Ernst Feigl (1887–1957)

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Franz Kafkas literarisches Umfeld in Prag
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Zusammenfassung

Der Aufsatz stellt zunächst den vergessenen Prager Dichter und Journalisten Ernst Feigl vor, von dessen Lyrik Franz Kafka begeistert war, und verortet sein literarisches Werk, v. a. seine Lyrik, formal, inhaltlich, motivisch und gestalterisch im Expressionismus. In einer Analyse von Wir altern, Mensch wird anschließend herausgearbeitet, dass Feigl damit ein Gedicht geschrieben hat, das genau Kafkas lyrischem Geschmack einer ‚sonderbaren‘ und ‚undurchdringlichen‘ ‚Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung‘ entspricht, wobei als Kern des Gedichts ein Plädoyer für Gemeinschaft identifiziert wurde, dem Kafka offenbar zustimmte. Abschließend wird das unterbelichtete Verhältnis von Kafka zur Lyrik diskutiert und sein Interesse an unterschiedlichster Lyrik erläutert sowie die enorme Bandbreite von Kafkas bisher unbeachteter Lyrik angerissen, bevor zuletzt ein unbekanntes Gedicht Kafkas geboten wird, in dem – genau wie in Wir altern, Mensch – im Kollektiv der Ausweg gesucht wird.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 328. Sudhoffs herausragend recherchierter und ausführlicher Aufsatz ist die bislang einzige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Leben und Werk Ernst Feigls. Das Metzler-Lexikon der deutsch-jüdischen Literatur (Kilcher 2012) erwähnt Feigl überhaupt nicht. So auch die beiden neueren Kafka-Handbücher (Engel und Auerochs 2010; von Jagow und Jahraus 2008) sowie viele einschlägige Kafka-Biographien, während Feigl im von Binder herausgegebenen Handbuch – wohlgemerkt noch vor Erscheinen von Sudhoffs Aufsatz – mehrfach und treffenderweise auch im Kontext der Lyrik bei Kafka zumindest kurz erwähnt wird (Binder 1979, S. 500, 507, 509 u. 600).

  2. 2.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 328–329.

  3. 3.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 329. Die von Sudhoff hier gebotenen Zeitzeugenquellen sind (Leo) Brod 1967, S. 56, und Rotter 1989.

  4. 4.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 329 u. 334. Die Aussagen über den Vater übernimmt Sudhoff von Felix Langers Nachruf auf den Maler Friedrich Feigl (vgl. Langer 1966, S. 20), der die heute wohl bekannteste Person der Familie ist und noch vor Ernst in Kontakt mit Kafka und anderen, zum Teil im vorliegenden Band porträtierten Personen kam.

  5. 5.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 329–330.

  6. 6.

    Vgl. Kafkas Schilderung in zwei Postkarten an Felice Bauer vom 31. August 1916: „Aus der Schule erinnere ich mich kaum mehr an ihn. Suche ich mir ihn vorzustellen, so steigt nur etwas sehr Unfähiges und Langes in der letzten Bank auf, aber es ist gar nicht sicher, daß er es ist.“ (KKAB III, S. 214). Vgl. Sudhoff 1991, S. 330.

  7. 7.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 331–332.

  8. 8.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 334.

  9. 9.

    Vgl. den Bericht über die Generalversammlung der Concordia im Prager Tagblatt 02.03.1913, S. 5.

  10. 10.

    Stiemer 2020, S. 115. Noch vor besagtem literarischen Kreis wurde das Arco von Künstler:innen frequentiert, darunter auch Friedrich Feigl (vgl. Binder 2021, S. 520).

  11. 11.

