FormalPara Zusammenfassung

Die Diagnosen der Krankenhauspatienten bilden das gesamte vollstationäre Geschehen in den deutschen Krankenhäusern ab. Dieser Beitrag beschreibt die Ergebnisse der Diagnosedaten der Krankenhauspatienten für das Jahr 2022. Diese amtliche Statistik wird seit 1993 jährlich als Vollerhebung durchgeführt, alle Krankenhäuser in Deutschland sind auskunftspflichtig. Erfasst werden alle Patienten, die im Berichtsjahr aus der vollstationären Behandlung eines Krankenhauses entlassen werden. Im Jahr 2022 waren es mehr als 17 Mio. Patienten, damit ist die Fallzahl im Vorjahresvergleich leicht angestiegen.

Die Ergebnisse der Diagnosen werden nach wichtigen Indikatoren wie Hauptdiagnosen, Alter, Geschlecht und Verweildauer dargestellt. Aufgrund geschlechts- und altersspezifischer Morbiditätshäufigkeiten werden die Ergebnisse teilweise standardisiert und so um den demographischen Effekt bereinigt. Dadurch sind bevölkerungsunabhängige Aussagen möglich.

The hospital diagnosis statistics reflect all inpatient cases in Germany. This article describes the results for the year 2022. These official statistics have been conducted annually as a full survey since 1993. All German hospitals are required to provide information. The data cover all inpatients discharged from hospital in the reporting year. In 2022, more than 17 million patients were treated in hospitals. Compared to the previous year, the number of patients has increased slightly.

The diagnosis data are described according to key indicators such as main diagnosis, age, gender and average length of stay. Due to gender and age specific morbidity frequencies, some of the data are standardised and thus adjusted for demographic effects which allows statements independent of the actual age and gender structure of the population.

1 Vorbemerkung

In diesem Beitrag werden vornehmlich die Ergebnisse der Krankenhausdiagnosestatistik des Berichtsjahres 2022 vorgestellt und am Ende durch Angaben aus der fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) um einen speziellen Blick auf die Auswirkungen der Corona-bedingten Aufenthalte in Krankenhäusern ergänzt. Die Diagnosestatistik ist ein Baustein der vierteiligen Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamtes. Über diese Statistik hinaus werden auch die Grunddaten der Krankenhäuser (Betten, Personal, Ausstattung etc.; vgl. Kap. 21), die Kosten (Personal-, Sachkosten, etc.) sowie die DRG-Statistik erfasst. Zusätzlich werden seit 2003 auch die Diagnosedaten von Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen mit mehr als 100 Betten erhoben.

Im Rahmen der Diagnosestatistik werden alle im Laufe des Berichtsjahres aus dem Krankenhaus entlassenen vollstationären Patientinnen und PatientenFootnote 1 sowie die im Krankenhaus Verstorbenen erfasst. Bei mehrfach im Berichtsjahr vollstationär behandelten Patienten wird jeder Krankenhausaufenthalt als ein Fall nachgewiesen (Fallzahlenstatistik). Nicht nachgewiesen werden die vor- und nachstationären, teilstationären und ambulanten Behandlungsfälle. Die Angaben zur Diagnosestatistik entnehmen die Krankenhäuser der vorhandenen Patientendokumentation.

Um bevölkerungsunabhängige Vergleiche anstellen zu können, werden die Ergebnisse der Diagnosestatistik teilweise alters- und geschlechtsstandardisiert. Mit Hilfe der Standardisierung werden die Ergebnisse um den demographischen Effekt bereinigt. Dies erlaubt bevölkerungsunabhängige intertemporale und interregionale Vergleiche zwischen strukturell verschiedenen Gesamtheiten. Dadurch können Veränderungen beim Auftreten bestimmter Krankheiten aus rein epidemiologischer Sicht beurteilt werden, ohne dass die Ergebnisse durch sich verändernde Bevölkerungsstrukturen verzerrt werden. Genauer: Mit dieser Methode kann gezeigt werden, ob sich das Risiko jedes Einzelnen, an einer bestimmten Krankheit zu erkranken, erhöht hat oder nicht. Beispiel: Wenn im Vergleich zu 1995 heute mehr Menschen in Deutschland über 80 Jahre alt sind, treten in dieser Altersklasse entsprechend mehr Krankheitsfälle auf.Footnote 2 Trotz der höheren Zahlen bedeutet dies nicht, dass sich das Risiko des Einzelnen daran zu erkranken erhöht hat.

2 Kennzahlen der Krankenhauspatienten

Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie prägen nach wie vor die Zahl der Behandlungen in den stationären Einrichtungen in Deutschland. Während die Zahl der Behandlungsfälle bis zum Berichtsjahr 2019 kontinuierlich auf 19,9 Mio. Fälle angestiegen ist, sank sie im ersten Jahr der Corona-Pandemie um 13 % auf 17,3 Mio. Fälle und anschließend auf 17,2 Mio. Fälle. Zwar gab es im Berichtsjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg der Behandlungszahlen, dieser fiel jedoch mit 0,3 % bzw. 48.000 Fällen äußerst moderat aus. Es handelt sich hierbei um alle Krankenhausfälle inklusive Sterbe- und Stundenfälle einschließlich gesunder Neugeborener.

Diese Entwicklung betrifft sowohl männliche als auch weibliche Patienten und beeinflusst damit auch die Anzahl der Fälle je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner: Diese ist zwischen 2019 und 2022 um 3.334 Fälle auf 20.445 Fälle je 100.000 Einwohner gesunken, wobei es im Vergleich zum Vorjahr bei den Männern einen Rückgang um \({-}\)13,5 % und bei den Frauen um einen Rückgang um \({-}\)14,5 % gab.

Hervorzuheben ist, dass der leichte Anstieg der Behandlungszahlen durch den Einfluss der demographischen Entwicklungen bestimmt wurde. Dies lässt sich anhand der standardisierten RatenFootnote 3 ablesen, die trotz des leichten Anstieges der Behandlungszahlen weiter gesunken sind: So betrug die altersstandardisierte Rate im Jahr 2000 noch 22.392 Fälle je 100.000 Einwohner, ist bis 2019 auf 22.766 Fälle angestiegen und liegt mit 19.386 Fällen im Jahr 2022 auf dem niedrigsten Wert seit über 20 Jahren. Die standardisierte Rate der männlichen Patienten sank in diesem Zeitraum (2000 zu 2022) um \({-}\)13,6 % und die der Frauen um \({-}\)14,3 %.

