FormalPara Zusammenfassung

Eine stärkere Ambulantisierung der Versorgung wird politisch angestrebt. In der Konsequenz werden Leistungsbereiche zukünftig zunehmend „sektorenübergreifend“ sowohl von Krankenhäusern als auch von Vertragsärzten und medizinischen Versorgungszentren (MVZ) erbracht. Damit stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit von Anpassungen der ambulanten vertragsärztlichen Bedarfsplanung und der Krankenhausplanung sowie nach einer möglichen eigenen „sektorenübergreifenden“ Versorgungsplanung. Die Autoren dieses Beitrags schlagen dazu ein mehrschrittiges Modell vor. Eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses soll zunächst die Grundlage für die sektorenübergreifende Versorgungsplanung legen. Dazu sind unter anderem die bedarfsgerechte Gesamtmenge ambulant und stationär erbringbarer Leistungen sowie der angestrebte Ambulantisierungsgrad in zu definierenden Leistungssegmenten festzulegen. Der Vorschlag identifiziert zwei Varianten einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung: Eine Variante erweitert den Umfang der ambulanten Bedarfsplanung, indem Leistungen aus dem sektorenübergreifenden Leistungsbereich in das bisher mit der ambulanten Bedarfsplanung beplante Leistungsvolumen überführt werden. Die andere Variante ist ein Ausschreibungsmodell, bei dem die ermittelten Bedarfe in einer Region zu passenden Leistungspaketen gebündelt und zu festen Preisen ausgeschrieben werden. Dabei sind die beiden Varianten nicht gleichermaßen für alle Leistungsbereiche geeignet, sodass sie – in einer dritten Ausgestaltungsüberlegung – parallel in unterschiedlichen Leistungssegmenten zum Einsatz kommen sollten. Das vorgeschlagene Modell bedarf umfassender konzeptioneller Vorarbeiten.

Strengthening ambulatory care is politically intended in Germany. Therefore, hospitals as well as office-based physicians will increasingly perform cross-sectional care. This raises the question whether there is a need for adjustments to the current separate systems for planning outpatient and inpatient capacity and calls for a possible separate planning system for cross-sectional services. The authors propose a multi-step process, based on a directive by the Federal Joint Committee (G-BA). The demand-oriented quantity of total services as well as the degree of ambulantisation have to be determined. The authors propose two variants of cross-sectional planning: Including cross-sectional services into the present system of ambulatory planning or the tendering of packages of cross-sectional services. As these approaches are suitable for different types of services, they should be implemented in parallel. Conceptual work is necessary to operationalise the proposed model.

1 Problemstellung

Eine stärkere Ambulantisierung der Versorgung wird als ein wesentliches Mittel zu Steigerung von Effizienz und Patientenorientierung angesehen, und so zielen etwa vom Gesetzgeber geschaffene Instrumente (z. B. Hybrid-DRGs) darauf ab, die Substitution stationärer durch ambulante Leistungserbringung anzureizen. Ambulantisierung bislang stationär erbrachter Leistungen hat Auswirkungen auf die Nutzung der Kapazitäten von Krankenhäusern und Vertragsärzten. Damit stellt sich die Frage, welche Anpassungen in der Krankenhausplanung und der vertragsärztlichen Bedarfsplanung notwendig sind. Darüber hinaus ist zu fragen, ob es einer eigenen „sektorenübergreifenden“ Versorgungsplanung für den Bereich der durch beide Sektoren erbringbaren Leistungen bedarf.

Ein zentrales Ziel von Planungssystemen im deutschen Gesundheitssystem ist, den Umfang der Leistungserbringung zu begrenzen, sei es über Kapazitätsbegrenzungen oder über eine Begrenzung erbringbarer Mengen, um nicht bedarfsgerechte Leistungsausweitungen (angebotsinduzierte Nachfrage) zu beschränken und Impulse zu einer bedarfsgerechten regionalen Verteilung des Leistungsangebots zu setzen. Des Weiteren geht es um die Sicherung von Qualitätsanforderungen. Die Entwicklung eines Planungssystems für den sektorenübergreifenden Leistungsbereich stößt insoweit – zumindest in der kurzen Frist – schnell an Grenzen, denn die versorgungspolitisch gewünschte Ambulantisierung im Sinne der Verlagerung von Leistungen aus der stationären in die ambulante Versorgung führt notwendigerweise zunächst dazu, dass Leistungen vermehrt ambulant erbracht werden. Eine frühzeitige explizite Begrenzung des Umfangs der Leistungserbringung in diesem Bereich durch Planungsansätze könnte diesen gewollten Prozess ausbremsen. Gleichwohl ist es im Ambulantisierungsprozess zu vermeiden, dass zwar zusätzliche Leistungen ambulant erbracht werden, aber die stationär erbrachten Leistungen in den entsprechenden Leistungsbereichen auf gleichem oder nur geringfügig niedrigerem Niveau bleiben. Insofern ist es unabdingbar, den Ambulantisierungsprozess bei der Krankenhausplanung in Gestalt einer entsprechenden Bereinigung um ambulantisierte Leistungen zu berücksichtigen.

