Lernziele

Nachdem Sie diese Lerneinheit absolviert haben

– erkennen Sie das mit humanem Papillomvirus (HPV) assoziierte oropharyngeale Karzinom als eigenständige Tumorentität.

– kennen Sie seine klinischen, pathogenetischen, histomorphologischen und prognostisch-therapeutischen Besonderheiten.

– wissen Sie um den Zusammenhang zwischen zervikalem Karzinom unbekannter Herkunft (CUP) und HPV-Positivität.

– kennen Sie Strategien zur weiteren Abklärung von Lymphknotenmetastasen bei zervikalem CUP.

Hintergrund

Karzinome des Oropharynx, speziell der Gaumentonsillen und des Zungengrunds, mit Assoziation zu Hochrisikotypen des humanen Papillomvirus (HPV) wurden in den letzten Jahren als eine klinisch relevante eigenständige Tumorentität identifiziert, die von klassischen noxenassoziierten Karzinomen abzugrenzen ist. Dies basiert auf Besonderheiten in Klinik, molekularer Pathogenese, Histomorphologie, Prognose und vermutlich in Zukunft auch Therapie (Tab. 1). Die vorliegende Übersicht ist auf relevante Aspekte der histomorphologischen Routinediagnostik vor dem Hintergrund des aktuellen wissenschaftlichen Stands mit den neuesten Entwicklungen der letzten Jahre fokussiert. Sie schließt dabei eine Studie der Autoren zum Zusammenhang von HPV-Assoziation und initialer Manifestation als Karzinom unbekannter Herkunft („cancer of unknown primary“, CUP; [1]) ein.

Tab. 1 Charakteristika von mit humanen Papillomviren (HPV) assoziierten Oropharynxkarzinomen im Vergleich zu konventionellen noxenassoziierten HPV-negativen Karzinomen

Ein Themenheft aus Der Pathologe zur HPV-Infektion des weiblichen Genitaltrakts (Heft 6/2011) hat umfänglich die molekularen Grundlagen des HPV, der vielfältigen HPV-Typen und der Mechanismen der onkogenen Transformation beim Zervixkarzinom dargestellt [2]. Da bei HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen bezüglich dieser molekularen Grundlagen offensichtlich eine große Übereinstimmung zur Situation beim Zervixkarzinom besteht, wird mit Verweis auf dieses Themenheft auf eine diesbezügliche Wiederholung bewusst verzichtet.

HPV-assoziierte Karzinome zeigen meist eine atypische – weil nichtkeratinisierende – Histologie, gekennzeichnet durch eine uneinheitliche Terminologie [3, 4, 5]. Die historische Entwicklung dieser bis heute zum Teil verwirrenden Nomenklatur und aktuelle Lösungsansätze für eine sinnvolle Terminologie werden in der 2. folgenden Übersichtsarbeit in diesem Themenheft [6] ausführlich dargestellt.

Pathogenese und Primärtumor

Während sich konventionelle Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinome über chronische Noxeneinwirkung vom kompakten Oberflächenepithel entwickeln, gilt als gesichert, dass sich HPV-assoziierte Karzinome bevorzugt vom lymphoepithelial retikulierten Kryptenepithel der Gaumentonsillen und des Zungengrunds ableiten [5, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13]. Das retikulär durchlässige Kryptenepithel repräsentiert eine physiologische Adaptation an die immunologischen Erfordernisse der lymphoepithelialen Organe. In Bezug auf die onkogene Transformation durch HPV-Hochrisikotypen stellt dieses spezialisierte Kryptenepithel offensichtlich eine funktionelle Analogie zum anatomisch ähnlichen, aber nicht identischen Transitional-/Übergangsepithel der endozervikalen und anorektalen Transformationszone dar, den bislang klassischen Ausgangspunkten von HPV-assoziierten Karzinomen der Schleimhäute.

Die Voraussetzung zu einer produktiven intrazellulären Infektion von Basalzellen der genannten Epithelien durch HPV-Hochrisikotypen ist ein Kontakt des Virus zur Basalmembran, im Speziellen zu Heparansulfatproteoglykan, mit der Folge einer obligaten Konformationsänderung des Virus [2, 14]. Im Zerxix- und Analbereich soll dieser essenzielle Kontakt des Virus zu Heparansulfatproteoglykan durch traumatisch bedingte passagere Erosionen des Oberflächenepithels ermöglicht werden [13, 14]. Ob dieser Kontakt von HPV zu Basalmembranstrukturen im Kryptenepithel analog Epithelerosionen erfordert oder inwieweit bereits die physiologische Durchlässigkeit des retikulierten Kryptenepithels diesen Kontakt ermöglicht, ist nicht bekannt [13].

Bei der Betrachtung dieser unterschiedlichen Epitheltypen muss man bedenken, dass etwa 15 % aller Oropharynxkarzinome nicht von den Gaumentonsillen oder vom Zungengrund, sondern von benachbarten Regionen und damit i. d. R. vom kompakten Oberflächenepithel abstammen. Diese kleine Gruppe zeigt erwartungsgemäß nur eine geringe HPV-Assoziation (12–21 %; [15, 16]) und gehört damit hinsichtlich der Ätiologie mehrheitlich in die Gruppe der noxenassoziierten Karzinome. Insofern ist der Begriff HPV-assoziiertes oropharyngeales Karzinom terminologisch eigentlich nicht ganz präzise, man müsste stattdessen von HPV-assoziierten Tonsillen- bzw. Zungengrundkarzinomen sprechen. Hinsichtlich der Übereinstimmung mit der internationalen Literatur wird hier trotz dieser Unschärfe im Folgenden der Begriff „HPV-assoziiertes oropharyngeales Karzinom“ verwendet.

