Zusammenfassung
Hintergrund
Im Zeitalter der evidenzbasierten Medizin sollte möglichst jede ärztliche Entscheidung auf der besten verfügbaren Evidenz beruhen.
Ziel der Arbeit
Gibt es für bestimmte definierbare klinische Situationen hinreichende Evidenz dafür, dass eine sonst erfolgreiche Behandlung vergeblich ist?
Material und Methoden
Literaturbasierte Metaanalyse von Aussichtslosigkeitsstudien bei Patienten in kritischem Zustand bzw. nach plötzlichem Kreislaufstillstand.
Ergebnisse
Die vorliegenden Studien unterscheiden sich erheblich in der Definition von Aussichtslosigkeit und der statistischen Methodik. Die Studien sind generell zu klein, es gibt große Grauzonen mit nicht eindeutigem Ergebnis; die Vorhersagequalität ist schlecht. Die mit Framing- und Kontexteffekten, der Zeitpunktwahl und mit sich selbst erfüllenden Prophezeiungen verbundenen methodischen Probleme werden unzureichend reflektiert und sind möglicherweise der Fragestellung inhärent, im Prinzip aber überwindbar, wenn auch mit erheblichem methodischem Aufwand.
Schlussfolgerung
Zur Beurteilung der Aussichtslosigkeit medizinischer Interventionen im Endstadium des Lebens liegt keine praktisch brauchbare Evidenz vor. Die Wahl des Zeitpunkts des Verzichts auf lebensrettende Maßnahmen bleibt eine Entscheidung, die der Arzt nicht zuerst nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten, sondern geleitet vom Patientenwillen nach humanitären Gesichtspunkten treffen sollte.
Abstract
Background
In the age of evidence-based medicine, therapeutic decisions should invariably be based on the best available evidence.
Aim
Are there defined clinical scenarios with sufficient evidence for futility of an otherwise successful treatment?
Materials and methods
Literature-based meta-analysis of studies claiming or rejecting futility in cardiac arrest or otherwise critically ill patients.
Results
The studies differ substantially in their definition of futility and in their statistical methodology. The studies are generally too small, there are large grey zones with ambiguous results, and the quality of the predictions is poor. The methodological problems resulting from framing and context effects, timing, and self-fulfilling prophecies are insufficiently addressed and possibly intrinsic. These can, however, be overcome with substantial methodological efforts.
Conclusion
There is no reliable evidence for or against the futility of medical interventions in end-of-life care. Instead of relying on scientific results, the time to abandon life-saving care has to be chosen following a patient’s will according to humanitarian considerations.
Literatur
Schneiderman LJ, Jecker NS, Jonsen AR (1990) Medical futility: its meaning and ethical implications. Ann Intern Med 112(12):949–954
Gabbay E, Calvo-Broce J, Meyer KB et al (2010) The empirical basis for determinations of medical futility. J Gen Intern Med 25(10):1083–1089
Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehung hin: Der Autor ist in einer Person Wissenschaftler und potenziell betroffener Patient.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Wegscheider, K. Gibt es eine Evidenz für medizinische Aussichtslosigkeit?. Notfall Rettungsmed 15, 667–670 (2012). https://doi.org/10.1007/s10049-011-1541-x
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s10049-011-1541-x