Massa damnata? Zur Kritik der „volkstümlichen Musik“ in den 1990er Jahren

  • Chapter
  • First Online:
Das verdächtig Populäre in der Musik
  • 1526 Accesses

Zusammenfassung

Bei der Beschäftigung mit dem Genre „volkstümliche Musik“ fällt auf, dass die große Beliebtheit bei den Rezipient*innen in einem auffälligen Gegensatz steht zu den negativen Bewertungen in der Wissenschaft und der Journalistik. Dort herrschen kulturkritische Annahmen vor. Die Kritik bezieht sich vorwiegend auf die Bereiche der Produktion und Interpretation, während die faktische Rezeption kaum eine Rolle spielt. Der vorliegende Beitrag versucht, anhand zweier historischer Beispiele (Georg Seeßlen 1993 und Hanns-Werner Heister1994).die typischen Argumentationsmuster aufzuzeigen. Zugleich soll in einer „Kritik der Kritik“ deutlich gemacht werden, wie in einer solchen Perspektive die Menschen einseitig als Verführte und Manipulierte dargestellt werden, ohne deren Bedürfnisse und geschmackliche Vorlieben adäquat wahrzunehmen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Subscribe and save

Springer+ Basic
EUR 32.99 /Month
  • Get 10 units per month
  • Download Article/Chapter or Ebook
  • 1 Unit = 1 Article or 1 Chapter
  • Cancel anytime
Subscribe now

Buy Now

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 39.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free ship** worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Similar content being viewed by others

Notes

  1. 1.

    Der zweite Artikel trägt die Überschrift: „Reichsparteitag und Bauernstube. Eine Volksmusiksendung im Jahr 1985“ (ebd., S. 19–45).

  2. 2.

    Die Vorstellung, dass Maria „hoch überm Sternenzelt“ throne, kommt im lateinischen Hymnentext gar nicht vor; das Attribut „Patrona Bavariae“ ist seit dem 17. Jahrhundert bezeugt. Allerdings ist richtig, dass erst 1916 Papst Benedikt XV. diese Verehrung offiziell anerkannte.

  3. 3.

    Zu den Überschneidungen „rechter“ und „linker“ Kulturkritik im 20. Jahrhundert vgl. Hecken (2016), S. 30 f.

  4. 4.

    Bei Lichte besehen relativiert diese These sogar den Faschismus, der als nationalsozialistische Gewaltherrschaft in historisch einmaliger Weise den Holocaust wie den Zweiten Weltkrieg mit Millionen von Opfern hervorgebracht hat.

  5. 5.

    Zur Kritik an diesem Ansatz vgl. ebenso Hügel (2003, S. 77 f.) und Fellner (2006b, S. 88), der in der „blinden Annahme einer Konsumentensouveränität“ eine „politische Legitimationsfunktion für die bestehenden Verhältnisse“ befürchtet (in Anschluss an John Kenneth Galbraith).

  6. 6.

    Zur Intentionalität (versus Manipulation) von Medienangeboten vgl. Hickethier (2012, S. 18).

  7. 7.

    Die meisten österreichischen Zuschauer*innen der Fersehsendung „Musikantenstadl“ gehörten im Jahr 2004 den Sinus-Milieus „Ländliche“, „Traditionelle“ und „Bürgerliche Mitte“ an. Diese Milieus sind im Vergleich zum gesamten TV-Publikums Österreichs deutlich überrepräsentiert (2006, S. 64 ff.).

  8. 8.

    Hier analog gebraucht; nach Augustinus stellt die Menschheit nach dem Sündenfall eine „massa damnata“ dar, die von Gott zurecht für ihre Vergehen bestraft wird.

Literatur

  • Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher Österreichs (Hrsg.). (1982). Volksmusik, volkstümliche Musik. Didaktik der elementaren Musikerziehung III.

    Google Scholar 

  • Binder, S., & Fartacek, G. (2006). Der Musikantenstadl. Alpine Populärkultur im fremden Blick. Berlin: lit-Verlag.

    Google Scholar 

  • Bourdieu, P. (2013). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft (Erstveröffentlichung 1982). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Bröcker, M. (1986). „Volkstümliche“ Musik und Pop. In H. Rösing, (Hrsg.), Ist Pop die Volksmusik von heute? Beiträge zur Popularmusikforschung (Bd. 1, S. 61–66). Hamburg: Coda-Verlag.

