Zusammenfassung
Der Tod beendet nicht nur das Leben, sondern auch soziale Beziehungen. Er erzeugt parasoziale Kommunikationssituationen, an die etwa religiöse oder esoterische Sinngebungsinstanzen andocken können. Selbstverständlich wird nicht nur im Alter gestorben, doch der gealterte Körper scheint derjenige zu sein, auf den ein ‚legitimer‘ Tod folgt. Bei näherem Hinsehen steckt dahinter kein Naturgesetz, sondern eine diskursive und rituelle Einrahmung des menschlichen Lebens durch gesellschaftliche Setzungen. Denkt man den Tod vom Körper her, sind die Evidenzen und Legitimationen, auf denen thanatospezifische Handlungen aufbauen, tatsächlich nur vorläufiges Wissen – sie verändern sich und schaffen keine physiologischen Tatsachen, sondern allenfalls vorläufige Orientierungsmaßstäbe. Die soziologische Analyse zeigt, dass der menschliche Körper den Tod nicht schlichtweg passiv erduldet; vielmehr werden Sterbe- und Trauerkontexte immer wieder neu mit Sinn besetzt.
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Benkel, T. (2017). Strukturen der Sterbenswelt. In: Keller, R., Meuser, M. (eds) Alter(n) und vergängliche Körper. Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10420-7_13
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