Die Therapie des Prostatakarzinoms hat sich in den letzten Jahren immer weiter zu einem interdisziplinären und individuellen Behandlungskonzept entwickelt. Das alte Konzept „lokale Tumoren werden ausschließlich lokal behandelt, systemische (= metastasierte) Tumoren systemisch“ hat beim Prostatakarzinom ausgedient. Anstelle dessen haben sich in fast allen Tumorstadien vom lokal fortgeschrittenen, hormonsensitiven bis zum kastrationsresistenten Prostatakarzinom kombiniert lokale und systemische Therapiekonzepte entwickelt.

Ziel der Therapieansätze ist hierbei zum einen, eine lokale Tumorkontrolle mit Reduktion tumorbedingter Symptome und die Vermeidung tumorbedingter Komplikationen zu erreichen. Zum anderen dienen lokale Therapiemaßnahmen aber auch dazu, einen Progress und die Notwendigkeit einer weitergehenden Therapie hinauszuzögern und die Gesamtprognose zu verbessern. In Einzelfällen kann sogar eine Kuration bei bereits metastasiertem Prostatakarzinom erreicht werden.

Beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom ist die Kombination der Strahlentherapie mit einer zeitlich begrenzten Androgendeprivation längst als Therapiestandard in den Leitlinien verankert. Für die operative Therapie in kurativer Absicht konnte sich bisher kein standardisiertes perioperatives Therapiekonzept entwickeln, welches mit der radikalen Prostatektomie als alleinige lokale Therapie auskommt. Die perioperative Hormon- bzw. Hormonchemotherapie wurde zwar in vielen klinischen Studien untersucht, ohne bisher einen eindeutigen Vorteil für die Progression und das Gesamtüberleben nachzuweisen. Daher wird nach erfolgter radikaler Prostatektomie häufig eine adjuvante Strahlentherapie aufgrund des Ausmaßes positiver Schnittränder und Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen diskutiert.

Kombinierte lokale und systemische Therapiekonzepte

Mit Einführung des PSMA-PET („prostate-specific membrane antigen positron emission tomography“) konnten sich auch für die Rezidivsituation nach radikaler Prostatektomie neue Therapiekonzepte entwickeln. War früher nur die frühzeitige Salvage-Radiatio oder Einleitung einer Androgendeprivation möglich, können lokale Salvage-Maßnahmen wie die Resektion oder Bestrahlung von Lymphknotenmetastasen dazu beitragen, den Progress des Prostatakarzinoms und die Notwendigkeit medikamentöser Therapien in einem Teil der Patienten zu verzögern. Wir haben allerdings auch gelernt, dass nicht jeder Patient von diesen lokalen Maßnahmen profitiert, sodass eine Selektion der Patienten notwendig ist, die am ehesten von diesen lokalen Konzepten profitieren.

Neben diesen Salvage-Konzepten bei lokal begrenzten und/oder oligometastasierten Prostatakarzinomen wächst die Evidenz, dass auch bei Patienten mit einem ausgedehnt metastasierten Prostatakarzinom die Behandlung des Primärtumors und/oder einzelner Metastasen einen Nutzen erbringt. Durch den Einsatz vieler lebensverlängernder medikamentöser und nuklearmedizinischer Therapien sehen wir vermehrt Patienten, bei denen durch das lokale Tumorwachstum Beschwerden und Komplikationen entstehen – schlichtweg dadurch, dass die insgesamt erzielte Lebensverlängerung ermöglicht, dass sich lokal der Tumor ausdehnen kann.

Neben der Palliation tumorbedingter Beschwerden und der Vermeidung von Komplikationen durch das Tumorwachstum erscheint die Behandlung des Primärtumors bzw. einzelner Metastasen aber auch aus tumorbiologischer Sicht sinnvoll zu sein. In verschiedenen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass v. a. aus einem verbleibenden Primärtumor durch klonale Selektion neue Metastasen entstehen können.

Die angeführten Entwicklungen und Konzepte beim Prostatakarzinom sind Anlass dafür, dass wir uns in diesem Schwerpunkt-Themenheft intensiv mit den einzelnen Therapieansätzen beschäftigen möchten. Wir wünschen Ihnen bei der Lektüre der Beiträge viele Erkenntnisse, die Sie in der Behandlung Ihrer Patienten einsetzen können.