Ein besonderes Ziel in der Orthopädie und Unfallchirurgie war es immer:

  • die Beweglichkeit der arthrotisch, posttraumatisch und postarthritisch bedingten Versteifungen im Hüftgelenk wiederherzustellen,

  • die Patienten von den z. T. erheblichen Schmerzen zu erlösen und

  • die damit verbundene Verminderung der Lebensqualität wieder zu mildern.

Die Implantation der Hüftendoprothese zählt heutzutage zu den bemerkenswertesten Fortschritten des letzten Jahrhunderts in der Medizin. Seit der klinischen Etablierung dieses Verfahrens vor über 40 Jahren wurden weltweit über 6 Mio. Eingriffe durchgeführt [8, 9]. Dies entspricht weltweit etwa einem jährlichen Gesamtumsatz von 620 Mio. US-Dollar [77].

Durch die immer weiter fortschreitende Entwicklung in der Hüftgelenkendoprothetik nimmt diese Behandlungsform bei jährlich etwa 500.000 implantierten Hüftendoprothesen in Europa eine zentrale Rolle in der unfallchirurgischen und orthopädischen Tätigkeit ein [68, 77]. In Deutschland werden jährlich etwa 200.000 Hüftendoprothesenoperationen mit einer Vielzahl von Prothesenmodellen durchgeführt [55], von denen etwa 10% zementiert werden [50]. Die Zahl der Wechseloperationen in Deutschland liegt derzeit zwischen 5 und 10% [55].

Dauerhafte Prothesenimplantation

Die Implantation einer Hüftgelenkprothese ist heute ein erfolgreiches und effektives Verfahren in der Gelenkchirurgie. Inzwischen ist weltweit eine große Auswahl von Hüftprothesensystemen verfügbar, wobei sich grundsätzlich zementierte und unzementierte Systeme unterscheiden lassen.

Ziel beim künstlichen Hüftgelenkersatz sind die dauerhafte Fixation und schmerzfreie Funktion der Prothesenkomponenten im Knochen und die Minimierung des Abriebs zwischen den Gleitpartnern Kopf und Pfanne [34, 45, 46, 87, 88]. Die Funktionsfähigkeit der Kunstgelenke ist jedoch unabhängig von der Implantationstechnik limitiert, denn es sollte nicht übersehen werden, dass die Problematik der aseptischen Lockerung, trotz aller uns heute zur Verfügung stehenden Implantate, im Hinblick auf die Langzeitergebnisse nicht gelöst ist und weiterhin in Kombination mit dem periprothetischen Knochenverlust die häufigste Spätkomplikation darstellt [49, 67]. Dies betrifft sowohl den Schaft als auch die Pfanne, unabhängig von zementierter oder zementfreier Implantation. In groß angelegten Studien wurden in der primären Hüftendoprothetik generelle Lockerungsraten von 4–10% nach 10 Jahren Standzeit beschrieben [1, 26]. Im Bestreben, die langlebigste Implantatkombination zu erreichen, sind in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl verschiedener Pfannen- und Schaftdesigns entwickelt worden, aus welchen sich über 20 Kombinationsmöglichkeiten ergeben.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen (z. B. verbesserte Zementiertechnik, Entwicklung neuer PMMA-Knochenzemente) haben die meisten Neuerungen in der Hüftendoprothetik bis heute zu keiner gesicherten Verbesserung der Standzeiten geführt. Entsprechend der Forderungen des „National Institute of Health“ [61] muss von einem Prothesensystem eine Überdauerungsrate von 95% nach 10-jähriger Beobachtung gesichert sein, um dessen klinischen Einsatz weiterhin rechtfertigen zu können [11]. Aufgrund schlecht verwertbarer kontrollierter Studien und ausreichender Beobachtungszeiträume sind viele zementfreie Implantate von dieser Marke weit entfernt.

