Zusammenfassung
Wie viele Angriffspunkte bestehen für eine Arzneimitteltherapie? Es gibt Abschätzungen, die von derzeit etwa 600–700 Zielstrukturen oder Targets ausgehen, an denen die heute im Handel befindlichen Arzneimittel ihre Wirkung entfalten. Optimistische Prognosen behaupten, dass diese Zahl vielleicht um den Faktor 10 zu steigern wäre. Doch ist auch diese Anzahl immer noch klein gegen die Vielfalt von Proteinen, die in unserem Organismus eine Rolle spielen. Die Aufklärung unseres Genoms ist abgeschlossen. Wir wissen, dass die Anzahl unserer Gene mit ca. 21.500 weit geringer ausfällt als dies ursprünglich angenommen wurde (► Abschn. 12.3). Die Zahl relevanter Proteine, für die diese Gene codieren, ist deutlich größer, u. a. wegen der vielfältigen posttranslationalen Modifikationen und des alternativen Spleißens, die eine Auffächerung der Geninformation auf mehrere Proteinvarianten bedingen. Unser Genom ist somit kartiert, aber wissen wir bereits, welche Funktion hinter dem einzelnen Gen steht? Wie lassen sich aus dieser Flut von Sequenzinformationen Aussagen zu Proteinen, deren Funktion und möglicher Rolle in einem Krankheitsgeschehen ableiten? Für viele der im Genom entdeckten Proteine kann heute aufgrund von Sequenzvergleichen angegeben werden, zu welcher Proteinfamilie sie gehören. Dennoch wartet noch immer ein Teil der Erbinformation auf seine Annotierung. Damit ist ein erster Schritt getan. Doch wie sieht die Raumstruktur der Proteine aus, für die diese Sequenzen stehen? Welche Liganden werden von diesen Proteinen erkannt und welche biochemische Funktion übernehmen sie in unserem Organismus? Die biochemische Funktion, d. h. die Zuweisung, ob ein Protein z. B. eine Protease, einen Ionenkanal oder einen Transporter darstellt, gibt noch lange keine Auskunft darüber, welche systemische Aufgabe das Protein für Funktionsabläufe in einer Zelle oder in einem gesamten Organismus übernimmt. Die Raumstruktur eines Proteins ist verantwortlich für dessen Funktion. Deshalb werden intensiv die Strukturen der Proteine in unserem Genom aufgeklärt bzw. deren Struktur mit Computermethoden vorhergesagt. Es ist das Ziel, den Strukturraum aller Proteine möglichst gut zu kartieren. Dann könnte es gelingen, für jede entdeckte Sequenz eine räumlich aufgeklärte und ausreichend homologe Referenzstruktur zu finden, die einen erfolgreichen Modellbau ermöglicht. Es ist schon heute gelungen, für einige Genfamilien die Strukturen aller Mitglieder dieser Familie aufzuklären. Somit ist es nur eine Frage der Zeit, bis wann wir zuverlässig über die Raumstrukturen aller relevanten Proteine verfügen. Der Weg dahin mag zwar noch weit und beschwerlich sein, er ist aber klar vorgezeichnet. Wird dies den Markt an potenziellen Arzneimitteln revolutionieren und ganz neuartige Therapieansätze ermöglichen? In den ► Abschn. 11.4 und 12.4 ist beschrieben worden, was der Chemische Raum aller denkbaren Wirkstoffmoleküle und der Biologische Raum aller möglicherweise krankheitsrelevanten Proteine enthält. Das Wirkstoffdesign versucht, beide Räume miteinander zu vereinen. Für die Schnittmenge beider Räume sind Moleküle als Kandidaten für potenzielle Wirkstoffe zu finden. Im vorliegenden Kapitel wird versucht, einen Überblick über die Vielfalt der Wirkmechanismen und einige generelle Prinzipien in den Familien ähnlicher Proteine und Biomoleküle zu geben. Details zu den einzelnen Familien befinden sich nachfolgenden ► Kap. 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31 und 32.
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Weiterführende Literatur
Allgemeine Literatur
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Die Zeitschriften Trends in Pharmacological Sciences, Chemistry & Biology, Nature Reviews Drug Discovery, oder Pharmakon enthalten in praktisch jedem Heft hochaktuelle Artikel zum Wirkmechanismus biologisch aktiver Prinzipien.
Spezielle Literatur
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Klebe, G. (2023). Wie wirken Arzneistoffe: Angriffspunkte für eine Therapie. In: Wirkstoffdesign. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67209-9_22
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Publisher Name: Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
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Online ISBN: 978-3-662-67209-9
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