Lange wurde eine vorwiegend T-Zell-vermittelte Reaktion bei Multipler Sklerose (MS) vermutet - aktuell gehen Forschende von einer komplexen Immunreaktion aus. Mit einer B-Zell-Depletion können Schubrate und Läsionslast ebenfalls effektiv gesenkt werden.

Dass B-Zell-depletierende Antikörper MS-Schübe reduzieren und die Krankheitsprogression verlangsamen können, wurde schon in Studien belegt [Kalincik T et al. JAMA Neurol. 2023;80(7):702-13]. Vertreter der Stoffklasse sind unter anderem Anti-CD20-Antikörper, die an das CD20-Antigen der B-Zellen binden. Komplement- oder antikörpervermittelt wirken sie zytotoxisch und induzieren den programmierten Zelltod [De Sèze J et al. Neurol Ther. 2023; 12(2):351-69]. So dämpfen sie die Immunantwort und damit den pathophysiologischen Prozess der autoimmunen MS. Dabei hängt die Bindungsaffinität zum CD20-Antigen und damit ihre Wirksamkeit auch vom FcγRIIIa-Rezeptor auf den B-Zellen ab [Stambuk et al. Mol Aspects Med. 2021;79: 100891]. Im Gegensatz zu anderen Vertretern bindet der kürzlich gegen die schubförmige MS zugelassene Antikörper Ublituximab (Briumvi®) stärker an den FcγRIIIa-Rezeptor. „Dies liegt an der Entfernung von Zuckerresten durch Glycoengineering“, erklärte Prof. Dr. Dr. Sven Meuth, Direktor der Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf. Dadurch docke der seit Mai 2024 in Europa zugelassene Anti-CD20-Antikörper an mehreren Varianten des Rezeptors an, was die antikörpervermittelte zelluläre Zytolyse und damit die B-Zell-Depletion erhöhe.

In den Phase-III-Studien ULTIMATE I und II wurde Ublituximab mit dem etablierten krankheitsmodifizierenden Therapeutikum Teriflunomid verglichen. Insgesamt nahmen 545 (ULTIMATE I) und 544 (ULTIMATE II) Menschen mit aktiver schubförmiger MS teil, die anschließend in vier Gruppen randomisiert wurden: eine Ublituximab-, eine Teriflunomid- und zwei Placebogruppen. Nach 96 Wochen lag die jährliche Schubrate in ULTIMATE I unter dem Antikörper bei 0,08, unter Teriflunomid bei 0,19 (95 %-Konfidenzintervall 0,27-0,62; p < 0,001). Auch die Zahl gadoliniumanreichernder T1-Läsionen in der Bildgebung war bei den mit Ublituximab Behandelten signifikant niedriger [Steinman L et al. N Engl J Med. 2022;387(8): 704-14]. In einer gepoolten Analyse unterschied sich die Behinderungsprogression zwischen beiden Substanzen nicht signifikant. Ublituximab wird intravenös verabreicht. Vor der Gabe wird die Einnahme von einem Antihistamin und einem Glukokortikoid empfohlen, um Nebenwirkungen vorzubeugen.

Launch-Pressegespräch Briumvi®, 23.2.24, Seeheim-Jugenheim; Veranstalter: neuraxpharm