Im Hinblick auf mögliche Wechseloperationen besteht in Deutschland ein Trend zu zementfreien Verankerungen. Ob die zementfreien oder die zementierten Prothesensysteme bessere Langzeitergebnisse zeigen, ist auch heute noch unter Experten umstritten. Trotz der Fortschritte in der Entwicklung eines besseren Knochenzements und der Optimierung der Zementiertechnik begann man, kontrovers über die Frage zu diskutieren, ob zementierte oder unzementierte Hüftendoprothesensysteme bessere langfristige Ergebnisse in der Alloarthroplastik am Hüftgelenk erzielen. Damit stellt sich die Frage, ob die zementierte Hüftprothese als zweitklassig und veraltet angesehen werden muss und ob man sie nur noch für bescheidene Ansprüche verwenden sollte.

Zementfreie Prothesenimplantation

Grundlagen

Um die dauerhafte Verankerung unzementierter Hüftendoprothesen im Knochen zu gewährleisten, ist ein inniger Verbund zwischen Knochen und den eingebrachten Materialien erforderlich. Um dies zu erreichen, ist es erforderlich, die Biomechanik des Hüftgelenks zu erhalten, damit der Knochenstoffwechsel ungestört bleibt und sich somit nach der Einheilungsphase ein biomechanisches Gleichgewicht an der Knochen-Implantat-Grenze einstellt. Morscher [56] verglich diese Vorgänge mit Prozessen bei der Frakturheilung.

Weiterhin mussten 3 wesentliche Probleme gelöst werden:

  • Das Material muss biokompatibel sein und gleichzeitig dem biologisch aggressiven Milieu standhalten, wobei seine Funktionstüchtigkeit, gekennzeichnet durch das gegenseitige Bewegen und Miteinandergleiten beider Gelenkpartner, erhalten bleiben muss.

  • Für beide Gelenkpartner wird eine ausreichende Ausgangsstabilität benötigt, auch die Frage der Verankerung muss gelöst werden.

  • Die Prothese sollte sowohl einfach zu implantieren als auch – was nicht zu vernachlässigen ist – relativ gut zu explantieren sein.

Zu den Indikationen zur Implantation einer zementfreien Hüftprothese zählen:

  • Gute Compliance

  • Lange Lebenserwartung

  • Junge Patienten

  • Gute Knochenqualität

  • Gute Schaft- und Pfannengeometrie

  • Keine Osteoporose

Osseointegration

Als Grundvoraussetzung für ein gutes Langzeitergebnis in der zementfreien Hüftendoprothetik gilt die Primärstabilität der Implantate. Sie stellt den entscheidenden Faktor für die postoperative Belastungsfähigkeit des Hüftgelenks dar. Die biologische Aktivität des Knochens muss die Defizite der primären Verankerungsqualität ausgleichen. Eine Überlastung des knöchernen Implantatlagers ist daher in der direkt postoperativen Phase zu vermeiden.

Einen wesentlichen Gesichtspunkt für die dauerhafte Verankerung stellt die sekundäre Osseointegration dar. Osseointegration bedeutet aus histologischer Sicht einen direkten Kontakt zwischen Implantat und Knochen ohne Bindegewebsinterposition [3]. Biomechanisch gesehen muss eine funktionelle Verbindung vom Implantat zum Knochen zur Übertragung der physiologischen Kräfte hergestellt werden. Ein sekundär durch Knocheneinwuchs osteointegriertes und stabilisiertes Implantat schafft die Voraussetzung für eine langfristige Fixation und Funktion ohne Schmerzen oder Lockerung.

Ein großes Problem stellt die dauerhafte biomechanische Integration des Implantats an der Grenzfläche zum lebenden Knochen dar. Aus diesem Grund spielt die Beschaffenheit der Implantatoberfläche eine zentrale Rolle. Sie muss eine gleichmäßige Übertragung der einwirkenden Kräfte gewährleisten und dem Knochen angepasst sein. Die übertragende Fläche sollte möglichst groß sein. Punktförmige Kraftübertragungen und damit übergroße lokale Beanspruchungen des Knochengewebes sollten vermieden werden. Diese Forderungen müssen durch entsprechende Wahl der Oberflächenbeschaffenheit und des Designs, d. h. der Formgebung des Implantats und die physikalischen Eigenschaften, erfüllt werden.