Zu beachten ist hierbei, dass ein direkter Vergleich zwischen Männern und Frauen nur bedingt möglich ist, da Frauen von Natur aus wegen Schwangerschaft und Geburt häufiger im Krankenhaus behandelt werden.

Ein weiterer wichtiger Indikator für Aspekte wie mögliche Einsparpotenziale und Effizienz in Krankenhäusern ist die Verweildauer. Sie wird gleichermaßen als Ansatzpunkt für die Qualität der stationären Versorgung genutzt. Insbesondere die Notwendigkeit, die Kosten zu reduzieren, hat in den Vorjahren dazu geführt, dass die Patienten immer kürzer in den Krankenhäusern verweilen. Waren es im Jahr 2000 noch fast 10 Tage (9,7 Tage), ist diese Zahl kontinuierlich auf 7,3 Tage im Jahr 2017 gesunken. Seitdem sinkt sie nur noch langsam und erreicht in den Jahren 2021 und 2022 mit 7,2 Tagen den niedrigsten Wert. Eine weitere Senkung der Verweildauer scheint damit unwahrscheinlich, sofern sich die Rahmenbedingungen nicht ändern.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, ein weiteres Indiz für mögliche Einsparpotenziale heranzuziehen. Die Entwicklung der Anzahl der Kurzlieger (1 bis 3 Tage im Krankenhaus) war lange eng mit der Entwicklung der Verweildauer verknüpft, da sie einen konträren Verlauf aufgewiesen hat. Das bedeutet, dass die Anzahl der Kurzlieger automatisch gestiegen ist, wenn die Verweildauer gesunken ist. Da die Verweildauer stagniert, verläuft die Entwicklung der Anzahl der Kurzlieger nun unabhängig davon. Sie ist absolut zwischen 2019 und 2020 um 1 Mio. Fälle gesunken und seitdem leicht auf 8,1 Mio. Fälle gestiegen (Tab. 22.1).

Tab. 22.1 Kennzahlen der Patienten im Überblick 2022. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Über die Jahre hinweg betrachtet zeigt sich bedingt durch die Corona-Pandemie ein uneinheitliches Bild: Die Anzahl der Behandlungsfälle ist bis zum Beginn der Pandemie angestiegen und bewegt sich aktuell noch auf dem deutlich niedrigeren Niveau als während der Pandemie. Die Verweildauer konnte im fünften Jahr hintereinander auf einem sehr niedrigen Niveau gehalten werden. Es ist zu vermuten, dass diese Entwicklungen direkte Auswirkungen auf den ambulanten Sektor haben, beispielsweise in Form einer Verschiebung dorthin. In welchem Maße dies geschieht, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden (vgl. Abb. 22.1).

Abb. 22.1
figure 1

Kennzahlen im Zeitvergleich 2017–2022 (Index 2017 = 100). (Quelle: Statistisches Bundesamt)

3 Strukturdaten der Krankenhauspatienten

Sowohl in den Grunddaten und der DRG-Statistik als auch in der Diagnosestatistik wird die Anzahl der entlassenen Patienten ermittelt. Alle Statistiken werden unabhängig voneinander erhoben. Im direkten Vergleich der Diagnosestatistik mit den Grunddaten hat sich gezeigt, dass es eine unwesentliche Untererfassung in der Diagnosestatistik gibt (2022: 99,2 %).

3.1 Alters- und Geschlechtsstruktur der Patienten

Im Jahr 2022 waren von den über 17 Mio. Behandlungsfällen 8,3 Mio. männlichen und 8,9 Mio. weiblichen Geschlechts. Die Männer haben demnach einen Anteil von 48,3 % und die Frauen von 51,7 %. Bezogen auf die Behandlungsfälle je 100.000 Einwohner (rohe Rate) wurden durchschnittlich 20.005 Männer und 20.872 Frauen je 100.000 Einwohner stationär in den Krankenhäusern behandelt. Zusammengenommen wurden 20.445 Personen je 100.000 Einwohner im Krankenhaus als Behandlungsfall gezählt. Dies sind 103 Fälle je 100.000 Einwohner bzw. 0,5 %weniger als noch im Vorjahr.

Das Durchschnittsalter der Patienten hat sich weiter erhöht: Im Jahr 2022 lag es bei 56,1 Jahren. Das durchschnittliche Alter der Männer betrug 56,4 Jahre und das der Frauen 55,8 Jahre Es liegt in der Natur der Sache, dass die Behandlungshäufigkeit mit dem Alter steigt. So wurden bspw. in der Gruppe der 15- bis 45-Jährigen 11.696 Personen je 100.000 Einwohner im Krankenhaus behandelt, während es in der letzten ausgewiesenen Altersgruppe der über 85-Jährigen 64.738 Personen waren, also mehr als fünfmal so viel.

Die altersspezifische Rate je 100.000 Einwohner ist seit dem Jahre 2017 bei den unter 15-Jährigen um \({-}\)16,3 % gesunken, in der Altersgruppe der 15- bis unter 45-Jährigen ist ein Rückgang von \({-}\)18,6 % zu verzeichnen. In der Altersgruppe der 45- bis 65-Jährigen ist die Zahl von 2017 auf 2022 um \({-}\)15,1 % gesunken.

Bei einer genaueren Betrachtung der Alters- und Geschlechtsstruktur der Patienten im Jahr 2022 zeigt sich, dass in fast allen Altersgruppen mehr Männer je 100.000 Einwohner als Frauen stationär im Krankenhaus behandelt wurden (siehe Abb. 22.2). Bei den 15- bis 45-Jährigen zeigt sich zwar zunächst, dass mehr Frauen als Männer behandelt wurden. Dies ist jedoch auf Fälle zurückzuführen, die in Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (ICD-Positionen O00–O99) stehen. Rechnet man diese Fälle heraus, wurden nur in den Altersgruppen der 10- bis 15-Jährigen (6.154 Mädchen zu 5.712 Jungen), der 15- bis 20-Jährigen (9.940 Frauen zu 7.698 Männern), der 20- bis 25-Jährigen (8.369 Frauen zu 7.607 Männern) und der 25- bis 30-Jährigen (7.482 Frauen zu 7.436 Männer) mehr weibliche als männliche Patienten im Krankenhaus behandelt.

