Die Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) empfiehlt bei nicht spezifischem Kreuzschmerz nicht steroidale Antirheumatika (NSAR). Dabei seien zwei Drittel der Betroffenen gar nicht für eine solche Behandlung qualifiziert, da sie einen oder mehrere Risikofaktoren oder Kontraindikationen dafür aufwiesen, sagte PD Dr. Michael A. Überall, Präsident der Deutschen Schmerzliga e. V., Nürnberg. Zudem ließe sich die Schmerzintensität durch eine NSAR-Therapie nur um 7,3 Punkte auf der Skala von 0 bis 100 reduzieren. "Das ist weit unterhalb dessen, was als klinisch wirksam erachtet wird." Der Schmerzexperte beklagte, dass laut NVL keine Muskelrelaxanzien verordnet werden sollten. Basis dieser Einschränkung seien zwei Studien, von denen eine bereits veraltet sei. In der anderen sei ein Benzodiazepin eingesetzt worden.

Aktuelle Studiendaten sprächen für das Muskelrelaxans Pridinol. So habe im "Global Assessment" die Ansprechrate für Pridinol bei 74 %, für Placebo bei knapp 50 % gelegen. Die Effektstärke (Cohen's h) gegenüber Placebo lag bei 0,506. "Ab 0,2 nehmen die Betroffenen das wahr", ab 0,5 sei eine Alltagsverbesserung nachweisbar [Überall MA et al. Curr Med Res Opin. 2022;38(7):1141-51]. Aus diesen Beobachtungen ergebe sich letztlich eine Number Needed to Treat (NNT) von 4,1. "Das ist in der Schmerzmedizin ein sehr guter Wert", betonte Überall. Mit NSAR ließe sich das nicht erreichen: Der Cohen's h liege für die Wirkstoffe unter 0,2 und die NNT bei 10,7.

Daten aus einer Real-World-Studie bestätigten die Ergebnisse der Metaanalyse. Hier erhielten die Untersuchten im Durchschnitt zwölf Tage lang Pridinol (Myditin®). Lag die Schmerzintensität zu Beginn im Median bei 52,3 (Skala von 0 bis 100), sank sie im Beobachtungszeitraum auf 20,3 [Überall MA et al. Curr Med Res Opin. 2022;38(7):1203-17], "und rund 80 % erfuhren eine mindestens 50 %ige Schmerzreduktion", sagte Überall. Eine solche Verbesserung der Schmerzintensität und auch der Funktionalität sei in der Schmerzmedizin eine Ausnahme.

Als pharmakologische Vorteile von Pridinol nannte Überall das schnelle Anfluten des Wirkstoffs - die maximale Plasmakonzentration werde bereits nach einer Stunde erreicht. Zudem gebe es keine Akkumulation und das Cytochrom-P450-System sei nicht beteiligt.

Veranstaltung "Pridinol bei muskulär bedingtem Rückenschmerz: Rationale, Evidenz und Praxisaspekte", im Rahmen des DKOU 2022, 26.10.2022; Veranstalter: Trommsdorff