Durch die Weiterentwicklung der unzementierten Hüftendoprothesensysteme in den folgenden Jahren kam man den gestellten Anforderungen immer näher. Dies führte zu einer größeren Verbreiterung der zementlosen Technik [86].

Ergebnisse

Morscher [58] beschrieb für die unzementierte im Vergleich zur zementierten Fixation von Hüftendoprothesen 6 wesentliche Vorteile:

Verbesserung der Knochen-Implantat-Grenze

Es kommt zu keiner Schrumpfung von Knochenzement bei der Polymerisation und keinen Hitzeschäden benachbarter Gewebe. Es entstehen keine Nachteile durch geringe mechanische Widerstandsfähigkeit gegenüber Scher- und Zugkräften sowie große Unterschiede im Elastizitätsmodul zwischen Zement und Implantat bzw. Knochen.

Kleinere Gesamtgröße des Implantats

Durch den Wegfall des Zements verbessern sich die Konservierungsmöglichkeiten.

Erleichterung einer Augmentationsplastik

Beim Einsatz von Zement können keine Spongiosaplastik durchgeführt oder augmentierte Knochenkeile eingesetzt werden.

Einfaches operationstechnisches Vorgehen

Im Vergleich zur zementierten Technik sind die Operationszeit kürzer und der Blutverlust geringer, zudem entfällt eine mögliche anaphylaktische Reaktion beim Einbringen des Zements.

Verbesserte klinische Resultate

Zementfreie Hüftprothesen zeigen in der Regel gute Kurzzeitergebnisse, die mit denen zementierter Prothesen, in Bezug auf Schmerzreduktion und Funktion, zu vergleichen sind.

Einfache erfolgreiche Revision

Die Revision bei einer Implantatlockerung ist erleichtert, und es kommt zu weniger Knochenzerstörungen.

Trotz sämtlicher Vorteile der zementfreien gegenüber der zementierten Hüftprothesenimplantation zeigen Erstere in der Regel gute Kurzzeitergebnisse (Tab. 1, Tab. 2), jedoch liegen Langzeitergebnisse mit einem Nachuntersuchungszeitraum von mehr als 10 Jahren nur für eine begrenzte Zahl von unzementierten Pfannen- und Schaftimplantaten vor (Tab. 3, Tab. 4).

Tab. 1 Kurzzeitergebnisse verschiedener zementfreier Pfannensysteme
Tab. 2 Kurzzeitergebnisse verschiedener zementfreier Schaftsysteme
Tab. 3 Langzeitergebnisse verschiedener zementfreier Pfannensysteme
Tab. 4 Langzeitergebnisse verschiedener zementfreier Schaftsysteme

Zementierte Prothesenimplantation

Grundlagen

Die zementierte Implantationstechnik stellt heute ein weltweit akzeptiertes Standardverfahren bei der endoprothetischen Versorgung dar. Allein in unserer Klinik wurden im Jahr 2006 von den 273 durchgeführten Hüftendoprothesen 46 Pfannen (Müller-Pfanne, Abb. 1) und 148 Schäfte (Müller-Geradstiel, Abb. 2) zementiert. Auch wenn in den deutschsprachigen Ländern und den Vereinigten Staaten (USA) der Anteil der zementfreien Prothesen im Bereich des Schafts deutlich zugenommen hat, ist mit etwa 90% in Großbritannien und Skandinavien aufgrund der guten Langzeitergebnisse immer noch die zementierte Implantation vorherrschend (Abb. 3, Abb. 4, Abb. 5, Abb. 6, Abb. 7) [53].

