestatter herausgegeben werden dürfen, nachdem die endgültige histologisch basierte Diagnose plus zusätzlicher PCR-Untersuchung vorlag. Dieses Vorgehen hätte im vorliegenden Falle den vorgegebenen Zeitrahmen von 10 Tagen überschritten. Damit ergibt sich die Frage, unter welchen Umständen bei Verdacht auf eine gefährliche übertragbare Erkrankung über den im Gesetz (§ 13, Abs. 3) vorgesehenen Zeitraum hinaus nicht freigegeben wird, damit Zeit für eine zusätzliche Diagnostik bleibt.

Hierzu ergibt sich nach Gesetzlage laut § 13 Abs. 3 S. 2 BestG NRW seitens der örtlichen Ordnungsbehörde (Gesundheitsbehörde) die Möglichkeit die Frist zu verlängern, wenn ein diesbezüglicher Antrag gestellt wird entweder von den hinterbliebenen Personen, deren Beauftragten oder im öffentlichen Interesse.

Laut Infektionsschutzgesetz wird bei bekanntem Erreger verlangt, diese Erkrankung zu melden, wobei eine Autopsie nach den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts dann verboten gewesen wäre. Im vorliegenden Fall hätte ein Antrag auf Obduktion „im öffentlichen Interesse“ wegen Infektionsgefahr gestellt werden müssen, wobei ein begründeter Verdacht auf das Vorliegen einer Infektion im Sinne des Infektionsschutzgesetzes vorzulegen gewesen wäre. Es lagen aber weder eine derartige Verdachtsdiagnose noch irgendwelche eindeutigen Hinweise für eine Infektion weder nach dem Tode noch nach der Autopsie alleine (ohne beweisende PCR) vor. Damit ergab sich für uns weder eine Veranlassung, einen solchen Antrag zu stellen, noch wäre einem solchen aufgrund reiner Spekulation („kommt aus Afrika“), ausschließlich basierend auf einem vagen Verdacht, stattgegeben worden. Damit ergab sich auch logistisch keine Möglichkeit, dem Bestatter den Leichnam zu verweigern.

Im vorliegenden Falle wäre bei unserer Weigerung durchaus seitens der Angehörigen mit einer möglichen Klage wegen unbegründeter Beschlagnahmung des Leichnams zu rechnen gewesen (die Witwe drängte auf schnellstmögliche Einbalsamierung und Überführung nach Togo) und auf uns seitens des beauftragten Bestatters zusätzliche Aufwandsentschädigung bei wiederholten Anfahrten etc. zugekommen. Ferner hätten wir bei den hier diskutierten Fällen, obwohl bei allen „septisch-toxischer Schock“ als Todesursache im Totenschein angegeben war, primär in keinem einzigen einen solchen Antrag auf Verlängerung der Freigabefrist im öffentlichen Interesse gestellt, da für die gesunde immunkompetente Bevölkerung eine solche Gefahr von diesen Toten nach bester klinischer/pathologischer Einschätzung nicht ausging.

Andererseits hat aber die Weiterleitung der Diagnose „Lassa-Fieber“, basierend auf der von uns durchgeführten Autopsie und der daraufhin initiierten molekularen Untersuchungen, an das Hospital of Hope in Togo geholfen, einer dortige Epidemie vorzubeugen. Weitere Erkrankte mit gleichartigen „Typhus/Malaria-Symptomen“ wurden aufgrund unserer Informationen rechtszeitig isoliert und behandelt. Sie waren aus den Nachbarstaaten nach Togo eingereist, in denen eine bisher in Togo nicht bekannte Lassa-Fieberepidemie ausgebrochen war. Ferner war unsere Untersuchung lebensrettend für die sich bei der der Behandlung des Missionars in Togo infizierte Krankenschwester (behandelt in Atlanta, USA) und für den deutschen Bestatter (behandelt in der Universitätsklinik Frankfurt/Main). Ohne die von uns aufgrund der histologischen Untersuchung angestoßene Spezialdiagnostik wären beide Personen an (nicht-diagnostiziertem, Lassa-Fieber-induziertem) Leberversagen wie der von uns zuvor obduzierte Missionar ungeklärt verstorben.

Es besteht also unserer Meinung nach keine Möglichkeit, eine raschere und v. a. sichere Diagnosestellung als mit dem beschriebenen Vorgehen zu erreichen. Die epidemiologischen Daten der WHO („World Health Organisation“) haben hier nicht geholfen, da in Togo zuvor nie ein Lassa-Fieberfall berichtet wurde. Ferner hätten auch die Infektionsexperten keine realistische Chance gehabt, den um eine konsiliarische Meinung bittenden Pathologen vernünftig zu beraten.

Eine erhöhte Wachsamkeit bei ungewöhnlicher Anamnese und Herkunft aus außereuropäischen Ländern scheint gegenwärtig die einzige Maßnahme zu sein, die eine ernsthafte Gefährdung im Regelfall verhindern helfen könnte. Dabei kann eine informative Kommunikation zwischen allen Beteiligten und adäquate Schutzmaßnahmen auch bei nur reinem Verdacht vor unerwarteten Infektionen bewahren, die wie die WHO-Erhebung im vorliegenden Lassa-Fall zeigt: Trotz Exposition von mehr als 60 Mitarbeitern infizierte sich lediglich ein Bestatter und die den Kranken direkt betreuende Krankenschwester in Mango. Ferner sei angemerkt, dass in den letzten 20 Jahren in dieser Pathologie mit einer Gesamtsumme von ca. 2500 Autopsien dies der einzig dokumentierte Fall ist, bei dem eine unbekannte Infektion zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung geführt hat, d. h. in einer Inzidenz von < 0,04 %. Bei der problematischen politischen Entwicklung im Vorderen/Mittleren Orient und in Afrika mit zunehmender Migrationstendenz dürfte eine solche Situation in Zukunft allerdings kein Einzelfall bleiben.

Fazit für die Praxis

  • Die Diagnose „septisch-toxischer Schock“ ohne klinisch eindeutige Infektsicherung mit Todesfolge benötigt eine Autopsie mit histologischer/molekularer Abklärung.

  • Erhöhte Wachsamkeit ist bei ungewöhnlicher Anamnese und Herkunft außerhalb Europas gegeben

  • Protektive Desinfektionsmaßnahmen und adäquate Schutzmaßnahmen für das Personal sind unabdingbar

  • Informative Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist essenziell.

  • Bei besonderem Erregerverdacht sind Informationen vom B. Nocht-/R. Koch-Institut (Hamburg/Berlin) einzuholen.

  • Bei begründetem Verdacht auf einen meldepflichtigen Erreger ist eine Verfügung zur verlängerten Aufbewahrung des Leichnams in der Pathologie beim Gesundheitsamt zu beantragen um abklärende Ergebnisse zur Entscheidung der Beisetzungsmethode abzuwarten.

  • Vor Ausstellung der Unbedenklichkeit bei potenziell infektiösen Leichnamen sollte erst das Ergebnis autoptisch-histologischer ± molekular mikrobiologischer/virologischer Abklärung abgewartet werden (ggf. unter Hinweis auf Gefahr für Dritte).