    Google Scholar 

  • Bröcker, M. (1986). VIII. Volkstümliche Musik. In L. Finscher (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik begründet von Friedrich Blume. Bd. 9 Sachteil Kassel: Bärenreiter 1998, Sp. 1733–1761.

    Google Scholar 

  • Bundesverband Musikindustrie. (2008). Musikindustrie in Zahlen 2007. Berlin 2008, 47 https://www.musikindustrie.de/fileadmin/bvmi/upload/06_Publikationen/MiZ_Jahrbuch/bvmi-2007-jahrbuch-musikindustrie-in-zahlen-epaper.pdf. Zugegriffen: 22. Jan. 2020.

  • Darkow, M. (1981). Musik im Fernsehen. Eine Zuschauerbefragung über Musikprogramminteressen, Bekanntheit und Beurteilung von Musikangeboten sowie zu Einstellungen gegenüber Musik im Fernsehen. ZDF Schriftenreihe. Medienforschung, 26 Mainz: ZDF.

    Google Scholar 

  • Fellner, W. J. (2006). Die volkstümliche Musik in Zahlen – empirische Grundlagen der Medienforschung. In S. Binder, S. & G. Fartacek, (Hrsg.), Der Musikantenstadl. Alpine Populärkultur im fremden Blick (S. 32–76). Münster: Lit Verlag.

    Google Scholar 

  • Fellner, W. J. (2006). Die ökonomischen Hintergründe der Fernseh-Unterhaltung am Beispiel des Musikantenstadls. In S. Binder, S. & G. Fartacek, (Hrsg.). Der Musikantenstadl. Alpine Populärkultur im fremden Blick (S. 77–118). Münster: Lit Verlag

    Google Scholar 

  • Frotscher, G. (1939). Der Begriff „Volksmusik“. In W. Stumme, (Hrsg.), Musik im Volk. Grundfragen der Musikerziehung (S. 229–235). Berlin-Lichterfelde: Christian Friedrich Vieweg.

    Google Scholar 

  • Fuhr, M. (2007). Populäre Ästhetik und Musik. Die historisch-philosophische Rekonstruktion einer Geringschätzung. Bielefeld: De Gruyter.

    Book  Google Scholar 

  • Grabowski, R. (1999). „Zünftig, bunt und heiter“. Beobachtungen über Fans des volkstümlichen Schlagers. Tübingen: TVV Verlag.

    Google Scholar 

  • Hechenblaikner, L. (2019). 2019. Göttingen: Volksmusik.

    Google Scholar 

  • Hecken, T. (2016). Kulturkritik und Pop-Auffassungen. Definitionen und historische Ausprägungen der Kulturkritik. In F. Hörner, (Hrsg.), Kulturkritik und das Populäre in der Musik (S. 17–32). Münster: Waxmann.

    Google Scholar 

  • Heister, H.-W. (1994). „Volkstümliche Musik“ zwischen Kommerz, Brauchtum und Politik. In H. Rösing, (Hrsg.), Musik der Skinheads und ein Gegenpart. Beiträge zur Popularmusikforschung Bd. 13 (S. 25–45). Hamburg: Coda-Verlag.

    Google Scholar 

  • Heister, H.-W. (2019a). https://www.hanns-werner-heister.de/Kurzbiographie.html. Zugegriffen: 23. Jan. 2020.

  • Heister, H.-W. (2019b). Publikationsverzeichnis: https://www.hanns-werner-heister.de/Publikationen.html. Zugegriffen: 23. Jan. 2020.

  • Hickethier, K. (2012). Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart: J. B. Metzler.

    Book  Google Scholar 

  • Hügel, H.-O. (2003). Unterhaltung. In H.-O. Hügel (Hrsg.), Handbuch Populäre Kultur. Begriffe, Theorien und Diskussionen (S. 73–82). Stuttgart: J. B. Metzler.

    Google Scholar 

  • Ekkehard, J. (1996). Volkstümliche Musik im Fernsehen. In H. Rösing (Hrsg.), Regionale Stile und Volksmusikalische Traditionen in populärer Musik. Beiträge zur Popularmusikforschung 17 (S. 30–65). Karben: Coda-Verlag.

