Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden zentrale Aussagen der monotheistischen Religionen zur Bewertung von Armut dargestellt. Der Diskurs über Armut ist – ebenso wie der über Reichtum – mit starken Werturteilen verknüpft, weil beide Phänomene eng mit Erfahrungen sozialer Ungleichheit verbunden sind. Es wird gezeigt, inwiefern religiöse Perspektiven sozialethische Bewertungsmaßstäbe und Handlungsperspektiven zur Überwindung exkludierender Formen von Armut aufzeigen und zugleich eine Würdigung freiwilliger Armut als Protest gegen eine Kultur des Konsumismus eröffnen.
Notes
- 1.
Dass die Logik, vorrangig nach relationaler Armut zu fragen, kulturgeschichtlich tief verankert ist, zeigen nicht zuletzt die biblischen Worte und Wortfelder für die „Armen“, die Relationsbegriffe sind. Vgl. Jürgen Ebach, Art. „Armut. II. Altes Testament“, in: RGG, 4. Aufl., Bd. 1, Tübingen 1998b, S. 779.
- 2.
Dieser Armutsbegriff liegt den „Nationalen Armuts- und Reichtumsberichten“ der Bundesregierung (gegenwärtig liegt der sechste Bericht, veröffentlicht im Dezember 2020, vor) sowie der EKD-Denkschrift „Gerechte Teilhabe. Befähigung zu Eigenverantwortung und Solidarität. Eine Denkschrift des Rates der EKD zur Armut in Deutschland“, Gütersloh 2006, Nr. 6, zugrunde.
- 3.
- 4.
So die Aufnahme der Befreiungstheologie durch die Bischofskonferenzen Südamerikas und der USA. Vgl. zum Ganzen: Bedford-Strohm, Heinrich (1993).
- 5.
„So ist die Kirche, auch wenn sie zur Erfüllung ihrer Sendung menschlicher Mittel bedarf, nicht gegründet, um irdische Herrlichkeit zu suchen, sondern um Demut und Selbstverleugnung auch durch ihr Beispiel auszubreiten.“ Konstitution „Lumen gentium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils, Nr. 8.
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Jähnichen, T. (2023). Der Wert der Armut – Der sozialethische Diskurs. In: Huster, EU., Boeckh, J. (eds) Handbuch Armut und soziale Ausgrenzung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37808-0_13-1
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