Die idiopathische pulmonalarterielle Hypertonie (iPAH) ist eine seltene Erkrankung, die in die Gruppe 1 der WHO-Klassifikation eingeordnet wird und für deren Therapie Substanzen aus 5 verschiedenen Wirkstoffgruppen mit vorwiegend vasodilatierender Wirkung zugelassen sind. Mit Sotatercept steht außerdem ein völlig neues Therapieprinzip kurz vor der Zulassung, das mit seinen antiproliferativen Effekten direkt in das Remodeling der Pulmonalarterien eingreift.

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Wesentlich häufiger tritt eine pulmonale Hypertonie (PH) assoziiert mit Lungenerkrankungen auf, die dann der Gruppe 3 nach der WHO-Klassifikation zugeordnet wird. Trotz der deutlich höheren Inzidenz und auch der klinischen Relevanz des Auftretens einer PH bei fortgeschrittenen chronisch obstruktiven oder interstitiellen Erkrankungen gibt es bisher für diese Form des Lungenhochdrucks keine zugelassene spezifische Therapie. Die Hoffnung ruht auf inhalativem Treprostinil, das in einer Phase-III-Studie bei PH assoziiert mit interstitiellen Erkrankungen vielversprechende Effekte gezeigt hat.

Hämodynamisch zeigen Patienten sowohl der Gruppe 1 als auch der Gruppe 3 eine präkapilläre, pulmonalarterielle Hypertonie mit erhöhtem pulmonalvaskulärem Widerstand und normalem pulmonalkapillärem Verschlussdruck. Die korrekte Einordnung und damit auch adäquate Therapieentscheidung erfordert daher eine sorgfältige kardiopulmonale Umfelddiagnostik.

Die Differenzialdiagnose wird zusätzlich erschwert durch den demografischen Wandel. Historisch galt die iPAH klassischerweise als eine Erkrankung von jungen Frauen, mittlerweile wird eine pulmonalarterielle Hypertonie zunehmend auch bei älteren Patienten mit Komorbiditäten diagnostiziert. In Clusteranalysen von Registerdaten wurden neben dem klassischen Phänotyp verschiedene weitere Phänotypen definiert, die Patienten mit kardiovaskulären oder pulmonalen Komorbiditäten charakterisieren. Diese erfüllen trotzdem die Voraussetzung für eine Klassifikation in die Gruppe 1 und kommen daher für eine vasoaktive Therapie infrage, sprechen aber auf eine solche Therapie etwas schlechter an als der klassische Phänotyp.

Orientierungshilfen im diagnostischen Dschungel

Die Herausforderung in den großen Lungenzentren und Lungenfachabteilungen besteht also darin, zwischen 3 Patientenkohorten zu differenzieren: der seltenen iPAH und der häufigeren PAH mit Komorbiditäten (beide Gruppe 1 nach WHO) sowie der deutlich häufigeren PH assoziiert mit Lungenerkrankungen (Gruppe 3 nach WHO). Mit Spannung darf sicher beobachtet werden, ob und wie das 7. World Symposium on Pulmonary Hypertension (WSPH) Ende Juni in Barcelona weitere Klarheit in diesen diagnostischen Dschungel bringen wird.

Auch in dieser Ausgabe der Pneumo News versuchen wir, die Dinge zu ordnen: Katrin Milger-Kneidinger führt uns in die Einzelheiten der Differenzialdiagnose ein. Elena Pfeuffer-Jovic und Matthias Held informieren uns über Therapieoptionen für die PH assoziiert mit Lungenerkrankungen. Ich wünsche Ihnen mehr Klarheit in diesem komplexen klinischen Gebiet nach der Lektüre der beiden Beiträge.

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Dr. med. Wolfgang Gesierich

Asklepios Lungenklinik Gauting

Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

Robert-Koch-Allee 2

82131 Gauting

w.gesierich@asklepios.com