Guter Migrant, böser Migrant? Kulturessenzialistische und rassistische Tendenzen im polnischen Migrationsdiskurs seit 2015

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Politische Debatten um Migration und Integration
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Zusammenfassung

Seitdem die rechtspopulistische Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS) im November 2015 die Regierungsgeschäfte übernommen hat, konnte man eine Unmenge an verabschiedeten und geplanten Gesetzen beobachten, die als Einschränkung der Freiheitsrechte und dadurch als Bedrohung für die demokratische Grundordnung der Polnischen Republik wahrgenommen werden. Diese beobachtbare Entwicklung zu einer illiberalen Demokratie geht mit einer autoritären Formierung von Staat und Gesellschaft einher, die sich insbesondere im Umgang mit Migranten zeigt und zu einem polarisierten Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Polen geführt hat, da „die neue Zentralität der Migrationsproblematik in der EU eine große Herausforderung“ für Polen darstellt.

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Notes

  1. 1.

    Die Begriffe ‚Erinnerungspolitik‘ und ‚Geschichtspolitik‘ werden oftmals synonym verwendet, können jedoch je nach Akzentuierung variieren, das heißt, dass die Verwendung der Geschichtsbilder den Unterschied markieren kann. Die differenzierende Perspektive auf die Begriffsproblematik betrachtet im Falle der Geschichtspolitik Geschichte als das eigentliche Objekt von Konflikten, wohingegen es im Falle der Erinnerungspolitik um Geschichte als Mittel in Konflikten um politische Macht geht (Kohlstruck 2004, S. 181).

  2. 2.

    Dass politische Mythen instrumentalisiert werden, bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie bewusst eingesetzte Instrumente der Manipulation sind. Vielmehr glauben diejenigen, die für politische Zwecke auf mythische Narrationen rekurrieren, selbst an sie und würden vehement gegen die Bezeichnung ihres Narrativs als Mythos protestieren.

  3. 3.

    Der Wertewandel und die diskursiv täuschende Wahrnehmung dieses Prozesses können nur als ein Erklärungsversuch für den Erfolg der PiS neben anderen fungieren. Weitere Faktoren sind einerseits die hohe Prekarisierung innerhalb der polnischen Bevölkerung, die ein Defizit der Politik der vorherigen Koalitionsregierung von Platforma Obywatelska (PO) und Polskie Stronnictwo Ludowe (PSL) darstellt, andererseits die Abhöraffäre von 2014, welche die Entfremdung zwischen Bevölkerung und Eliten verstärkte. Diese Aspekte ermöglichten es der PiS, sich mit sozialen Versprechungen als Teil des Volks zu präsentieren (Vetter 2016, S. 22 ff.). Des Weiteren schaffte es die PiS durch eine Radikalisierung nach dem Flugzeugabsturz bei Smolensk im Jahr 2010 fast die gesamte politische Rechte unter ihrer Führung zu vereinigen und die PO aus dem Feld der Rechten hinauszudrängen (Bachmann 2016a, S. 109).

  4. 4.

    Die ethnische und konfessionelle Homogenität sind hauptsächlich Folgen der Shoah, des Vernichtungskriegs und der Vertreibungen im Zweiten Weltkrieg. Zusätzlich führte die in der Volksrepublik Polen entfachte antisemitische Hetzkampagne während der März-Unruhen von 1968 zur Auswanderung des Großteils der wenigen jüdischen Shoah-Überlebenden (Gwóźdź-Pallokat und Karpińska 2018, S. 178 f.).

  5. 5.

    Sofern nicht anders ausgewiesen, stammen die Übersetzungen vom Autor.

  6. 6.

    Die rechtspopulistische Rede von ‚dem Islam‘ negiert jegliche Widersprüche sowie unterschiedliche Ausprägungen und Positionen innerhalb der islamischen Glaubensgemeinschaft.

  7. 7.

    Der Begriff ‚antimuslimischer und antiarabischer Rassismus‘ wird dem Begriff ‚Islamophobie‘ vorgezogen, da letzterer neben analytischen Zwecken auch propagandistisch als politischer Kampfbegriff genutzt wird (Frischberg 2006).

  8. 8.

    Die Mythisierung von OUN und UPA, die sich vor allem in der Mythisierung der Person Stepan Banderas zeigt, geht auf die erinnerungspolitischen Maßnahmen von Wiktor Juschtschenko zurück, der die Balance zwischen den unterschiedlichen mythischen Narrativen in der Ukraine seit Mitte der 2000er Jahre durch die Delegitimierung sowjetischer Narrative und die forcierte Konstruktion des neuen nationalen Helden-Narrativs zerstörte. Diese erinnerungspolitische Wende wurde seitdem mithilfe des 2006 gegründeten Ukrainischen Instituts für Nationales Gedenken vorangetrieben und manifestiert sich seit dem Euromaidan in der Ausbreitung von Denkmälern für OUN und UPA sowie in den Dekommunisierungsgesetzen des Jahres 2015 (Myshlovska 2018, S. 3 ff.).

  9. 9.

    Das wohl bekannteste unter diesen dürfte das Pogrom von Jedwabne aus dem Jahr 1941 sein, das durch das 2001 erschienene Buch Nachbarn. Der Mord an den Juden von Jedwabne von Jan Tomasz Gross eine gesamtpolnische Diskussion über das nationale Selbstbild und das Verhältnis zur jüdischen Bevölkerung entfachte und verschiedene Reaktionen des Umgangs damit hervorrief (Ruchniewicz 2007, S. 26 ff.).

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Mohr, D. (2019). Guter Migrant, böser Migrant? Kulturessenzialistische und rassistische Tendenzen im polnischen Migrationsdiskurs seit 2015. In: Bizeul, Y., Rudolf, D. (eds) Politische Debatten um Migration und Integration. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23963-3_8

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-23962-6

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