Abb. 1
figure 1

Zementierte Vollpolyethylenpfanne (Müller-Pfanne, Fa. Biomet)

Abb. 2
figure 2

Zementierte Schaftprothese (Müller-Geradschaftstiel, Fa. Zimmer)

Abb. 3
figure 3

a.-p. Beckenübersichtsröntgenaufnahme, fortgeschrittene Dysplasiekoxarthrose mit pilzförmiger Deformierung des Femurkopfs und zylindrischer Schaftform im Verlauf des gesamten proximalen Femurs

Abb. 4
figure 4

Röntgenaufnahme, fortgeschrittene Koxarthrose links mit kranialer Abflachung

Abb. 5
figure 5

a.-p. Beckenübersichtsröntgenaufnahme, Zustand nach Totalendoprothesenimplantation am linken Hüftgelenk mit zementierter Vollpolyethylenpfanne (Müller, Fa. Biomet) und zementfreiem Schaft (Spotorno, Fa. Zimmer) postoperativ nach 12 Jahren, regelrechter Implantatsitz mit intaktem Zementmantel an der Pfanne und ohne Osteolysezeichen

Abb. 6
figure 6

Postoperative a.-p. Röntgenaufnahme vom 18.11.1989: Totalendoprothesenimplantation am rechten Hüftgelenk mit zementierter Vollpolyethylenpfanne (Müller, Fa. Biomet) und zementiertem Geradschaftstiel (Müller, Fa. Zimmer)

Abb. 7
figure 7

Röntgenaufnahme in zwei Ebenen vom 27.07.2007: Postoperativ 17,70 Jahre nach Implantation bei einer zum Nachuntersuchungszeitpunkt 84-jährigen Frau

Zu den Indikationen zur Implantation einer zementierten Hüftprothese zählen:

  • Mangelnde Compliance

  • Begrenzte Lebenserwartung

  • Pathologische SH-Fraktur

  • Problematische Pfannen- (Hüftkopfdysplasie) und Schaftgeometrie (Zylinderform)

  • Pressfitversagen (Revisionen)

  • Osteoporose

Knochenzement (PMMA)

Mit der Einführung von Polymethylmetacrylat (PMMA) als so genanntem Knochenzement gelang Anfang der 1960er Jahre Sir Charnley [14, 15] aus Großbritannien ein entscheidender Durchbruch in der Hüftendoprothetik.

Methylmetacrylat (MMA) war aus der Zahnheilkunde bekannt, wo es seit 1957 angewendet wurde [56]. Es handelt sich um ein Methylester der Metacrylsäure. Es wird als flüssiges Monomer und als auspolymerisiertes, feinpulveriges Polymer geliefert. Werden Pulver und Flüssigkeit miteinander vermischt, kommt es innerhalb von Minuten zu einer Auspolymerisierung des flüssigen Monomers. Das voll auspolymerisierte Poly-MMA verhält sich gegenüber dem Kontaktgewebe indifferent, allerdings ist das freie Monomer zelltoxisch. Seit Pulver und Flüssigkeit im festen Mischverhältnis geliefert werden, sind die mit der Toxizität des Monomers im Zusammenhang stehenden Komplikationen deutlich zurückgegangen [41, 48].

Abgesehen davon, dass das stets vorgeschriebene Mischverhältnis Monomer:Polymer eingehalten werden muss, ist das Einbringen des Knochenzements von dessen Konsistenz abhängig. Ist der Zement bereits zu hart, gelingt es nicht mehr, ihn in alle im Knochenlager vorbereiteten Vertiefungen und Nuten einzudrücken. Wenn er noch in relativ flüssigem Zustand in den Knochen eingegossen wird, kann es zu einer ungleichmäßigen Verteilung kommen. Infolge unvollständiger oder ungleichmäßiger Verteilung des Zements wird die Übertragung des Kraftflusses von der Totalendoprothese auf das Knochenlager gefährdet. Es entstehen Spannungsspitzen, die zu einem Bruch des Zementköchers oder zur Knochenresorption führen können [32].

