Zusammenfassung
Einem verbreiteten Verständnis zufolge ist Politik zum einen jene gesellschaftliche Sphäre, in der Weltanschauungen, Interessen, Positionen und Meinungen aufeinandertreffen und in der die jeweiligen Vertreter:innen dieser Interessen und Meinungen sich darüber auseinandersetzen, miteinander streiten, in Diskurse und Konflikte treten. Politik ist zum anderen die gesellschaftliche Sphäre, die im Ergebnis dieser Diskurse, Konflikte und Auseinandersetzungen sowohl Regelungsmacht zuteilt als auch verbindliche Regeln für das gesellschaftliche Zusammenleben festlegt, letztlich also allen Gesellschaftsmitgliedern Handlungsvorgaben macht und so soziale Strukturen ordnet.
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Notes
- 1.
Entsprechend ist die synchrone und diachrone empirische Varianz von Wohlfahrtssystemen wesentlich die Folge unterschiedlicher Arrangements zwischen den vier Arenen der Umverteilung als getrennte, aber aufeinander bezogene Teilbereiche moderner Wohlfahrtsgesellschaften.
- 2.
In der fordistischen Epoche des Sozialstaatsausbaus war verbandsentlastende Verstaatlichung sozialer Sicherheit hingegen durchaus verbreitet (Himmelmann 1979a, b).
- 3.
Hierzu zählen wie oben genannt auch die parastaatlichen Institutionen der Sozialversicherung.
- 4.
Im Bereich der geteilten Finanzierung ist z. B. an die „Riester-Rente“ zu denken, die eine Kombination aus privaten, marktvermittelten Vorsorgebeiträgen und staatlichen Zuschüssen darstellt. Ein Beispiel für geteilte Regulierung und Finanzierung ist das Kurzarbeitergeld, das von der Bundesagentur für Arbeit als Versicherungsleistung administriert, finanziert und erbracht und verbreitet durch tarifliche Vereinbarungen aufgestockt wird.
- 5.
Die tarifliche Festschreibung der hundertprozentigen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall angesichts der vorübergehenden gesetzlichen Reduzierung des Fortzahlungsanspruchs auf 80 % in Deutschland in den Jahren 1996 bis 1999 ist ein solcher Fall (siehe Abschn. 3.6.1.1). An den Grundprinzipien der unternehmensfinanzierten Lohnfortzahlung hatte sich weder durch die gesetzliche Kürzung noch durch die tarifliche Erhöhung etwas geändert. Strukturell hingegen verschob die Episode temporär die Grenze zwischen staatlichem und tariflichem Regelungsraum und pluralisierte die Möglichkeiten, das – weitgehend unstrittig gebliebene – Ziel der Einkommenssicherung im Krankheitsfall zu verfolgen.
- 6.
So ging etwa der Übergang vom Ein- zum Vier-Säulen-Modell der Alterssicherung in Deutschland mit der Aufgabe des Ziels der „Lebensstandardsicherung“ im Rahmen der GRV bzw. mit einer starken Verantwortungsverschiebung für die Zielerreichung zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteur:innen einher (siehe Abschn. 3.4.1).
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Fröhler, N., Fehmel, T. (2021). Theorie der Vertariflichung sozialer Sicherheit. In: Tarifsozialpolitik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34806-9_2
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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