Zusammenfassung
Es ist sehr merkwürdig, dass gewisse Culturpflanzen, deren Gebrauch einstmals ein grosser war, ganz in Vergessenheit gerathen können, so dass die wieder auftauchende Kunde von solchen Pflanzen wie eine Sage klingt, während andere, wie die Baumwolle, welche früh ihre Wanderung von Osten nach Westen antrat und erst zu weltherrschender Macht gelangte, als durch die Maschine des Eli Whitney die Möglichkeit ihrer massenhaften Verwendung gegeben war, schon lange zuvor in gewerb- und culturreichen Gegenden grosse Pflege gefunden, bevor sie uns bekannt ward. Als die Baumwolle durch die Holländer, Portugiesen und später durch die Engländer roh oder verarbeitet in Europa erschien, drängte sie die heimischen Faserstoffe zurück und machte deren Anbau unlohnender. Liest man unsere alten Chroniken und Culturgeschichten, so gewinnt man die Ansicht, dass neben unsern heutigen Faserpflanzen, dem Hanf und dem Flachs, noch andere, besonders aber die Nesselpflanze cultivirt und auf ihre Faser benutzt wurde. Erstere haben den Kampf mit der Baumwolle besser bestanden, als die letztere, — wie es scheint! Der Gebrauch der Nesselfaser war damals ohne Zweifel ausgedehnt; für alle Länder der Welt redet die Geschichte von ihr und auch nur in Europa hat die Faser der Nesselarten der Baumwolle völlig weichen müssen, während das innere Asien sie noch heute gebraucht, China und Japan sie hochschätzen, Ostindien und die Sundainseln sie sammeln und in Massen verwenden, und der Indianer Amerikas vorzugsweise benutzt. Die Zeit der Baumwollennoth 1862–65 zog die Faser aus ihrer Vergessenheit entschiedener wieder hervor und Forschungen ergaben, dass die Nesselfaser noch heute keineswegs ein geringes Verbrauchsgebiet hat, sondern in grossartiger Ausdehnung benutzt wird. Es kommen hierbei selbstredend verschiedene Species von Nesseln in Betracht.
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Bouché, C.B., Grothe, H. (1884). Einleitung. In: Ramie, Rheea, Chinagras und Nesselfaser. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-32735-7_1
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