Wie lange sind Sie schon Mitglied in der DGfK? Vielleicht gehören Sie ja sogar zu den Menschen, die bereits für Ihre 25-, 40- oder gar 50-jährige Verbundenheit eine Ehrennadel in Bronze, Silber oder Gold erhalten haben. Glückwunsch—und ganz großen Dank für Ihre Treue!

Bei der Durchsicht unserer Mitgliederstatistik fällt immer wieder auf, dass es Personen gibt, die noch deutlich länger Mitglied sind. Bedauerlicherweise sieht unsere Satzung hierfür (noch) keine spezielle Ehrung vor. Vielleicht sollten wir analog zu den Hochzeitsjubiläen die diamantene Nadel (60 Jahre) oder eiserne Nadel (65 Jahre) einführen. Für 70 Jahre Mitgliedschaft (auch das gibt es!) wäre dann allerdings die „Gnaden-Nadel“ fällig—vielleicht ist diese Analogie doch nicht so passend. Auf alle Fälle erhalten all diese Jubilare derzeit einen Dankesbrief…

Falls Sie noch kein Anrecht auf die diamantene Nadel haben—hier einmal eine kleine Hilfestellung, was die Menschen erlebt haben, die 1964 in die DGfK eingetreten sind: In diesem Jahr kamen knapp 1,4 Millionen Babys zur Welt−1964 war und ist immer noch der geburtenstärkste Jahrgang in der deutschen Nachkriegsgeschichte (zum Vergleich: 2023 waren es rund 0,6 Millionen). In den USA trat das Bürgerrechtsgesetz zur Aufhebung zur Rassentrennung in Kraft, Nikita Chruschtschow wurde vom Plenum des ZK aus seinen Ämtern entlassen, Ludwig Erhard war Bundeskanzler und Spanien wurde Fußball-Europameister.

Und was geschah in der Kartographie? Ein Blick in den 1964er Jahrgang der Kartographischen Nachrichten (KN) hilft bei der Beantwortung. In Edinburgh fand die International Cartographic Conference (ICC) statt—mit 233 Teilnehmenden aus 38 Ländern, davon 12 aus (West-)Deutschland. Eduard Imhof (Schweiz) und Erwin Gigas (Frankfurt/M.) gaben ihre Ämter als Präsident bzw. Sekretär ab.

Der Deutsche Kartographentag fand in Münster statt—mit dem Schwerpunktthema Stadtkartographie. Der DGfK-Präsident, Dr. Botho Larke, begrüßte 145(!) Teilnehmende zur Mitgliederversammlung—und das trotz einer eher kurzen und nüchternen Tagesordnung ohne Wahlen (zum Vergleich: Heutzutage kommen wir, wenn es gut läuft, auf 45 Personen). Die DGfK hatte 1964 − wie heute − 15 Ortsvereine (von denen Bielefeld, Braunschweig und Kiel heute nicht mehr existieren, dafür sind aber die ostdeutschen Sektionen hinzugekommen).

Und das waren ausgewählte, aktuelle Themen vor 60 Jahren: W. Pillewizer und F. Töpfer schrieben in den KN 4/1964 über „Das Auswahlgesetz, ein Mittel zur kartographischen Generalisierung“. Das 1961 entwickelte und nun erweiterte Wurzelgesetz wurde hier bzgl. seiner Anwendbarkeit untersucht. W. Beck schrieb in Heft 3/1964 zum Thema „Neuere Entwicklung und gegenwärtiger Stand der topographischen Kartographie in der Bundesrepublik“ und schlussfolgerte: „Trotz aller Aktivität und Lust zu neuen Wegen kann aber nicht übersehen werden, daß auch die ungelösten Probleme zahlreicher sind, als man gerne zugibt.“

Interessant die technischen Höhepunkte des Jahres 1964: Der 5. Arbeitskreis Niederdollendorf befasste sich mit dem Thema „Schichtgravur, das rechte Thema im rechten Augenblick“ (Heft 3/1964) und O. Kudrnovská mit dem Stechzirkel für Böschungsmessungen (Heft 4/1964). Aber es wurde auch zur „Automation in der Kartographie“ im Rahmen der o. g. ICC über die Vorstellung eines Gerätes berichtet, „… das die Übertagung eines Kartenentwurfs in ein endgültiges reproduktionsfähiges Original auf Film mit Hilfe des Magnetbandes ermöglicht.“ Das Erscheinen dieses Gerätes wurde in der Fachwelt mit Spannung erwartet (trotz der nicht ganz unerheblichen Kosten von 500.000 DM).

Erstaunlich sind auch die zahlreichen Stellenanzeigen für Kartographinnen und Kartographen (1964 allerdings noch nicht gegendert…). Der Bedarf schien groß und dringend zu sein—immerhin wurde teilweise die 5-Tage-Woche versprochen oder häufiger auch: „Für Ledige kann möbl. Zimmer gestellt werden. Verheirateten wird bei der Wohnungsfrage geholfen.“

1964 war sicherlich kein bahnbrechendes Jahr in der Kartographie. Dieser lockere Rückblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit zeigt aber trotzdem sehr schön, wie breitgefächert auch damals schon die Beschäftigungsfelder waren—und dass die digitale Kartographie durchaus schon leichte Schatten vorauswarf. Das Tempo der Entwicklungen ließ sich damals (…wie auch heute, seien wir ehrlich…) nicht voraussehen.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass sich dieser Rückblick lediglich auf die westdeutsche Kartographie bezog—was der deutlich besseren Quellenlage geschuldet ist. Aber vielleicht gelingt uns ja auch noch einmal einen Rückblick aus ostdeutscher Sicht…

Jochen Schiewe.

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P.S.: Vielleicht wundern Sie sich, warum der Titel dieser Kolumne plötzlich auch auf Englisch erscheint. Der Platz reicht hier leider nicht ganz aus, um diese Seltsamkeit zu begründen. Nur so viel: Es hat etwas mit der Evaluation und Indexierung unserer Zeitschrift zu tun. Mehr dazu vielleicht bei einem Kaltgetränk bei einem der nächsten persönlichen Treffen—zum Beispiel bei unserer Mitgliederversammlung (mit mehr als 45 Teilnehmenden?), beim anschließenden Kartographie-Treff oder dem Deutschen Kartographie Kongress—alles zwischen dem 24. und 26. September in Stuttgart (die Ankündigungen hierzu finden Sie im folgenden KN-IP-Teil und auf der Webseite)!