Wählerwanderungen bei der Bundestagswahl 2021

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Wahlen und Wähler

Zusammenfassung

Wählerwanderungen konstituieren zentrale Kennzahlen für die Einschätzung von Wahlen und Wahlkämpfen. Ihre empirische Ermittlung ist jedoch erheblich komplexer als die Schätzung der Verteilung der Parteienanteile. Für die Bestimmung schlagen wir eine statistische Kombination von Umfragedaten und Aggregatdaten im Kontext des sogenannten Hybriden Multinomialen Dirichlet Modells (HMDM) vor. Am Beispiel der Bundestagswahl 2021 und unter Nutzung der GLES-Daten und der offiziellen Wahlstatistik demonstrieren wir detailliert die empirische Spezifikation dieses Modells. Die Ergebnisse vergleichen wir mit den Resultaten von infratest dimap. Dabei zeigen sich erhebliche Differenzen insbesondere bei den Nichtwählern und den Verbleiberaten. Die Unterschiede führen wir zugunsten des HMDM auf die Nutzung informationsreicher und unverzerrter Aggregatdaten zurück.

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Notes

  1. 1.

    Dazu ergänzen wir unsere Daten um das bestehenden GLES-Panel, das die Wellen W1 bis W15 umfasst, anstatt die Informationen der relevanten Wellen einzeln hinzuzufügen.

  2. 2.

    Diese Informationen ermöglichen es uns, Personen, die zwischen den Wahlkreisen umgezogen sind, genauso zu behandeln wie Personen, die ihren Wahlkreis aufgrund von Änderungen des Wahlkreiszuschnitts gewechselt haben. Der Einfachheit halber sprechen wir daher im Folgenden nur noch von Personen, die umziehen, um das Problem der Stimmabgabe in verschiedenen Wahlkreisen zu beschreiben.

  3. 3.

    Als dritte Alternative könnte man versuchen, das Umzugsverhalten über die Wahlkreise hinweg explizit zu modellieren und dann die Ränder der Wählerwanderungstabellen für den Wahlkreis, in dem die umziehende Person 2017 gewählt hat, und für den Wahlkreis, in dem die umziehende Person 2021 gewählt hat, entsprechend anzupassen. Für diesen Ansatz benötigt man Informationen darüber, in welchem Wahlkreisen die umziehenden Personen im Jahr 2017 gewählt haben. Da uns diese Informationen von GLES aus Datenschutzgründen nicht zur Verfügung gestellt wurden, konnten wir diesen Ansatz nicht verfolgen.

  4. 4.

    In den offiziellen Wahlergebnissen macht die letztgenannte Gruppe 0,9 % im Jahr 2021 (2017: 1,0 %) aller abgegebenen Zweitstimmen aus. Wir entscheiden uns, die tatsächlichen Fälle von Nichtwahl und ungültiger Stimmabgabe in einer einzigen Kategorie zusammenzufassen, da eine separate Schätzung der Wählerwanderungen für ungültige Stimmen aufgrund des Mangels an Informationen über ungültige Stimmabgabe auf individueller Ebene in den GLES-Daten nicht durchführbar ist.

  5. 5.

    Die Gesamtzahl der simulierten Parameterwerte, die in jeder Kette gespeichert werden sollen, wird auf 1000 festgelegt. Bei einem Burn-In von 500.000 und der Speicherung von nur jedem 1000sten Simulationszug (Thinning) muss unser MCMC-Algorithmus insgesamt 1.500.000 Iterationen durchlaufen.

  6. 6.

    Alternativ könnten die ehemaligen AfD-Wähler aufgrund der Definition der erweiterten Nichtwähler-Kategorie bis 2021 verstorben sein oder eine ungültige Stimme abgegeben haben.

  7. 7.