2 Überblick über das vorgeschlagene Modell

Vor dem Hintergrund der genannten Herausforderungen schlagen die Autoren ein mehrschrittiges Modell vor. In einer konzeptionellen Vorbereitungsphase sind regulatorische Anpassungen und die Entwicklung einer G-BA-Richtlinie zur sektorenübergreifenden Versorgungsplanung vorgesehen. Daran schließt sich eine Phase des initialen sektorenübergreifenden Leistungsmonitorings an (Phase 1), in der das Augenmerk auf den Ambulantisierungsgrad sowie mögliche Anzeichen für angebotsinduzierte Nachfrage gelegt wird. Anschließend erfolgt (in Phase 2) die eigentliche sektorenübergreifende Planung. Hierfür werden drei Varianten (A, B und Y) vorgeschlagen: Variante A erweitert den Umfang der ambulanten Bedarfsplanungsrichtlinie. Variante B definiert konkrete Leistungspakete, auf die sich Leistungserbringer bewerben können. Die (von den Verfassern empfohlene) Variante Y berücksichtigt schließlich – je nach Art der Leistungen – die beiden zuvor genannten Ausgestaltungsvarianten parallel. Abb. 10.1 stellt die Phasen des vorgeschlagenen Modells schematisch dar.

Abb. 10.1
figure 1

Schematische Darstellung des vorgeschlagenen Modells. (Quelle: hcb, Lehrstuhl Prof. Wasem)

3 Vorbereitungsphase

3.1 Grundlegende Überlegungen

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht praktikabel, alle bisher an der ambulant-stationären Schnittstelle erbrachten Leistungsbereiche in einen sektorenübergreifenden Planungsansatz einzuschließen. Vielmehr erscheint es sinnvoll, dass der Gesetzgeber fachärztlich ambulante und ambulant erbringbare Leistungen, die im Kollektivvertragssystem sowohl von Vertragsärzten als auch von Krankenhausärzten grundsätzlich erbracht werden dürfen, als Gegenstand einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung festlegt.

Voraussetzung für ein systematisches Leistungsmonitoring der sektorenübergreifenden Versorgung und eine daran anschließende Implementierung eines Planungssystems ist die Entwicklung von Soll-Maßzahlen für die angestrebten Leistungsmengen in den näher zu definierenden Leistungssegmenten. Die bedarfsgerechte Gesamtmenge ambulant und stationär erbrachter Leistungen sowie – über den angestrebten Ambulantisierungsgrad – die ambulante Sollmenge ist zu ermitteln. Außerdem ist eine umfassende Analyse des Status quo der erbrachten Leistungen in den für die sektorenübergreifende ambulante Leistungserbringung vorgesehenen Segmenten erforderlich, sodass sich Soll und Ist jeweils gegenüberstellen lassen. Dies ist zum einen auf Bundesebene festzulegen und muss zum anderen auf die regionalen Planungsebenen heruntergebrochen werden.

Zunächst müssen bedarfsgerechte Leistungsmengen unabhängig von ihrer Erbringungsform abgeschätzt werden, um damit (ggf. regionale) ÜberversorgungFootnote 1 messen zu können. Die Differenzierung zwischen „echter“ und „angebotsinduzierter“ Nachfrage wird dabei eine zentrale Herausforderung sein. Dafür ist ein ausreichend detailliertes Konzept noch zu entwickeln, erste Arbeiten für Konzepte einer Ermittlung bedarfsgerechter Leistungsmengen sind allerdings verfügbar.Footnote 2 Außerdem sollten solche Analysen auf Konzepten leitliniengerechter Versorgung basieren. Dabei wird auch zu prüfen sein, welche regionalen Abgrenzungen sinnvoll und inwieweit regionale Vergleiche geeignet sind. Da aber die sorgfältige und insofern zeitaufwändige Entwicklung eines solchen Konzeptes zeitgleich zur Einführung der Vergütungsanreize zur Ambulantisierung wenig praktikabel scheint, sollte zunächst ein weniger komplexer Ansatz verwendet werden. Als lernendes System sollte er im Laufe der Zeit in das wissenschaftlich fundiertere Konzept übergehen. Wie ursprünglich in der ambulanten Bedarfsplanung mit Ist-Arztzahlen könnte hier analog mit den Ist-Leistungsmengen (alle Leistungen eines Leistungssegments, unabhängig vom Sektor, in dem diese erbracht werden) gestartet werden.

Die eingeschlossenen Leistungssegmente müssen Planungsregionen zugeordnet werden. Grundlage hierfür kann die regionale Zuordnung der führenden Arztgruppe für die jeweiligen Leistungssegmente in der ambulanten Bedarfsplanung sein. Abhängig von den Charakteristika des entsprechenden Leistungssegments kann der G-BA auch Planungsregionen festlegen, die von denen abweichen, die sich bei der Zuordnung nach der führenden Arztgruppe ergeben würden. Bei der Festlegung der Planungsregionen sollte eine Kompatibilität zu der Krankenhausplanung der Länder angestrebt werden. Dies würde eine Bereinigung der ambulantisierten Leistungen aus den Krankenhausplänen erleichtern und eine länderübergreifende Vergleichbarkeit gewährleisten.

