Die repetitive transkranielle Magnetstimulation des linken dorsolateralen Präfrontalkortex ist eine nachweislich wirksame Behandlungsoption bei therapieresistenter Depression. Möglicherweise können auch Patientinnen und Patienten mit Alkoholkonsumstörung von der Behandlung profitieren.

„Die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) ist ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von Alkoholkonsumstörungen,“ erklärte Dr. Maarten Belgers, IrisZorg, Institut für Suchthilfe betreutes Wohnen und soziale Unterstützungsdienste, Arnheim/Niederlande, beim europäischen Psychiatriekongress in Budapest. Eine aktuelle Metaanalyse randomisiert placebokontrollierter Studien habe unter rTMS eine Reduktion von Alkoholkonsum (Abb. 1) und Craving mit moderaten Effektstärken (Hedges g > 0,5) gezeigt. Die größten Effekte erzielte die rTMS demnach mit multiplen Stimulationen des linken dorsolateralen Präfrontalkortex (DLPFC) [Mehta DD et al. Neuropsychopharmacology. 2024;49:649-80]. Ähnliche Effekte beobachteten Belgers und Kollegen in einer einfach verblindeten randomisierten Studie mit 30 an Alkoholkonsumstörung Erkrankten und Stimulation über dem rechten DLPFC [Belgers M et al. J Clin Med. 2022; 11:951].

Abb. 1
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: Rückgang des Alkoholkonsums nach einer Serie von rTMS-Sitzungen [Mehta DD et al. Neuropsychopharmacology. 2024; 49:649-80].

Effekte auf Craving und Konsum dominieren

Beim Craving spielt Belgers zufolge im Gehirn wahrscheinlich ein Ungleichgewicht zwischen Bottom-up- und Top-down-Regulation eine zentrale Rolle. Das heißt, dopaminerge Projektionen mit Bezug zu Suchtverhalten auslösenden Stimuli dominieren, und die maßgeblich vom DLPFC geleistete Top-down-Führung von Aufmerksamkeit und Denken gerät ins Hintertreffen. Um mögliche Effekte der rTMS auf einzelne Komponenten der Bottom-up- und Top-down-Regulation zu evaluieren, unterzog Belgers Arbeitsgruppe die Teilnehmenden der genannten Studie unterschiedlichen neuropsychologischen Tests und hirnphysiologischen Untersuchungen wie der Messung von Event Related Potentials (ERP). „Trotz der deutlichen Effekte der rTMS auf Craving und Alkoholkonsum konnten wir dabei erstaunlicherweise weder auf funktioneller noch auf biologischer Ebene Unterschiede zwischen rTMS und Placebo nachweisen,“ berichtete Belgers aus der allerdings noch nicht vollständig ausgewerteten Studie.

In diesem Zusammenhang sei eine kürzlich publizierte Metaanalyse interessant, die den Effekt von rTMS des linken DLPFC auf unterschiedliche Symptomdomänen untersuchte. Die Metaanalyse umfasste 174 Studien mit 7.905 Teilnehmenden, die wegen unterschiedlicher psychischer oder neurologischer Erkrankungen mit rTMS behandelt worden waren. Craving erwies sich dabei als das einzige Symptom, das die rTMS mit großer Effektstärke reduzierte. Auf depressive Symptome hatte die rTMS eine moderate Effektstärke, und auf alle anderen Symptome einschließlich kognitiver Funktionsdefizite nur eine kleine oder statistisch nicht signifikante Effektstärke [Kan RLD et al. Lancet Psychiatry. 2023;10:252-9].

Bei Stimulanzien-Abusus am besten untersucht

Bislang am besten dokumentiert ist die suchttherapeutische Wirksamkeit der rTMS laut Belgers für stimulierende Drogen wie Kokain oder Amphetamine. Eine endgültige Beurteilung der Wirksamkeit in der Behandlung von Substanzkonsumstörungen sei aber bislang nicht möglich.

Belgers M. „Therapeutic effects of rTMS in addiction”. Session „EPA-EUFAS: Novel treatments for alcohol use disorder”, 7.4.2024. 32st European Congress of Psychiatry. Budapest/online