Ein vergleichsweiser junger Teilbereich der Ernährungsforschung ist die Nutrigenomik, bei der Effekte von Nährstoffen auf das Genom untersucht werden. In diesem Zusammenhang gibt es erste Hinweise auf ein unterschiedliches individuelles Ansprechen auf die orale Vitamin D-Zufuhr, und zwar unabhängig vom initialen 25(OH)D-Blutspiegel [47]. Mittels Messungen in mononukleären Blutzellen wurde ein sogenannter Vitamin D-Ansprechindex anhand der transkriptomweiten Reaktion von 702 Vitamin D-Zielgenen auf die Gabe von Vitamin D ermittelt. Die Personen wurden dann in Abhängigkeit der Änderung des 25(OH)D-Serumspiegels in drei Gruppen der Vitamin D-Ansprechbarkeit eingeteilt und zwar solche Personen mit hohem, mittlerem und niedrigem Ansprechen. Etwa 25 % der Teilnehmer sind demnach Low-Responder und besonders anfällig für einen Vitamin D-Mangel. Sie müssen zur Erzielung adäquater genomischer Effekte höhere Tagesdosen an Vitamin D einnehmen (etwa 50–100 µg) als Personen mit hohem Ansprechen (10–20 µg). Der Index hat den Vorteil, dass er auch etwaige individuelle Unterschiede bei Stoffwechselprozessen, die der 25(OH)D Synthese nachgelagert sind (z. B. Bindung von 1,25(OH)2D an DBP und VDR, intrazellulärer 1,25(OH)2D Metabolismus), berücksichtigt. Es wird vermutet, dass sich der Index während des Lebens nicht verändert. Die Forschung steht hier allerdings noch am Anfang und es gibt noch keine praxisreife Anwendung. Auch hier sollte bei der Gruppe der Low-Responder im Rahmen von doppelt-blinden RCTs die Notwendigkeit höher dosierter Vitamin D-Gaben durch positive Effekte auf biochemische Risikomarker oder klinische Endpunkte belegt werden.