Weiterhin sind Vorgaben für die notwendigen Maßzahlen auf Bundesebene festzulegen, nämlich für

  1. 1.

    die Soll-Gesamtmenge der Leistungen des Leistungssegments (ambulant und stationär erbracht) (Maßzahl 1 Bundesebene) sowie für

  2. 2.

    die ambulante Soll-Menge (Maßzahl 2 Bundesebene).

Für die Festlegung der Soll-Gesamtmenge je Leistungssegment (Maßzahl 1 Bundesebene) sind zudem Regelungen zur Datenlieferung zum Zwecke der Ermittlung der Ist-Mengen in den einzelnen Leistungssegmenten zu treffen. Ausgangspunkt für Maßzahl 1 sind diese Ist-Leistungsmengen. Außerdem sind Kriterien für die Identifizierung eines begründeten Verdachts auf angebotsinduzierte Nachfrage bzw. einer Überversorgung in einzelnen Leistungssegmenten festzulegen. Grundlage dafür können sowohl internationale Vergleiche als auch die Analyse nationaler regionaler Unterschiede von Pro-Kopf-Leistungsmengen sein. Anschließend ist die Vorgehensweise zur Anpassung der Maßzahl 1 bei Verdacht auf angebotsinduzierte Nachfrage zu regeln. Zudem ist die Ermittlung des angestrebten optimalen Ambulantisierungsgrads je Leistungssegment zum Beispiel auf Grundlage internationaler Vergleiche zu beschreiben, um diesen auf Maßzahl 1 anzuwenden zu können, sodass sich daraus die ambulante Soll-Menge (Maßzahl 2 Bundesebene) ergibt.

Analog zur Regelungssystematik der Richtlinie zur ambulanten Bedarfsplanung sind Regelungen zum Herunterbrechen der Maßzahlen auf die regionale Ebene zu treffen – unter Berücksichtigung insbesondere der regionalen Demographie und Morbidität. So kann beispielsweise ein überdurchschnittlicher Anteil älterer Menschen in der Region sowohl die Soll-Gesamtmenge der Leistungen in einem Leistungssegment (Maßzahl 1 regional) erhöhen als auch die ambulante Soll-Menge (Maßzahl 2 regional) aufgrund der damit verbundenen Kontextfaktoren senken.

Außerdem ist festzulegen, in welchen Fällen Abweichungen auf der regionalen Ebene, etwa bei Besonderheiten der regionalen Versorgungsstrukturen, beschlossen werden könnten. Zu denken wäre hier z. B. an Abweichungen im anzustrebenden regionalen Ambulantisierungsgrad, wenn spezialisierte Klinikstandorte schwerere Fälle mit höherem stationärem Versorgungsbedarf innerhalb eines Leistungssegments überregional anziehen.

Schließlich sind Vorgaben zu machen, wann je Leistungssegment in den Planungsregionen der Übergang von Phase 1 (Leistungsmonitoring) in Phase 2 (Leistungsplanung) stattfinden soll. Ausgangspunkt ist hier zunächst die ambulante Soll-Menge (Maßzahl 2 regional) im Leistungssegment. Spätestens wenn diese erreicht ist, sollte die Phase 2 einsetzen. Da jedoch vermieden werden soll, dass sich Überversorgung etabliert und verfestigt, bietet es sich an, einen Prozentsatz der ambulanten Soll-Leistungsmenge der Maßzahl 2, z. B. 90 % oder 95 %, festzulegen, bei deren Erreichung das Leistungssegment bereits in Phase 2 – die sektorenübergreifende Versorgungsplanung – übergeht.

3.2 Festlegung institutioneller Zuständigkeiten

Neben dem grundsätzlichen Auftrag an den G-BA zur Erstellung einer Richtlinie zur sektorenübergreifenden Versorgungsplanung sind seitens des Gesetzgebers die zuständigen Akteure sowohl auf Bundes- als auch regionaler Ebene festzulegen. Im Rahmen seiner Richtlinien-Kompetenz erscheint der G-BA für die Bundesebene als der geeignete Akteur, die Maßzahlen 1 und 2 für die einzelnen Leistungssegmente auf Bundesebene festzulegen.

Das Herunterbrechen der Maßzahlen auf die regionale Ebene im Rahmen eines sektorenübergreifenden Versorgungsplans nach den Vorgaben der Richtlinie könnten auf KV-Ebene die KVen und die Landeskrankenhausgesellschaften im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen, analog zur Vorgehensweise in der ambulanten Bedarfsplanung, übernehmen. Wie für den Bedarfsplan nach § 99 SGB V vorgesehen, sollte auch hier die Verpflichtung zur Vorlage dieses sektorenübergreifenden Versorgungsplans bei der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde bestehen. Diese hätte dann ein Beanstandungsrecht innerhalb einer Frist von zwei Monaten.