    Urzidil 1925, S. 3–4. Vgl. zur aktuellen Forschung zum Arco-Kreis Stiemer 2020, S. 115–116, 158–162 u. 166; Binder 2021, S. 517–529. Auch Sudhoff 1991, S- 334–335, erwähnt den Arco-Kreis kurz. Born 1989, S. 38, nennt noch weitere Mitglieder des Kreises um Werfel und Haas: Paul Kornfeld, Hans Janowitz und Otto Pick sowie später auch Ernst Pollak. Mit Binder 1991b, S. 98–99 (vgl. auch Binder 2021, S. 522–527), lässt sich die Namensliste nochmals erweitern. Für Kafka-Begeisterte mag der Hinweis von Binder 2021, S. 525–526, auf die Verfügbarkeit pornographischer Zeitschriften im Arco interessant sein: „Den Stammgästen und anderen vertrauenerweckenden männlichen Besuchern servierte Počta [der Oberkellner des Arco, V.W.] gegen Trinkgeld aus seiner Privatbibliothek im einzigen mit Ledersesseln ausgestatteten Raum des Lokals ‚diskret unter der Zeitung‘ oder sorgfältig in der Jugend, der Muskete oder dem Simplicissimus versteckt, Alben mit ‚Pariser Photographien‘, worunter Aktaufnahmen und Frivoleres zu verstehen waren. Zu diesen als ‚äckelhaft schön‘ angepriesenen Lustbarkeiten gehörten nach Max Brods Erinnerung eine illustrierte Aretino-Gesamtausgabe und die von Franz Blei herausgegebenen erotischen Zeitschriften Der Amethyst und Die Opale“. Kafka selbst verkehrte seit 1908 im Arco (vgl. KKAB I, S. 95; Binder 2021, S. 526).

  12. 12.

    Vgl. Urzidil 1925, S. 4, und Sudhoff 1991, S. 335.

  13. 13.

    Vgl. Feigl 1913.

  14. 14.

    Das genaue Datum geht aus einem Brief von Kafka an Felice Bauer in Berlin hervor, in dem er nach seiner Unterschrift schreibt: „9 Sept. 16/Eben brachte mir der jüngere Feigl seine Gedichte, nicht leicht zugängliche sehr ernsthafte Dinge.“ (KKAB III, S. 218). Feigl besuchte Kafka auch schon vorher im Büro, etwa am 01. September 1916 (vgl. KKAB III, S. 215 u. 569; Stach 2018, S. 341–342, und Binder 1991a, S. 27–28).

  15. 15.

    Vgl. sehr knapp zusammengefasst Sudhoff 1991, S. 335–337. Vgl. auch KKAB III, S. 218, 581 u. 806–807.

  16. 16.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 335.

  17. 17.

    Laut Sudhoffs Angaben, die hier ausnahmsweise nicht korrekt sind, wurde die Postkarte am 18. September 1915 verfasst (vgl. Sudhoff 1991, S. 337). Tatsächlich ist sie ein Jahr später zu datieren – auf den 18. September 1916 (vgl. KKAB III, S. 229, 581 u. 806–807; Binder 1991a, S. 28).

  18. 18.

    Vgl. auch Stach 2008, S. 192 u. 643.

  19. 19.

    Vgl. dazu Stach 2018, S. 346; Binder 1991a, S. 27; Sudhoff 1991, S. 337.

  20. 20.

    Vgl. Born 1990, S. 203, für eine Zusammenstellung weiterer Erwähnungen von Feigls Gedichten in Kafkas Briefen.

  21. 21.

    Vgl. auch Sudhoff 1991, S. 338.

  22. 22.

    Vgl. hierzu auch Stach 2018, S. 371; Stach 2008, S. 192; Binder 1991a, S. 27; Sudhoff 1991, S. 339.

  23. 23.

    Vgl. Binder 1991a, S. 28; Sudhoff 1991, S. 338–339.

  24. 24.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 339.

  25. 25.

    Vgl. Binder 2021, S. 498.

  26. 26.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 343–344. Johannes Urzidil war ebenfalls journalistisch durchaus produktiv und Kurier des Prager Tagblatts von 1918–1939 (vgl. den Beitrag von Gabriele von Bassermann-Jordan im vorliegenden Band).

  27. 27.

    Brod 2015, S. 190.

  28. 28.

    Brod 1967, S. 55.

  29. 29.

    So die präzise Zusammenfassung im Nachwort von Nürnberger in Brod 2015, S. 449.

  30. 30.

