Zusammenfassung
In diesem Kapitel benutzen wir die Theorie der Dualität, um die Eigenschaften eines Endomorphismus f auf einem endlichdimensionalen Vektorraum \(\mathcal {V}\) genauer zu untersuchen. Hierbei geht es uns insbesondere um die algebraische und geometrische Vielfachheit aller Eigenwerte von f und die Charakterisierung der entsprechenden Eigenräume. Unsere Strategie in dieser Untersuchung ist, den Vektorraum \(\mathcal {V}\) so in eine direkte Summe f-invarianter Unterräume zu zerlegen, dass bei einer geeigneten Wahl von Basen in den jeweiligen Unterräumen die Eigenschaften von f anhand der entsprechenden Matrixdarstellung offensichtlich werden. Diese Idee führt uns auf die Jordan-Normalform von Endomorphismen und Matrizen, die existiert, wenn das charakteristische Polynom von f bzw. A in Linearfaktoren zerfällt. Wegen ihrer großen Bedeutung für die Theorie der Linearen Algebra hat es seit ihrer Entdeckung im 19. Jahrhundert zahlreiche weitere Herleitungen der Jordan-Normalform mit den unterschiedlichsten mathematischen Hilfsmitteln gegeben. Unser Zugang mit der Dualitätstheorie basiert auf der Arbeit [Pta56] von Vlastimil Pták (1925–1999).Mit der gleichen Strategie leiten wir in diesem Kapitel auch die Frobenius-Normalform von Endomorphismen und Matrizen her. Im Gegensatz zur Jordan-Normalform existiert die Frobenius-Normalform selbst dann, wenn f bzw. A keine Eigenwerte besitzt.
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Notes
- 1.
Marie Ennemond Camille Jordan (1838–1922).
- 2.
Ferdinand Georg Frobenius (1849–1917).
- 3.
Alexei Nikolajewitsch Krylov (1863–1945).
- 4.
Marie Ennemond Camille Jordan (1838–1922) fand diese Form 1870. Zwei Jahre vor Jordan bewies Karl Weierstraß (1815–1897) ein Resultat, aus dem sich die Jordan-Normalform ergibt .
- 5.
Otto Toeplitz (1881–1940).
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Aufgaben
Aufgaben
(In den folgenden Aufgaben ist K stets ein beliebiger Körper.)
-
16.1
Beweisen Sie Lemma 16.1 (1).
-
16.2
Beweisen Sie Lemma 16.6 (1).
-
16.3
Seien
$$A=\begin{bmatrix}0 &{} 1 &{} 1\\ 1 &{} 0 &{} 1\\ 1 &{} 1 &{} 0\end{bmatrix}\in \mathbb {R}^{3,3}, \quad v_1=\begin{bmatrix}1 \\ 1 \\ 1\end{bmatrix}\in \mathbb {R}^{3,1},\quad v_2=\begin{bmatrix}0 \\ 1 \\ 1\end{bmatrix}\in \mathbb {R}^{3,1}.$$Bestimmen Sie die Krylov-Räume \({\mathcal {K}}_j(A,v_i)\), \(i=1,2\), für alle \(j\in \mathbb {N}\).
-
16.4
Sei \(\mathcal {V}\) ein endlichdimensionaler K-Vektorraum, \(f \in {\mathcal {L}}(\mathcal {V},\mathcal {V})\), \(v\in \mathcal {V}\) und \(\lambda \in K\). Zeigen Sie, dass \({\mathcal {K}}_{j}(f,v)={\mathcal {K}}_{j}(f-\lambda {{\,\textrm{Id}\,}}_\mathcal {V},v)\) für alle \(j\in \mathbb {N}\) gilt. Folgern Sie, dass der Grad von v bezüglich f gleich dem Grad von v bezüglich \(f-\lambda {{\,\textrm{Id}\,}}_\mathcal {V}\) ist.
-
16.5
Sei \(f\in {\mathcal {L}}(\mathbb {R}^{3,1},\mathbb {R}^{3,1})\) mit \(f(e_1)=-e_1\), \(f(e_2)=e_2+e_3\), \(f(e_3)=-e_3\) gegeben.
-
(a)
Bestimmen Sie das charakteristische Polynom \(P_f\) und eine Basis des Eigenraums \(\mathcal {V}_f(-1)\).
-
(b)
Zeigen Sie, dass \(\dim ({\mathcal {K}}_3(f,v))\le 2\) für jedes \(v\in \mathbb {R}^{3,1}\) gilt.
-
(a)
-
16.6
Beweisen Sie Lemma 16.16.
-
16.7
Sei \(\mathcal {V}\) ein endlichdimensionaler euklidischer oder unitärer Vektorraum und sei \(f\in {\mathcal {L}}(\mathcal {V},\mathcal {V})\) selbstadjungiert und nilpotent. Zeigen Sie, dass dann \(f=0\) ist.