Die molekularen Mechanismen der onkogenen Transformation sind in den Krypten der Tonsillen und des Zungengrunds offensichtlich sehr ähnlich, möglicherweise sogar identisch zu den Mechanismen im Zervix- und Analbereich. In aller Kürze führt eine transkriptionell aktive Infektion mit HPV-Hochrisikotypen zu einer funktionellen Inaktivierung des Retinoblastomproteins durch das HPV-E7-Protein und in der Folge zu einer konstitutiven Überexpression von p16 , da das Retinoblastomprotein normalerweise die Transkription von p16 unterdrückt. Diese konstitutive Aktivierung von p16 ist von großer diagnostischer Bedeutung [2, 4, 9, 10, 13, 17]. Im Vergleich zum Zervixkarzinom ist im Oropharynxkarzinom HPV Typ 16 mit etwa 85–90 % häufiger und Typ 18 mit weniger als 5 % seltener vertreten, weitere seltene HPV-Hochrisikotypen umfassen zusammen etwa 5–10 % [1, 5, 9, 10, 18, 19]. Die Gründe für diese quantitativen Unterschiede zwischen Zervix- und Oralbereich sind nicht bekannt, könnten aber in den Unterschieden der betroffenen Epitheltypen begründet sein.

Ein Teil der HPV-assoziierten Primärkarzinome ist klein (28 % [7] bzw. 30 % [20] ≤ 2,0 cm), wobei genaue Angaben zur Tumorgröße bisher nicht vorliegen. In einer Kohorte der Autoren, fokussiert auf Fälle mit primärer Manifestation als CUP, hatten die abschließend detektierten Primärkarzinome in 65 % eine Größe von 1,0 cm oder weniger und in 38 % von 0,5 cm oder weniger, die kleinsten darunter waren nur 0,3 cm groß (Abb. 1, [1]). Diese geringe Größe, kombiniert mit i. d. R. tiefer submuköser Lokalisation im Bereich der Krypten, erklärt die fehlende klinische, radiologische, intraoperative und pathologisch-makroskopische Detektion dieser Primärtumore, was bei klinischer Primärmanifestation mit Lymphknotenmetastase die relativ häufige initiale Konstellation eines zervikalen CUP bedingt.

Abb. 1
figure 1

a Gaumentonsille mit klinisch okkultem, 4 mm großem, HPV-assoziierten Karzinom ausgehend von der Kryptenbasis (Karzinom unbekannter Herkunft, CUP; Pfeile). Die Pfeilspitzen markieren das kompakte Oberflächenepithel. b Normale Gaumentonsille mit Projektion der 10 HPV-assoziierten Tonsillenkarzinome aus der CUP-Studie der Autoren [1] nach topographischer Lokalisation und relativer Größe. Der rote Kreis entspricht dem in a dargestellten Karzinom (a, b: Keratinreaktion). (Mod. nach [1])

Diese Konstellation mit klinisch okkulten und auch histologisch oft schwierig detektierbaren Primärkarzinomen in Gaumentonsillen manifestiert sich in vergleichbarer Art und Häufigkeit auch im Zungengrund [1, 7]. Ein Unterschied besteht in der anatomisch bedingt größeren Tiefe des lymphoepithelialen Gewebes bei Gaumentonsillen, sodass deren Karzinome vermutlich länger klinisch okkult bleiben können als die des Zungengrunds (Abb. 1, Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

a Kleines, ausschließlich plump invasives, HPV-assoziiertes Zungengrundkarzinom; es imitiert ein ausgedehntes In-situ-Karzinom (HE-Färbung). b Reaktion gegen Podoplanin identifiziert peritumorale Lymphangiosis carcinomatosa (Sterne). Das Karzinom zeigt die Podoplaninreaktion betont an der Invasionsfront (Pfeile), das Oberflächenepithel in der Basalzellschicht (Pfeilspitzen)

Histologische Differenzierung und Nomenklatur

Viele Autoren haben einen sehr engen Zusammenhang zwischen HPV-Positivität und atypischer nichtkeratinisierender Differenzierung dokumentiert [1, 3, 5, 10]. Die nichtkeratinisierende Differenzierung umfasst ein weites kontinuierliches Spektrum , beginnend mit klassischer lymphoepithelialer Differenzierung (zahlreiche intraepitheliale Lymphozyten; 19 % der Fälle in der Studie der Autoren), über die quantitativ häufigste transitionale bzw. basaloide Differenzierung (ähnlich den hochdifferenzierten Urothelkarzinomen; 74 %), bis hin zur seltenen, partiell squamösen, i. d. R. nichtverhornenden Differenzierung (7 %; Abb. 3; [1]). Viele Fälle zeigen fließende Übergänge bzw. Kombinationen der genannten Differenzierungsformen, sodass eine eindeutige Zuordnung oft nicht möglich ist.

Abb. 3
figure 3

Kontinuierliches nichtkeratinisierendes histologisches Differenzierungsspektrum von HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen: a klassisch lymphoepithelial, b transitional bzw. basaloid und c squamös nichtkeratinisierend. (Aus [1])

Hinsichtlich des Kriteriums der Infiltration liegt häufig ein plump kompaktes endophytisches Wachstum ohne Einzelzellinfiltration vor. Dies kann in frühen Fällen das Bild eines ausgedehnten In-situ-Karzinoms imitieren. In dieser Situation sollte man im Zweifel bereits ein (plump) invasives Karzinom diagnostizieren, da auch in diesen Fällen oft bereits eine lymphogene Metastasierung vorliegt (Abb. 2). Wenige Fälle zeigen ein exophytisch papilläres Wachstum ähnlich typischen Viruspapillomen.

