Die Visualisierung der Spuren ionisierender Strahlung mit der Expansionsnebelkammer nach Charles Thomson Rees Wilson

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Kanonische Experimente der Physik
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Zusammenfassung

Im Frühjahr 1911 teilte der schottische Physiker Charles Thomson Rees Wilson in den Proceedings of the Royal Society of London mit, dass es ihm gelungen sei, die Bahn eines ionisierenden Teilchens zu fotografieren. Die Veröffentlichung ist ein Ergebnis seiner langjährigen Forschungstätigkeit am Cavendish Laboratory in Cambridge (UK) über Kondensationsphänomene in übersättigtem Wasserdampf. Im Jahre 1927 verlieh ihm die schwedische Akademie der Wissenschaften für die von ihm entwickelte Methode den Nobelpreis für PhysikIm Jahre 1911 konnte Charles Thomson Rees Wilson erstmals die Bahn eines ionisierenden Teilchens mit einer Nebelkammer visualisieren und fotografisch dokumentieren. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sein Interesse sechzehn Jahre lang verschiedenen Themen aus der Meteorologie gegolten, wobei er sich insbesondere mit den Bedingungen der Entstehung atmosphärischer Wolken beschäftigte. Für die Untersuchung dieser Naturphänomene benutzte er sogenannte „Cloud Chambers“ in denen er durch adiabatische Expansion die Kondensation von Wasser auf Staubteilchen unter verschiedenen Bedingungen hervorrufen konnte. Zwar hatte er schon früh erkannt, dass sich auch in ionisierter Luft ein diffuser Nebel erzeugen lässt, weil ionisierte Teilchen als Kondensationskerne wirken, jedoch führte ihn diese Entdeckung erst gegen Ende des Jahres 1910 zur neuen Forschungsrichtung, der Atomphysik. Weil vermutet wurde, dass ein α-Teilchen entlang seiner Bahn ionisierte Teilchen erzeugt, entwickelte Wilson die Idee, darauf Wassertröpfchen anzulagern, die dann die Bahn des Teilchens repräsentieren würden. Mit einem quellentreuen Nachbau der Wilsonschen Expansions-Nebelkammer von 1911 und dem Nachvollzug des historischen Experiments konnten Fotografien gewonnen werden, die den historischen Originalen nahekommen.

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Notes

  1. 1.

    Rote Buchstaben kennzeichnen eigene Anmerkungen (W.E.).

  2. 2.

    Vgl. Abb. 10.1.

  3. 3.

    Erst nach dem Ablauf einer bestimmten Zeitspanne nach bereits erfolgter Expansion wachsen Kondensationskerne auf die Größe sichtbarer Tröpfchen an.

  4. 4.

    Das Volumen einer imperial gallon entspricht etwa 4,5 L.

  5. 5.

    Neben diesem Instrument ist noch ein zweites Expansionsgerät ausgestellt, das wahrscheinlich von J.J. Thomson benutzt wurde. Es handelt sich bei diesem ganz aus Glas hergestellten Apparat aber nicht um eine Vorrichtung zur Sichtbarmachung von ionisierender Strahlung. Die Konstruktion trägt allerdings Fertigungsmerkmale, die denen von Wilsons Konstruktionen auffallend ähnlich sind.

  6. 6.

    Es existiert kein belegbarer Hinweis, dass Wilson Kenntnis vom Gerät hatte oder jemals selbst damit gearbeitet hat. Da er aber als Urlaubsvertretung eines Beobachters dort arbeitete, ist es nicht unwahrscheinlich (vgl. Galison, 1997, S. 92).

  7. 7.

    Rote Buchstaben kennzeichnen eigene Anmerkungen.

  8. 8.

    Wilson klassifiziert die „number of drops“ mit meteorologischen Begriffen wie „shower of fine rain, fog, dense fog, vapour, rain-like condensation, cloud-like condensation“ (Wilson, 1927, S. 194 ff.).

  9. 9.

    Langsame Expansionen sind für den Zweck der Reinigung vorteilhaft, weil die Tropfen dann mehr Zeit haben, zu wachsen und sich wegen ihrer Größe schneller niederschlagen.

  10. 10.

    Die daraus abgeleiteten Ergebnisse fanden sofort eine Anwendung durch J.J. Thomson, der die erste Messung zur Ladung des Elektrons durchführte. Ausgehend von der Aerosoltechnik entwickelte Millikan später sein bekanntes Verfahren zur Bestimmung der Elementarladung.

  11. 11.

    Zu dem Zeitpunkt hatte man noch keine Vorstellung davon, wie sich ionisierende Strahlen ausbreiten. Das Ausfüllen der Kammer mit Nebel war ein großer Erfolg, aber niemand hatte die Vorstellung, dass die Strahlung korpuskulare Eigenschaften haben könnte, dass man also statt des Dunstes prinzipiell auch einzelne Ereignisse beobachten könnte (was aber durchaus möglich gewesen wäre).

  12. 12.

    Es ist nicht bekannt, ob er die neu entdeckte Eigenschaft elektrisch geladener Teilchen zu diesem Zeitpunkt eher als meteorologisch relevante Entdeckung begreift. Erst später, in der Nobel Lecture (Wilson, 1927), ordnete er die Entdeckung als ersten Meilenstein zur Entwicklung einer Methode zur Erforschung ionisierender Strahlung zu.

  13. 13.

    Wilsons Fertigkeiten waren nicht auf Nebelkammern beschränkt, so entwarf er ein Mikrovoltmeter, ein Instrument zur Messung von Oberflächenspannung und verschiedene Goldblatt Elektroskope.

  14. 14.

    Worthington stellte fest, dass die Verstärkung des Entladungsfunkens das Problem nicht löst, weil die damit einhergehende Verlängerung der Belichtungszeit zu unscharfen Aufnahmen führt.

  15. 15.

    Während des Nachvollzugs der Experimente hat sich gezeigt, dass diese Voraussetzungen die Idealbedingungen für verwertbare Fotografien darstellen. Dennoch ist die Produktion guter Aufnahmen mit weniger präzisen Einstellungen nicht ausgeschlossen, weil bei einer großen Anzahl von Ereignissen einige zufällige Treffer möglich sind. Das elektrische Reinigungsfeld blieb ständig eingeschaltet.

  16. 16.

    Eine Untersuchung des Originalinstrumentes in Cambridge ergab, dass auch hier auf dieselbe Weise nachgebessert worden war.

  17. 17.

    Die Glasplatte hatte Wilson vorgesehen, um das Auslösen von Elektronen aus dem Metalldeckel zu verhindern.

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Engels, W. (2022). Die Visualisierung der Spuren ionisierender Strahlung mit der Expansionsnebelkammer nach Charles Thomson Rees Wilson. In: Heering, P. (eds) Kanonische Experimente der Physik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64646-5_10

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