Zusammenfassung
Der Titel bedarf einleitend der Erläuterung, denn einem Vorurteil soll widersprochen, nicht aber Nachdruck verliehen werden: Nackte Männer und Frauen erscheinen dem Europäer seit Generationen als die Wilden, d.h. als die Ursprünglichen schlechthin. Nackte Menschen erinnern ihn entweder an das himmlische Paradies und damit auch an das zu Adam und Eva gehörende Gegenbild der Hexen, Albe und Teufel oder aber an seine Verwandten im Tierreich. Beide Lebenszustände zeichnen sich für den zivilisierten Europäer dadurch aus, dass in ihnen ohne Kultur auszukommen sei. Für den Europäer ist das Bekleidet-Sein seit etwa dem 16. Jahrhundert unabdingbarer Teil seiner öffentlichen Existenz (davor ging man beispielsweise noch nackt ins öffentliche Bad). Die eigenen Kleider und allenfalls der Schmuck prägen das Bild, das jeder von der Wirkung seiner Persönlichkeit in der eigenen Gruppe mit sich herumträgt. Dass dies so gekommen ist, liegt wohl nur zum Teil an den natürlichen Gegebenheiten. Immerhin ist des Europäers Leben seit je geformt vom gemässigten Klima seiner nördlichen Heimat, wo selbst im warmen Südteil in kalten und feuchten Winternächten die Grenzen der unbekleidet leicht zu ertragenden Temperaturen unterschritten werden. Mindestens ebenso stark dürften obrigkeitliche Lehren und Ermahnungen in Bezug auf das richtige körperliche und seelische Wohlbefinden die Ausgestaltung unserer eigenen Bekleidungsnormen beeinflusst haben.
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Elias, Norbert: Über den Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. Bern und München 1969 (2. Auflage).
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Kaufmann, C. (1988). Bekleidete Nackte in der Südsee. In: Hauser-Schäublin, B. (eds) Kleidung und Schmuck. Mensch, Kultur, Umwelt, vol 3. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6041-3_4
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Publisher Name: Birkhäuser, Basel
Print ISBN: 978-3-0348-6042-0
Online ISBN: 978-3-0348-6041-3
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