Es besteht kein Zweifel, dass durch die Einführung und Anwendung der 2. Generation der Zementiertechniken am Femurschaft mit Druckzementierung, Markraumstopper und Jetlavage zur Spongiosareinigung (Tab. 5) das Revisionsrisiko aufgrund aseptischer Lockerung um etwa 20% [51] vermindert und damit die Ergebnisse, auch bei jungen Patienten, insgesamt verbessert werden konnten [4, 5, 6, 13, 59, 60, 70, 71, 82], wobei die pulsierende Druckspülung (Jetlavage) der wichtigste Einflussfaktor war [51]. Moderne Zementiertechniken zielen auf eine bessere Verzahnung des Zements im Knochen, um damit eine erhöhte Scherbeanspruchbarkeit dieser Verbindung zu erreichen [44].

Bis heute jedoch hat sich bei der zementierten Hüftprothesenimplantation besonders die zementierte Pfanne wegen schwer reproduzierbarer Ergebnisse im Langzeitverlauf z. T. als problematisch erwiesen [75, 90]. Die Revisionsraten von zementierten Pfannen liegen häufig deutlich über denen zementierter Schäfte (Tab. 6, Tab. 7).

Charnley [16] hatte in seiner ersten Serie versucht, die kraniale Sklerosezone möglichst vollständig zu entfernen, um eine vermehrte Zementpenetration ins Azetabulum zu erreichen. Bei dieser Präparationsart kam es jedoch in vielen Fällen zur Pfannenwanderung mit ausgeprägten Knochendefekten und notwendigen Wechseleingriffen. Aufgrund dieser Erfahrungen ging Charnley [16] dazu über, die Sklerosezone zu erhalten. Zwar kam es bei diesem Vorgehen zu weniger Pfannenmigrationen, aber aufgrund einer zu geringen Zementpenetration vermehrt zu Saumbildungen, insbesondere bei jungen, aktiven Patienten [16]. Zur besseren Verzahnung des Zements wurden multiple Bohrlöcher in die angefrischte, aber erhaltene Sklerose des Pfannendachs eingeführt [25]. Diese noch heute praktizierte Technik der kranialen Verankerungslöcher schuf die Voraussetzung für die weitere Senkung der radiologischen Lockerungsraten [72].

Tab. 5 Zementiertechniken
Tab. 6 Publizierte Ergebnisse der zementierten Müller-Geradschaftprothese
Tab. 7 Publizierte Ergebnisse zementierter Pfannensysteme

Operationstechnik

Eine wesentliche Grundlage für akzeptable Langzeitergebnisse in der zementierten Hüftendoprothetik ist eine exakte Operationstechnik, dies schließt die positionsgerechte Implantation der Pfanne und des Schafts ein. Bei optimaler Operationstechnik dringt der Knochenzement (PMMA) in die Hohlräume der offenen Spongiosa ein und begünstigt eine gleichmäßigere Verteilung der Spannungen. Ziel bei der Implantation von zementierten Prothesenkomponenten ist es, einen gleichmäßigen Zementmantel und eine innige Verzahnung von Zement und knöchernem Lager zu erzielen.

Eine geschlossene Zementscheide ist für ein stabiles, belastbares Knochen-Zement-Interface und eine gleichmäßige Kraftübertragung auf das knöcherne Bett erforderlich. Zu dünne Zementmäntel können zu Defekten und Brüchen führen, die mit erhöhten klinischen und radiologischen Versagerraten verbunden sind [43, 81]. Des Weiteren führen Implantationsfehlstellungen zu falschen Belastungsmustern, die sich sowohl in atypischen Knochenresorptionen [40] als auch in Alterung des Knochenzements mit massiven Knochendestruktionen durch Fremdkörpergranulome widerspiegeln können und somit eine frühzeitige Lockerung der Prothese bedingen [33].