Beim Aspekt der zellulären Atypie dominieren Fälle mit nur geringen bis mäßigen Zellatypien und monomorphem Zellbild, was bei kleinen Tumoren zusätzlich die Detektion und Festlegung auf Malignität erschweren kann (Abb. 3). Wegen fehlender Keratinisierung als klassisches Differenzierungsmerkmal squamöser Karzinome werden diese Tumoren trotz vielfach nur geringer Zellatypien traditionell mit einer schlechten histologischen Malignitätsgraduierung (Grad 3) belegt. Dies steht jedoch im eklatanten Widerspruch zur günstigen Prognose HPV-assoziierter Karzinome und trägt zur bekannt schlechten prognostischen Aussagekraft der histologischen Malignitätsgraduierung bei Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinomen bei. Es wurde daher vorgeschlagen, in Zukunft die oben genannten histologischen Differenzierungstypen einschließlich der wenig aussagekräftigen Malignitätsgraduierung durch den entscheidenden prognostischen Faktor der HPV-Assoziation eines Karzinoms zu ersetzen [3, 5]. Dies beinhaltet den Vorschlag zur Terminologie , die bereits genannten Varianten der histologischen Differenzierung (Abb. 3) analog der World-Health-Organization(WHO)-Klassifikation für das Nasopharynxkarzinom generell im Begriff des „nichtkeratinisierenden oropharyngealen Plattenepithelkarzinoms“ zusammenzufassen [3, 4].

Die in der letzten WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2005 neu eingeführte Entität des lymphoepithelialen Karzinoms des Oropharynx [21] stellt aus dieser Sicht ein überholtes, weil zu isoliert auf den Teilaspekt der Histomorphologie fokussiertes Konzept dar. Dieser Begriff sollte in der kommenden neuen WHO-KIassifikation durch einen Begriff wie HPV-assoziiertes oropharyngeales Karzinom (bzw. eigentlich noch exakter: HPV-assoziiertes Tonsillen- und Zungengrundkarzinom) ersetzt werden. Der Beitrag von Ihrler et al. im vorliegenden Themenheft ist auf historische und aktuelle Aspekte dieser bis heute uneinheitlichen und teilweise verwirrenden Nomenklatur der histologischen Differenzierungsvarianten dieser Karzinome fokussiert ([6], im selben Heft).

Lymphknotenmetastasen und Karzinom unbekannter Herkunft

Lymphknotenmetastasen

Bereits lange vor Entdeckung der HPV-Assoziation war bekannt, dass sich Oropharynxkarzinome häufig initial in fortgeschrittenen Stadien mit Lymphknotenmetastasen und damit auch häufig mit klinischer CUP-Konstellation manifestieren [11, 22, 23]. Diese Metastasen sind häufig groß und zeigen makroskopisch erkennbare zystische Anteile (in 41 % [8] bzw. 52 % [1]). Aus unbekannten Gründen handelt es sich dabei häufig um eine solitäre große und partiell zystische Lymphknotenmetastase (Abb. 4, [8, 11, 23]).

Abb. 4
figure 4

Zystisch transformierte Lymphknotenmetastasen von 6 HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen. a Magnetresonanztomographie in T2-gewichteter Sequenz. b, c Makroskopische Operationspräparate mit glatter, in c glänzender, Zystenoberfläche, in c mit benachbarter Submandibulardrüse (Stern). d, e Schnittpräparate in HE-Färbung. f Keratinreaktion: irreguläre multizystische und solide Anteile. (a, b aus [1])

Nachdem in westlichen Ländern in durchschnittlich 40–80 % eine HPV-Assoziation bei Oropharynxkarzinomen dokumentiert ist [5, 9, 12, 13, 19, 20, 24] und zudem zystische Lymphknotenmetastasen sehr häufig eine HPV-Assoziation aufweisen (in 85 % [8] bzw. 92 % [1]), wurde bei Oropharynxkarzinomen schon länger ein enger Zusammenhang zwischen initialer CUP-Symptomatik und HPV-Positivität postuliert.

Diese bislang nur vermutete Assoziation wurde in den letzten Jahren durch 2 Publikationen eindeutig belegt: In einer Serie HPV-positiver oropharyngealer Karzinome identifizierte die Arbeitsgruppe um Weiss et al. [12] in 34 % eine initiale CUP-Konstellation. Diese Zahl liegt weit über der Rate durchschnittlich dokumentierter CUP-Syndrome von 3–9 % bei allen Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinomen [25]. In einem völlig gegensätzlichen Ansatz konnte die Arbeitsgruppe der Autoren zeigen, dass in einer Kohorte mit initialer CUP-Manifestation und abschließendem Nachweis eines primären Tonsillen- oder Zungengrundkarzinoms 81 % der Fälle HPV-positiv waren [1]. Auch diese Zahl liegt deutlich über der für Deutschland berichteten durchschnittlichen HPV-Positivität von 30–60 % bei allen Oropharynxkarzinomen, unabhängig von einer CUP-Konstellation [5, 9, 12, 13, 19, 24]. In der Summe belegen diese beiden Publikationen mit gegensätzlichem Untersuchungsansatz eine sehr enge Korrelation von initialer klinischer CUP-Konstellation und HPV-Positivität. Diese Assoziation beruht auf mehreren Besonderheiten: So sind HPV-assoziierte Oropharynxkarzinome durch eine ungewöhnlich hohe Rate an Lymphknotenmetastasen zum Diagnosezeitpunkt charakterisiert (73–93 % der Fälle [3, 4, 5, 7, 20, 26]), während alle Kopf-Hals-Karzinome zusammengefasst nur in etwa 40–50 % Lymphknotenmetastasen aufweisen. Zu dieser hohen Rate einer primären lymphogenen Metastasierung passt eine von der Arbeitsgruppe der Autoren mit 36 % häufig beobachtete peritumorale Lymphangiosis carcinomatosa (unveröffentlichte Beobachtung; Abb. 2).

Zur hohen initialen CUP-Frequenz trägt weiter bei, dass häufig große Lymphknotenmetastasen – in der Kohorte der Autoren im Durchschnitt 2,9 cm (1,4–6,3 cm) – kleinen Primärtumoren von durchschnittlich 0,9 cm (0,3 cm–2,4 cm) gegenüberstehen (Abb. 1, Abb. 4, Abb. 5, [1, 11]). Warum HPV-assoziierte Oropharynxkarzinome so häufig und so früh lymphogen metastasieren und warum deren Lymphknotenmetastasen – im Gegensatz zu ihren Primärtumoren – häufig so schnell und stark wachsen ist unklar und bedarf weiterer Untersuchungen.