Kommt es zu keinem Einvernehmen zwischen KV, Landeskrankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen, wäre auch hier eine analoge Regelung zur Anrufung des Landesausschusses nach § 90 SGB V vorzusehen (vgl. dazu § 99 Abs. 2 SGB V). Diese Kompetenz sollte dem erweiterten Landesausschuss, der bspw. auch für die Wahrnehmung der Aufgaben im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung vorgesehen ist (§ 116b Abs. 3 SGB V), übertragen werden. Dabei handelt es sich um den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, der um Vertreter der Krankenhäuser, bestellt durch die Landeskrankenhausgesellschaft, erweitert wird, sodass eine G-BA-Parität mit einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern entsteht. Wie in § 90 Abs. 4 SGB V verankert, wirken die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden beratend im erweiterten Landesausschuss mit.

Die durch die Richtlinie geregelten zusätzlichen Anpassungsmöglichkeiten der Maßzahlen durch die regionale Ebene könnten ebenfalls der Kompetenz des erweiterten Landesausschusses unterstellt werden. Für die Landesebene spricht hier z. B., dass sich Prozesse der regionalen Verteilung von leichten und schwereren Fällen aufgrund regionaler Spezialisierung beobachten und planerisch berücksichtigen lassen. Die erweiterten Landesausschüsse könnten auch das regionale Monitoring in Phase 1 und die Planung in Phase 2 wahrnehmen.

3.3 Umsetzung der Maßzahlen in der Vorbereitungsphase

Abb. 10.2 zeigt den mit dieser Studie empfohlenen und auf einer solchen Richtlinie aufbauenden Prozess der Ermittlung der Soll-Maßzahlen für das Monitoring ausgehend von den Ist-Mengen der Leistungserbringung. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie werden auf Bundesebene durch den G-BA die Ist-Leistungsmengen der einzelnen Leistungssegmente ermittelt und nach den festgelegten Kriterien auf Anhaltspunkte für Überversorgung überprüft und ggf. angepasst und so die Maßzahl 1 (Soll-Gesamtmenge) auf Bundesebene ermittelt. Ebenfalls entsprechend den Richtlinien-Kriterien wird auch die Maßzahl 2, die ambulante Soll-Menge, festgelegt.

Abb. 10.2
figure 2

Prozess in der Vorbereitungsphase. (Quelle: hcb, Lehrstuhl Prof. Wasem)

Ergebnis des Berechnungsprozesses für die einzelnen Planungsregionen und Leistungssegmente sind also zwei regionale Maßzahlen, die die Grundlage für den Monitoring-Prozess bilden:

  1. 1.

    die regional angepasste Soll-Gesamtmenge der Leistungen des Leistungssegments (ambulant und stationär erbracht) (Maßzahl 1 regional) und

  2. 2.

    die ambulante Soll-Menge (Maßzahl 2 regional).

4 Phase 1: Sektorenübergreifendes Monitoring

Da der Gesetzgeber die Ambulantisierung, d. h. die Verlagerung von stationär zu ambulant, über Vergütungsanreize beschleunigen möchte, sollte eine Versorgungsplanung mit Mengenbegrenzungen grundsätzlich erst einsetzen, wenn der Ambulantisierungsprozess abgeschlossen ist. In der ersten Phase sollten daher Leistungserbringer, die die zugehörigen Voraussetzungen der Qualitätssicherung (vgl. z. B. §§ 135 Abs. 2, 116b Abs. 4 S. 4 SGB V) erfüllen, Leistungen grundsätzlich ohne Mengenbegrenzung erbringen können. Allein dadurch, dass definierte Qualitätsanforderungen für die Leistungserbringung erfüllt werden müssen, kann jedoch von einer mengenbegrenzenden Wirkung ausgegangen werden.

Allerdings ist zu erwarten, dass es bei einzelnen Leistungssegmenten ohne Mengenbegrenzung auch zu einer (regionalen) Überversorgung durch angebotsinduzierte Nachfrage kommen könnte und in der Konsequenz nicht gewollte Strukturen regionaler Überversorgung entstehen, die dann in der eigentlichen Planungsphase nicht mehr behoben werden könnten. Daher ist in Phase 1 ein differenziertes Monitoring der Leistungsentwicklung für die eingeschlossenen Leistungssegmente mit einer sich unmittelbar anschließenden Konsequenz für den Übergang in Phase 2 erforderlich.

Das Monitoring ist, neben dieser Kernfunktion für Phase 1, als Daueraufgabe in Phase 2 als Basis für einen regelmäßigen Soll-Ist-Abgleich im Planungsmodell notwendig. Das Monitoring findet kontinuierlich in Perioden statt; eine Periode kann z. B. ein Kalenderjahr umfassen. Das initiale Monitoring würde in der Startperiode stattfinden.

