Rechte für die Natur als Thema transformativer Bildung im Format der Bürgerräte

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Beziehungsweisen von Mensch, Tier und Umwelt

Part of the book series: Politische Bildung ((POLBIL))

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Zusammenfassung

Am Beginn des 21. Jahrhunderts ist die repräsentative Demokratie mit tiefgreifenden. Herausforderungen konfrontiert, denn Politik muss auf die multiplen Krisen des neuen Erdzeitalters Anthropozän reagieren. Eine sozial-ökologische Transformation kann dabei durch bürgernahe politische Beteiligungsverfahren mitgestaltet werden. Im Beitrag wird das Format Bürger*innenrat erstmalig als Simulationsmethode für eine transformative politische Bildung im Anthropozän adaptiert. Die politische Beteiligung wird darin auf die Natur ausgeweitet – und die Mensch-Natur-Beziehungen können inhaltlich und strukturell neu verhandelt werden. In Orientierung an Bruno Latours Überlegungen zu einem „Parlament der Dinge“ sitzen in der Simulation ein Fluss und seine Ökosysteme mit am Tisch und vertreten ihre Rechte.

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Notes

  1. 1.

    Das Mar Menor ist eine Lagune im Südosten Spaniens, die stark belastet ist durch den Eintrag von Düngemitteln aus den nahen Plantagen, auf denen Obst und Gemüse für den europäischen – und insbesondere deutschen – Markt produziert wird. Infolge eines Volksbegehrens ernannte das spanische Parlament das Ökosystem zu einer Rechtspersönlichkeit mit einklagbaren Rechten. Ein Komitee, das aus Vertretern der Behörden und der Gesellschaft besteht, soll fortan über den Schutz, den Erhalt und die Renaturierung des Mar Menor wachen (vgl. Süddeutsche Zeitung, 23. September 2022: https://www.sueddeutsche.de/wissen/mar-menor-spanien-personenrechte-1.5663043) Ein weiteres Beispiel für eine politische Beteiligung der Natur – ist z.B. der Whanganui-Fluss in Neuseeland, dem vom Parlament Personenrechte zuerkannt wurden. Eine ausführliche wissenschaftliche Diskussion des Themas findet sich in Adloff und Busse 2021.

  2. 2.

    Vgl. Claire Moulin-Doos Beitrag in diesem Band. Ich danke Claire Moulin-Doos für ihren Vortrag gleichnamigen Titels an der Universität Augsburg als Inspiration.

  3. 3.

    Das letzte Aussterbeereignis wurde zur Zeit der Saurier durch einen Meteoriten ausgelöst (vgl. Glaubrecht 2021, S. 27 f.).

  4. 4.

    Eine aktualisierte Grafik der planetaren Belastungsgrenzen findet sich z.B. hier: (https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/planetare-grenzen-helfen-bei-politikbewertung-in-der-klimakrise), und wurde begleitend zu einem Beitrag von Sureth et al. (2023) veröffentlicht.

  5. 5.

    Eine ausführliche Darstellung politischer Bildung im Anthropozän findet sich z.B. bei Seider 2021.

  6. 6.

    Das Konzept der mentalen Infrastrukturen wurde vom Sozialpsychologen Harald Welzer geprägt (vgl. Welzer 2011). Der Begriff soll in kapitalistischen wachstumsorientierten Gesellschaften die Wirkmacht gesellschaftlicher und kollektiver Normen, übersetzt in Alltags- und lebensweltliche Praxis sichtbar machen: „Die institutionellen Infrastrukturen regulieren das Wachstum, die materiellen manifestieren es, die mentalen übersetzen es in die lebensweltliche Praxis.“ (ebd., S. 14)

  7. 7.

    Vertiefte Informationen zum politikdidaktischen Prinzip Wissenschaftsorientierung finden sich z. B. in Ingo Juchlers (2014) gleichnamigen Aufsatz.

  8. 8.

    „Methode“ kommt vom Griechischen Meta: zu etwas hin, hodos: der Weg. Übersetzt bedeutet es „Von-Nach-Weg“ (Mickel 2003, S. 19).

  9. 9.

    Die recht offene Struktur der Hauptphase in der Simulation erlaubt es zudem, auch experimentelle, künstlerische Formate sowie Methoden zu integrieren, die eine gemeinsame Arbeit am Zielwissen unterstützen und resonante Beziehungskonstellationen vertiefen.

  10. 10.

    https://www.un.org/sg/en/content/sg/speeches/2022-12-07/secretary-generals-opening-remarks-press-conference-cop15-biodiversity-conference

  11. 11.

    Interdisziplinäre Positionen zur Thematik finden sich bei Adloff und Busse 2021 sowie bei Bourgeois-Gironde 2023. Aus juristischer Perspektive verhandeln Kersten 2019 und 2022 sowie Gelinsky 2021 die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Natur als Träger subjektiver Rechte.

  12. 12.

    Die vorliegende Methode Bürger*innenrat sowie die darin verhandelte Thematik Rechte der Natur mit dem Fallbeispiel „regenerative Energie vs. Biodiversitätsschutz“ wurde von der Autorin (auf der Grundlage realer Ereignisse) konzipiert und in zwei Pilotseminaren an der Universität Augsburg am Lehrstuhl für Politische Bildung und Didaktik der Sozialwissenschaften erprobt.

  13. 13.

    Das EU-Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts ist ein starkes politisches Instrument europäischer Wasserpolitik und tritt 2027 in Kraft. Der § 33 Mindestwasserführung besagt, dass das Aufstauen eines oberirdischen Gewässers oder das Entnehmen oder Ableiten von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer nur zulässig ist, „wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundene Gewässer erforderlich ist, um den Zielen des § 6 Absatz 1 und der §§ 27 bis 31 zu entsprechen. (Vgl. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/die-wasserrahmenrichtlinie-gewaesser-in-deutschland)

  14. 14.

    Vgl. Fn. 13.

  15. 15.

    Eine deutliche Kritik an diesem individualisierenden Ansatz, in dem das Lernen über politisches Handeln durch das Lernen über den „richtigen Konsum“ ersetzt wird, findet sich bei Eis und Inkermann 2022; Moulin-Doos 2021; Seider 2021.

  16. 16.

    Sezgin war in Milo Raus Theaterstück „General Assembly“/„Weltparlament“ in der 5. Plenarsitzung „Natural Global Commons“ als Abgeordnete zugegen, in der die Rechte der Tiere vertreten wurden (vgl. Rau 2017).

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Seider, T. (2023). Rechte für die Natur als Thema transformativer Bildung im Format der Bürgerräte. In: Juchler, I. (eds) Beziehungsweisen von Mensch, Tier und Umwelt. Politische Bildung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42653-8_12

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