Bei diesen zystischen, ganz überwiegend HPV-assoziierten Lymphknotenmetastasen (87 %; [8]) handelt es sich um eine echte Zystenbildung , erkennbar an glatter Zystenoberfläche und meist klarer Zystenflüssigkeit (Abb. 4, Abb. 5). Die Zystenbildung in der Metastase soll eine morphogenetische Analogie zur embryonal determinierten Kryptenbildung im lymphoepithelialen Ausgangsgewebe darstellen [8, 11]. Diese echte Zystenbildung muss von einer gelegentlich zu beobachtenden pseudozystischen Regression bei verhornenden und zentral nekrotischen HPV-negativen Lymphknotenmetastasen unterschieden werden.

Abb. 5
figure 5

a Multizystische Lymphknotenmetastase (Größe: 6 cm). b In korrekter Größenrelation zu (a) das ipsilateral gelegene 6 mm kleine und tief submukös gelegene HPV-assoziierte (p16 positive) Tonsillenkarzinom (Pfeile); die Pfeilspitzen markieren die Tonsillenoberfläche. c Vergrößerung aus Zystenrandbereich der Lymphknotenmetastase in a. (a, c HE-Färbung. b Mod. nach [1])

In der Vergangenheit wurden entsprechende zystische Lymphknotenmetastasen ohne Primärtumornachweis immer wieder als sog. malignisierte laterale Halszyste (bzw. sog. branchiogenes Karzinom) diagnostiziert. Fast alle Autoren gehen in Publikationen der letzten Jahre davon aus, dass diese Entität entweder nicht existiert oder dass diese Konstellation allenfalls extrem selten auftritt, da es sich i. d. R. um zystische Lymphknotenmetastasen von noch okkulten Primärkarzinomen (meist des Oropharynx) handelt [11, 23].

CUP und klinisch-pathologische Kooperation

Wie bereits ausführlich dargelegt ist die neue Entität des HPV-assoziierten Oropharynxkarzinoms durch eine sehr variable und komplexe Konstellation aus typischen, allerdings weder beweisenden noch obligat erforderlichen Besonderheiten sowohl in klinischer als auch histomorphologischer Hinsicht charakterisiert (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Komplexe und variable Konstellation beim HPV-assoziierten oropharyngealen Karzinom: typische, jedoch weder beweisende noch obligate klinische und histomorphologische Charakteristika. (Mod. nach [1])

So zeigen diese Karzinome zwar in mindestens 90 % der Fälle eine atypische nichtkeratinisierende histologische Differenzierung [1, 3, 4], jedoch nur in etwa einem Drittel der Fälle eine initiale klinische Präsentation als zervikales CUP (34 %, [12]). In etwa der Hälfte der Fälle findet sich eine Zystenbildung in Lymphknotenmetastasen (41 % [8] bzw. 52 % [1]), in knapp einem Drittel der Fälle kleine Primärkarzinome (28 % [7] bzw. 30 % [20] ≤ 2,0 cm) und in mehr als der Hälfte der Fälle ein Fehlen der klassischen Noxen [1]. Damit ergibt sich sowohl von klinischer als auch von pathomorphologischer Seite ein äußerst variables Spektrum an zwar typischen, aber eben nur fakultativen und nicht obligaten Kriterien, die auf die HPV-Assoziation eines Karzinoms hinweisen können (Abb. 6).

Im Fall einer Lymphknotenmetastase mit CUP-Konstellation und eindeutiger ausgedehnter Verhornung ist eine weitere HPV-Diagnostik primär nicht notwendig, da diese histologische Differenzierung eine HPV-Assoziation faktisch ausschließt. Im Fall einer Lymphknotenmetastase mit CUP-Konstellation und nicht bzw. nicht eindeutig keratinisierender histologischer Differenzierung ist eine HPV-Diagnostik bereits an der Lymphknotenmetastase absolut angezeigt, da in 40–60 % der Fälle mit HPV-Positivität zu rechnen ist. Bei HPV-Nachweis ist in der genannten Konstellation der okkulte Primärtumor mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (vermutlich über 90 %) im Oropharynxbereich lokalisiert [1, 12, 27]. Wie ausgeführt weist auch der zystische Charakter einer Lymphknotenmetastase sehr stark auf einen Primärtumor im Oropharynxbereich hin, wobei eine starke Korrelation zwischen zystischem Charakter und nichtkeratinisierender histologischer Differenzierung besteht [1, 11, 23].

Wie dargestellt sind ein Teil der Primärkarzinome wegen ihrer Kleinheit und tiefen submukösen Lage klinisch, radiologisch (mit Ausnahme der teuren und nicht generell verfügbaren Positronenemmissionstomographie [12, 25]) und intraoperativ nicht lokalisierbar. Dies unterstreicht im Fall einer CUP-Konstellation die wichtige diagnostische Bedeutung des Nachweises einer HPV-Positivität bereits an der Lymphknotenmetastase. Bei positivem HPV-Nachweis an der Lymphknotenmetastase sollte der Pathologe die klinischen Kollegen zu einer diagnostischen Tonsillektomie und sorgfältigen bioptischen Abklärung des Zungengrunds (mit sog. „map**“) auffordern [1, 11, 12, 25]. Wegen der in Abb. 1 demonstrierten tiefen Lokalisation sind Probebiopsien aus der Gaumentonsille dabei nicht ausreichend [1, 25]. Ein sehr vereinfachter diagnostischer Algorithmus der Abklärung einer Halslymphknotenmetastase bei CUP wird in Abb. 7 dargestellt (bezüglich Epstein-Barr-Virus, EBV, und Nasopharynxkarzinom siehe [6] im selben Heft).