Das Monitoring selbst basiert auf den Ergebnissen der Vorbereitungsarbeiten. Ziel ist es, den Ambulantisierungsprozess zu begleiten und zu veranlassen, dass in seinem Verlauf schon bestehende Überversorgung (etwa aufgrund angebotsorientierter Nachfrage) korrigiert und neu entstehende Überversorgung verhindert wird. Die regionalen Maßzahlen dienen hier als Maßstab und dazu, den Zeitpunkt für den Übergang in Phase 2 – die sektorenübergreifende Versorgungsplanung – zu bestimmen. Gleichzeitig sind sie Indikatoren dafür, Anpassungen z. B. in der Krankenhausplanung einzuleiten. Schon in der Startperiode und in jeder folgenden Periode sollte überprüft werden, inwieweit Anzeichen für regionale ambulante Überversorgung für ein Leistungssegment vorliegen. Kriterium hierfür ist das Überschreiten des festgelegten Anteils (z. B. 90 %) der ambulant zu erbringenden Soll-Menge eines Leistungssegments (Maßzahl 2 regional). Die ambulante Soll-Menge wird der tatsächlichen regionalen Menge der ambulant erbrachten Leistungen gegenübergestellt. Überschreitet die regional erbrachte ambulant erbrachte Leistungsmenge diese Zielgröße, erfolgt unmittelbar in der entsprechenden Periode der Übergang des Leistungssegments in Phase 2, die sektorenübergreifende Versorgungsplanung. Abb. 10.3 zeigt einen exemplarischen Ablauf des Monitorings je Periode.

Abb. 10.3
figure 3

Prozess im sektorenübergreifenden Monitoring. (Quelle: hcb, Lehrstuhl Prof. Wasem)

Besondere Schwierigkeiten können auftreten, wenn zwar die Maßzahl 2 nicht erreicht wird, jedoch Anzeichen für Überversorgung im gesamten Leistungssegment durch Überschreitung der Maßzahl 1 von vornherein vorliegen oder sich im Rahmen des angestrebten Ambulantisierungsprozesses einstellen. Das heißt, zwar wird die ambulant zu erbringende Soll-Menge (Maßzahl 2 regional) nicht erreicht, jedoch werden insgesamt mehr Leistungen eines Leistungssegments erbracht als die im Sinne der Bedarfsgerechtigkeit ermittelte Gesamtmenge (Maßzahl 1 regional). Die Menge der stationär erbrachten Leistungen ist also von vornherein zu hoch und/oder sinkt nicht entsprechend dem Anstieg der ambulant erbrachten Leistungen. Dies ist nicht mit den Instrumenten der Phase 2 adressierbar, da diese nur die ambulant erbrachten Leistungen betreffen. Eine vorzeitig einsetzende Planung wäre hier kein passendes Instrument; sie würde eine ggf. nicht-indikationsgerechte Leistungserbringung nicht adressieren können.

Zusätzlich würde eine frühzeitige Zuteilung von Arztsitzen (Variante A, vgl. Phase 2) oder ausgeschriebenen Leistungen (Variante B) den angestrebten durch die Vergütungsmechanismen ausgelösten Effizienzwettbewerb in der Ambulantisierungsphase verhindern. Eine durch das frühzeitige Einsetzen des Planungsprozesses angereizte frühzeitige Sicherung von Arztsitzen durch die Akteure in Variante A könnte außerdem dazu führen, dass mit den zusätzlichen Kapazitäten dann vorwiegend andere Leistungen als diejenigen des beplanten Leistungssegments erbracht würden.

Ansatzpunkte für den Fall der isolierten Überschreitung der regionalen Maßzahl 1 (Soll-Gesamtmenge regional) können hier also nur die Krankenhausplanung oder Prüfmechanismen bzgl. der Indikationsgerechtigkeit entsprechender Leistungen sein. Dabei sollte bei grundsätzlich bestehender Indikation für die Erbringung der Leistung im stationären Bereich auch geprüft werden, ob entsprechende Kontextfaktoren die stationäre Erbringung rechtfertigen. Ist dies nicht der Fall, ist von einer primären Fehlbelegung auszugehen, sodass entsprechende Maßnahmen durch den Medizinischen Dienst (MD) initiiert werden müssten.

5 Phase 2: Sektorenübergreifende Versorgungsplanung

Die in der ersten Phase identifizierten Leistungssegmente, bei denen der festgelegte Anteil der ambulanten Soll-Menge (Maßzahl 2 regional) erreicht wurde, gehen in der zweiten Phase in eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung über. Dabei kann der Zeitpunkt des Übergangs, wie oben beschrieben, für unterschiedliche Leistungssegmente verschieden sein. Im Folgenden werden dafür drei Varianten vorgeschlagen. Für den Zeitpunkt des Übergangs von der Monitoring- in die Planungsphase könnte erwogen werden, dass schon während der Monitoringphase tätigen Leistungserbringern bei der Zulassung ein Vorrang eingeräumt wird.