Abb. 22.2
figure 2

Alters- und Geschlechtsstruktur der Patientinnen und Patienten 2022 je 100.000 Einwohner. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Vergleicht man den Anteil der Absolutzahlen der Behandlungsfälle je Altersklasse, so zeigt sich ebenfalls, dass die männlichen Patienten in der Regel in der Überzahl waren: Zwar machen sie insgesamt nur 48,3 % der Patienten aus, in den Altersgruppen der unter 15-Jährigen und 45- bis 75-Jährigen liegen die Zahlen hingegen bei 53,4 und 54,8 %. Lediglich in den Altersgruppen der 15- bis 45-Jährigen (verursacht durch schwangerschaftsbedingte Behandlungen) und der 75-jährigen und älteren Patienten (verursacht durch den höheren Anteil der Frauen in den hohen Altersklassen) liegen die Zahlen der Männer unter denen der Frauen.

3.2 Verweildauer der Patienten

Seit dem Berichtsjahr 2003 wird die Fallzahl im Krankenhaus-Report erstmals inklusive der Stundenfälle veröffentlicht. Ein Stundenfall liegt dann vor, wenn Patienten zunächst zwar vollstationär aufgenommen werden, sich aber aufgrund der Lage keine Behandlungsnotwendigkeit ergibt oder sie versterben. Jeder Stundenfall wird als ein Fall mit einem Berechnungs-/Belegungstag in die Statistik aufgenommen. Dies hat zur Folge, dass die Verweildauer per se sinkt. Im Jahr 2022 gab es insgesamt 368.096 Stundenfälle, dies sind 48.113 Fälle weniger als noch im Jahr zuvor.

2022 lag die Verweildauer der Krankenhauspatienten inklusive der oben beschriebenen Stundenfälle bei durchschnittlich 7,2 Tagen und hat sich gegenüber dem Vorjahr ganz leicht um 0,1 % verringert. Insgesamt ist die Verweildauer seit dem Jahr 2017 um \({-}\)1,1 % gesunken.

Bezogen auf das Geschlecht gibt es kaum Unterschiede. Der niedrigere Wert bei den Frauen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren ist wiederum auf schwangerschaftsbedingte Behandlungen zurückzuführen. Mit zunehmendem Alter (ab 50 Jahren) liegen Frauen länger als Männer in den Krankenhäusern. Am größten sind die Unterschiede bei der Altersgruppe 80 bis 85 Jahre und 85 bis 90 Jahre; hier lagen Frauen 0,5 Tage länger im Krankenhaus als Männer.

Insgesamt kann man festhalten, dass ungeachtet des Geschlechts die durchschnittliche Verweildauer in den Krankenhäusern bis zur Altersgruppe der 85- bis unter 90-Jährigen mit dem Alter kontinuierlich zunimmt und nur bei den Hochbetagten leicht abnimmt.

Im Jahr 2022 verbrachten insgesamt 8,1 Mio. Patienten zwischen einem und drei Tagen im Krankenhaus. Diese so genannten Kurzlieger hatten damit einen Anteil von 47,4 % an allen Behandlungsfällen. Im Jahr davor waren es noch 46,6 %. Vergleicht man die letzten Berichtsjahre miteinander, wird deutlich, dass immer mehr Patienten innerhalb von einem bis drei Tagen entlassen werden: Während im Jahr 2000 nur 4,7 Mio. Kurzlieger registriert wurden, liegt diese Zahl im Jahr 2022 mit 8,1 Mio. um über 3,4 Mio. darüber. Die Zahlen zeigen, dass es nach wie vor Ziel der Behandlungen ist, die Patienten früher als in den Vorjahren zu entlassen. Auf der einen Seite wird damit die Effektivität erhöht. Auf der anderen Seite aber steigt dadurch auch die Belastung des Personals, da es heute keine oder kaum Patienten in Krankenhäusern geben wird, die ohne oder nur mit wenig Betreuung (Pflege und ärztliche Versorgung) auskommen (Tab. 22.2).

Tab. 22.2 Verweildauer der Patienten 2022. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Insgesamt 457.743 Personen sind 2022 in den Krankenhäusern verstorben. Gemessen an der Anzahl der Verstorbenen in Deutschland insgesamt (1.066.341) beträgt der Anteil 42,9 %. Hierbei ist zu beachten, dass dieser Wert nur eine Annäherung darstellt, da beide Erhebungen, die Sterbefälle ausweisen (Krankenhausdiagnose- und Todesursachenstatistik), unterschiedliche Grundgesamtheiten haben. Die Todesursachenstatistik erfasst alle im Berichtsjahr Verstorbenen mit Wohnsitz in Deutschland und damit auch Staatenlose und Ausländer, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben (so genanntes Inländerprinzip). Demgegenüber erfasst die Krankenhausdiagnosestatistik alle Patienten, die im Berichtsjahr in einem deutschen Krankenhaus verstarben, das heißt auch Patienten mit ausländischem Wohnort und ausländische Patienten (Inlandsprinzip).

3.3 Regionale Verteilung der Patienten

Bei dem Vergleich der Krankenhausfälle nach dem Wohnort der Patienten wird die standardisierte Rate herangezogen, um einen direkten Vergleich der Zahlen zu ermöglichen. Dies geschieht, indem die Fallzahl in eine Rate je 100.000 Einwohner umgerechnet wird. Anschließend wird die Fallzahl alters- und geschlechtsstandardisiert. Eine solche Standardisierung ist notwendig, da sich die Bevölkerung der Bundesländer im Hinblick auf ihre Alters- und Geschlechtsstruktur voneinander unterscheidet. Hierzu wird eine einheitliche Bevölkerungsstruktur in Anlehnung an die Ergebnisse des Zensus 2011 unterstellt, wodurch ein Vergleich der standardisierten Raten der Bundesländer ermöglicht wird. Die standardisierte Fallzahl sagt aus, wie viele Personen wegen einer bestimmten Krankheit vollstationär behandelt werden müssten, wenn die Altersstruktur der gewählten Standardbevölkerung von 2011 vorliegen würde (Abb. 22.3 und Tab. 22.3).

Abb. 22.3
figure 3

Patienten (einschl. Stundenfälle) je 100.000 Einwohner nach Bundesländern (Wohnort) 2022 – standardisierte Rate (Durchschnittliche Bevölkerung nach Bundesländern und Altersgruppen. Durchschnittsbevölkerung auf Grundlage des Zensus) und Vorjahresveränderung (in %)

Tab. 22.3 Patienten nach Wohnort 2017 und 2022

Im Vergleich zu 2017 verringerten sich die Berechnungs- und Belegungstage sowie die Verweildauer weiter. Die standardisierte Fallzahl je 100.000 Einwohner sank in Deutschland nach Wohnort von 2017 zu 2022 um \({-}\)16,4 %. Bei den Ländern sind die Veränderungsraten entsprechend. Insgesamt ist die Spannbreite der Änderungsraten unterschiedlich groß.