Abb. 7
figure 7

Vereinfachter Algorithmus der Diagnostik von zervikalen Lymphknotenmetastasen mit plattenepithelialer Differenzierung bei unbekanntem Primärtumor

Die pathomorphologische Aufarbeitung einschließlich kompletter Gewebeeinbettung der resezierten Gaumentonsillen muss äußerst sorgfältig erfolgen, da kleine lymphoepithelial oder basaloid differenzierte Karzinome oft nur schwer zu detektieren bzw. bei geringen Zellatypien nur schwer von Kryptenanschnitten zu unterscheiden sind (Abb. 8, [1, 11]). Es empfiehlt sich ggf. eine immunhistologische Absicherung von verdächtigen Arealen. Hier kommen Reaktionen gegen p16, pan-Keratin und Proliferationsmarker wie Ki67 in Betracht (Abb. 8). Bei negativer Reaktion auf p16 ist zu bedenken, dass sich selten auch HPV-negative Karzinome mit eigentlich HPV-typischen Charakteristika, wie zystische Lymphknotenmetastase, CUP, kleiner Primärtumor, nichtkeratinisierende Differenzierung, manifestieren können (Abb. 6).

Abb. 8
figure 8

Diagnostische Tonsillektomie bei HPV-positiver zervikaler Lymphknotenmetastase (initiales Karzinom unbekannter Herkunft). a Ipsilaterale Gaumentonsille, Sterne markieren kompaktes Oberflächenepithel. b Vergrößerung aus markiertem Areal in (a) zeigt rechts physiologisches lymphoepitheliales Kryptenepithel (Pfeilspitzen) und links tumorverdächtiges lymphoepitheliales Gewebe (Pfeile). c Keratinreaktion identifiziert ein klinisch okkultes 0,8 cm kleines submukös gelegenes lymphoepithelial differenziertes Tonsillenkarzinom (Pfeile), daneben kompaktes Oberflächenepithel (Stern) und retikuliertes lymphoepitheliales Kryptenepithel (Pfeilspitzen). d Die selektive kräftig positive Reaktion auf p16 identifiziert das kleine okkulte Karzinom mit HPV-Assoziation (Pfeile)

Gegebenenfalls sollten ausgedehnte Schnittstufenuntersuchungen folgen. Wenn abschließend ein histomorphologischer Tumornachweis im vorliegenden Material nicht gelingt, kommt ein tief im Zungengrund lokalisiertes, in bisherigen Biopsien nicht erfasstes Karzinom oder die seltene Situation eines außerhalb des Oropharynx lokalisierten HPV-assoziierten Karzinoms als Ursache in Betracht.

Die komplexe klinisch-pathologische Konstellation, wie in Abb. 6 dargestellt, erfordert eine intensive klinisch-pathologische Kommunikation , um okkulte Primärkarzinome sicher aufzufinden. Wenn okkulte Primärkarzinome abschließend nicht detektiert werden können (permanentes CUP) ergeben sich gravierende Konsequenzen: Für die Patienten ist eine prolongierte oder dauerhafte CUP-Situation mit erheblichen negativen psychischen Folgen verbunden. Zudem besteht die Gefahr, dass der fehlende Nachweis des Primärtumors zu einer aggressiveren, weil größervolumigen Strahlentherapie mit stärkeren therapieassoziierten Nebenwirkungen führt [11]. In der eigenen subjektiven klinischen Erfahrung sehen die Autoren seit der konsequenten Durchführung der bereits genannten Prinzipien einen Rückgang von abschließend okkult gebliebenen Karzinomen, können dies aus methodischen Gründen jedoch nicht objektivieren.

HPV-Nachweis: Molekularpathologie vs. Immunhistologie

Während bei invasiven Karzinomen im Zervixbereich die Frage nach der optimalen HPV-Nachweismethode aufgrund der fast 100 %igen HPV-Assoziation keine Rolle spielt, ist diese Frage im Oropharynxbereich inzwischen von großer Bedeutung. Hier galten verschiedene Techniken der Polymerasekettenreaktion (PCR) bisher als Goldstandard für den Nachweis von HPV-Hochrisikotypen. Doch es gibt Einschränkungen. So soll mittels PCR in 10–15 % eine vorliegende Assoziation mit HPV-Hochrisikotypen nicht detektiert werden. Hauptgrund ist die fehlende Erfassung seltener HPV-Subtypen mit den kommerziell verfügbaren Primern [3, 4, 28]. Weiterhin belegt ein positiver PCR-Befund noch nicht sicher eine transkriptionell aktive HPV-Infektion, so z. B. bei Kontamination. Wegen dieser Einschränkung wurde vorgeschlagen, den PCR-Nachweis mit dem immunhistologischen Nachweis von p16 zu kombinieren oder alternativ mittels Reverse-Transkriptase-PCR virale mRNA des E6- und/oder E7-Gens als Nachweis einer transkriptionell aktiven Infektion nachzuweisen. Jedoch ist dieser Nachweis aufwändig und noch wenig verbreitet [3, 4, 22, 28].

Die Detektion von HPV-Hochrisikotypen durch die In-situ-Hybridisierung (ISH) ist ähnlich gut etabliert wie die PCR, sie bietet im Vergleich zur PCR sogar den Vorteil des direkten visuellen HPV-Nachweises im Karzinomgewebe [4, 9]. Dennoch wird die ISH bei wissenschaftlichen Untersuchungen und in der Routinediagnostik wesentlich seltener eingesetzt. Auch bei der ISH wird davon ausgegangen, dass sie ähnlich der PCR in 10–15 % eine vorliegende HPV-Hochrisikoassoziation nicht erfasst [3, 4, 27].

