Serotonerge Dysfunktionen bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit

Zusammenfassung

Serotonerge Funktionsstörungen spielen eine Rolle in der Pathogenese verschiedener psychiatrischer Erkrankungen. Bei der Alkoholabhängigkeit wurde eine serotonerge Dysfunktion insbesondere bei Patienten mit frühem Krankheitsbeginn beobachtet. Studien zeigten bei dieser Patientengruppe eine erniedrigte Konzentration des Serotoninmetaboliten 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIAA) im Liquor. Studien mit Primaten ergaben, dass frühe soziale Stresserfahrungen mit einem verminderten Serotoninumsatz und einer erhöhten Verfügbarkeit der Serotonintransporter im Hirnstamm verbunden waren. Die Tiere waren nach der Geburt ängstlich und zeigten im weiteren Verlauf eine erhöhte Aggressivität und eine verminderte Sensitivität gegenüber akuten Alkoholwirkungen. Beide Faktoren wurden in prospektiven Studien mit einem erhöhten Risiko in Verbindung gebracht, an Alkoholabhängigkeit zu erkranken, und tatsächlich konsumierten diese Tiere vermehrt Alkohol, wenn er frei zugänglich war. Chronischer Alkoholkonsum kann zu einer weitergehenden Schädigung serotonerger Neurone im Hirnstamm führen, die mit einem Verlust der Serotonintransporter und erhöhter Depressivität verbunden ist. Eine stressbedingte Erhöhung der Kortisolsekretion im akuten Entzug könnte hier eine entscheidende Rolle spielen. Nach ersten Befunden sind nicht alle Menschen gegenüber dieser Alkoholwirkung auf die Serotonintransporter gleich empfindlich. In-vivo-Studien zeigten, dass nur Patienten mit einem bestimmten Genotyp des Serotonintransporters unter chronischem Alkoholkonsum deutliche Veränderungen aufweisen. Zusammenfassend ergibt sich als gemeinsames Korrelat der serotonergen Funktionsstörung ein Auftreten negativer Stimmungszustände, die mit erhöhtem Alkoholkonsum verbunden sein können und durch neurotoxische Alkoholwirkungen weiter verstärkt werden.