-
16.8
Sei \(\mathcal {V}\ne \{0\}\) ein endlichdimensionaler K-Vektorraum, sei \(f \in {\mathcal {L}}(\mathcal {V},\mathcal {V})\) nilpotent vom Grad m und \(P_f\) zerfalle in Linearfaktoren. Zeigen Sie folgende Aussagen:
-
(a)
Es gilt \(P_f = t^n\) mit \(n=\dim (\mathcal {V})\).
-
(b)
Es gilt \(M_f = t^m\).
-
(c)
Es existiert ein Vektor \(v \in \mathcal {V}\) vom Grad m bezüglich f.
-
(d)
Für jedes \(\lambda \in K\) gilt \(M_{f-\lambda {{\,\textrm{Id}\,}}_\mathcal {V}} = (t+\lambda )^m\).
-
(a)
-
16.9
Sei \(\mathcal {V}\) ein endlichdimensionaler \(\mathbb {C}\)-Vektorraum und seien \(f,g \in {\mathcal {L}}(\mathcal {V},\mathcal {V})\) zwei kommutierende nilpotente Endomorphismen. Zeigen Sie, dass dann \(f+g\) auch nilpotent ist.
-
16.10
Sei \(\mathcal {V}\) ein endlichdimensionaler K-Vektorraum und \(f \in {\mathcal {L}}(\mathcal {V},\mathcal {V})\). Zeigen Sie folgende Aussagen:
-
(a)
Es gilt \(\text {Kern}(f^j) \subseteq \text {Kern}(f^{j+1})\) für alle \(j\ge 0\) und es existiert ein \(m\ge 0\) mit \(\text {Kern}(f^m) = \text {Kern}(f^{m+1})\). Für dieses m gilt \(\text {Kern}(f^m) = \text {Kern}(f^{m+j})\) für alle \(j\ge 1\).
-
(b)
Es gilt \({{\,\textrm{Bild}\,}}(f^j) \supseteq {{\,\textrm{Bild}\,}}(f^{j+1})\) für alle \(j\ge 0\) und es existiert ein \(\ell \ge 0\) mit \({{\,\textrm{Bild}\,}}(f^\ell ) = {{\,\textrm{Bild}\,}}(f^{\ell +1})\). Für dieses \(\ell \) gilt \({{\,\textrm{Bild}\,}}(f^\ell ) = {{\,\textrm{Bild}\,}}(f^{\ell +j})\) für alle \(j\ge 1\).
-
(c)
Sind \(m, \ell \ge 0\) minimal mit \(\text {Kern}(f^m) = \text {Kern}(f^{m+1})\) und \({{\,\textrm{Bild}\,}}(f^\ell ) = {{\,\textrm{Bild}\,}}(f^{\ell +1})\), dann gilt \(m = \ell \).
(Nach Satz 16.5 ist dann \(\mathcal {V}= \text {Kern}(f^m) \oplus {{\,\textrm{Bild}\,}}(f^m)\) eine Zerlegung von \(\mathcal {V}\) in f-invariante Unterräume.)
-
(a)
-
16.11
Bestimmen Sie die Jordan-Normalform der Matrizen
$$\begin{aligned} A=\left[ \begin{array}{rrrr} 1 &{} -1 &{} 0 &{} 0 \\ 1 &{} -1 &{} 0 &{} 0 \\ 3 &{} 0 &{} 3 &{} -3 \\ 4 &{} -1 &{} 3 &{} -3 \end{array}\right] \in \mathbb {R}^{4,4}, \quad B = \left[ \begin{array}{rrrrr} 2 &{} 1 &{} 0 &{} 0 &{} 0 \\ -1 &{} 1 &{} 1 &{} 0 &{} 0 \\ -1 &{} 0 &{} 3 &{} 0 &{} 0 \\ -1 &{} -1 &{} 0 &{} 1 &{} 1 \\ -2 &{} -1 &{} 1 &{} -1 &{} 3 \end{array}\right] \in \mathbb {R}^{5,5} \end{aligned}$$mit Hilfe des im letzten Abschnitt dieses Kapitels angegebenen Verfahrens. Bestimmen Sie jeweils auch die Minimalpolynome.
-
16.12
Bestimmen Sie die Jordan-Normalform und das Minimalpolynom der linearen Abbildung
$$\begin{aligned} f:\mathbb {C}[t]_{\le 3}\rightarrow \mathbb {C}[t]_{\le 3},\quad \alpha _0+\alpha _1 t +\alpha _2 t^2 +\alpha _3 t^3\;\mapsto \; \alpha _1+\alpha _2 t+\alpha _3 t^3. \end{aligned}$$ -
16.13
Bestimmen Sie (bis auf die Reihenfolge der Blöcke) alle Matrizen J in Jordan-Normalform mit \(P_J = (t+1)^3 (t-1)^3\) und \(M_J = (t+1)^2 (t-1)^2\).