Die größten Rückgänge bei der standardisierten Fallzahl sind in Bremen (\({-}\)20,3 %), Brandenburg (\({-}\)19,7 %) und Sachsen-Anhalt (\({-}\)18,0 %) zu beobachten.

Weitere Veränderungen ergeben sich, wenn man die Berechnungs- und Belegungstage betrachtet. Die Rückgänge betragen \({-}\)21,7 % in Brandenburg, \({-}\)20,8 % im Saarland und \({-}\)20,5 % in Rheinland-Pfalz. Fast alle anderen Länder weisen ebenfalls Rückgänge auf. Dies hat auch Auswirkungen auf die durchschnittliche Verweildauer in den einzelnen Ländern. Wie zuvor schon gezeigt ist sie insgesamt in Deutschland in den letzten Jahren gesunken. Die Veränderungsraten der Verweildauer der Patienten nach dem Wohnortprinzip zwischen den Bundesländern variieren hierbei zwischen \({-}\)4,1 % in Rheinland-Pfalz und \({+}\)4,0 % in Hamburg.

Bezogen auf die Standardbevölkerung von 2011 hat Nordrhein-Westfalen mit 21.727 Fällen je 100.000 Einwohner die meisten Behandlungsfälle aufzuweisen, gefolgt von Thüringen mit 21.544 und Saarland mit 21.340 Fällen. Diese drei Länder liegen somit deutlich über dem standardisierten Wert für Deutschland (19.386 Fälle je 100.000 Einwohner). Die hinteren drei Plätze werden hierbei von Baden-Württemberg (16.336 Fälle), Bremen (16.754 Fälle) und Hamburg (17.499 Fälle) belegt.

Der Vergleich der Berichtsjahre 2021 zu 2022 zeigt unterschiedliche Veränderungsraten der standardisierten Rate der Krankenhausfälle zwischen den einzelnen Bundesländern. Am höchsten lag diese Zahl in Bremen (\({-}\)4,3 %), Schleswig-Holstein (\({-}\)3,7 %) und Hamburg (\({-}\)2,7 %).

4 Struktur der Hauptdiagnosen der Krankenhauspatienten

In der Krankenhausstatistik wird die Hauptdiagnose nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten kodiert. Im Berichtsjahr 2022 galt die 10. Revision (ICD-10-GM). Die Hauptdiagnose wird gemäß den Deutschen Kodierrichtlinien angegeben und ist als diejenige Diagnose definiert, die nach Analyse hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Aufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Der Terminus „nach Analyse“ bezeichnet die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthalts, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthalts war. Daher ist diese genaue Definition wichtig, da die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose nicht mit der Aufnahme- oder Einweisungsdiagnose übereinstimmen muss.

4.1 Diagnosen der Patienten

Die in Abschn. 22.3.1 erläuterte Entwicklung der Behandlungsfälle durchzieht nicht jedes Diagnosekapitel. Die Zahlen zwischen den Kapiteln variieren zum Teil erheblich (Tab. 22.4).

Tab. 22.4 Patienten nach Diagnosekapiteln 2022. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Doch zunächst ist es hilfreich, eine Art Rangliste der Kapitel der ICD nach Behandlungsfällen zu erstellen. Wie in den vorherigen Berichtsjahren auch waren die Krankheiten des Kreislaufsystems (I00 bis I99) die bedeutendsten Krankheiten in Deutschland. Knapp 2,5 Mio. Fälle sind diesem Kapitel zuzuordnen, was einem Anteil von rund 14,7 % an allen Kapiteln entspricht. Im Vergleich zu 2017 ist die Zahl dieser Behandlungsfälle um \({-}\)13,1 % gesunken.

An zweiter Stelle liegen die Verletzungen und Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00–T98). Sie stellen nach den Krankheiten des Kreislaufsystems mit knapp 1,8 Mio. Fällen (10,3 % an allen Behandlungsfällen) die wichtigste Diagnosegruppe dar. Im Vergleich zu 2017 ist die Zahl um \({-}\)10,9 % gesunken. An dritter Stelle folgen die Krankheiten des Kapitels C00 bis D48 (Neubildungen) mit 1,7 Mio. Fällen und einem Anteil von 10,1 % an allen Diagnosen (Tab. 22.5).

Tab. 22.5 Hauptdiagnose nach Diagnosekapiteln im Zeitverlauf 2017–2022. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Ein wichtiges Indiz für die Qualität der Krankenhausdiagnosestatistik ist die Anzahl und der Anteil derjenigen Fälle, die keine Diagnoseangabe beinhalten. Im ersten Jahr der Erhebung (1994) wurden noch 95.860 Behandlungsfälle ohne Diagnoseangaben gezählt, was einem Anteil von 0,6 % entspricht. Mit einem Anteil von 0,0012 % im Jahr 2022 liegt dieser Wert aktuell auf einem kaum messbaren Niveau. Vor allem die Entwicklung der letzten Jahre zeigt deutlich, dass die Datenqualität der Krankenhausdiagnosestatistik erheblich verbessert werden konnte und nun auf ein Niveau gestiegen ist, bei dem man von vollständiger Erfassung aller Fälle und deren Zuordnung zu einer Diagnose sprechen kann. Dies beweist auch, dass die Dokumentation in den Krankenhäusern vor allem auch im Hinblick auf abrechnungsrelevante Anforderungen ständig optimiert und angepasst wird.

Um den demographischen Effekt bereinigt (altersstandardisierte Rate) haben bezogen auf 100.000 Einwohner in den Jahren 2017 und 2022 die Fälle der Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes (H60–H95) mit \({-}\)27,2 % den größten Rückgang zu verzeichnen, gefolgt von den Symptomen und abnormen klinischen und Laborbefunden, a. n. k. (R00 bis R99) mit \({-}\)26,6 %. Rückgänge sind auch bei den Krankheiten der Haut und der Unterhaut (L00–L99) und den Krankheiten des Nervensystems (G00–G99) festzustellen (Tab. 22.6).