Der immunhistologische Nachweis von p16 galt bis vor kurzem nur als ein Surrogatmarker für einen dann anzuschließenden molekularen HPV-Nachweis. In den letzten Jahren haben mehrere Autoren [3, 4, 9, 16] den schnellen und gut verfügbaren immunhistologischen Nachweis von p16 unter bestimmten Bedingungen als diagnostisch ausreichend aussagekräftig und sogar der PCR und ISH überlegen erachtet. Der Grund dafür ist eine praktisch 100 %ige Korrelation mit onkogener Aktivierung der viralen Proteine E6 und E7. Damit gelingt die zuverlässige Erfassung einer transkriptionell aktiven HPV-Hochrisikoinfektion auch bei seltenen HPV-Typen. Zugleich ist eine zuverlässige Negativität bei noxenassoziierten Karzinomen gewährleistet [3, 4, 9, 13].

Diese Autoren argumentieren, dass bei einem in den Gaumentonsillen oder im Zungengrund lokalisierten Karzinom mit nichtkeratinisierender Histologie eine starke Positivität für p16 den besten Biomarker für die Therapiestratifizierung darstellt und zusätzliche molekulare Nachweise dann keinen diagnostischen Nutzen bieten. Das bedeutet, dass bei Festhalten an der PCR (oder ISH) als Goldstandard wegen falsch-negativer Testung etwa 10–15 % der Fälle nicht korrekt erfasst würden [3, 4, 9]. Diese Einschätzung wird durch Verlaufsstudien bestätigt, die zeigen, dass PCR-negative, aber p16-positive Fälle einen gleich günstigen Verlauf wie PCR-positive Fälle aufweisen [3, 4, 9, 12, 24]. Diese hohe diagnostische Aussagekraft von p16 gilt jedoch explizit nur für Karzinome der beiden lymphoepithelialen Organe Gaumentonsillen und Zungengrund [15].

Klinik und Epidemiologie

Die relative Häufigkeit von HPV-assoziierten Karzinomen an allen Oropharynxkarzinomen zeigt erhebliche, auch geographisch bedingte Unterschiede. Sie liegt in Studien aus den USA und Skandinavien zwischen 40 und 80 %, in Deutschland mit 30–60 % im Vergleich niedriger [5, 13, 19, 20, 24]. Dabei ist ein hoher relativer Anteil HPV-positiver Karzinome durch die weltweite Abnahme noxenassoziierter Oropharynxkarzinome mit bedingt [13, 17, 20, 22]. Der relative Anteil von HPV-assoziierten Karzinomen ist in Gaumentonsillen und im Zungengrund ähnlich hoch, jedoch sind Tonsillenkarzinome insgesamt häufiger und stehen in den meisten Studien im Vordergrund [7, 16, 20, 24, 25].

Daten aus vielen Ländern zeigen in den letzten Jahrzehnten einen starken Anstieg der relativen und absoluten Inzidenz von HPV-positiven Oropharynxkarzinomen, im Gegensatz zu einer generellen weltweiten Abnahme noxenassoziierter Kopf-Hals-Karzinome. Aus dem Stockholmer Tumorregister wurde ein 7-facher Anstieg der absoluten Inzidenz von HPV-positiven Tonsillenkarzinomen zwischen den Jahren 1970 und 2006 belegt, entsprechend etwa einer Verdoppelung pro Jahrzehnt [20]. Berichte aus den USA über einen Anstieg der absoluten Inzidenz um 225 % in der Zeit von 1988–2004 bestätigen dies [29]. Es wird bei einem fortbestehenden Anstieg für 2020 eine höhere Zahl von HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen als von HPV-assoziierten Zervixkarzinomen prognostiziert. Deshalb sprechen manche Autoren von einer Epidemie [4, 17].

Analog zu noxenassoziierten Karzinomen dominieren auch bei HPV-assoziierten Karzinomen Männer (zwischen 62 und 88 % [1, 4, 7, 16, 20, 26]). Im Vergleich zu noxenassoziierten Karzinomen manifestieren sich HPV-assoziierte Karzinome in jüngerem Lebensalter und häufiger bei Personen mit höherem sozioökonomischem Status [3, 4, 9, 17, 20, 26]. Sie korrelieren positiv mit

  • höherer Zahl an Sexualpartnern,

  • dem Ausmaß oraler Sexualpraktiken,

  • homosexuellen Kontakten bei Männern,

  • Vorhandensein von genitalen Kondylomen und

  • dokumentierten genitalen HPV-Hochrisikoläsionen [4, 9, 13, 17, 18].

Damit sprechen viele Argumente dafür, dass der genitoorale sexuelle Übertragungsweg einen zumindest sehr wichtigen Risikofaktor für die orale Infektion mit HPV darstellt. Die durchschnittliche Latenzzeit von der Infektion der Kryptenepithelien bis zur Manifestation eines Karzinoms ist unbekannt, es werden 10–15 Jahre vermutet [13, 18, 20].

Die klassischen Noxen Alkohol und Nikotin liegen bei einem Teil der HPV-assoziierten Karzinome zusätzlich vor (32–64 %; [1, 22]). Es scheint in diesen Fällen eine komplexe Interaktion zu bestehen, v. a. Nikotin gilt als potenzieller Kofaktor einer onkogenen HPV-Infektion im Oropharynx [18].

Prognose und Therapie

Bei HPV-assoziierten Tonsillen- und Zungengrundkarzinomen wurde unabhängig vom Tumorstadium eine deutlich bessere Prognose (5-Jahres-Überlebensrate von 77 % in Metaanalyse) als bei noxenassoziierten Karzinomen (entsprechend 42 %) belegt [17, 26]. Dies ist umso bemerkenswerter, da HPV-assoziierte Karzinome wegen ihrer häufigen primären lymphogenen Metastasierung meist fortgeschrittene Tumorstadien aufweisen. Es konnte inzwischen zusätzlich gezeigt werden, dass das kleine Patientenkollektiv mit HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen in Kombination mit starkem Vorliegen der klassischen Noxen eine intermediäre Prognose zwischen der ungünstigen Prognose bei noxenassoziierten und der günstigen Prognose bei HPV-assoziierten Karzinomen aufweist.