-
16.14
Sei \(A\in \mathbb {C}^{3,3}\) mit \(A^2=2A-I_3\). Bestimmen Sie alle (bis auf die Reihenfolge der Jordan-Blöcke) verschiedenen möglichen Jordan-Normalformen von A.
-
16.15
Seien \(\mathcal {V}\ne \{0\}\) ein endlichdimensionaler K-Vektorraum und f ein Endomorphismus auf \(\mathcal {V}\), dessen charakteristisches Polynom in Linearfaktoren zerfällt. Zeigen Sie folgende Aussagen:
-
(a)
\(P_f = M_f\) gilt genau dann, wenn \(g(\lambda ,f) = 1\) für alle Eigenwerte \(\lambda \) von f ist.
-
(b)
f ist genau dann diagonalisierbar, wenn \(M_f\) nur einfache Nullstellen besitzt.
-
(c)
Eine Nullstelle \(\lambda \in K\) von \(M_f\) ist genau dann einfach, wenn \(\text {Kern}(f-\lambda {{\,\textrm{Id}\,}}_\mathcal {V})=\text {Kern}((f-\lambda {{\,\textrm{Id}\,}}_\mathcal {V})^2)\) ist.
-
(a)
-
16.16
Sei \(\mathcal {V}\) ein K-Vektorraum der Dimension 2 oder 3 und sei \(f\in {\mathcal {L}}(\mathcal {V},\mathcal {V})\), so dass \(P_f\) in Linearfaktoren zerfällt. Zeigen Sie, dass die Jordan-Normalform von f eindeutig durch die Angabe von \(P_f\) und \(M_f\) bestimmt ist. Warum gilt dies nicht mehr, wenn \(\dim (\mathcal {V})\ge 4\) ist?
-
16.17
Beweisen Sie Lemma 16.20.
-
16.18
Zeigen Sie, dass zwei Matrizen \(A,B\in K^{n,n}\) genau dann ähnlich sind, wenn sie die gleiche Frobenius-Normalform bzw. die gleichen Invariantenteiler besitzen.
-
16.19
Sei \(A \in K^{n,n}\) eine Matrix, deren charakteristisches Polynom in Linearfaktoren zerfällt. Zeigen Sie, dass eine diagonalisierbare Matrix D und eine nilpotente Matrix N existieren mit \(A = D + N\) und \(D N = N D\).
-
16.20
Sei
$$A=\begin{bmatrix}\alpha &{} \beta &{} 0\\ \beta &{} 0 &{} 0\\ 0 &{} 0 &{}\alpha \end{bmatrix} \in \mathbb {R}^{3,3}.$$-
(a)
Bestimmen Sie die Eigenwerte von A in Abhängigkeit von \(\alpha ,\beta \in \mathbb {R}\).
-
(b)
Bestimmen Sie alle \(\alpha ,\beta \in \mathbb {R}\) mit \(A\notin GL_3(\mathbb {R})\).
-
(c)
Bestimmen Sie das Minimalpolynom \(M_A\) in Abhängigkeit von \(\alpha ,\beta \in \mathbb {R}\).
-
(a)
-
16.21
Sei \(A \in K^{n,n}\) eine Matrix, die eine Jordan-Normalform hat. Wir definieren
Zeigen Sie folgende Aussagen:
-
(a)
\(I_n^R J_n(\lambda ) I_n^R = J_n(\lambda )^T\).
-
(b)
A und \(A^T\) sind ähnlich.
-
(c)
\(J_n(\lambda ) = I_n^R J_n^R(\lambda )\).
-
(d)
A kann als Produkt zweier symmetrischer Matrizen geschrieben werden.
-
(a)
-
16.22
Sei \(\lambda \in K\setminus \{0\}\).
-
(a)
Zeigen Sie, dass \(J_n(\lambda )\) invertierbar ist mit
$$ J_n(\lambda )^{-1} = [c_{ij}],\quad c_{ij} = {\left\{ \begin{array}{ll} (-1)^{j-i}\lambda ^{i-j-1},\quad i \le j,\\ 0,\quad i>j. \end{array}\right. } $$ -
(b)
Bestimmen Sie eine Jordan-Normalform von \(J_n(\lambda )^{-1}\).
-
(c)
Sei \(A \in K^{n,n}\) eine invertierbare Matrix, deren charakteristisches Polynom in Linearfaktoren zerfällt. Zeigen Sie, dass \(A^{-1}\) eine Jordan-Normalform hat und bestimmen Sie diese basierend auf der Jordan-Normalform von A.
-
(a)
-
16.23
Berechnen Sie für die Matrix
zwei symmetrische Matrizen \(S_1, S_2 \in \mathbb {R}^{3,3}\) mit \(A = S_1 S_2\).
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Liesen, J., Mehrmann, V. (2024). Die Jordan- und Frobenius-Normalform. In: Lineare Algebra. Springer Studium Mathematik (Bachelor). Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67944-9_16
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-67944-9_16
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Publisher Name: Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
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