Erzählung und Film

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Erzähltheorie(n) und Literaturunterricht

Part of the book series: Deutschdidaktik ((DK))

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Zusammenfassung

Wie gelingt es Schüler*innen, die narrativen Strukturen von Erzähltexten und Filmen nicht nur isoliert, sondern in Bezug zueinander zu verstehen? Welche Analysekategorien bieten sich dabei für die Arbeit in der Schule an? Und auf welche Weise kann dieses Wissen methodisch vermittelt werden? Der Beitrag wirft Schlaglichter auf genau diese Fragestellungen. Dabei sollen praxisnahe Anregungen gegeben werden, wie Kategorien der Film- und Erzähltextanalyse im Deutschunterricht so zueinander in Beziehung gesetzt werden können, dass Schüler*innen ein besseres Verständnis der Funktionsweise beider Medien erhalten. Dafür wird zunächst eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Rezeptionsvoraussetzungen bei den Lernenden skizziert. Anschließend wird ein handhabbares Konzept für die Analyse von Film und Erzählung diskutiert, und schließlich werden Ideen für die methodische Arbeit vorgestellt.

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Notes

  1. 1.

    Jan Boelmann und Lisa König weiten beispielsweise die Auseinandersetzung mit literarischem Verstehen von vornherein darauf aus, dass sie medienunspezifisch von geschichtenerzählenden bzw. narrativen Gegenständen ausgehen und damit sowohl gedruckte Texte als auch Filme oder sogar narrative PC-Spiele im Blick haben (vgl. Boelmann und König 2021, S. 7–8).

  2. 2.

    So geht etwa Ulf Abraham davon aus, dass es eine „allgemeine Interpretationskompetenz“ gibt, bei der die Entwicklung semiotischen Verstehens potenziell übertragbar auch auf Zeichensysteme in anderen Medien ist (vgl. Abraham 2009, S. 59). Auch Frederking spricht von einem solchen allgemeinen „Symbolverstehen“ (Frederking 2004).

  3. 3.

    Am Beispiel einzelner Szenen sollen die Lernenden beispielsweise epische und filmische Gestaltungsmittel in ihrem Wirkungspotenzial vergleichen und bewerten. Das Lehrwerk liefert dafür in zahlreichen Merkkästen das analytische Instrumentarium – so wird etwa die Kamera als Erzählerin bezeichnet oder eine Analogie der Zeitgestaltung in epischen Texten mit den Begriffen Schnitt und Montage hergestellt. Der Fokus der Erarbeitung liegt stark auf der Frage der Motivation und Wirkung von Änderungen an der Romanvorlage, die die filmische Adaption vornimmt.

  4. 4.

    Die Beobachtung ist nicht neu. Auch Abraham schreibt bereits, dass „AV-Medien […] Gratifikationserwartungen auf sich gezogen [haben], die traditionell von der Buchliteratur (v. a. Romanlektüre) befriedigt wurden: Unterhaltung, Entspannung, Ablenkung“ (Abraham 2009, S. 7).

  5. 5.

    Bis 2022 waren es lediglich drei Minuten.

  6. 6.

    Stellvertretend seien die umfangreichen Analysen zu den Marvel-Filmen und -serien genannt, in denen häufig insbesondere Details mit hohem Verweischarakter (sog. Easter Eggs) im Fokus stehen. Der komplexe intertextuelle Bezug – zu anderen Serien, zu Comics, zu anderen Elementen der Popkultur usw. – ist damit ein hervorstechendes Element der Auseinandersetzung unter Fans. Bei Erfolgsserien wie Breaking Bad oder Better Call Saul stehen neben diesen intertextuellen Aspekten häufig auch weitere filmische Aspekte wie Einstellungsgrößen, Mise en Scène oder Kameraführung im Fokus.

  7. 7.

    Petra Anders und Michael Staiger unterscheiden mit Rückgriff auf Umberto Eco zwischen naiver und gewitzter Lesart – insbesondere von Serien. Grundsätzlich gibt es diese Lesemodi aber auch jenseits von Serialität. (vgl. Anders und Staiger 2016, S. 11–12).

  8. 8.

    Abraham benutzt auch weitgehend synonyme Begriffe wie ‚Visual Literacy‘ oder ‚Filmbildung‘. Grundsätzlich ist damit ein ‚Sehen-Lernen‘ gemeint, dass den naiven Lesemodus in einen raffiniert-reflektierten überführt. Dafür gilt es, gerade auch implizit vorhandenes Wissen bei den Lernenden zu aktivieren. (vgl. Abraham 2009, S. 7, 25–27).