    Am 19. Dezember 1917 war Ernst Feigl Teil des ersten von fünf literarischen Abenden im zionistischen Klub jüdischer Frauen und Mädchen in Prag, an dem er eigene Gedichte und eine Szene aus seinem gerade entstehenden, bis heute Fragment gebliebenen Don Juan-Drama vorlas (vgl. Sudhoff 1991, S. 339). Am selben Abend trug Else Kerner Gedichte von Rudolf Fuchs und einige von dessen Bezruč-Übersetzungen vor und Elsa Brod stellte Kafkas Ein Bericht für eine Akademie vor (vgl. Sudhoff 1991, S. 339). Kafka korrespondierte mehrfach mit Max und Elsa Brod über diesen Abend (vgl. Pasley 1989, S. 191, 196–198) und Max Brod beschreibt anschaulich und durchaus ambivalent, „daß Feigl sehr rollend und klingend Gedichte vorlas, die, soweit ich sie verstand, Schönes sagten und Gefühle erregten, die ich schon vorher gehabt hatte. So war es auch mit einer Don-Juan-Szene, die Feigl naturalistisch vorkeuchte; der Verführer am Rezitationspult ist was Seltsames.“ (Pasley 1989, S. 198). Diese Ambivalenz, mit der Max Brod hier Feigl beschreibt, ist exemplarisch für Brods Beurteilung. Weitere ambivalente bis kritische Äußerungen Brods über Feigl finden sich in: Brod 1918, S. 5; Brod 2015, S. 79, 118, 136–138, 244 u. 415–416.

  31. 31.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 345–348, mit Verweisen auf Zeitungsartikel über die Leseabende. Selbst las Feigl eigene Gedichte vor Publikum etwa am 13. Dezember 1924 (vgl. Prager Tagblatt 13.12.1924, S. 6).

  32. 32.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 330–331 u. 349–350; Brod 1967, S. 55.

  33. 33.

    Sudhoff 1991, S. 350.

  34. 34.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 330–331.

  35. 35.

    Sudhoff 1991, S. 350. In dieser Schaffensphase entstand auch der Beginn eines Texts, in dem Feigl seine Lebensgeschichte und sein Überleben des Holocausts von einem Hund erzählen lässt, was Sudhoff 1991, S. 350–351, zurecht an Kafkas Ein Bericht für eine Akademie erinnert.

  36. 36.

    Vgl. Sudhoff 1991, 351–355.

  37. 37.

    PNP, Inventarnummer 858, Archivaktenzeichen 346, Zugangsnummer 14/68.

  38. 38.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 350–351; Feigl 1991, S. 406–412.

  39. 39.

    Auch hierauf geht Sudhoff 1991, S. 349, kurz ein.

  40. 40.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 346–348, für eine kurze Zusammenfassung der Stücke sowie einen Überblick über die Rezeptionen der Aufführungen. Die Uraufführung fand am 11. März 1920 statt (vgl. Born und Krywalski 2000, S. 50).

  41. 41.

    Vgl. für einen kurzen Kommentar und den vollständigen Text des Fragments Sudhoff 1991, S. 349 u. 396–400.

  42. 42.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 351.

  43. 43.

    Siehe exemplarisch den Bericht über die Lesung Feigls aus seiner Erzählung Der Helfer (vgl. Prager Tagblatt 26.04.1936, S. 15).

  44. 44.

    Vgl. Unterhaltungs-Beilage, S. II. In: Prager Tagblatt 04.05.1924.

  45. 45.

    Feigls Don Juan fand 2011 mit den in Der Mensch veröffentlichten Szenen Aufnahme in den Band Don Juan. Fünfzig deutschsprachige Variationen eines europäischen Mythos (vgl. Feigl 2011, S. 314–318). Im PNP finden sich außerdem noch weitere Dokumente: eine von Feigl unterschriebene Einladung zu einer öffentlichen Lesung von 1918, fünf Notizbücher, ein Rechnungsbuch sowie drei Zeitungsartikel über Feigl, 24 Artikel und Essays von Feigl selbst sowie ein Plakat zu seinem Kammerspielzyklus Fremde.

  46. 46.

    Vgl. Feigl 1918a.

  47. 47.