Eine günstige Prognose für HPV-assoziierte Karzinome ist sowohl in Studien mit kombinierter Operation und Bestrahlung als auch in Studien mit alleiniger Strahlentherapie, mit alleiniger Operation sowie mit zusätzlicher adjuvanter Chemotherapie gezeigt worden [3, 9, 13, 17]. Daher besteht bis heute kein Konsens über die optimale Therapie von HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen [13]. Als Ursache für die bessere Prognose werden folgende Faktoren diskutiert: Die große Seltenheit von Zweit- bzw. Mehrfachkarzinomen wird auf das postulierte Fehlen einer Feldkanzerisierung zurückgeführt. Zudem zeigen HPV-assoziierte Karzinome deutlich weniger Mutationen und damit eine höhere genetische Stabilität [3, 7, 9, 16, 17, 22, 26]. So ist bei HPV-assoziierten Karzinomen nur sehr selten eine inaktivierende Mutation des p53-Gens nachzuweisen (dagegen in 60–80 % bei noxenassoziierten Karzinomen), sodass von einem häufig intakten Apoptosemechanismus ausgegangen wird [4, 7, 9, 12, 17, 30].

Die letztgenannten Faktoren wurden auch in ursächlichen Zusammenhang mit einem besseren Ansprechen auf Strahlentherapie gebracht [10, 12, 17, 30]. Alexander Schmincke hat schon im Jahr 1921 ein sehr gutes Ansprechen auf die damals neue Radiumtherapie als wichtigen Teilaspekt seines Konzepts der „lymphoepithelialen Geschwülste“ hervorgehoben (Übersichtsarbeit in [6] im selben Heft). Nach Schminckes wegweisender Arbeit ist 90 Jahre später dennoch nicht geklärt, ob eine postoperative Strahlentherapie obligat erforderlich bzw. möglicherweise sogar allein ausreichend ist. In Deutschland erfolgt i. d. R. eine operative Resektion von Primärtumor und regionären Lymphknoten und – wegen der sehr häufigen Lymphknotenmetastasen und der üblicherweise diagnostizierten geringen Tumordifferenzierung – eine postoperative Strahlentherapie. Es laufen derzeit klinische Studien mit der Frage, ob eine reduzierte Strahlendosis mit dem Ziel einer geringeren Toxizität ausreichend ist [15].

Intraepitheliale Vorstufen von HPV-assoziierten Karzinomen der Gaumentonsillen und des Zungengrunds sind praktisch nicht bekannt [13]. Der Arbeitsgruppe der Autoren ist bei Erfahrung mit etwa 100 invasiven Karzinomen kein einziger Fall einer isolierten Vorläuferläsion im Sinne einer höhergradigen Dysplasie bzw. eines Carcinoma in situ bekannt. Dies beruht vermutlich auf der Symptomlosigkeit solcher Vorläuferläsionen und ihrer unzugänglichen tiefen Lokalisation in den Krypten. Ein vereinzelt diskutiertes Screening auf Frühformen dieser Karzinome mittels zytologischer oder bioptischer Abklärung erscheint damit nicht erfolgversprechend. Es kann auch nur vermutet werden, dass analog zum Zervixkarzinom oropharyngeale HPV-Frühläsionen in relevanter Anzahl vom Immunsystem eliminiert werden.

Eine Impfung gegen die häufigsten HPV-Hochrisikotypen, wie sie aktuell in vielen Ländern bei Mädchen durchgeführt wird, würde mutmaßlich wegen der gleichen involvierten Virustypen langfristig auch die Rate an oropharyngealen Karzinomen verringern. Allerdings müssten dazu auch junge Männer in das Impfprogramm einbezogen werden, was aufgrund der relativen Seltenheit von HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen aus ökonomischen Gründen unwahrscheinlich ist.

HPV und andere Kopf-Hals-Regionen

Alle Plattenepithelkarzinome im Kopf-Hals-Bereich sollen zusammengefasst in 15–25 % eine HPV-Assoziation aufweisen [13, 15]. Jedoch bedingt bislang nur im Oropharynx eine HPV-Hochrisikoassoziation die Qualität einer eigenständigen Tumorentität. Andere Kopf-/Hals-Lokalisationen weisen bezüglich einer HPV-Assoziation wesentlich niedrigere Häufigkeiten, zudem mit sehr heterogenen und widersprüchlichen Daten, auf; hier ist insofern die klinische Bedeutung einer HPV-Positivität nicht annähernd so gesichert. Dies beruht auf vielen Gründen: u. a. auf der Vielfalt von Low-risk, Intermediate-risk und High-risk-HPV-Typen mit teilweise unterschiedlichem Epitheliotropismus, auf erheblichen geographischen Unterschieden und auf massiven Unterschieden in der Sensitivität und Spezifität molekularer und immunhistologischer Nachweismethoden.

Besonders uneinheitlich und widersprüchlich sind die Daten zum HPV-Nachweis bei leukoplakischen bzw. tumorösen Veränderungen der Mundschleimhaut . Bei Plattenepithelkarzinomen außerhalb des Oropharynx liegen die berichteten Inzidenzen zwischen 0 und 90 % [15, 31, 32]. Aus unbekannten Gründen ist zudem die Korrelation zwischen molekularem HPV-Status und immunhistologischem Nachweis von p16 bei Karzinomen außerhalb von Gaumentonsillen und Zungengrund so schlecht, dass eine diagnostische Anwendung der Reaktion auf p16 hier nicht empfohlen werden kann [15, 31]. Bei De-novo-Plattenepithelkarzinomen in den Nasennebenhöhlen (ohne Abstammung von invertierten Papillomen) wurden in 21 % der Fälle HPV-Hochrisikotypen (v. a. Typ 16) nachgewiesen [33].