5.1 Variante A: Erweiterung des Umfangs der ambulanten Bedarfsplanungs-Richtlinie

Ausgangspunkt der Variante A ist die ambulante Bedarfsplanung. Leistungen aus dem sektorenübergreifenden Leistungsbereich würden hierbei in das bisher mit der ambulanten Bedarfsplanung beplante Leistungsvolumen überführt werden. Vorteil dieser Variante ist, dass kein zusätzliches eigenständiges Planungssystem für die sektorenübergreifenden Leistungen konzipiert werden muss, sondern nur Anpassungen in der institutionellen Ausgestaltung vorgenommen werden müssen (Erweiterte Landesausschüsse). Ein eigenständiges Planungssystem birgt die Gefahr, ungewollt einen zusätzlichen dritten Sektor und damit mögliche zusätzliche Schnittstellenprobleme zu schaffen.

Bei dem in das ambulante Bedarfsplanungssystem überführten Leistungsvolumen kann es sich um bisher oder zukünftig von Krankenhäusern ambulant erbrachte Leistungen bzw. bisher unbeplante, durch Vertragsärzte oder Krankenhäuser erbrachte ambulante Leistungsarten handeln. Da in der ambulanten Bedarfsplanung allerdings keine Leistungen, sondern „Arztköpfe“ durch den Hebel der Zulassung geplant werden, müssen in dieser Variante zunächst die überführten Leistungen in ärztliche Vollzeitäquivalente umgerechnet werden. Dies geschieht, indem die Zeiten für die Erbringung der entsprechenden Leistungsmenge in Arztstunden und -minuten und darauf aufbauend in ärztliche Vollzeitäquivalente umgerechnet werden. Die Bedarfsplanungsrichtlinie des G-BA muss dazu entsprechend modifiziert werden.

Grundsätzlich sind arztzentrierte Leistungen aus dem sektorenübergreifenden Bereich geeigneter für Variante A als bspw. stark teamorientierte Leistungen, an denen verschiedene Professionen mitwirken. Arztzentrierte Leistungen sind z. B. in der Regel AOP-Leistungen (§ 115b SGB V), ebenso vielfach Leistungen ausgewählter Krankenhausambulanzen (z. B. Hochschulambulanzen, § 117 SGB V), aber auch (ausgewählte) Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b SGB V), die zwar teamorientiert, jedoch nicht professionsübergreifend konzipiert ist. Weniger geeignet für die Überführung in die ambulante Bedarfsplanung sind Leistungen in Medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (§ 119c SGB V) oder in Sozialpädiatrischen Zentren (§ 119 SGB V). Für diese Leistungen ist die professionsübergreifende Ausrichtung prägend. Eine stark arztzentrierte Planung könnte hier mit unerwünschten Effekten für die Versorgung einhergehen.

In Variante A würden zudem bestehende regionale Ungleichgewichte unter Berücksichtigung der ambulanten Versorgung durch Krankenhäuser deutlich und könnten mit entsprechenden Zulassungsbeschränkungen bzw. -erweiterungen adressiert werden. Um Ungleichgewichte innerhalb einzelner Facharztgruppen und Regionen durch die Hinzunahme neuer Leistungen nicht weiter zu verstärken, könnte zudem ein höherer Konkretisierungsgrad der Bedarfsplanung für die Leistungen dieses sektorenübergreifenden Versorgungsbereichs erwogen werden. Dies könnte auf zwei Weisen geschehen. Einerseits könnten die beplanten Arztgruppen stärker differenziert werden – hierfür könnte sich z. B. eine Aufteilung nach vorwiegend konservativ und vorwiegend operativ tätigen fachärztlichen Gruppen anbieten. Andererseits könnte analog zu dem schon in der Bedarfsplanung eingesetzten Element des qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs eine Beplanung über konkrete Versorgungsaufträge bezogen auf den Leistungsbereich der facharztspezifischen ambulantisierbaren Leistungen, eingeführt werden.

Für beide Wege ist jedoch kritisch zu überprüfen, inwieweit sie zusätzliche Schnittstellenprobleme für Patienten generieren, z. B. Überweisungswege zwischen neu entstehenden „Facharzt-Untergruppen“, und/oder zu hohen regulativen und bürokratischen Aufwand erzeugen, z. B. die Festlegung der Leistungsbereiche und Kontrolle der Einhaltung der Leistungsabgrenzung. Dabei ist zu erwägen, ob der möglichen Gefahr einer unerwünschten Verlagerung von Leistungsanteilen in den operativen Bereich nicht flexibler mit der Umgestaltung von Vergütungsanreizen, hier zugunsten des konservativen Bereichs, begegnet werden könnte. Auch ist vorstellbar, die Zulassungen für die in die Bedarfsplanung überführten Leistungen zeitlich zu befristen. Dazu wäre ein jeweils angemessener zeitlicher Rahmen vorzusehen, sodass Investitionen in die entsprechenden Leistungen von den Leistungserbringern als sinnvoll eingeschätzt werden.