    Vgl. Feigl 1918b.

  48. 48.

    Vgl. Feigl 1919, S. 81–90.

  49. 49.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 340.

  50. 50.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 340–343. Vgl. insgesamt zu Don Juan außerdem Sudhoff 1991, S. 339, 346–348, sowie den Nachdruck der Szenen Der Ausruf, Sebastian, Erste Berührung, Der Kranke am Wege, Don Juan und der Bettler, Die Begegnung und Volk in Sudhoffs Werkauswahl (Feigl 1991, S. 363–369), die sich an der Fassung im PNP orientiert.

  51. 51.

    Vgl. Prager Tagblatt 11.03.1925, S. 6.

  52. 52.

    Sudhoff 1991, S. 343–346, bietet hierzu ein eigenes Kapitel und eine Textauswahl (vgl. Feigl 1991, S. 389–396).

  53. 53.

    Auch hiervon bietet Sudhoff eine knappe Auswahl (vgl. Feigl 1991, S. 379–389, 334 u. 344).

  54. 54.

    Es lassen sich noch weitere Gedichte anführen, die vor 1913 von einem Ernst Feigl verfasst wurden, allerdings lässt sich kaum mehr ermitteln, ob sie vom hier behandelten Feigl stammen oder Ernst Feigl aus Auscha (Úštěk) zuzurechnen sind, der auch den Novellenband Unselige Seligkeiten verfasst hat.

  55. 55.

    Vgl. Feigl 1913.

  56. 56.

    Vgl. die Überblicke zur Ich-Dissoziation im literarischen Expressionismus bei Bogner 2009, S. 25, 28 u. 66; Krause 2000, S. 41; Anz 2002, S. 163–173.

  57. 57.

    Vgl. zur Gestaltungsweise von Gefühl vs. Denken im literarischen Expressionismus exemplarisch Bogner 2009, S. 27, 54 u. 66; Anz 2002, S. 49–60 u. 111–117.

  58. 58.

    Vgl. zu Entfremdungs- und Vereinzelungsmotiven Anz 2002, S. 67–69.

  59. 59.

    Vgl. Sudhoff 1991, S. 335. Sudhoff 1991, S. 413, bietet außerdem eine Auflistung früher Gedichte (inklusive Quellenangaben), die im Prager Tagblatt in den Unterhaltungsbeilagen veröffentlicht wurden.

  60. 60.

    Vgl. Feigl 1916. Vgl. zur Verarbeitung der überlasteten Wahrnehmung Krause 2008, S. 69; Bogner 2009, S. 25 u. 65–66; Ajouri 2009, S. 193–195.

  61. 61.

    Vgl. Feigl 1918c, S. 7. Vgl. für eine kurze Übersicht über den seit den 1980ern erweiterten Blick der Expressionismusforschung auf die Provinz und andere periphere Räume Bogner 2009, S. 41–42 sowie für die Großstadt Krause 2008, S. 107–109; Bogner 2009, S. 50–51.

  62. 62.

    Vgl. Feigl 1917a. Vgl. zu Kranken Bogner 2009, S. 24–25 u. 66–67; Anz 2002, S. 89–93; Krause 2008, S. 77–79.

  63. 63.

    Vgl. Feigl 1918c, S. 6. Vgl. zum Nihilismus Bogner 2009, S. 52–53; Anz 2002, S. 46 u. 50–53.

  64. 64.

    Vgl. Anz 2002, S. 163–170.

  65. 65.

    Feigl 1913. Sudhoffs Werkauswahl führt sie ebenfalls auf (vgl. Feigl 1991, S. 357–358).

  66. 66.

    Feigl 1918c, S. 7.

  67. 67.

    Dieses Bild erinnert zumindest entfernt an die dem Verurteilten das übertretene Gebot eingravierende Maschine in Kafkas In der Strafkolonie.

  68. 68.

    Vgl. etwa Lubkoll 1990.

  69. 69.

    Vgl. zur Bürokratie Krause 2008, S. 89–91, und mit besonderem Fokus auf Kafka Anz 2002, S. 124–127.

  70. 70.