Ein kleiner Teil der EBV-negativen Nasopharynxkarzinome (überwiegend Typ I nach WHO) zeigt eine HPV-Hochrisikoassoziation: Es soll sich um etwa 5 % aller Nasopharynxkarzinome handeln [34]. Die sich in Zukunft abzeichnende Einteilung der Oropharynxkarzinome nach ätiologischen Gesichtspunkten zeigt interessante Parallelen zum Nasopharynxkarzinom, bei dem nichtkeratinisierende (bzw. undifferenzierte/lymphoepitheliale) Karzinome eine starke Assoziation zum EBV aufweisen. Die auf diesen Beitrag folgende Übersichtsarbeit fokussiert im historischen Kontext auf die z. T. verwirrende Terminologie bei Tumoren aus den lymphoepithelialen Organen.

Fazit für die Praxis

  • Das HPV-assoziierte oropharyngeale Karzinom entspricht einer eigenständigen Tumorentität mit klinischen, histomorphologischen und prognostisch-therapeutischen Besonderheiten.

  • Es besteht eine enge Korrelation zwischen initialer klinischer Präsentation als zervikales CUP und HPV-Positivität.

  • Eine HPV-Diagnostik ist bereits an der Lymphknotenmetastase sinnvoll für die Detektion von oft kleinen und klinisch okkulten Primärkarzinomen.

  • Die immunhistologische Reaktion auf p16 wird in diesem Kontext als ausreichende und sogar überlegene HPV-Nachweismethode propagiert.

CME-Fragen

Von welchem Epithel gehen HPV-assoziierte Kopf-Hals-Karzinome bevorzugt aus?

Plattenepithel der Wangenschleimhaut

Plattenepithel des Zungenrückens

Kryptenepithel der Gaumentonsillen und des Zungengrunds

Oberflächenepithel des Nasopharynx

e) Oberflächenepithel der Gaumentonsillen und des Zungengrunds

Welche immunhistochemische Reaktion eignet sich diagnostisch zum Abklären einer HPV-Hochrisikoassoziation.

p21

p16

p53

CyclinD1

CD20

Welcher HPV-Subtyp findet sich bei HPV-assoziierten Kopf-Hals-Karzinomen am häufigsten?

Typ 16

Typ 56

Typ 8

Typ 18

Typ 31

Welche Aussage bezüglich der histologischen Differenzierung HPV-assoziierter Kopf-Hals-Karzinome trifft zu?

Zwischen HPV-Assoziation und histologischer Differenzierung besteht kein Zusammenhang.

Häufig sieht man eine Einzelzellverhornung.

Häufig findet sich ein pleomorphes Zellbild mit hochgradigen zellulären Atypien.

Typisch ist ein breites Spektrum nichtkeratinisierender Differenzierungen.

Ein begleitendes Carcinoma in situ ist häufig.

Welche Aussage zu zervikalen plattenepithelialen Lymphknotenmetastasen bei zervikaler CUP-Situation trifft zu?

Bei eindeutig keratinisierender Differenzierung sollte in erster Linie an ein EBV-assoziiertes Karzinom des Nasopharynx gedacht werden.

Bei zystischer Konfiguration der Lymphknotenmetastase ist eine HPV-Assoziation unwahrscheinlich.

Bei nichtkeratinisierender Differenzierung sollte primär eine immunhistologische Reaktion auf p16 durchgeführt werden.

Bei nichtkeratinisierender Differenzierung scheiden Lokalisationen jenseits von Kopf und Hals weitgehend aus.

Nur ein kleiner Anteil derartiger Lymphknotenmetastasen bei CUP ist HPV-assoziiert.

Wie verhält sich die Prognose von HPV-assoziierten Kopf-Hals-Karzinomen im Vergleich zu klassischen noxenassoziierten Karzinomen?

Die Prognose ist deutlich besser.

Die Prognose ist in etwa gleich.

Die Prognose ist deutlich schlechter.

Die Prognose ist abhängig von der jeweiligen histologischen Differenzierung.

Es liegen bislang keine verlässlichen Daten zur Prognose vor.

Welches der folgenden Merkmale ist kein Grund für die häufige klinische CUP-Situation bei HPV-assoziierten Kopf-Hals-Karzinomen?

Ein kleiner Primärtumor.

Eine tiefe submuköse Lage des Primärtumors.

Eine frühe lymphogene Metastasierung.

Eine lymphoepitheliale Differenzierung.

Eine große zystische Lymphknotenmetastase.

Welche der folgenden epidemiologischen Aussagen trifft zu?

Die relative Häufigkeit von HPV-assoziierten Karzinomen an allen Oropharynxkarzinomen ist weltweit sehr ähnlich.

Noxenassoziierte Oropharynxkarzinome nehmen weltweit zu.

Die relative und absolute Inzidenz von HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen steigt weltweit an.

Es wird für die Zukunft eine in etwa konstante Inzidenz von HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen erwartet.

HPV-assoziierte Karzinome sind im Zungengrund deutlich häufiger als in den Gaumentonsillen.

Welche Aussage zu Risikofaktoren bei HPV-assoziierten Kopf-Hals-Karzinomen trifft zu?

Alkohol- und Nikotinabusus sind die dominierenden Risikofaktoren.

Promiskuität spielt keine Rolle.

Frauen sind häufiger betroffen.

Höheres Lebensalter geht mit einem höheren Karzinomrisiko einher.

Häufiger Oralverkehr ist ein entscheidender Risikofaktor.

Welche Aussage zum HPV-Nachweis bei Oropharynxkarzinomen trifft zu?

Der HPV-Nachweis mittels PCR ist der uneingeschränkte Goldstandard.

Der immunhistologische p16-Nachweis erfasst sicher sowohl eine Hochrisiko- als auch eine Niedrigrisikoassoziation einer Oropharynxneoplasie.

Die PCR als Nachweismethode soll zwischen 10 und 15 % der HPV-assoziierten Fälle nicht korrekt erfassen.

Die Detektion von HPV mittels In-situ-Hybridisierung erfasst zuverlässig alle bekannten HPV- Hochrisikosubtypen.

Der immunhistologische p16-Nachweis muss zum Nachweis einer HPV-high-risk-Infektion in jedem Fall durch eine PCR ergänzt werden