Die in der sektorenübergreifenden Versorgung erbrachten Leistungen sind nicht nur bei der ambulanten Bedarfsplanung zu berücksichtigen. Vielmehr ist es auch notwendig, solche Leistungen, die nunmehr nicht mehr stationär, sondern ambulant erbracht werden, bei der Krankenhausplanung zu beachten. Hier sind die Leistungen entsprechend in nicht mehr notwendige Betten umzurechnen. Dies ist Aufgabe der jeweiligen Landesbehörden.

5.2 Variante B: Ausschreibung von Leistungspaketen

Aufbauend auf der Vorbereitungsphase werden in Variante B die ermittelten Bedarfe in einer Region zu passenden Leistungspaketen gebündelt und zu festen Preisen, die sich aus den bestehenden und mit diesem Reformvorschlag nicht adressierten Vergütungsregelungen ergeben, ausgeschrieben. Die Leistungsbündel dürfen nicht zu kleinteilig sein, sondern müssen eine Bewerbung für einen zusammenhängenden Kontext von Leistungen attraktiv machen. Auf die Ausschreibungen könnten sich alle Leistungserbringer bewerben, die zur Erbringung der Leistungen in der entsprechenden Region die notwendigen Voraussetzungen mitbringen.

Für die Zuschlagserteilung bedarf es konkreter Kriterien, unter anderem Wirtschaftlichkeitsaspekte. Für Leistungen, die spezifische Geräte erfordern, könnten Leistungserbringer in der Vergabe bevorzugt werden, die diese bereits angeschafft haben, um aus Gesamtsystem-Perspektive nicht notwendige Investitionen zu vermeiden und bestehende Ressourcen auszulasten. Auch Qualitätskriterien sollten einbezogen werden. So dürften Leistungserbringer, die bereits Erfahrungen in der Erbringung vergleichbarer Leistungen aufweisen können, ein höheres Qualitätsniveau erreichen. Auch die Vorhaltung eines professionsübergreifenden Teams kann für manche Leistungspakete eine sinnvolle Anforderung sein. Durch den in einem solchen Ausschreibungsmodell ausgelösten Wettbewerb sollte ein vorteilhaftes Kosten-Nutzen-Verhältnis in dem sektorenübergreifenden Leistungssegment erreicht werden. Die für die Entscheidung genutzten Kriterien müssen dabei bei der Ausschreibung transparent kommuniziert und mit einer festen Hierarchie untereinander versehen werden. Die Kriterien und ihre Hierarchie sollten bundeseinheitlich ausgestaltet werden, ihre konkrete Operationalisierung auf der Landesebene.

Ein weiterer Vorteil dieser Variante ist die Möglichkeit, dem zeitlich variablen Bedarf einzelner Leistungen gerecht zu werden. Anders als in der regulären ambulanten Bedarfsplanung sind auch befristete Ausschreibungen umsetzbar. Dies setzt an der oft diskutierten Problematik unbegrenzter, auch über ein Vertragsarztleben hinausgehender Zulassungen in der ambulanten Bedarfsplanung an. Diese Befristungen können zudem leistungsspezifisch variieren. Gerade für investitionsintensive Leistungen sind in der Regel längere Fristen notwendig.

Anders als in Variante A sind in dieser Variante auch solche Leistungen gut abbildbar, die professionsübergreifend konzipiert sind und für die eine Berücksichtigung in einem Planungssystem den regionalen Zugang zu diesen Leistungen verbessern könnte. Dies gilt etwa für Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (§ 119c SGB V), deren regionale Verteilung zurzeit nicht dem Kriterium der Versorgungsgerechtigkeit zu folgen scheint. Die Leistungsbeschreibungen der auszuschreibenden Leistungspakete könnten entsprechend formuliert werden.

Die bundesweite Definition der Kriterien und ihrer Ausgestaltung und Hierarchisierung sollte bereits in der Vorbereitungsphase durch den G-BA entwickelt und in der Richtlinie zur sektorenübergreifenden Versorgung verankert werden. Wie bereits für Variante A erläutert, könnte man für die Umsetzung der Ausschreibungen auf der Landesebene erweiterte Landesausschüsse nutzen. Alternativ könnten neue Gremien dafür geschaffen werden (z. B. „§ 90b-Gremien“).

Die über Ausschreibungen vergebenen, in der sektorenübergreifenden Versorgung erbrachten Leistungen sind, soweit sie bislang in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht wurden, in der ambulanten Bedarfsplanung von den Landesausschüssen bereinigend zu berücksichtigen. Auch müssen solche Leistungen, die nunmehr nicht mehr stationär, sondern ambulant erbracht werden, bei der Krankenhausplanung bereinigend berücksichtigt werden. Hier sind die Leistungen entsprechend von den zuständigen Landesbehörden in nicht mehr notwendige Betten umzurechnen.