    Vgl. Feigl 1992, S. 257–261. Die Quelle des Texts ist ein undatierter Zeitungsausschnitt aus dem Prager Tagblatt um 1924 im PNP.

  71. 71.

    Da Sudhoff und Schardt Tüchtigkeit nur grob um 1924 datieren konnten, ist es möglich, dass Feigl Kafkas 1925 veröffentlichten Text (in der Fassung Brods) kannte und sich von einzelnen Aspekten zu Tüchtigkeit inspirieren ließ.

  72. 72.

    Vgl. zu Feigl als Vortragendem und sozial engagiertem Bürger Sudhoff 1991, S. 344–345, 348–349 u. 355–356.

  73. 73.

    Feigl 1917b, S. 22. Der Text ist in Anordnung, Orthographie und Interpunktion dem Druck entsprechend wiedergegeben.

  74. 74.

    Die hier aufgrund der Zäsur nach der sechsten Silbe perfekte Form des Alexandriners darf als Verweis auf das klassische Drama und damit assoziiert eine idealisierte Vergangenheit gewertet werden, in der die Menschen dachten, sie seien bis zur Erleuchtung gelangt (Aufklärung), was vom Wir hier als Fehlschluss entlarvt wird.

  75. 75.

    Auf diese Stelle fällt auch die einzige holprige Stelle des Gedichts, da bei „eigenen Fremdheit“ mit dem regelmäßigen Jambusschema gebrochen wird, wodurch der Aspekt der eigenen Fremdheit auch auf struktureller Ebene hervorgehoben wird.

  76. 76.

    Vgl. für einen präzisen Überblick zum O Mensch-Pathos in der expressionistischen Lyrik Anz 2002, S. 65–69.

  77. 77.

    Vgl. Vietta und Kemper 1975, S. 21.

  78. 78.

    Vgl. exemplarisch die Einleitung von Xu 2020, v. a. bis S. 12.

  79. 79.

    Diese Zwischenmenschlichkeit ist über das Konzept der Leiblichkeit ebenfalls christlich konnotiert. Alternativ zur gebotenen ist auch eine Lesart denkbar, der zufolge „der Mensch“ des letzten Verses nicht für eine konkrete Person, sondern stellvertretend für die menschliche Natur steht. Entsprechend ließe sich schlussfolgern, dass das Studium der menschlichen Natur das Heilmittel für die krankhafte Existenz ist.

  80. 80.

    Heinz‘ entsprechende Äußerung von 2010 ist weiterhin aktuell (vgl. Heinz 2010, S. 77), wenngleich es neuere Publikationen mit Primärtextsammlungen gibt. Zu nennen wäre zum einen das Buch von Schmidt Die Lyrik Kafkas. Kommentierte Edition der Gedichte von Franz Kafka, das eine Vielzahl von bisher unbekannten lyrischen Texten Kafkas zugänglich macht, jedoch das Versprechen einer kommentierten Edition in keiner Weise einlöst (vgl. Schmidt 2020). Zum anderen ist der von Schweiggert 2004 herausgegebene Band Franz Kafka. Kleine Seele, springst im Tanze. Lyrische Fragmente zu erwähnen sowie die zwei Seiten bei Stach 2012, S. 111–112, zu Kafkas Kleine Seele.

  81. 81.

    Auf diese Tagebuchstelle gehen Stach 2003, S. 43, und Heinz 2010, S. 371, kurz ein. Heinz diagnostiziert, dass Kafka „Gedichte als einen starken, ja überstarken emotionalen Eindruck erleben konnte“.

  82. 82.

    Binder 1979, S. 500.

  83. 83.

    Vgl. Binder 1979, S. 500 mit Quellenangaben zu den einzelnen Gedichten aus Kafkas Briefen und Tagebüchern.

  84. 84.

    Vgl. Heinz 2010, S. 371 u. 374.

  85. 85.

    Heinz 2010, S. 371.

  86. 86.