Tab. 22.6 Veränderungsraten der Patienten je 100.000 Einwohner 2017 zu 2022 – standardisierte Rate

4.2 Diagnosen nach Alter und Geschlecht

Die häufigste Einzeldiagnose bei stationären Behandlungsfällen insgesamt war im Jahre 2022 die Diagnose Lebendgeborene nach dem Geburtsort (Z38), sie wurde insgesamt 519.250-mal gezählt. Mit 446.814 Behandlungsfällen war die Herzinsuffizienz (I50) der zweithäufigste Anlass für eine stationäre Versorgung. Dies sind 8.255 Fälle mehr als noch im Jahr zuvor (438.589 Behandlungsfälle).

Bei den weiblichen Patienten war die Position Lebendgeborene nach dem Geburtsort (Z38) die häufigste Diagnose, auf sie entfallen 258.385 Fälle. An zweiter Stelle folgt die Herzinsuffizienz (I50), die in 223.599 Fällen der Grund für einen stationären Aufenthalt war. Bei dieser Diagnose lag das Durchschnittsalter der Patientinnen bei 82 Jahren. Vorhofflattern und Vorhofflimmern (I48) war in 149.860 Fällen der Behandlungsgrund, das Durchschnittsalter betrug 75 Jahre. Die Fraktur des Femurs (S72) folgte mit rund 141.091 Fällen. Die Patientinnen waren durchschnittlich 81 Jahre alt.

Bei den männlichen Patienten liegen die Lebendgeborenen nach dem Geburtsort (Z38) mit 260.865 Fällen an erster Stelle, gefolgt von der Herzinsuffizienz (I50) mit 223.215 Fällen. Die Psychischen und Verhaltensstörungen durch Alkohol (F10) waren der dritthäufigste Anlass für Männer, sich einer stationären Behandlung zu unterziehen. Hier wurden rund 172.037 Fälle behandelt.

Über alle Diagnosen hinweg lag das Durchschnittsalter der Frauen bei 55,8 und das der Männer bei 56,4 Jahren (vgl. Tab. 22.7).

Tab. 22.7 Die 10 häufigsten Hauptdiagnosen der männlichen und weiblichen Patienten (einschließlich Sterbe- und Stundenfälle) 2022. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Beim Vergleich der Anzahl der Behandlungsfälle nach den Diagnosekapiteln der ICD zeigt sich, dass beide Geschlechter unterschiedlich von Krankheiten betroffen sind und nur bei wenigen Kapiteln eine annähernde Übereinstimmung entsprechend der Verteilung der Frauen und Männer in der Bevölkerung festzustellen ist. Grundsätzlich zeigt der Aufbau der Bevölkerung, dass von den knapp 83,8 Mio. Einwohnern ca. 50,7 % Frauen und ca. 49,3 % Männer sind.

Die größten Übereinstimmungen anhand der absoluten Zahl der Behandlungsfälle ergeben sich demnach in den Kapiteln Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen (Z00 bis Z99) und Krankheiten des Urogenitalsystems (N00 bis N99). Dagegen sind bei den Krankheiten des Atmungssystems (J00 bis J99) und angeborenen Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00 bis Q99) die Männer überdurchschnittlich häufig vertreten. Hier liegt der Anteil mit 56,0 % bzw. 55,9 % deutlich über dem eigentlichen Bevölkerungsanteil. Ausgenommen des Kapitels Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett dominieren Frauen in den Diagnosekapiteln E00 bis E99 (Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten) und D50 bis D90 (Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems). Hier liegt ihr Anteil mit 56,0 und 55,6 % über dem eigentlichen Anteil in der Bevölkerung. Aber auch die Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (M00 bis M95) sowie Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes (H60 bis H95) betreffen mit einem Anteil von 55,1 % bzw. 52,9 % eher Frauen als Männer (Abb. 22.4).

Abb. 22.4
figure 4

Patienten nach Diagnosekapiteln 2022 – Anzahl in 1.000

Zum Abschluss werden die Hauptdiagnosen nach Altersgruppen und Geschlecht betrachtet. Dabei werden die nachfolgenden Altersgruppen differenziert: unter 15-Jährige, 15- bis 45-Jährige, 45- bis 65-Jährige und über 65-Jährige.

Sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungen im Alter unter 15 Jahren wurde 2022 als häufigste Diagnose die Geburt gezählt (258.385 Fälle bei Mädchen und 260.865 bei Jungen). Mit weitem Abstand rangieren die Intrakraniellen Verletzungen (25.694 Fälle bei Mädchen und 32.461 bei Jungen) und die Störungen im Zusammenhang mit kurzer Schwangerschaftsdauer und niedrigem Geburtsgewicht (23.902 Mädchen und 25.211 Jungen). Dahinter waren es bei den Mädchen die Sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiösen oder nicht näher bezeichneten Ursprungs (18.117 Fälle) und bei den Jungen die Akute Bronchitis (24.981 Fälle).

In der Altersgruppe der 15- bis 45-Jährigen unterscheidet sich das Bild. Bei den Frauen dominieren deutlich die Diagnosen mit Bezug auf das gebärfähige Alter: Mit 134.634 Fällen steht hier die Spontangeburt eines Einlings an erster Stelle. Dahinter liegt der Vorzeitige Blasensprung (92.093 Fälle) und der Dammriss unter der Geburt (79.190 Fälle). Bei den Männern hingegen sind die Krankenhausaufenthalte hauptsächlich durch Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol (74.059 Fälle), Schizophrenie (31.352 Fälle) sowie Intrakranielle Verletzungen (27.079 Fälle) bedingt.

Die Psychischen und Verhaltensstörungen durch Alkohol (82.241 Fälle) sind es auch, die Männer im Alter zwischen 45 und 65 Jahren hauptsächlich ins Krankenhaus bringen. Das Vorhofflimmern und Vorhofflattern liegen an zweiter Stelle (56.796 Fälle), gefolgt von Hernia inguinalis mit 51.863 Fällen. Bei den Frauen sind die Bösartigen Neubildungen der Brustdrüse in 52.114 Fällen verantwortlich für eine stationäre Behandlung. Die Cholelithiasis (43.913 Fälle) und die Rezidivierende depressive Störung (38.107 Fälle) liegen dahinter.

In der letzten hier erwähnten Altersgruppe (65 und älter) ist es die Herzinsuffizienz, die sowohl bei den Männern (191.689 Fälle) als auch bei den Frauen (210.381 Fälle) die häufigste Hauptdiagnose darstellt. An zweiter Stelle liegt die Diagnose Fraktur des Femurs (Oberschenkelknochen) mit 130.112 Fällen bei den Frauen, gefolgt vom Vorhofflattern und Vorhofflimmern mit 125.177 Fällen Bei den Männern liegt das Vorhofflattern und Vorhofflimmern (107.383 Fälle) auf dem zweiten Platz und der Hirninfarkt mit 91.592 Fällen an dritter Stelle (Tab. 22.8).

