Zusammenfassung
Als F.-E. Anstaltslehrer spreche ich aus unmittelbarer Berufsnot. Die meisten jungen Menschen, mit denen wir es in den F.-E.-Anstalten zu tun haben, sind mehr oder weniger schwere Psychopathen; es ist besonders in den letzten Jahren auf dem Wege einer negativen Auslese zu einer Ansammlung solcher Menschenkinder in den F.-E.-Anstalten gekommen. Wir haben immer und immer wieder den Eindruck, daß die Zöglinge zu spät in völliger seelischer Hilfslosigkeit oder Verkrampfung zu uns gebracht werden. In ihrer außerhalb der F.-E.-Anstalt verlebten Entwicklungszeit gehörten die Kinder anderen Lebens- und Arbeitskreisen an, in denen sie störend und leidend aufwuchsen, in denen sie häufig erst zu „Psychopathen“ gemacht wurden. In den wissenschaftlichen Streit über den Anteil von Anlage und Milieu bei der Entstehung psychopathischer Charakterbilder bzw. Verhaltungsweisen wie um die Differenzierung und Typisierung derselben nach Symptomen will ich mich nicht einmischen, will nur ganz allgemein, auch vom Standpunkt der Lehrerschaft draußen, sagen, daß Psychopathen die Schulgemeinschaft und Schularbeit durch Äußerungen ihres innerseelischen Erlebens störende Kinder sind, die zumeist einer besonderen heilpädagogischen individuellen Behandlung bedürfen; sie sind also jedes einzelne dem Erzieher besonders aufs Gewissen gebunden. Diese Gewissenspflicht und Sonderaufgabe der Erziehung zu erfüllen und die Voraussetzungen ihrer Erfüllung zu schaffen, ist heutzutage dringlich.
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Brendel, F. (1929). Heilpädagogische Frühbehandlung des Psychopathen. In: Lesch, E. (eds) Bericht über den Vierten Kongress für Heilpädagogik in Leipzig, 11.–15. April 1928. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-43066-8_14
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