    Betrachten wir zur Veranschaulichung das Beispiel einer Partei, die im Jahr 2017 sieben Millionen Stimmen und im Jahr 2021 zehn Millionen Stimmen erhalten hat. Selbst wenn alle der sieben Millionen Wähler von 2017 dieselbe Partei im Jahr 2021 erneut wählen würden, bedeutet die Tatsache, dass die Partei drei Millionen zusätzliche Stimmen erhalten hat, dass höchstens 70 % der Gesamtzahl der Wähler im Jahr 2021 bereits 2017 für die Partei gestimmt haben können.

  8. 8.

    Die in Abb. 3 grafisch dargestellten Ergebnisse werden in Tabellenform in Tab. 7 im Anhang A.1 gezeigt.

  9. 9.

    Man kann auch die geschätzten Wählerwanderungen zwischen dem HMDM und infratest dimap durch die AD vergleichen. Im 8 × 8 -Vergleich erhalten wir eine AD von 0,21. Schließt man die Nichtwähler aus, ergibt sich für den 7 × 7 – Vergleich eine AD von 0,1, was das Bild aus dem Vergleich von Tab. 4 und 13 bestätigt. Die Ränder der geschätzten Wählerwanderungstabellen des HMDM und von infratest dimap sind jedoch unterschiedlich, was bedeutet, dass die AD nicht nur die Unterschiede der inneren Zellen der jeweiligen Tabellen erfasst und dass die resultierenden AD-Werte mit Vorsicht interpretiert werden sollten.

  10. 10.

    Darüber hinaus beträgt die aus diesem Vergleich resultierende AD 0,22, was in etwa der AD von 0,21 auf der Grundlage der erweiterten Nichtwählerkategorie entspricht. Obwohl man bei der Interpretation dieser ADs aufgrund der Unterschiede zwischen den Rändern der Tabellen vorsichtig sein muss, untermauern sie dennoch das Bild, das sich aus dem Vergleich von Tab. 4 und 14 ergibt.

  11. 11.

    Darüber hinaus ist ein deutlich größerer Unterschied bei der Loyalitätsrate der Partei Die Linke zu erkennen.

  12. 12.

    Dabei gehen wir fälschlicherweise davon aus, dass sie im Jahr 2017 im 2021er Wahlkreis gewählt haben.

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1 Elektronisches Zusatzmaterial

A Anhang

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1.1 A.1 HMDM: Weitere Ergebnisse

Tab. 6 zeigt die geschätzten absoluten Wählerwanderungen in 1000. Ein Wert von 363 in der zweiten Zeile, erste Spalte, bedeutet zum Beispiel, dass 363.000 Wahlberechtigte 2017 für die SPD und 2021 für die CDU/CSU gestimmt haben.

Tab. 6 Hauptmodell: Absolute Wählerwanderung (in 1000)

Tab. 7 zeigt die geschätzten saldierten Wählerwanderungen in 1000. Jeder Wert wird als Differenz zwischen den beiden absoluten Wählerwanderungen zwischen zwei Parteien errechnet. Der Wert von -× in der zweiten Zeile, erste Spalte, bedeutet beispielsweise, dass etwa 1,7 Mio. Wahlberechtigte mehr von der CDU/CSU zur SPD gewechselt sind als von der SPD zur CDU/CSU. Dementsprechend findet sich der gleiche Wert mit umgekehrtem Vorzeichen in der ersten Zeile, zweite Spalte

Tab. 7 Hauptmodell: Saldierte Wählerwanderungen (in 1000)

1.2 A.2 infratest dimap: Ergebnisse

Tab. 8 zeigt die geschätzten absoluten Wählerwanderung nach infratest dimap (infratest dimap, 2021) im ursprünglichen 10 × 9 – Format. Die inneren 8 × 8 – Zellen werden für die Erstellung der Ergebnisse in den nachfolgenden Tabellen verwendet

Tab. 8 Infratest dimap: Absolute Wählerwanderung (in 1000)