Tab. 22.8 Die fünf häufigsten Hauptdiagnosen der männlichen und weiblichen Patienten 2022 nach ausgewählten Altersgruppen. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Bei den genannten Altersgruppen gibt es bis auf wenige Ausnahmen keine großen Ausreißer bei den Diagnosen. Bei den Frauen sorgen einzig die durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett ausgelösten Fälle für hohe Zahlen in der Altersgruppe der 15- bis 45-Jährigen.

4.3 Verweildauer bei ausgewählten Diagnosen

Der Trend der letzten Jahre hält weiter an – die Verweildauer der stationär in den Krankenhäusern Behandelten ist weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau (vgl. Tab. 22.9). Insgesamt betrug sie im Jahr 2022 wie auch schon 2021 im Schnitt 7,2 Tage. Verglichen mit dem Jahr 2017 beträgt der Rückgang 0,1 Tage, noch deutlicher ist der Vergleich mit dem Berichtsjahr 2000: Hier lag die durchschnittliche Verweildauer noch bei 9,7 Tagen.

Tab. 22.9 Verweildauer der Patienten (einschl. Sterbe- und Stundenfälle) nach Diagnosekapiteln 2017, 2021 und 2022. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Die Verteilung der durchschnittlichen Verweildauer über die Kapitel hinweg ist unterschiedlich. Die längste Verweildauer weisen nach wie vor die Psychischen und Verhaltensstörungen auf (F00 bis F99), hier betrug sie 24,0 Tage. An zweiter Stelle folgen mit großem Abstand die Diagnosen aus dem Bereich Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben (P00 bis P96), mit 7,9 Tagen durchschnittlicher Verweildauer. Am kürzesten mussten Patienten im Krankenhaus liegen, die wegen Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen (Z00 bis Z99) und Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde (H00 bis H59), behandelt wurden. Sie konnten im Schnitt schon nach drei Tagen (2,7 bzw. 2,8 Tage) nach Hause gehen. Mit 3,4 Tagen liegen die Behandlungsfälle aufgrund von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (O00 bis O99) an dritter Stelle, gefolgt von der Diagnose Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes (H60 bis H95) mit 3,4 Tagen.

Bei der Untersuchung der Veränderungsraten bieten sich zwei Vergleiche an, zum einen der Vergleich zum Vorjahr (2022 zu 2021), zum anderen der längerfristige Vergleich zum Jahr 2017. Bezogen auf den Vergleich mit dem Vorjahr ergibt sich folgendes Bild: Die größte Veränderung betrifft das Kapitel Krankheiten des Atmungssystems (J00 bis J99). Die Verweildauer ist hier um \({-}\)10,6 % auf 6,9 Tage gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Bei einem Vergleich über die letzten Jahre (2022 zu 2017) ergibt sich folgendes Bild: Bei nahezu allen Diagnosekapiteln der ICD zeigt sich, dass die durchschnittliche Verweildauer im Vergleich zu 2017 gesunken ist. Den größten Rückgang verzeichnet hier das Kapitel Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00–Q99). Hier konnte die Verweildauer um \({-}\)10,7 % gesenkt werden. An zweiter Stelle liegt das Kapitel Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes (H60–H95) mit einem Verweildauerrückgang um \({-}\)10,1 %

Ausgenommen der Psychischen und Verhaltensstörungen (F00 bis F99), die um 9,8 % angestiegen sind, verzeichnen mit \({-}\)0,3 % die Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00 bis T98) den geringsten Rückgang, gefolgt von den Krankheiten der Haut und der Unterhaut (L00–L99) sowie den Krankheiten des Urogenitalsystems (N00–N99) mit 0,6 und 2,8 %. Insgesamt wurden 74,4 % der Patienten (12,8 Mio. Fälle) innerhalb von sieben Tagen wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich dieser Anteil um 0,4 Prozentpunkte. Diese Patientengruppe verursachte 31,0 % aller Berechnungs- und Belegungstage. Innerhalb von 14 Tagen wurden insgesamt 88,3 % der Patienten aus der vollstationären Behandlung entlassen. Mit 50,7 % fiel somit über die Hälfte aller Berechnungs- und Belegungstage in dieser Verweildauer an. Die Anzahl der Langlieger (mit einer Verweildauer von über einem Jahr) lag 2022 bei 534 Fällen (2021: 1.420 Fälle) und ist damit erheblich gesunken (vgl. Tab. 22.2).

4.4 Regionale Verteilung der Diagnosen

Im Folgenden werden die in den Krankenhäusern vollstationär behandelten Patienten nach Hauptdiagnose auf Länderebene analysiert. Die Auswertung der Daten nach dem Wohnort und nicht nach dem Behandlungsort der Patienten gibt Aufschluss über die Anzahl der Einwohner eines Bundeslandes, die wegen bestimmter Erkrankungen vollstationär behandelt wurden. Sie ist damit wichtig für epidemiologische Aussagen. Der Wohnort der Patienten lässt jedoch keine Rückschlüsse auf den Behandlungsort zu, denn es ist gängige Praxis, dass sich Patienten auch in anderen Bundesländern einer vollstationären Krankenhausbehandlung unterziehen.

Um den demographischen Effekt auszuschließen, werden auch hier die standardisierten Daten herangezogen. Demnach ließen sich die meisten Patienten je 100.000 Einwohner in Thüringen behandeln (24.109 Fälle je 100.000 Einwohner), auf den Plätzen zwei und drei folgen Sachsen-Anhalt mit 23.625 Fällen und das Saarland mit 23.368 Fällen (vgl. Tab. 22.10). Bezogen auf diese Quote weist Baden-Württemberg mit 16.950 Fällen je 100.000 Einwohner den niedrigsten Wert auf und lag somit um 17,1 % unter dem Bundesdurchschnitt (20.445 Fälle je 100.000 Einwohner).

Tab. 22.10 Patienten nach Diagnosekapiteln und Wohnort je 100.000 Einwohner 2022 – standardisierte Rate. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Auch bei den standardisierten Raten bezogen auf die einzelnen Diagnosekapitel ergeben sich Unterschiede auf regionaler Ebene. Demnach wiesen die Sachsen-Anhaltiner mit 3.971 Fällen je 100.000 Einwohner die meisten stationär versorgten Krankheiten des Kreislaufsystems (I00 bis I99) auf und lagen damit um 31,6 % über dem Bundesdurchschnitt (3.017 Fälle). An zweiter Stelle liegt Thüringen mit 3.799 Patienten je 100.000 Einwohner.