  9. 9.

    Abraham liefert eine detaillierte Übersicht über filmanalytische Begriffe, die für die praktische Arbeit in der Schule aber wohl mitunter zu umfangreich ist (vgl. Abraham 2009, S. 198–208). Eine etwas griffigere Begriffsübersicht findet sich im Anhang dieses Beitrags, die sich inhaltlich an den in der Einleitung genannten Oberstufenlehrwerken und den in Fußnote 10 genannten Einführungen in die Filmanalyse orientiert. Es ist immer möglich, noch weitere Analysekategorien zu ergänzen.

  10. 10.

    Alain Bergala betont allerdings, dass man als Interpret nie darauf verfallen sollte, jedes Element eines Films als bewusst gesetzt zu verstehen. Viele Entscheidungen laufen im filmischen Schaffensprozess auch nur halb- oder unbewusst ab (vgl. Bergala 2006, S. 115–116). Wer sich intensiver mit derartigen Beispielen beschäftigen möchte, dem kann die Lektüre der Einführungsbände von Faulstich 2008 sowie Kamp und Braun 2011oder Klant und Spielmann 2008 empfohlen werden. Die drei Bände liefern auch eine ganze Reihe gut nachvollziehbarer Beispiele.

  11. 11.

    Allerdings muss man festhalten, dass nur in wenigen Filmen sehr viel Erzählerstimme vorkommt, da es häufig schlicht nicht notwendig ist – insbesondere dann, wenn eine Erzählinstanz eine Dialogszene oder einen Ort beschreibt. Es gilt die Devise ‚show, don‘t tell‘. Erzählinstanzen werden damit häufig eher als Rahmen um die dargestellte Handlung gesetzt.

  12. 12.

    „[D]as auktoriale Erzählverhalten [wird] in den Lehrwerken zumeist mit Hilfe des sachlich nicht haltbaren Merkmals ‚allwissender Erzähler‘ in Kombination mit dem Aspekt Kommentierung der Handlung definiert.“ (Leubner und Saupe 2017, S. 50) Das gilt so etwa für den Oberstufenband von deutsch.kompetent: „[B]eim auktorialen Erzählverhalten hat der Erzähler einen Überblick über das Geschehen und das Innere der Figuren (allwissender Erzähler). Er kann sich einmischen, kommentieren usw. und damit die Sicht- und Wahrnehmungsweise des Erzählten durch den Leser lenken. Sein Standort liegt außerhalb des Geschehens.“ (Einecke und Nutz 2009, S. 409) Ähnliche Angaben finden sich auch in Texte, Themen und Strukturen (vgl. Mohr et al. 2017, S. 201) und in P.A.U.L. D. (vgl. Diekhans und Fuchs 2013, S. 656) – hier fallen sogar die einschränkenden Modalverben weg. Auktoriales Erzählverhalten wird dadurch meist als ein Bündel von grundsätzlich unabhängigen Eigenschaften definiert.

  13. 13.

    Gemeint sind dabei v. a. Verfilmungen von Romanen. Im weiteren Sinne basiert jeder Film auf einer Textgrundlage, nämlich dem Drehbuch. Sollte dies vorliegen, kann es als Schaltstelle zwischen Buch und Film mit in die Betrachtung einfließen.

  14. 14.

    Vgl. Bergalas Ansatz, den filmischen Schaffensprozess stärker in den Blick zu nehmen als nur das isolierte Endprodukt. Für Bergala ist es eine Grundvoraussetzung für filmisches Verstehen, zunächst in die Rolle des Produzierenden zu schlüpfen: „Man muss selbst Filme machen – vielleicht nur in der Phantasie – aber man muss sie machen; sonst ist man nicht würdig, ins Kino zu gehen“ (Bergala 2006, S. 91, Jean Renoir zitierend). Dabei betont Bergala, dass man sich bei der Arbeit nur auf wenige Einstellungen beschränken sollte. Es geht also nicht darum, vollständige Produkte zu generieren, sondern eher um eine qualitativ hochwertige Auseinandersetzung mit dem Prozess. Leubner und Saupe sprechen sich hingegen tendenziell eher gegen diesen handlungs- und produktionsorientierten Ansatz aus, da sie ihn für technisch zu aufwändig und im Verhältnis zu wenig ergiebig halten (vgl. Leubner und Saupe 2012, S. 250–251).

Literatur

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Thiele, J. (2023). Erzählung und Film. In: Bernhardt, S., Henke, I. (eds) Erzähltheorie(n) und Literaturunterricht. Deutschdidaktik. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66918-1_17

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