Tab. 9 zeigt die geschätzten Übergangsraten nach infratest dimap

Tab. 9 Infratest dimap: Übergangsraten (in Prozent)

Tab. 10 zeigt die geschätzten Übergangsraten nach infratest dimap, wenn die Nichtwähler ausgeschlossen werden

Tab. 10 Infratest dimap: Übergangsraten ohne Nichtwähler (in Prozent)

Tab. 11 zeigt die geschätzten umgekehrten Übergangsraten nach infratest dimap

Tab. 12 und Abb. 4 zeigen die geschätzten saldierten Wählerwanderungen nach infratest dimap

Tab. 11 Infratest dimap: Umgekehrte Übergangsraten (in Prozent)
Tab. 12 Infratest dimap: Saldierte Wählerwanderungen (in 1000)
Abb. 4
figure 4

infratest dimap: Saldierte Wählerwanderungen (in 1000)

(Anmerkungen: Die Abbildung zeigt die geschätzten Netto-Wählerwanderungen (in 1000) zwischen den Parteien zwischen den Bundestagswahlen 2017 und 2021, basierend auf der Schätzung von infratest dimap. Ein farbiger Balken oberhalb der horizontalen Nulllinie in einer Teilgrafik zeigt an, dass die Partei, auf die sich die Teilgrafik bezieht, Wähler von der Partei gewonnen hat, zu der der farbige Balken gehört. Ein farbiger Balken unterhalb der horizontalen Nulllinie in einer Teilgrafik zeigt an, dass die Partei, zu der die Teilgrafik gehört, Wähler an die Partei verloren hat, zu der der farbige Balken gehört. In der ersten Teilgrafik hat die CDU/CSU zum Beispiel Wähler – saldiert – von der AfD gewonnen, aber Wähler an die SPD verloren.)

1.3 A.3 Vergleich mit infratest dimap: Weitere Ergebnisse

Tab. 13 zeigt die Unterschiede in den geschätzten Übergangsraten (in Prozentpunkten) zwischen dem HMDM und infratest dimap für die inneren 7 × 7 – Zellen, d. h. wenn die Nichtwähler ausgeschlossen werden.

Tab. 13 HMDM vs. infratest dimap: Differenz der Übergangsraten ohne Nichtwähler (in Prozentpunkten)

Tab. 14 zeigt die Unterschiede in den geschätzten Übergangsraten (in Prozentpunkten) zwischen dem HMDM und infratest dimap, wenn der HMDM mit dem Datensatz geschätzt wird, der auf dem Reskalierungsansatz anstelle der erweiterten Nichtwählerkategorie basiert.

Tab. 14 HMDM (Reskalierung) vs. infratest dimap: Differenz der Übergangsraten (in Prozentpunkten)

Tab. 15 zeigt die Unterschiede in den Übergangsraten (in Prozentpunkten) zwischen den Erhebungsdaten von GLES und infratest dimap

Tab. 15 GLES vs. infratest dimap: Differenz der Übergangsraten (in Prozentpunkten)

1.4 A.4 Robustheitsanalyse: Weitere Ergebnisse

Tab. 16 und 17 zeigen die geschätzten Übergangsraten aus der Schätzung des HMDM getrennt für Ost- und Westdeutschland

Tab. 16 Robustheitsanalyse: Übergangsraten für Ostdeutschland (in Prozent)
Tab. 17 Robustheitsanalyse: Übergangsraten für Westdeutschland (in Prozent)

Tab. 18 zeigt den Unterschied zwischen diesen geschätzten Übergangsraten

Tab. 18 Robustheitsanalyse: Vergleich Ost- vs. Westdeutschland, Differenz der Übergangsraten (in Prozentpunkten)

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Leitner, M., Klima, A., Thurner, P. (2024). Wählerwanderungen bei der Bundestagswahl 2021. In: Schoen, H., Weßels, B. (eds) Wahlen und Wähler. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42694-1_3

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