Der standardisierte Bundesdurchschnitt bei den Neubildungen (C00 bis D48) betrug 2.060 Fälle je 100.000 Einwohner. Hamburg (1.576 Fälle) und Baden-Württemberg (1.727 Fälle) lagen um 23,5 und 16,2 % unter dem Bundesdurchschnitt und wiesen damit im Bundesvergleich die geringste Quote an vollstationären Behandlungsfällen auf. Über dem Bundesdurchschnitt liegen insbesondere Thüringen mit 2.803 Fällen und Brandenburg mit 2.542 Fällen je 100.000 Einwohner.

Wegen Krankheiten des Verdauungssystems (K00 bis K99) mussten sich im Jahr 2022 in Thüringen 2.451 Patienten je 100.000 Einwohner behandeln lassen. Saarland liegt mit 2.387 Patienten auf dem dahinterliegenden Platz. Der Bundesdurchschnitt von 1.995 Fällen wird insbesondere von den Ländern Bremen (1.518 Fälle) und Hamburg (1.562 Fälle) unterboten.

Die letzte hier erwähnte Diagnosegruppe sind Psychische und Verhaltensstörungen (F00 bis F99). Insgesamt zehn Länder liegen über dem Bundesdurchschnitt von 1.217 Patienten. Mit 1.478 Fällen je 100.000 Einwohner liegt das Saarland an der Spitze und damit 21,5 % über dem Bundesdurchschnitt. Auch Mecklenburg-Vorpommern (1.381 Fälle) und Thüringen (1.343 Fälle) liegen weit über dem Bundesdurchschnitt. Demgegenüber liegen Baden-Württemberg und Bayern mit 15,2 und 6,2 % unter dem standardisierten Durchschnitt für Deutschland (Abb. 22.5).

Abb. 22.5
figure 5

Patienten (einschl. Sterbe- und Stundenfälle) mit Krankheiten des Kreislaufsystems nach Bundesländern (Wohnort). (Quelle: Statistisches Bundesamt)

5 Entwicklung ausgewählter Diagnosen 2017 bis 2022

Die Anteile der Diagnosen der Patienten haben sich im Zeitverlauf unterschiedlich entwickelt. Die Zahl bestimmter Diagnosen ist angestiegen, andere Diagnosen verzeichneten dagegen einen Fallrückgang. Für einen Vergleich der Diagnosen der Patienten werden die Veränderungen der Diagnosen auf dreistelliger Ebene in den Jahren 2017 bis 2022 dargestellt. Es werden alle Diagnosen in die Analyse einbezogen, die im Jahr 2022 mindestens 10.000 Fälle aufwiesen. Dargestellt werden die zehn Diagnosen mit den größten prozentualen Veränderungsraten vom Jahr 2022 gegenüber 2017. Bei Interesse an allen Positionen auf drei- oder vierstelliger Ebene finden Sie im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes auf der Themenseite Gesundheit (www.destatis.de) entsprechende Informationen. Diese können auch als Sonderauswertung beim Statistischen Bundesamt angefordert werden (gesundheit@destatis.de).

In Tab. 22.11 werden die zehn Diagnosen mit den größten Veränderungsraten dargestellt. Auffällig dabei ist, dass sich darunter im Gegensatz zu den Vorjahren weitaus weniger Diagnosen befinden, die den Zusatz „sonstige“ haben.

Tab. 22.11 Die 10 Hauptdiagnosen mit den größten Zuwächsen und Rückgängen 2017/2022. (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Tab. 22.11 (Fortsetzung)

Die Hauptdiagnose J12 (Viruspneumonie, anderenorts nicht klassifiziert) verzeichnete im Vergleich der Jahre 2017 und 2022 – bedingt durch die Corona-Pandemie – die größten Zuwächse: Ihre Zahl ist um 894,0 % angestiegen. Den zweiten Platz belegt die Diagnose B34 (Viruskrankheit nicht näher bezeichneter Lokalisation). Sie ist in diesem Zeitraum um 146,0 % angestiegen, gefolgt von der Position R50 (Fieber sonstiger und unbekannter Ursache) mit einem Zuwachs von 115,2 %.

6 Ergebnisse der DRG-Statistik zur Covid-19-Pandemie

Spezifische Daten zu Krankenhausbehandlungen mit oder wegen einer Corona-InfektionFootnote 4 liegen auf Basis der Fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) vor. Die Corona-Pandemie führte in den Krankenhäusern – wie eingangs gezeigt werden konnte – nicht nur zu deutlich weniger Behandlungsfällen, sondern auch zu weniger Operationen. Besonders stark war der Rückgang in der ersten Corona-Welle. Bei den Krankenhäusern, die im Rahmen des aG-DRG-Entgeltsystems abrechnen und in der Fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik nachgewiesen werden, gab es im Jahr 2020 fast 2,5 Mio. oder 13,1 % weniger Krankenhausbehandlungen als im Vorjahr. So niedrig waren die Fallzahlen zuletzt im Jahr 2006. Im Jahr 2021 gingen die Fallzahlen noch einmal um 125.490 Fälle (\({-}\)0,8 %) zurück. 2022 gab es wieder einen leichten Anstieg um 19.236 Fälle (\(+\)0,1 %). Auch die Zahl der Operationen ging zurück: 2020 wurden in den deutschen Krankenhäusern 690.000 oder 9,7 % weniger Patienten operiert als im Vorjahr – so wenige wie zuletzt im Jahr 2005. Auch im Jahr 2021 gab es einen leichten Rückgang der Operationen mit insgesamt 23.619 (\({-}\)0,4 %) Fällen. Erst im Jahr 2022 stieg die Zahl der Operationen wieder um 34.922 Fälle (\(+\)0,5 %) an (Abb. 22.6).

