Grundlagen der Berufsgesellschaft

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Berufsethik und Grundwerte in Japan
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Zusammenfassung

Japan bezeichnet sich als Nation der Technik. Seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert gingen viele japanische Ingenieure in die westlichen Industriestaaten und arbeiteten dort in der Produktion, um Erfahrungen zu sammeln. Sie kehrten ohne akademischen Titel, aber mit vielen Erfahrungen nach Japan zurück, kauften Maschinen und leiteten ihre Kollegen in der Bedienung dieser Maschinen an. Bei der Übernahme der westlichen Wissenschaft hat Japan die Technik keineswegs vernachlässigt; während im Westen traditionell ein stärkeres Gewicht auf die Wissenschaft gelegt wurde – ein Grund, warum Wissenschaftler im Westen ein größeres Ansehen genießen als Ingenieure. Eine ähnliche Denkweise lässt sich auch in China und Korea feststellen, wo die Gelehrten traditionell wie Heilige geehrt und die Handwerker und Ingenieure für Menschen niederer Klasse gehalten werden. Die dortigen Entwicklungen unterscheiden sich von Japan deutlich. Die meisten Studenten aus China oder Korea verfolgen das hohe Ziel, ein Diplom oder einen Doktortitel in ihrem Studienfach zu erwerben. Praktische Erfahrungen zu sammeln, hatte und hat bei ihnen nicht oberste Priorität. Nach dem erfolgreichen Maschinenbau- oder Technologiestudium kehren sie in die Heimat zurück. Dort erhielten sie bis ins letzte Jahrhundert in der Regel wichtige Posten im Regierungsapparat oder in den Führungsetagen der Großunternehmen. Diesen akademisch gebildeten Ingenieuren ist wenig daran gelegen, ihre Kollegen oder die Mechaniker in die westliche Spitzentechnologie einzuweisen. Sie denken und handeln sehr individualistisch und zeigen kaum Interesse an Teamarbeit. Wenn ihnen ein besseres Einkommen angeboten wird, wechseln sie häufig ihre Arbeitsstelle. Ohne die individualistische Denkungsweise wäre die Entwicklung der abendländischen Geisteswissenschaften kaum möglich gewesen. Aber in unserem Jahrhundert wird es immer schwieriger, in den Naturwissenschaften und Technologien ohne die Zusammenarbeit unterschiedlicher Experten umwälzende Forschungsergebnisse zu erzielen oder Erfindungen zu machen. Es ist bezeichnend, dass der japanische Nobelpreisträger für Chemie des Jahres 2002, Tanaka Koichi, dem Forschungslabor eines mittelständischen Unternehmens entstammt und keinen Doktortitel hat. Nach der Verleihung des Nobelpreises wurde Tanaka Koichi von der japanischen Presse gefragt, was er sich nun wünsche. Er antwortete, dass er weiterhin im Labor der Firma mit seinen Kollegen zusammen seine Forschungsarbeit fortsetzen wolle. Interesse daran, eine Professur an einer Universität zu übernehmen, zeigte er nicht. In der Tat haben viele Besitzer und Leiter von Kleinbetrieben in Japan keine eindrucksvollen akademischen Zeugnisse vorzuweisen. Japan verfügt aber in allen Bereichen über große Ressourcen an Ingenieuren mit hohem Wissensniveau und umfangreichen Erfahrungen. Diese Fachleute verstehen es, neue Technologien zu erproben und sie in die Praxis anzuwenden. Es gibt viele erfinderische Ingenieure, aber noch zahlreicher sind die Handwerker in den kleinen Werkstätten, die anspruchsvolle handwerkliche Aufgaben meistern und jeder Anfrage entsprechen können. Das hohe Ansehen der Ingenieure in Japan beruht auf einer langen Tradition, die dem Handwerk seit dem Altertum Achtung und Anerkennung verleiht. In Japan gehen knapp 60 % der gesamten Oberschulabsolventen auf die Universität. Der Rest steigt gleich ins Berufsleben ein. Diese japanischen Jugendlichen und ihre Eltern sind nicht darauf aus, um jeden Preis an der Universität zu studieren. Dabei fanden auch in der tiefen Rezession der letzten Jahrzehnte fast 94 % der Hochschulabsolventen in Japan Arbeit. In jüngster Zeit bekommen die meisten Absolventen sogar mehrere Stellenzusagen und haben die Qual der Wahl.

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Iwamura, T. (2021). Grundlagen der Berufsgesellschaft. In: Berufsethik und Grundwerte in Japan. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34817-5_1

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