Pädagogisches Vermittlungshandeln in der Heimerziehung zwischen Krisenbearbeitung und Krisenproduktion

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Pädagogische Institutionen des Jugendalters in der Krise

Part of the book series: Studien zur Kindheits- und Jugendforschung ((SKJ,volume 8))

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Zusammenfassung

In dem vorliegenden Text wird sich mit pädagogischem Vermittlungshandeln in der Heimerziehung unter der thematischen Fokussierung auf Sexualität beschäftigt. Auf der Grundlage eines Gesprächsausschnittes zwischen Pädagog*innen und Adressat*innen wird dabei die Frage verfolgt, wie Pädagog*innen in der Heimerziehung vermitteln und versucht zu plausibilisieren, dass sich Vermittlungsprozesse dabei zwischen Krisenbearbeitung und Krisenproduktion bewegen.

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Notes

  1. 1.

    Mit der hier verfolgten Fragestellung, die das Vermittlungshandeln von Pädagog*innen fokussiert, soll nicht der Eindruck entstehen, dass Vermittlungshandeln ausschließlich von Pädagog*innen vollzogen wird. Gerade über interaktionstheoretische Erziehungstheorien wird diese Position entschieden verworfen (Koller 2017, S. 56 ff.). Der hier eingrenzende Fokus auf das Vermittlungshandeln von Pädagog*innen folgt einer pragmatischen Absicht, um die Komplexität pädagogischer Wirklichkeiten bearbeitbar zu gestalten. Das bedeutet, dass auch der Analyse von Vermittlungsprozessen durch Adressat*innen nachgegangen werden kann. Dies muss jedoch vertagt werden.

  2. 2.

    Hierin scheint mir ein Grund zu liegen, weshalb der Vermittlungsbegriff im Vergleich zu anderen erziehungswissenschaftlichen Begriffen wie Lernen, Erziehung und Bildung eine weniger prominente Stellung einnimmt, da mit ihm auf vielseitige pädagogische Praktiken rekurriert wird (Idel 2021, S. 47).

  3. 3.

    In ähnlicher Weise argumentiert auch Fritz Schütze (2021) über seine Paradoxien professionellen Handelns.

  4. 4.

    Auch wenn Mollenhauer hier nur von Kindern spricht, lässt sich diese abstrakt-deskriptive Version auch auf andere Lebensalter übertragen (Helsper 2021). Zudem obliegt dem Verständnis ein Fokus auf Vermittlungshandeln, das sich einseitig von Pädagog*innen gegenüber Adressat*innen einstellt. Eine umgekehrte Vermittlungspraxis von Adressat*innen gegenüber Pädagog*innen oder auf gleicher Rollenebene unter peers wird hier nicht thematisiert. D. h. nicht, dass dies im Allgemeinen und im Besonderen bei Mollenhauer nicht gedacht wird (Koller 2017, S. 63).

  5. 5.

    Dieser Punkt lässt sich auch über die Differenz von manifesten und latenten Sinngehalten einholen. Unter manifesten Sinngehalten werden „die den Handelnden als Intentionen, Handlungsmotive oder explizite Sinnentwürfe zur Verfügung stehen“ verstanden, wovon sich latente Sinnbezüge abheben, da sie „den Handelnden verborgen bleiben und die gleichsam hinter dem Rücken ihres intentionalen Selbstverständnisses ein Eigenleben führen“ Wernet 2011a, S. 3). Für pädagogisches Vermittlungshandeln lässt sich daraus ableiten, dass sich dieses aus einer spannungsreichen, mitunter widersprüchlichen Beziehung manifester und latenter Sinngehalte einstellt.

  6. 6.

    Bezugnehmend auf eine strukturale Sozialisations- und Professionstheorie (Helsper 2021; Wagner 2004) wird hier auf einen krisentheoretischen Subjektbildungsprozess rekurriert. Subjektbildungsprozesse konstituieren sich in diesem Zugang über Krisen, die als strukturelle Orte der Entstehung von Neuem aufgefasst werden, wodurch ihnen ein transformatorisches Potenzial innewohnt. Vor diesem Hintergrund stellen Routinen bewährte Krisenbearbeitungen dar. Das Krisenmodell umfasst neben der Entscheidungskrise zudem noch die traumatische Krise und die Krise durch Muße als Krisentypen. Für die weitere Argumentation wird auf die Entscheidungskrise als zentraler Krisentypus Bezug genommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Krisentypen nicht in einer Wechselbeziehung zueinanderstehen. Jedoch wird aus pragmatischen Gründen diese Verkürzung vorgenommen. Unter der Entscheidungskrise wird eine Sequenzstelle im Leben verstanden, in der Routinen nicht mehr handlungswirksam sind, aber alternative Möglichkeiten noch nicht zur Verfügung stehen. Konstitutiv für die Entscheidungskrise ist, dass sich in dem Moment nicht nicht entschieden werden kann (Wagner 2004, S. 38 ff.).

  7. 7.

    Auch wenn Funcke und Hildenbrand (2009) nicht auf den Heimerziehungskontext abzielen, lässt sich das Merkmal der Abwesenheit übertragen.

  8. 8.

    Ich habe die Teilnehmenden gebeten, diesen handlungsmethodischen Zugang in ihrer Einrichtung durchzuführen, welcher dann per Audio aufgezeichnet wurde. Während der Erhebung war ich nicht im Raum anwesend.

  9. 9.

    Die geschlechtliche Zuordnung der teilnehmenden Pädagog*innen und Adressat*innen erfolgte aufgrund von Selbstpositionierungen.

  10. 10.

    Der kursiv gesetzte Text ist hier als übernommener Transkriptausschnitt zu lesen.

  11. 11.

    Die Interpretationen orientieren sich in der Auswertung an einer objektiv-hermeneutischen Textanalyse (Wernet 2009) und werden hier in einer illustrativen, flächigen Darstellungsweise präsentiert.

  12. 12.

    Aufgrund des verallgemeinernden Anspruchs wird folglich geschlechtliche Selbstpositionierung der Teilnehmenden verlassen.

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Grosse, M. (2024). Pädagogisches Vermittlungshandeln in der Heimerziehung zwischen Krisenbearbeitung und Krisenproduktion. In: Bock, K., et al. Pädagogische Institutionen des Jugendalters in der Krise. Studien zur Kindheits- und Jugendforschung , vol 8. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-43602-5_14

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