Für viele Jahrzehnte lag das Hauptaugenmerk bei der Behandlung des Diabetes mellitus auf pharmakologischen Ansätzen. Dabei waren die Fragen: Wie bekommt man Insulin schmerzfrei und geeignet appliziert, und wie überwacht man die Wirkung auf den Stoffwechsel in geeigneter Weise? praktisch von Anfang an von erheblicher Bedeutung. Allerdings hat sich erst in den letzten 10 bis 20 Jahren die Diabetestechnologie (DT) als eigenständiges Forschungs- und Entwicklungsgebiet im Rahmen der Diabetologie etabliert.

Diabetestechnologie ist ein eigenständiges Forschungs- und Entwicklungsgebiet der Diabetologie

Die Beiträge dieses vorliegenden Leitthemenhefts von Der Diabetologe spiegeln die Bandbreite und auch das Spannungsfeld wider, in dem sich DT bewegt. Durch eine „Standortbestimmung“ sollen die Position von DT definiert und die Entwicklungsmöglichkeiten angedeutet werden, die in diesem Bereich in den nächsten Jahrzehnten zu sehen sind (Thomas u. Heinemann). Die Nutzung von DT ist mit Kosten verbunden, und die Kostenträger reagieren, auch bedingt durch die zunehmende Zahl von Diabetespatienten, zunehmend stärker direkt (Heinemann u. Freckmann). Dabei erfolgen die Vorgaben zu Klassifizierung und Verschreibung von Blutzuckermessgeräten einfach über den Preis, d.h. die Kosten für die Teststreifen. Dieses Vorgehen ignoriert aber diverse Faktoren und Aspekte, die für eine zuverlässige Blutglucosemessung relevant sind. In einem Kommentar der Arbeitsgemeinschaft Diabetische Technologie (AGDT) der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) werden diese dargelegt, und es wird zu einer sinnvollen Abstimmung aller Beteiligten in diesem Zusammenhang aufgefordert. In dem folgenden Beitrag wird anhand von Kostenmodellen beleuchtet, wie durch eine hochqualitative Messung sogar Kosten eingespart werden können (Hessel, Freckmann u. Resch).

Trotz diverser Versuche in den letzten Jahrzehnten, die zu erheblicher Frustration bei Patienten und Diabetologen geführt haben, gibt es immer noch keine zuverlässige nichtinvasive Möglichkeit, die Glucosekonzentration im menschlichen Körper zu überwachen (Thomas u. Heinemann). Praktisch jedes Jahr werden entsprechende neue Geräte angekündigt, die auch eine CE-Markierung aufweisen, d.h., in Europa vertrieben werden dürfen. Allerdings hat sich bisher keines unter den harten Alltagsanforderungen als ausreichend zuverlässig erwiesen. In einem Kurz-Review werden die prinzipiellen Technologien und Prinzipien vorgestellt, die bei den einzelnen Ansätzen verfolgt werden. Zum Beleg der Sinnhaftigkeit einer neuen – aber auch bei schon existierenden – Techniken/Produkten ist die Durchführung von geeigneten klinischen Studien unabdingbar. Nur dadurch kann belegt werden, welchen Nutzen deren Einsatz bei Diabetespatienten bewirkt. Nicht nur die Kostenträger fragen zunehmend nach solchen Evidenzbelegen, mit dem kontinuierlichen Glucose-Monitoring (CGM) steht nun auch erstmals eine Bewertung hinsichtlich der Kostenübernahme durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an. Die Frage ist dabei: In welchem Ausmaß reflektieren klinische Studien die Realität der Behandlung von Patienten?

Der „Heilige Gral“ der Diabetestechnologie ist die Entwicklung eines künstlichen Pankreas

Ein Ansatz zur Evaluierung der „Effizienz“ von DT im Alltag ist die Nutzung von Registern. Dabei werden in einer Datenbank bei möglichst vielen Patienten entsprechende Informationen gesammelt. Die AGDT hat über einige Jahre hinweg Daten von Patienten, die Insulinpumpen nutzen, gesammelt und systematisch ausgewertet (Quester, Reichel u. Henrichs). Der „Heilige Gral“ der DT ist die Entwicklung eines künstlichen Pankreas (Freckmann, Heinemann u. Thomas). Nach Jahrzehnten, in denen immer wieder darüber gesprochen wurde (und entsprechende Ankündigungen gemacht wurden), werden nun ganz real Studien mit solchen Systemen unter Alltagsbedingungen durchgeführt. Die Studienteilnehmer berichten recht euphorisch davon, wie eine solche „technische Heilung“ von ihnen empfunden wird. Recht exemplarisch für den Bereich DT gilt es, klar zu sagen: Die Forschung hat massive Fortschritte gemacht. Wie die Zulassungsbehörden reagieren werden, da mit Nutzung von „Closed-loop“-Systemen ja auch gewisse Risiken verbunden sind, und wie es mit der Kostenübernahme aussieht, wird noch zu klären sein. Dabei sind die Perspektiven, die sich in diesem vielfältigen Bereich DT ergeben, und das Ausmaß, indem diese den Diabetespatienten ihre Therapie vereinfacht und sicherer gemacht haben, ausgesprochen positiv.

Prof. Dr. L. Heinemann

Dr. A. Thomas

Dr. G. Freckmann