    Vgl. Binder 1979, S. 501. Angezogen worden sei Kafka von „eigenrhythmischen, metrisch freien oder mindestens nicht alternierenden Versgebilden ohne Reim und mit weniger fester Strophengliederung“ (Binder 1979, S. 501). Auf die von Kafka geschätzte Lyrik Feigls treffen die von Binder herausgearbeiteten Eigenschaften bestenfalls teilweise zu. Sudhoff 1991, S. 338–339, kommentiert, dass es eher der Existenzialismus von Feigls Lyrik war, der Kafka der tendenziell traditionelleren Form zum Trotz fesselte. Dies lässt sich auf Basis der Analyse in Kap. 3 um die leider nicht final zu verifizierende These einer inhaltlichen Übereinstimmung Kafkas mit dem expressionistischen Plädoyer für Gemeinschaft erweitern, das er in Feigls Wir altern, Mensch und anderer expressionistischer Literatur finden konnte und zweifellos gefunden hat.

  87. 87.

    Vgl. Heinz 2010, S. 372.

  88. 88.

    Vgl. Heinz 2010, S. 372.

  89. 89.

    Eugen Lederer, der Direktor der Unfall-Abteilung, veröffentlichte Lyrik, der Kafka jahrelang zuarbeitende Alois Gütling publizierte, angeblich sogar auf Kafkas Rat und Vermittlung hin, drei Gedichtbände und mit Direktor Marschner las Kafka in dessen Büro „Kopf an Kopf aus einem Buch Gedichte von Heine, während im Vorzimmer Diener, Bureauchefs, Parteien, vielleicht mit den dringendsten Angelegenheiten, ungeduldig darauf warteten vorgelassen zu werden.“ (KKAB I, S. 242; vgl. KKAT, S. 308 und zur gesamten Fußnote Stach 2003, S. 18).

  90. 90.

    Vgl. Hardt 2005, S. 213–214. Vgl. hierzu auch Stach 2008, S. 689.

  91. 91.

    Vgl Heinz, S. 374 u. 377; Binder 1979, S. 501, und Stach 2012, S. 111–112, der auf die Erwähnung des Gedichts in KKAT, S. 274 hinweist.

  92. 92.

    Heinz 2010, S. 371.

  93. 93.

    Die geringe Menge stellt exemplarisch Heinz 2010, S. 371, fest. Dank der Lyrischen Fragmente von Schweiggert 2004 mit über 100 größtenteils unbekannten Texten gibt es allerdings deutlich mehr Primärtextmaterial als von der Forschung bisher zur Kenntnis genommen wurde. Vgl. auch Schmidt 2020; Stach 2012, S. 111–112.

  94. 94.

    Für Max Brod redigierte er einen seiner Lyrikbände (vgl. Heinz 2010, S. 371). Neben Feigl setzte sich Kafka außerdem für die Publikation weiterer Lyriker – Gottfried Kölwel und Rudolf Fuchs – ein (vgl. Stach 2008, S. 192).

  95. 95.

    Vgl. Heinz 2010, S. 377.

  96. 96.

    Stach 2003, S. XI.

  97. 97.

    Verwiesen sei auch auf die bereits zitierte Postkarte Kafkas an Feigl, in der er den Empfänger auffordert, „bei jedem [s]einer Worte den Vorbehalt [zu bedenken], den [er] über [s]eine Unzulänglichkeit Gedichten gegenüber machte.“ (KKAB III, S. 229).

  98. 98.

    Zu erwähnen ist hier Binders Auflistung von einigen lyrischen Erzeugnissen, teilweise mit kurzen Analysen (vgl. Binder 1979, S. 501–502). Auch Heinz 2010, S. 372–377, bietet neben einem sich teilweise mit dem von Binder überschneidenden, dieses aber auch erweiternden Textkorpus, jeweils eine kurze Interpretation). Es wäre wünschenswert, Heinz‘ lesenswerte Erläuterungen zu den Funktionen der Lyrik bei Kafka mit den neu erschienenen Primärtexten abzugleichen und gegebenenfalls zu erweitern.

  99. 99.

    Schweiggert 2004, S. 27.

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Weber, V. (2024). Ernst Feigl (1887–1957). In: Lubkoll, C., Neumeyer, H. (eds) Franz Kafkas literarisches Umfeld in Prag. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67640-0_5

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