figure z

Wohl keine benigne Erkrankung innerhalb der Frauenheilkunde – neben dem Uterus myomatosus – weist eine höhere Inzidenz auf als die Endometriose. Dabei hängt die jeweils beobachtete und in den entsprechenden Studien publizierte Inzidenz ganz wesentlich von der Genauigkeit der Untersuchung und der anamnestischen Erhebung ab. Die Stärke des Symptomkomplexes kann erheblich von der anatomischen Ausbreitung der Erkrankung differieren. Moderne Scoring-Systeme wie die Enzian-Klassifikation versuchen hier, Einheitlichkeit in der medizinischen Kommunikation zu schaffen. Auch hinsichtlich der Ätiologie und Pathophysiologie der Endometriose ist erheblich Bewegung in die wissenschaftliche Debatte gekommen. Neben die klassischen Theorien der retrograden Menstruation und der Metaplasie ist nun das Konzept der verletzten Archimetra und der daraus resultierenden Adenomyose als Ursprung der sich dann ausbreitenden Erkrankung getreten. Aber auch völlig neue und noch zu überprüfende Untersuchungen, die fusiforme Bakterien als mögliche Verursacher der Endometriose ausmachen wollen, könnten unser Bild dieser enigmatischen Erkrankung auf den Kopf stellen. Sollten wir eine „Heliobacter-Offenbarung“ wie beim Magenulkus nun im Falle der Endometriose erleben? So wünschenswert dies wäre, so sehr scheint doch Skepsis angebracht. Aber auch ohne diesen Ansatz hat sich das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten verändert und erweitert.

Über Jahrzehnte bestehende „Dogmen“ sind ins Wanken geraten

Über Jahrzehnte bestehende „Dogmen“ wie das des „ultralong protocol“ im Falle einer kontrollierten ovariellen Stimulation zur ART(antiretrovirale Therapie)-Behandlung sind ins Wanken geraten. GnRH(„gonadotropin-releasing hormone“)-Antagonisten mir enteraler Bioverfügbarkeit in Kombination mit einer Add-back-Therapie revolutionieren die Behandlung der endometriotischen Schmerzpatientin. Radikale und massiv eingreifende Operationen bei tief infiltrierender Endometriose werden künftig auf unbedingt indizierte Fälle beschränkt. Nutzen und Risiko bzw. Leidensdruck sowie mögliche postoperative Morbidität müssen hier ins Verhältnis gesetzt werden. Messer ist nicht immer besser. Allerdings gewinnt die operative Sanierung, v.a. der peritonealen Endometriose, bei der Kinderwunschpatientin immer mehr an Bedeutung. Im Falle der ovariellen Endometriome ist ein vorsichtiger Umgang mit dem Cortex ovarii zwingend zu fordern, um die ovarielle Reserve nicht zu schädigen. Offen bleibt zurzeit die Frage nach dem Wert der minimal-invasiven Sklerosierung der Ovarendometriome mit hochprozentigem Alkohol – ein sicher interessanter Ansatz, der aber weiterer Überprüfung in gut gemachten prospektiven Studien bedarf.

Die Endometriose, das Chamäleon unter den Erkrankungen in der Frauenheilkunde, bleibt eines der spannendsten Forschungsgebiete innerhalb unseres Fachs außerhalb der Onkologie, aber weiterhin sind mehr Fragen offen als beantwortet.

Ludwig Kiesel

Wolfgang Küpker

Ricardo Felberbaum

Brigitte Leeners