Abb. 22.6
figure 6

Krankenhausfälle und operative Eingriffe (Fälle mit einer Operation aus dem Kapitel 5 des OPS) nach dem Aufnahmemonat (Überlieger, d. h. Patienten, die im Berichtsjahr 2019 bzw. 2020 aufgenommen, aber erst im darauffolgenden Berichtsjahr entlassen werden, sind in der Darstellung NICHT mit enthalten.) 2019–2022

Im zweiten Pandemie-Jahr (2021) wurden 386.086 Patienten mit oder wegen einer Covid-19-Infektion stationär versorgt. Rund 91.986 dieser Personen, also knapp ein Viertel (23,8 %), mussten intensivmedizinisch versorgt werden. Im Jahr 2022 fanden rund 815.068 Krankenhausaufenthalte von Patienten mit oder wegen einer Covid-19-Infektion statt.Footnote 5 Davon wurden 607.001 (74 %) als Notfälle in das Krankenhaus eingewiesen. Mehr als jede zwölfte (8 %) mit oder wegen Covid-19 behandelte Person ist im Krankenhaus verstorben, insgesamt 65.491 Personen.

Einer hohen Gefährdung durch Covid-19 unterlagen vor allem ältere und hochbetagte Menschen. 37 % der Menschen, die aufgrund einer Covid-19-Diagnose im Krankenhaus behandelt wurden, waren über 80 Jahre alt. 60- bis 80-Jährige machten 34 % dieser Patienten aus, 30 % waren jünger.

In jüngeren Altersgruppen, vor allem bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sind schwere Verläufe seltener und asymptomatische Covid-19-Infektionen häufiger. Beispielsweise waren 46.583 Kinder unter 15 Jahren mit oder wegen einer nachgewiesenen Infektion im Krankenhaus. Das waren 5,7 % aller mit oder wegen einer Covid-19-Infektion im Krankenhaus behandelten Patienten.

Einschlägige Erkrankungen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Infektion sind vor allem akute Atemwegserkrankungen (Tab. 22.12). Weitere Organbeteiligungen oder Komplikationen können auftreten. Typischerweise traten bei den mit oder wegen einer Covid-19-Infektion behandelten Patienten im Jahr 2022 vor allem Infektionen der unteren Atemwege auf, am häufigsten eine durch das Virus ausgelöste Lungenentzündung (93.214 Fälle). Weitere Diagnosen waren eine nicht näher bezeichnete Infektion der unteren Atemwege (19.362 Fälle), eine akute Bronchitis (11.195 Fälle) sowie eine Viruspneumonie (625 Fälle). Bei weiteren 1.133 Fällen erfolgte die Behandlung wegen des Atemnotsyndroms ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome oder akutes Lungenversagen). Zusammengenommen waren somit 125.529 oder 15 % der Behandelten mit einer nachgewiesenen Covid-19-Infektion aufgrund von Infektionen der unteren Atmungsorgane im Krankenhaus.

Tab. 22.12 Covid-19-bedingte akute Atemwegserkrankungen 2022

123.963 dieser Personen, also gut ein Siebtel (15,2 %), mussten intensivmedizinisch versorgt werden. 33,6 % oder 41.647 der intensivmedizinisch versorgten Covid-19-Patienten mussten künstlich beatmet werden. Ihre durchschnittliche Beatmungsdauer lag bei 225 Stunden, also bei fast neun Tagen. Mit 65.491 Personen ist mehr als jede zwölfte (8 %) mit oder wegen Covid-19 behandelte Person im Krankenhaus verstorben. Ihr Durchschnittsalter lag bei 79,4 Jahren.

Von einer Rückkehr zur Normalität waren die Krankenhäuser auch im Jahr 2022 weit entfernt. Der Trend eines weiteren Rückgangs war gestoppt, sowohl bei den Behandlungsfällen (\(+\)0,1 %) als auch bei den operierten Patienten (\(+\)0,5 %) im Vergleich zum Vorjahr. Aber nach wie vor beeinflussten auch Infektionen mit Covid-19 maßgeblich das Behandlungsgeschehen auf den Krankenhausstationen.

Insgesamt gab es damit in den Jahren 2020 bis 2022 rund 1.377.300 Krankenhausaufenthalte von Patienten mit oder wegen einer Covid-19-Infektion. Intensivmedizinisch behandelt wurden 252.803 Patienten. 159.673 mit oder wegen Covid-19 behandelte Personen sind im Krankenhaus verstorben. Inwieweit verschobene oder nicht durchgeführte Behandlungen und Operationen in den Pandemiejahren darüber hinaus zu einem schlechteren Gesundheitszustand der Bevölkerung und damit möglicherweise auch zu höheren Sterbefallzahlen führen, kann noch nicht beantwortet werden.

7 Ausblick

Die Ergebnisse der Krankenhausstatistik bilden die statistische Basis für viele gesundheitspolitische Entscheidungen des Bundes und der Länder und dienen den an der Krankenhausfinanzierung beteiligten Institutionen als Planungsgrundlage. Die Erhebung liefert wichtige Informationen über das Volumen und die Struktur der Leistungsnachfrage und der Morbiditätsentwicklung in der stationären Versorgung. Darüber hinaus wird auf dieser Datengrundlage eine Einzugsgebietsstatistik erstellt, die u. a. Aufschluss über die Patientenwanderung gibt. Durch die Alters- und Geschlechtsstandardisierung der Ergebnisse dient die Diagnosestatistik auch der epidemiologischen Forschung. So konnte in diesem Beitrag dargestellt werden, dass sich die Inanspruchnahme stationärer Leistungen im Hinblick auf die zugrunde liegenden Erkrankungen im Laufe der Jahre leicht ändert und dass es geschlechtsspezifische wie regionale Unterschiede gibt.

Die durch Covid-19 ausgelöste Pandemie hat im stationären Sektor zu deutlichen Verschiebungen geführt: So sind die Fallzahlen und viele andere Indikatoren zum Teil entgegen vorheriger Trends erheblich gesunken und von 2021 zu 2022 absolut betrachtet nur leicht gestiegen. Trotz dieses leichten Anstiegs sind die altersstandardisierten Zahlen weiter gesunken. Für langfristige Trendanalysen wird man die Ergebnisse ab dem Berichtsjahr 2020 so lange gesondert betrachten müssen, wie die Auswirkungen der Pandemie anhalten. Es ist davon auszugehen, dass planbare Eingriffe und damit verbundene stationäre Aufenthalte weiterhin zumindest in gewissem Maße vermieden werden. Ob es durch diese Entwicklung in Form von weniger Behandlungen in stationären Einrichtungen zu einer Verschlechterung der gesundheitlichen Lage kommt, ist offen.

Eine Betrachtung und Vergleich aller Datengrundlagen sowohl aus dem stationären wie auch aus dem ambulanten Sektor kann zu einigen dieser Fragen mit Sicherheit wichtige Hinweise geben.