Erziehung zur Weiblichkeit — Die Umsetzung von Frauenleitbildern in Bildung und Beruf

Zusammenfassung

Die tradierten Geschlechterleitbilder waren in der Nachkriegszeit zum einen durch die Frauenmehrheit in der Bevölkerung und die Notwendigkeit, ein neues zivileres Männlichkeitsideal durchzusetzen, zum anderen durch die erheblichen Diskrepanzen zwischen Leitbildem und Lebenspraxen ins Wanken geraten. In dieser Situation kam institutionellen, vor allem aber auch informellen Bildungsprozessen eine verstärkte Bedeutung für die Stabilisierung und (Wieder)herstellung der Geschlechterordnung zu. Diese wiederum standen in Form und Inhalt in Abhängigkeit von den jeweiligen materiellen Ressourcen, ökonomischen und politischen Entwicklungen. Ich gehe davon aus, dass das „Wesen der Frau“ ebenso wie das „weibliche Arbeitsvermögen“¹⁰⁴⁶ Produkt und Ziel formeller und informeller Bildungsprozesse waren, aus deren Ergebnissen wiederum im Zirkelschluss auf die vermeintlichen (Bildungs-)bedürfnisse, Eigenschaften und Fähigkeiten von Frauen geschlossen wurde, an denen sich die Mädchen- und Frauenbildung orientierte. Die pädagogischen Grundlagen des „Wesens der Frau“ wurden in der schulischen und außerschulischen Mädchenbildung gelegt, die auf die Lenkung in geschlechtsspezifische Berufsfelder abzielte. Sie wurden in der Berufsbildung verfestigt und in der Erwachsenenbildung bestätigt, ausgeweitet und perfektioniert. Der Erwachsenenbildung, aber auch Teilen der schulischen Bildung kam in diesem Prozess die Funktion zu, einen Ausgleich der Diskrepanzen zwischen den jeweiligen Frauenleitbildern und der Lebensrealitat von Frauen zu ermöglichen.