    Google Scholar 

  • Klawitter, N. (2005). Volksmusik. „Der Magnet im Ersten“.Der Spiegel, 17, 184ff.

    Google Scholar 

  • Knörer, E. (2001). Georg Seeßlen. Lexikon der Filmkritiker. https://www.jump-cut.de/kritiker-seesslen.html. Zugegriffen: 28. Jan. 2020.

  • Lücke, M. (2010). Volks- und Schlagermusiksendungen: Ein Quotengarant. In P. Peter Moormann (Hrsg.), Musik im Fernsehen. Sendeformen und Gestaltungsprinzipien (S. 29–46). Wiesbaden: Springer.

    Google Scholar 

  • Mikos, L. (2011). Aktives Erleben. Vom kulturellen Wert der Fernsehunterhaltung. In Gerd Hallenberger (Hrsg.), Gute Unterhaltung?! Qualität und Qualitäten der Fernsehunterhaltung (S. 55–64). Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft.

    Google Scholar 

  • Montanamedia (o. J.). Patrona Bavariae. https://www.montanamedia.de/project/patrona-bavariae/. Zugegriffen: 22. Jan. 2020.

  • Moser, R., & Scheuermann, A. (Hrsg.). (1992). Handbuch der Musikwirtschaft. Freising: Josef Keller.

    Google Scholar 

  • o. A. (2007). Volkstümliche Musik. In P. Wicke, W. Ziegenrücker & K.-E. Ziegenrücker (Hrsg.), Handbuch der populären Musik. Geschichte – Stile – Praxis – Industrie (S. 794f.) Mainz: Schott.

    Google Scholar 

  • Offizielle deutsche Charts. (1989). https://www.offiziellecharts.de/charts/album-jahr/for-date-1989. Zugegriffen: 22. Jan. 2020.

  • Plake, P. (2004). Handbuch Fernsehforschung. Befunde und Perspektiven. Wiesbaden: Springer.

    Book  Google Scholar 

  • Schoenebeck, M. v. (1994). „Wenn die Heidschnucken sich in die Äuglein gucken …“ Politische Inhalte des volkstümlichen Schlagers. In H. Rösing, (Hrsg.), Grundlagen Theorien Perspektiven. Beiträge zur Popularmusikforschung (Bd. 14, S. 6–24). Baden-Baden: Coda-Verlag.

    Google Scholar 

  • Schulze, G. (2005). Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart (Erstveröffentlichung 1992). Frankfurt a. M.: Campus.

    Google Scholar 

  • Seeßlen, G. (1993). Volkstümlichkeit. Über die gnadenlose Gemütlichkeit im neuen Deutschland. Greiz: Weisser Stein.

    Google Scholar 

  • Weber, M. (1995). Wissenschaft als Beruf (Erstveröffentlichung 1919). Stuttgart: Reclam.

    Google Scholar 

  • Widmaier, T. (2005). Volkstümliche Musik. In H. H. Eggebrecht, (Hrsg.), Handwörterbuch der musikalischen Terminologie (HmT), Stuttgart: Steiner Verlag.

    Google Scholar 

  • Wikipedia (o. J. a) Georg Seeßlen. https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Seeßlen. Zugegriffen: 23. Jan. 2020.

  • Wikipedia (o. J. b) Hanns-Werner Heister. https://de.wikipedia.org/wiki/Hanns-Werner_Heister. Zugegriffen: 23. Jan. 2020.

  • Wolther, I. B. (2019). Musikformate im Fernsehen. In H. Schramm (Hrsg.), Handbuch Musik und Medien. Interdisziplinärer Überblick über die Mediengeschichte der Musik (S. 123–155). Wiesbaden: Springer.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Michael Fischer .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2021 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Fischer, M. (2021). Massa damnata? Zur Kritik der „volkstümlichen Musik“ in den 1990er Jahren. In: Schwarz, M. (eds) Das verdächtig Populäre in der Musik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32690-6_12

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-32690-6_12

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-32689-0

  • Online ISBN: 978-3-658-32690-6

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics

Navigation