5.3 Variante Y: Kombination der Varianten A und B

In den vorangegangenen beiden Abschnitten sind die beiden Varianten A und B als Alternativen dargestellt worden. Allerdings hatte die Analyse bereits gezeigt, dass beide Varianten nicht gleichermaßen für alle Leistungen geeignet sind. Alternative A ist eher für arztzentrierte, aber nicht professionsübergreifende Leistungen, die insbesondere kein interprofessionelles Team mit nichtärztlichen Leistungserbringern bei der Leistungserbringung benötigen, geeignet. Variante B kann zwar ebenfalls solche Leistungen abbilden. Allerdings stellt sich die Frage, ob dafür ein umfassendes Ausschreibungsgeschehen für ein breites Leistungsspektrum angemessen ist.

Daher bietet es sich an, beide Varianten miteinander zu kombinieren. Die Erweiterung des Umfangs der ambulanten Bedarfsplanung würde für primär arztzentrierte Leistungen vorgesehen. Dagegen würden professionsübergreifende Leistungen im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens in die Versorgung einbezogen. Die genaue Abgrenzung bedürfte einer empirischen Untersuchung, die im Rahmen dieser Studie nicht geleistet werden konnte. Mit der Vergabe einer entsprechenden empirischen Untersuchung könnten GKV-SV, KBV und DKG oder der G-BA beauftragt werden.

6 Schlussfolgerungen

Eine stärkere Ambulantisierung der Versorgung gehört zu den Prioritäten in der deutschen Gesundheitspolitik. Der versorgungspolitisch gewollte Ausbau ambulanter Versorgung an der ambulant-stationären Schnittstelle wird über entsprechende Vergütungsanreize politisch forciert. Es stellt sich die Frage, wie der ausgebaute ambulant-stationäre Bereich in die bestehenden Systeme der Versorgungsplanung eingeordnet werden kann. Zur Verbindung von Steuerung über Vergütungsanreize und Planungsinstrumente schlagen die Verfasser ein mehrschrittiges Modell mit einer konzeptionellen und empirischen Vorbereitungsphase sowie einem Zwei-Phasen-Modell mit einem initialen sektorenübergreifenden Monitoring (Phase 1) und anschließend der eigentlichen sektorenübergreifenden Versorgungsplanung (Phase 2) vor. Dabei ist das Monitoring darauf angelegt festzustellen, ob es Anzeichen für angebotsinduzierte Nachfrage gibt sowie ob die ambulante Soll-Leistungsmenge erreicht ist. Bereiche, in denen sich das Leistungsangebot an der ambulant-stationären Schnittstelle konsolidiert hat, sowie solche mit einer (ggf. regionalen) Überversorgung oder Tendenz zu angebotsinduzierter Nachfrage werden sodann sektorenübergreifend beplant.

Die Verfasser entwickeln drei Varianten für ein System sektorenübergreifender Versorgungsplanung. Die erste Variante erweitert den Umfang der ambulanten Bedarfsplanungs-Richtlinie, indem auch Krankenhäuser insoweit einbezogen werden, als sie an der ambulant-stationären Schnittstelle ambulante Leistungen erbringen. Herausfordernd ist hier, dass die Leistungen in die Planungseinheiten der ambulanten Bedarfsplanung (Arztzahlen) umgerechnet werden müssen. Soweit dadurch bisher stationär erbrachte Leistungen entfallen, sind zudem Anpassungen in der Krankenhausplanung erforderlich.

Die zweite Variante basiert auf einer umfassenden Bedarfsermittlung, um gebündelte Leistungspakete an der ambulant-stationären Schnittstelle auszuschreiben. Sowohl vertragsärztliche Leistungserbringer als auch Krankenhäuser können sich auf die Erbringung solcher Leistungspakete bewerben. Im Zuge der Vergabe der Leistungspakete sind in der ambulanten Bedarfsplanung sowie der Krankenhausplanung Bereinigungen vorzunehmen, weil die Leistungen nunmehr nicht mehr in diesen Systemen erbracht werden.

Während grundsätzlich beide skizzierten Varianten alternativ eingesetzt werden könnten, weisen sie jeweils Stärken und Schwächen auf, die für die einzelnen Leistungssegmente nicht gleich sind. So eignen sich insbesondere komplexe Leistungen, die ein interprofessionelles Team benötigen, weniger für den Einbezug in die ambulante Bedarfsplanung. Daher bietet es sich an, weniger komplexe und arztzentrierte Leistungen in die ambulante Bedarfsplanung einzubeziehen. Für komplexe und teamorientierte Leistungen, vor allem solche mit interprofessioneller Leistungserbringung, bietet sich die Ausschreibung von Leistungsbündeln an. Für eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung ist daher die Implementierung von Variante Y zu empfehlen. Sie verbindet die Vorzüge der Varianten A und B, indem sie den unterschiedlichen Anforderungen und Eigenarten der Leistungserbringung gerecht wird.

Der Vorschlag etabliert keinen dritten Sektor, sondern greift wesentlich auf die bestehenden Planungssystematiken zurück. Diese werden im vorgestellten Modell zur sektorenübergreifenden Versorgungsplanung genutzt und bereinigt. Die hier vorgeschlagenen Konzepte bedürfen der detaillierten Operationalisierung, für die eine vertiefende empirische Grundlegung erforderlich ist.