Fettembolien

Aseptische Lockerung, Infektion und Luxation stellen nach wie vor die häufigsten Komplikationen nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese dar. Thrombembolische Komplikationen, die das Fettemboliesyndrom mit einschließen, spielen ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Rolle. Dies wurde im Rahmen der zementierten Schaftimplantation bereits vor über 30 Jahren erkannt und erforscht. Moderne Zementiertechniken, welche die Anwendung eines Markraumstoppers, einer proximalen Zementkompression und die retrograde und blasenfreien Zementapplikation beinhalten, haben zu einer verbesserten Verzahnung des Zements im Knochen geführt. Bei der Anwendung dieser Verfahren kommt es jedoch zu einer Erhöhung des intramedullären Drucks während der Implantation und damit des Risikos für thrombembolische Komplikationen [36]. Die zementierte Prothesenimplantation scheint dieses Phänomen eher zu begünstigen als die zementfreie Schaftimplantation [18, 39, 42]. Nach Einbringen von Knochenzement (PMMA) bei der Verankerung von Hüfttotalendoprothesen wurden intraoperative Kreislaufkomplikationen in Form von kurzfristigen Blutdruckabfällen und von Herzrhythmusstörungen beschrieben. Sie traten durchschnittlich 2 min nach Einbringen des Knochenzements auf. Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang Fettembolien unter Einwirkung von freien Monomeren. Ihre Charakteristika sind:

  • Die Formraspel findet kaum Widerstand.

  • Der Markbrei ist gelblich ölig.

  • Bei der Pfannen- und Schaftimplantation kommt es zu einem Hustenanfall.

Im Tierexperiment konnten die durch freies Monomer verursachten Fettembolien reproduziert werden [23, 74]. Die Verwendung der pulsierenden Druckspülung (Jetlavage) zur Reinigung des knöchernen Lagers erleichtert zum einen die verbesserte Zementpenetration und vermindert zum anderen durch effektive Entfernung von thrombogenen Knochenmarkbestandteilen das Risiko von Fettembolien und kardiorespiratorischen Komplikationen mit potenziell tödlichem Ausgang [12].

Allein in unserer Klinik verstarben im Zeitraum von 1972–1995 bei 4857 implantierten zementierten Hüftprothesen insgesamt 30 Patienten aufgrund einer Fettembolie (Abb. 8).

Abb. 8
figure 8

Lungenanschnitt mit Nachweis von Fettembolie (rot) in den peripheren Lungenarterien, Sudan-III-Färbung, Vergr. 100:1

Ergebnisse

In Tab. 8 sind die Vor- und Nachteile zementierter Hüftendoprothesen aufgeführt.

Tab. 8 Vor- und Nachteile zementierter Hüftendoprothesen

Fazit für die Praxis

Trotz sämtlicher Vorteile der zementfreien gegenüber der zementierten Hüftprothesenimplantation zeigen Erstere in der Regel gute Kurzzeitergebnisse, jedoch liegen Langzeitergebnisse mit einem Nachuntersuchungszeitraum von mehr als 10 Jahren nur für eine begrenzte Zahl von unzementierten Pfannen- und Schaftimplantaten vor. Die zementierte Hüftprothesenimplantation sowohl für die Pfanne als auch für den Schaft ist technisch anspruchsvoller als die Implantation einer zementfreien Hüftprothese (Tab. 8). Jedoch sollte, bis ausschlussreiche Langzeitergebnisse über 15 Jahre für die Vielzahl der auf dem Markt befindlichen zementfreien Prothesensysteme vorliegen, die zementierte Verankerung seit Einführung und Anwendung der 2. Generation der Zementiertechniken mit Druckzementierung, Markraumstopper und Jetlavage zur Spongiosareinigung und deren Senkung des Revisionsrisikos um etwa 20% momentan als Maß der Dinge gelten.